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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Aus Ludwig Richters Dresdner Erinnerungen: Dresden, 1836-1847
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0910

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AUS LUDWIG RICHTERS DRESDNER ERINNERUNGEN

und wieder war es ein Irrtum, welcher zu einem
Wendepunkte meines Lebens und Schaffens führte.

Eines Tages kam Arnold mit einem unge-
wöhnlich griesgrämigen Gesicht zu mir und stellte
mich zur Rede, daß ich einem Leipziger Verleger
Georg Wigand meine Zustimmung zum Kopieren
einiger Prospekte der Sächsischen Schweiz seines
Verlages gegeben haben müsse. Mir war weder
der betreffende Verleger noch das fragliche Opus
bekannt, ich begriff aber wohl, wie der durch
Nachdruck schon früher vielfach und schwer ge-
schädigte Papa Arnold durch Eingriffe in seine
Rechte in Verbitterung kommen mußte.

Leicht konnte ich ihm mein Unbeteiligtsein
an dieser Sache dartun, und wir schieden in alter
Freundschaft. Da er nun Wigand mit einer Klage
bedrohte, kam dieser nach Dresden, und die beiden
Männer verglichen sich. Bei dieser Gelegenheit
besuchte mich Wigand, der, damals noch ganz
unbekannt mit Kunst und Künstlern, von meiner
Existenz in Dresden zuerst durch Arnold erfahren
hatte. Er erzählte mir, daß es sich in dem Streite
mit diesem um Benutzung einiger Blätter „An-
sichten der Sächsischen Schweiz“ für sein im
Entstehen begriffenes Kupferwerk „Das malerisch
romantische Deutschland“ handle; er habe die
von mir radierten Blätter nach London gesandt
und dort für den Stahlstich in eine wirkungs-
vollere Manier übersetzen lassen und sie teuer
bezahlen müssen. Schließlich fragte er mich, ob
ich einige der fehlenden Ansichten zur Sektion
der „Sächsischen Schweiz“ für ihn neu nach der
Natur zeichnen und ausführen wolle. Nun hatte
ich mich schon in Rom mit der Idee beschäftigt,
künftig einmal ein Werk „Die drei deutschen
Ströme, Rhein, Donau, Elbe“ zu zeichnen und
zu radieren, in welchem nicht nur die malerischen,
sondern auch die historisch merkwürdigen Gegenden,
Städte, Burgen, Klöster usw. in Verbindung mit
den Volkstrachten, Festen und Gebräuchen zu
einem poetischen Gesamtbilde verarbeitet werden
sollten. Ich entwickelte Wigand im Laufe des
Gespräches diese altgehegte Lieblingsidee, und
mit Begeisterung rief er aus, das sei es, was ihm,
aber ganz unklar, vorgeschwebt habe, und er bat
mich, einige Abteilungen des Werkes zu über-
nehmen. Wir einigten uns über die Sektionen:
„Harz“, „Franken“, „Riesengebirge“, und auf diese
Weise kam ich zuerst in geschäftliche Verbindung
mit Georg Wigand, und die zum „malerischen
und romantischen Deutschland“ übernommenen
Zeichnungen wurden die Brücke zu meinen späteren
Kompositionen für den Holzschnitt. Die Reisen
in jene malerischen Gegenden Deutschlands wurden
größtenteils zu Fuße zurückgelegt und lieferten
fürs Skizzenbuch und die Erinnerung eine reiche
Ausbeute von Bildern und Erlebnissen aus dem
deutschen Volksleben, die mir für mein späteres

ZUM HIMMEL (GRABFIGUR). GIPSABGUSS

ANTON HANAK-WIEN

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