Vergnügen sicherte, nur eine einzige
Stunde einen. Springbrunnen plät-
schern zu sehen...
Vielleicht wollte es just die beson-
dere Pfiffigkeit, mit der er nach Kunst-
schätzen, vor allem natürlich nach
Frankreich, dann aber auch über halb
Europa auslugte, daß ihn ab und zu
ein Mißgeschick, eine Enttäuschung
besonders tückisch ereilte. Um die
Büsten, Statuetten, um den porphyr-
nen Herzog von Bracciano, um all
die Philosophen und Imperatoren
Roms, die in Sanssouci zum Teil auch
das Grab seiner "Windspiele umstehen,
führte er einen zähen Kampf. Und
Voltaire empfängt dann — noch nicht
zur Korrektur der Verse, über die er
sich also auch noch nicht lustig macht
— das königliche Triumphgedicht:
„Ich erwarte täglich die Ankunft
der schönen Polignac’schen Antiken,
Die Polignac, der hochgelahrte,
In Rom einst weggekapert,
Und die wir zu der Welt Erstaunen
Paris nun abgeluchset“. . .
Ein paar Wochen später an
Voltaire abermals Verse, die nicht
viel schöner klingen, als die zitierten,
aber das Eintreffen der Sammlung
bestätigen, „ohne daß an den Statuen
das Geringste zerbrochen ist“. Er
hatte tief genug in den Säckel
gegriffen: 80 ooo Livres war der
Sammlung Preis . . .
Fritz kaufte überall: in Frankreich,
in Holland, in Italien. Er erwarb Ein-
zelnes, wie sich’s günstig fügte, — die
Rubens’sche „Susanna“, Lionardos
„Vertumnus und Pomona“, einen
Correggio — er kaufte einmal auch
gleich all die Gemmen und Münzen,
die der Baron von Stosch sich in
Florenz zusammengetragen hatte, in
Bausch und Bogen an. Man weiß,
daß seine innerste Neigung sich
für Franzosen, stets aufs neue für
Franzosen entschied. Voltaire war
sein Dichter, sein Begriff von
vollendetstem Geist, den kein Zer-
würfnis verkleinern konnte: Wat-
teau, der Träumer aus Valen-
ciennes, war sein Maler . . . Und
leider waren seine Agenten — Mettra zum Beispiel,
der falsche Correggios anbietet — nicht von den
gleichen, unbedingten Fähigkeiten, wie Watteau
und Voltaire in ihrem Reich. Peinlich, daß manchmal
ein Watteau anlangt, von dem sich nach einer Weile
herausstellt, daß Watteau eigentlich
ein Lancret ist . . . „Der König irrete
sich bisweilen in der Person der Leute,
welche er verschrieb oder zu einem
gewissen Zwecke brauchen wollte; zu-
weilen bekam er auch den rechten
Namen, aber nicht die rechte Person.
Er wollte den berühmten Bildhauer
Lambert Sigismund Adam haben, und
bekam seinen Bruder Gaspard Baltha-
sar, der ein guter Künstler war, aber
bey weitem so gut nicht wie sein
Bruder“ . . . Dennoch bleibt Frie-
drichs Eifer unermüdlich, der Spür-
sinn seiner Agenten ständig in Be-
wegung, auf allerlei Fährten. Mettra
darf bei der Versteigerung der großen
Sammlung Tallard nicht fehlen, und
die „Vente Julienne“, die alle in Auf-
ruhr bringt, ist ein Ereignis auch für
den Preußenkönig, denn ihr Besitzer
— der mit Watteau selbst befreun-
det war — muß manche Kostbarkeit
nach Berlin und Potsdam wandern
lassen. Zu Paris hat Graf Rothenburg,
Friedrichs Gesandter, nicht bloß diplo-
matische Geschäfte mit dem Hof der
Pompadour. Vielleicht sind die Kunst-
aufträge, die der Gesandte von seinem
Souverän empfängt, noch verantwor-
tungsvoller, als die politischen Ge-
schäfte. Denn mitunter enthalten
diese Aufträge, die aus Potsdam
kamen, kaum Vieldeutigeres als die
lapidare Weisung: „möglichst große
Watteaus“ zu kaufen. Auch auf dem
„Markt“ der Kunst seiner Zeit war
Fritz ein Sonderling, ein Eigen-
williger, der am liebsten und schnell
im Marginal-Stil erledigte . . . Daß
er trotz aller Hast, aller Irrtümer, aller
Schrullen und aller Sparsamkeit zuletzt
doch das Edelste zusammenholte, was
Epoche, Mittel und Gelegenheit im
Kauf ihm zu geben vermochten, be-
weist freilich sein Vermächtnis. In
der Park-Galerie zu Potsdam die Van
Dyk, Lucas Cranach und Van der
Werfft, Rubens und Veronese .. .
Und im Berliner Stadtschloß, im
Bildergang des Sommerpalasts zu
Sanssouci, nahe dem Tafelrunde-
Saal, wo er mit seinenFreunden und
Gästen, mit den Dichtem, Gelehrten und Marschällen
lachend und ausdauernd zu sitzen liebte, huscht
heute noch über die Feste und Tänze der Watteau,
Lancret, Pater, ein Hauch vom Geist des sammeln-
den Grandseigneurs Marquis de Brandebourg . . .
FRIEDRICH, DER RUNS TRA UFMA NN
POTSDAM, NEUES PALAIS. STANDUHR
257
Stunde einen. Springbrunnen plät-
schern zu sehen...
Vielleicht wollte es just die beson-
dere Pfiffigkeit, mit der er nach Kunst-
schätzen, vor allem natürlich nach
Frankreich, dann aber auch über halb
Europa auslugte, daß ihn ab und zu
ein Mißgeschick, eine Enttäuschung
besonders tückisch ereilte. Um die
Büsten, Statuetten, um den porphyr-
nen Herzog von Bracciano, um all
die Philosophen und Imperatoren
Roms, die in Sanssouci zum Teil auch
das Grab seiner "Windspiele umstehen,
führte er einen zähen Kampf. Und
Voltaire empfängt dann — noch nicht
zur Korrektur der Verse, über die er
sich also auch noch nicht lustig macht
— das königliche Triumphgedicht:
„Ich erwarte täglich die Ankunft
der schönen Polignac’schen Antiken,
Die Polignac, der hochgelahrte,
In Rom einst weggekapert,
Und die wir zu der Welt Erstaunen
Paris nun abgeluchset“. . .
Ein paar Wochen später an
Voltaire abermals Verse, die nicht
viel schöner klingen, als die zitierten,
aber das Eintreffen der Sammlung
bestätigen, „ohne daß an den Statuen
das Geringste zerbrochen ist“. Er
hatte tief genug in den Säckel
gegriffen: 80 ooo Livres war der
Sammlung Preis . . .
Fritz kaufte überall: in Frankreich,
in Holland, in Italien. Er erwarb Ein-
zelnes, wie sich’s günstig fügte, — die
Rubens’sche „Susanna“, Lionardos
„Vertumnus und Pomona“, einen
Correggio — er kaufte einmal auch
gleich all die Gemmen und Münzen,
die der Baron von Stosch sich in
Florenz zusammengetragen hatte, in
Bausch und Bogen an. Man weiß,
daß seine innerste Neigung sich
für Franzosen, stets aufs neue für
Franzosen entschied. Voltaire war
sein Dichter, sein Begriff von
vollendetstem Geist, den kein Zer-
würfnis verkleinern konnte: Wat-
teau, der Träumer aus Valen-
ciennes, war sein Maler . . . Und
leider waren seine Agenten — Mettra zum Beispiel,
der falsche Correggios anbietet — nicht von den
gleichen, unbedingten Fähigkeiten, wie Watteau
und Voltaire in ihrem Reich. Peinlich, daß manchmal
ein Watteau anlangt, von dem sich nach einer Weile
herausstellt, daß Watteau eigentlich
ein Lancret ist . . . „Der König irrete
sich bisweilen in der Person der Leute,
welche er verschrieb oder zu einem
gewissen Zwecke brauchen wollte; zu-
weilen bekam er auch den rechten
Namen, aber nicht die rechte Person.
Er wollte den berühmten Bildhauer
Lambert Sigismund Adam haben, und
bekam seinen Bruder Gaspard Baltha-
sar, der ein guter Künstler war, aber
bey weitem so gut nicht wie sein
Bruder“ . . . Dennoch bleibt Frie-
drichs Eifer unermüdlich, der Spür-
sinn seiner Agenten ständig in Be-
wegung, auf allerlei Fährten. Mettra
darf bei der Versteigerung der großen
Sammlung Tallard nicht fehlen, und
die „Vente Julienne“, die alle in Auf-
ruhr bringt, ist ein Ereignis auch für
den Preußenkönig, denn ihr Besitzer
— der mit Watteau selbst befreun-
det war — muß manche Kostbarkeit
nach Berlin und Potsdam wandern
lassen. Zu Paris hat Graf Rothenburg,
Friedrichs Gesandter, nicht bloß diplo-
matische Geschäfte mit dem Hof der
Pompadour. Vielleicht sind die Kunst-
aufträge, die der Gesandte von seinem
Souverän empfängt, noch verantwor-
tungsvoller, als die politischen Ge-
schäfte. Denn mitunter enthalten
diese Aufträge, die aus Potsdam
kamen, kaum Vieldeutigeres als die
lapidare Weisung: „möglichst große
Watteaus“ zu kaufen. Auch auf dem
„Markt“ der Kunst seiner Zeit war
Fritz ein Sonderling, ein Eigen-
williger, der am liebsten und schnell
im Marginal-Stil erledigte . . . Daß
er trotz aller Hast, aller Irrtümer, aller
Schrullen und aller Sparsamkeit zuletzt
doch das Edelste zusammenholte, was
Epoche, Mittel und Gelegenheit im
Kauf ihm zu geben vermochten, be-
weist freilich sein Vermächtnis. In
der Park-Galerie zu Potsdam die Van
Dyk, Lucas Cranach und Van der
Werfft, Rubens und Veronese .. .
Und im Berliner Stadtschloß, im
Bildergang des Sommerpalasts zu
Sanssouci, nahe dem Tafelrunde-
Saal, wo er mit seinenFreunden und
Gästen, mit den Dichtem, Gelehrten und Marschällen
lachend und ausdauernd zu sitzen liebte, huscht
heute noch über die Feste und Tänze der Watteau,
Lancret, Pater, ein Hauch vom Geist des sammeln-
den Grandseigneurs Marquis de Brandebourg . . .
FRIEDRICH, DER RUNS TRA UFMA NN
POTSDAM, NEUES PALAIS. STANDUHR
257