Das Gußverfahren bot dem
Künstler die Möglichkeit, das
Stück am Schluß noch eigen-
händig zu vollenden, der
Prägestock hingegen entfrem-
dete das Werk der Meister-
hand.
Vittore Pisano, 1380 bis
1456,ist der erste leuchtende
Name in der Medaillenkunst
der Renaissance.
Seine uns erhaltenen Me-
daillen lassen den Künstler
feinster Art erkennen. Vor-
nehmlich behandelt er Bild-
nisse, und mit vollendeter
Meisterschaft charakterisiert
er in klaren knappen Formen
seine Köpfe, kunstliebende Ritter, anmutig zarte
Prinzessinnen. Mit gleicher Sorgfalt widmet er
sich der Reversseite seiner Werke. Phantasie-
volle Bilder zeigt er und wählt häufig Tierdar-
stellungen, er scheut sich nicht, gewagte Verkür-
zungen in sicherer Zeichnung ins Relief zu
bringen, was ihm, der ursprünglich Maler war,
besonders Zusagen mußte. Er signierte seine
Werke „Opus Pisani pictoris“. Sehr von Vor-
teil war den damaligen Künstlern das Kostüm
der Zeit, auch die Haartracht der Männer und
der Kopfschmuck der Frauen. So sieht man
auf der Schaumünze des Malatesta Novellus
den originellen Schnitt des Haares, dann den freien,
Hals begrenzt von dem eigentümlich gehaltenen
Kostüm oder bei der Cecilia Gonzaga wieder die
reizvolle Linie des Haarbaues, sich fortsetzend in
der feinen Schwingung des Nackens; das alles
mußte die Künstler anregen und war auch be-
sonders geeignet für die
knapp konzentrierte
Form der Medaille,
welche ja auf der kleinen
Fläche nur ein äußerst
übersetztes Extrakt der
Natur erlaubte und von
allem Nebensächlichen
absehen mußte. Für
uns liegt schon in der
ganzen Erscheinung
dieser kleinen Werke
ein eigener Reiz, sie
sind so liebenswürdig,
so handlich in der Form
und was erzählen sie
uns nicht alles! Wieder
als Beispiel das Revers-
bild des Malatesta No-
vellus; er will als from-
mer Ritter gelten, kniet
betend vor dem Heilands-
bild und hat dabei sein Roß
an einen Baum gebunden.
Dann das andere Reversbild:
ein liegendes Einhorn mär-
chenhaft im Mondlicht die
Unschuld der Jungfrau be-
hütend. Für die Zeitgenossen
erhöhte sich der Wert noch
durch die gewiß große
Porträtähnlichkeit, anderer-
seits kann uns ein Mangel
dieses Wertes jetzt nicht
stören. Wie schön ist auch
das Schriftbild bei dem Ma-
latesta: so selbstverständlich
vor und hinter den Kopf
gestellt und in sich so gut
abgestimmt. Da sind noch Meister wie Giovanni
Bolde in Venedig, der Darstellungen nackter
Figuren schätzt, Nicolo Spenelli in Florenz mit
seinen krassen Porträts, unter vielen anderen
Leone Leoni, von dem wir als Beispiel das zer-
mürbte Profilbild Michelangelos bringen. Die von
der Kirche ausgegebenen Medaillen sind vor-
nehmlich Prägestücke mit den Bildern der Päpste;
da sie in großer Zahl benötigt wurden, war diese
Technik am geeignetsten — der Kunstwert des
Einzelstückes ist dabei nicht so wesentlich.
Diese Künstler schufen wohl alle in gleicher
Weise, sie modellierten die Originale in Wachs
und überarbeiteten danach die Gußmodelle im
Metall. Die neuerdings auftretende Behauptung,
einige hätten die Originale in Eisen geschnitten,
dürfte sehr irrig sein, denn die Wachstechnik
bietet gegenüber dem spröden Eisen unvergleich-
liche Vorteile, und es wäre töricht, diese wie auch
die Zeitersparnis nicht
auszunutzen.
Bezüglich derT echnik
alter Kunstwerke sind
heutzutage die Künstler
häufig auf Vermutung
angewiesen, wenn auch
bewährter Forschersinn
gar vieles als bewiesen
unterstellt. Die Prüfung
des Wie der Entstehung
soll nicht die Freude an
dem Kunstwerk trüben,
auch soll man nicht
Rätsel lösen wollen, wo
für den Könner keine
aufgegeben sind.
So lebte denn die
neue Kunst, geübt von
tüchtigen Meistern, ge-
fördert von feinsinnigen
AUS DER WERKSTATT DES KÜNSTLERS
A1.BRECHT DÜRER.
MEDAILLE SEINER GATTIN AGNES (1508)
MEDAILLE FÜR JOACHIM 1. HANS SCHWARZ (1518)
381
Künstler die Möglichkeit, das
Stück am Schluß noch eigen-
händig zu vollenden, der
Prägestock hingegen entfrem-
dete das Werk der Meister-
hand.
Vittore Pisano, 1380 bis
1456,ist der erste leuchtende
Name in der Medaillenkunst
der Renaissance.
Seine uns erhaltenen Me-
daillen lassen den Künstler
feinster Art erkennen. Vor-
nehmlich behandelt er Bild-
nisse, und mit vollendeter
Meisterschaft charakterisiert
er in klaren knappen Formen
seine Köpfe, kunstliebende Ritter, anmutig zarte
Prinzessinnen. Mit gleicher Sorgfalt widmet er
sich der Reversseite seiner Werke. Phantasie-
volle Bilder zeigt er und wählt häufig Tierdar-
stellungen, er scheut sich nicht, gewagte Verkür-
zungen in sicherer Zeichnung ins Relief zu
bringen, was ihm, der ursprünglich Maler war,
besonders Zusagen mußte. Er signierte seine
Werke „Opus Pisani pictoris“. Sehr von Vor-
teil war den damaligen Künstlern das Kostüm
der Zeit, auch die Haartracht der Männer und
der Kopfschmuck der Frauen. So sieht man
auf der Schaumünze des Malatesta Novellus
den originellen Schnitt des Haares, dann den freien,
Hals begrenzt von dem eigentümlich gehaltenen
Kostüm oder bei der Cecilia Gonzaga wieder die
reizvolle Linie des Haarbaues, sich fortsetzend in
der feinen Schwingung des Nackens; das alles
mußte die Künstler anregen und war auch be-
sonders geeignet für die
knapp konzentrierte
Form der Medaille,
welche ja auf der kleinen
Fläche nur ein äußerst
übersetztes Extrakt der
Natur erlaubte und von
allem Nebensächlichen
absehen mußte. Für
uns liegt schon in der
ganzen Erscheinung
dieser kleinen Werke
ein eigener Reiz, sie
sind so liebenswürdig,
so handlich in der Form
und was erzählen sie
uns nicht alles! Wieder
als Beispiel das Revers-
bild des Malatesta No-
vellus; er will als from-
mer Ritter gelten, kniet
betend vor dem Heilands-
bild und hat dabei sein Roß
an einen Baum gebunden.
Dann das andere Reversbild:
ein liegendes Einhorn mär-
chenhaft im Mondlicht die
Unschuld der Jungfrau be-
hütend. Für die Zeitgenossen
erhöhte sich der Wert noch
durch die gewiß große
Porträtähnlichkeit, anderer-
seits kann uns ein Mangel
dieses Wertes jetzt nicht
stören. Wie schön ist auch
das Schriftbild bei dem Ma-
latesta: so selbstverständlich
vor und hinter den Kopf
gestellt und in sich so gut
abgestimmt. Da sind noch Meister wie Giovanni
Bolde in Venedig, der Darstellungen nackter
Figuren schätzt, Nicolo Spenelli in Florenz mit
seinen krassen Porträts, unter vielen anderen
Leone Leoni, von dem wir als Beispiel das zer-
mürbte Profilbild Michelangelos bringen. Die von
der Kirche ausgegebenen Medaillen sind vor-
nehmlich Prägestücke mit den Bildern der Päpste;
da sie in großer Zahl benötigt wurden, war diese
Technik am geeignetsten — der Kunstwert des
Einzelstückes ist dabei nicht so wesentlich.
Diese Künstler schufen wohl alle in gleicher
Weise, sie modellierten die Originale in Wachs
und überarbeiteten danach die Gußmodelle im
Metall. Die neuerdings auftretende Behauptung,
einige hätten die Originale in Eisen geschnitten,
dürfte sehr irrig sein, denn die Wachstechnik
bietet gegenüber dem spröden Eisen unvergleich-
liche Vorteile, und es wäre töricht, diese wie auch
die Zeitersparnis nicht
auszunutzen.
Bezüglich derT echnik
alter Kunstwerke sind
heutzutage die Künstler
häufig auf Vermutung
angewiesen, wenn auch
bewährter Forschersinn
gar vieles als bewiesen
unterstellt. Die Prüfung
des Wie der Entstehung
soll nicht die Freude an
dem Kunstwerk trüben,
auch soll man nicht
Rätsel lösen wollen, wo
für den Könner keine
aufgegeben sind.
So lebte denn die
neue Kunst, geübt von
tüchtigen Meistern, ge-
fördert von feinsinnigen
AUS DER WERKSTATT DES KÜNSTLERS
A1.BRECHT DÜRER.
MEDAILLE SEINER GATTIN AGNES (1508)
MEDAILLE FÜR JOACHIM 1. HANS SCHWARZ (1518)
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