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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Aus Ludwig Richters Dresdner Erinnerungen: Dresden, 1836-1847
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0912

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AUS LUDWIG RICHTERS DRESDNER ERINNERUNGEN

große Lichtmassen hingestellt, bringen immer eine
gewisse sonnige Wirkung hervor.

Ich ging überhaupt nicht auf malerische Ton-
effekte aus, sondern auf Reichtum der Motive,
klare Anordnung und Schönheit der Linienführung.

Der Holzschnitt, der wie die Glasmalerei jahr-
hundertelang unter die in Vergessenheit geratenen
Kunstfertigkeiten gehörte, hatte seine Wieder-
belebung in London gefunden, wo er gegen Ende
vorigen Jahrhunderts durch den Kupferstecher
Bewick für künstlerische Zwecke zuerst wieder
in Anwendung gebracht wurde.

Von da an hatte sich eine Holzschneideschule
in England herangebildet, die durch den Buch-
handel reiche Beschäftigung fand. Georg Wigand
war auf sie aufmerksam geworden und hatte
einige tüchtige Holzschneider veranlaßt, nach
Leipzig zu kommen, von denen ich nur Nicholls,
Beneworth, Allanson nennen will. Ich ging nun
mit Freuden an die Kompositionen zum „Land-
prediger von Wakefield“ und zeichnete sie selbst
aufs Holz. Beim Fortgang der Arbeit stellten
sich aber auch ungeahnte Leiden ein; denn der

Anblick mancher der sonst sauber gearbeiteten
Holzschnitte trieb mir einen gelinden Angstschweiß
auf die Stirne, wenn der Ausdruck, namentlich
der Köpfe, die ich oft drei- bis viermal verändert
hatte, um den rechten zu finden, so umgewandelt
war, daß sie mich höchst fremdartig ansahen.
Mir war charakteristischer Ausdruck Herzenssache,
während die Engländer ihren Stolz in höchste
Eleganz der Strichlagen uud Ton Wirkungen setzten.

Anziehender, als diese Erstlingsarbeit für den
Holzschnitt zum Landprediger, waren mir dem
Stoffe nach die nächstfolgenden zu den deutschen
Volksbüchern, die mich auf das mir mehr zu-
sagende Gebiet der Romantik führten und mir
schon durch Maydell bekannt und lieb geworden
waren. Da ich meines Zeichens doch Land-
schafter war, beängstigte mich bei diesen Illustra-
tionsarbeiten das unheimliche Gefühl, auf ein
quasi unbefugtes Revier geraten zu sein, und ich
befürchtete, daß die unterderhand gemachten
Nebenarbeiten in künstlerischen Kreisen kaum
beachtet, von der Kritik aber übel behandelt
werden könnten. (Richter fand aber gleich bei

EUROPA. PORZELLANORUPPE HANS SCHWEOERLE-MÜNCHEN

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