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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Paulsen, Friedrich: Kunstbeiräte
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0408

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KUNSTBEIRÄTE

SÄUGLINGSKRANKENHAUS. KRANKENSAAL MIT BLICK IN DEN BADERAUM CARL-JAMES BÜHRING

tekturteilen herausgeputzte Entwürfe mehr zu.
Dieser Geschmack findet seine natürliche Unter-
stützung bei den Verfassern der verworfenen
Zeichnungen, die nicht selten grade in der
Lieferung der Schmuckteile ihren Gewinn haben.

So stößt die Durchsetzung der von den Be-
ratungsstellen angebotenen Abänderungsvor-
schläge auf mancherlei bewußten Widerstand.
Ferner erschwert der eingerissene Schlendrian,
der gute Wille sogar, es recht schön zu machen,
die Ausbreitung einer weniger prätentiösen
Baugesinnung.

Unter solchen Umständen liegt es nahe, darauf
zu denken, wie man auf Befolgung der erteilten
Ratschläge einwirken kann. Es ist vorgeschlagen,
die Bauberatung mit der Baupolizei zu verbinden.

Das Verfahren würde sich sehr einfach ge-
stalten. Jeder Bau im polizeilichen Sinne be-
darf der Genehmigung. Mit der Genehmigung
könnte man die Beratung verbinden.

Dieser einfachsten Lösung der Frage steht
jedoch das Gesetz bezw. die Verfassung ent-
gegen. Das Eigentumsrecht am Boden ist keines-
wegs so beschränkt, daß die Bebauung davon

abhängig wäre, ob ein Recht zur Aufführung
des Baues erst von der Polizei bewilligt wird
oder ob die Polizei dies Recht gegebenen
Falls verweigert. Das Recht zu bauen besteht,
es fließt aus dem Eigentumsrecht und ist nur
suspendiert bis zum Nachweis, daß fremde
Rechte oder allgemeine Interessen nicht verletzt
werden. Für letztere zu sorgen ist im Um-
kreis der ihr gestellten Aufgabe das Amt
der Polizei.

Dieser Umkreis ist (in Preußen durch das
allgemeine Landrecht) genau umschrieben.
Ästhetische Rücksichten sind nicht Sache der
Polizei. Deshalb kann die Polizei keine Ge-
bote oder Verbote auf ästhetische Rücksichten
stützen.

Nun ist der Polizei aber auch nur eine Be-
ratung zugedacht. Der Unterschied ist theo-
retisch grundlegend, aber praktisch dürfte kaum
zu vermeiden sein, daß Rat und Vorschrift
gleich behandelt werden. Es kann zwar die
Erteilung der Baugenehmigung (im Beschwerde-
oder im Verwaltungsstreitverfahren) erzwungen
werden, auch ohne daß der Rat angenommen

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