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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Figdor, Karl: Indische Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0557

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INDISCHE ARCHITEKTUR

die höchste Duldung im Künstlerischen auf.
Seine Bauten zeigen ausgeprägten Hindutypus.
Als die vornehmsten stehen heute noch das
Grab seines Vaters und Vorläufers Humayun
bei Delhi, die verlassene seltsame Stadt von
Fatehpur-Sikri, das Fort von Allahabad, der
Palast zu Lahore und vornehmlich der rote
Palast in der Festung von Agra, der allerdings
von manchen dem Jahangir zugeschrieben wird.
Jahangirs schönstes Werk ist das Grab des
Heiligen Salad- ud Dauleh zu Agra. In starkem
Gegensatz zu der männlichen Kraft und großen
Originalität der Akbar-Bauten steht die Bauweise
der Jahan-Zeit, die, wie anfangs erwähnt, wohl
den Gipfel indischer Architektur darstellt. Noch
herrscht hier die Eleganz hochstehender und
raffinierter Kultur. Bald aber ist der Gipfel
überschritten, die zunehmende Verweichlichung
der Zeit, der rapide Verfall der großen Dynastie
färbt auch auf ihre Bauten ab. Von Schah Jahan
stammt neben der Tatsch das innere Fort und
der prachtvolle Marmorpalast von Agra, der

Palast und die große Jama-Moschee in Delhi,
alles Werke, denen in der Eigenart ihrer Ge-
samtkonzeption wie ihrer Details nur wenig in
der übrigen Welt an die Seite gestellt werden
kann und vor denen man in stiller Bewunde-
rung einer Zeit steht, die in aller ihrer Schön-
heit längst verscholl.

Überaus schade ist es, daß unsere eigene Zeit,
die sich in allen Künsten mehr und mehr aufs
Technische festlegt und das rein Formale wieden
Rhythmus — vielleicht ja notgedrungen — ver-
nachlässigt, bei der Entdeckung der ostasiati-
schen Kunstwelt stehen geblieben ist und für
indische Vergangenheit bis heute nichts übrig
gehabt hat. Gerade jene indische Blüteepoche,
vor der die breite Schicht auch der Künstler
selbst wie vor verschlossenen Toren steht, ver-
möchte unserer modernen Baukunst Unschätz-
bares zu geben und durch die Befruchtung mit
ihrer reichen und phantasievollen Ornamentik
auch uns auf den Weg reicherer architektoni-
scher Belebung zu führen.

ORAB EINES HEILIGEN AUS DER JAHANGIRZEIT BEI AGRA. EINLEGEARBEITEN IN HALBEDELSTEINEN

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