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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0033

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IV

MODERNE KUNST.

5 liegt in der Mitte der Bank. Der Einsatz auf eines dieser
Felder wird sechsmal vergrüssert dem glücklichen Gewinner
herausgezahlt — die Einsätze auf die übrigen acht Nummern
streicht die Bank ein. Aber man kann auch, wenn man vor-
sichtiger sein, eine vierfache Chance ausnutzen und sich dafür
bloss mit dem doppelten Erlös des Einsatzes begnügen will,
auf „Bande links“ (Nummern 1—4) oder „Bande rechts“ (5—9)
setzen. Doch da lauert wieder eine neue Gefahr: gelangt näm-
lich Rössli No. 5 als Sieger ans Ziel, dann fallen der Bank
auch die Einsätze von allen beiden „Banden“ zu. Allzu ver-
lockend sind die Chancen für den Spieler also nicht. Ge-
wiegte Spieler blicken auf das „Rösslispiel“ daher mit Ver-
achtung herab. Das Aufziehen und Abschnappenlassen einer
starken Feder — das der Bankhalter auf mechanischem Wege

mittels einer Kurbel besorgt —
setzt den Apparat in Thätig-
keit und treibt die neun Rössli
im Kreise in ihren Geleisen
rund um den Tisch herum. Es
ging da zwar immer nur um
einen bescheidenen Franken;
aber zum Schluss will ich doch
noch verraten, dass wirklich
Sensationsbedürftige trotz des niedrigen Ein-
satzes im Verlauf eines solchen Rösslispielabends
oft denn doch ganz andere Summen noch ins
Rollen zu bringen wissen. In Montreux wohnte
ich nämlich als stummer und — ich gestehe es
ehrlich — ziemlich entsetzter Zeuge nach Schluss
der Bank einer Abrechnung von vier Gcntlemen
bei, die, woraus sie kein Hehl machten, neben
ihrem öffentlichen Spiel am grünen Tisch der
„Rössli“ noch ein verborgenes zweites, und zwar
gleichzeitig und in Verbindung damit, gespielt
hatten. Einer von ihnen hatte sich ihrer Verab-
redung gemäss mit dem Bankhalter identifiziert;
die anderen drei setzten offiziell nur immer einen
Franken — aber für ihr Nebenspiel, über das sie
auf ihren Manschetten alle vier zugleich genau
Buch führten, hatte jeder Frank die Bedeutung
von dreissig. P. O. Ilöckcr.

Die reizende Fritzi Schcff ist eine jener
Sängerinnen, die den guten Ruf der deutschen
Gesangskunst in Amerika und England aufs neue
befestigt haben. Vor kurzer Zeit empfing die
Frl. Fritzi Scheff. greise Königin von England die junge Sängerin

und liess sie in ihrem Drawingroom singen; Königin Viktoria hielt mit ihrem
Lobe nicht zurück. Nachdem sich Frl. Scheff in das bereitliegende Album ein-
getragen hatte, liess sie ihr ein prachtvolles Brillant-Armband, mit ihren Initialen
geschmückt, überreichen. Frl. Fritzi Scheff ist eine Wienerin, die Tochter des
Herrn Dr. Gottfried Scheff in Wien und seiner Frau, der Sängerin Jaeger-Scheff.
Sie hat auch ihre erste musikalische Ausbildung in Wien erhalten. Die weiteren
Studien im Gesänge machte sie unter der Leitung ihrer Mutter und der Frau
Professor Schroeder-Hanfstengl in Frankfurt am Main. Nach abgeschlossenem
Studium kam sie an die Münchener Hofoper und von dort nach 2'/a Jahren mit
Direktor Grau an die Coventgarden-Oper nach London. Die junge Künstlerin hat
bis jetzt ihren grössten Erfolg als Nedda in Leoncavallos „Pagliacci“ errungen;


Moderne Pcrzellanvase
von der Pariser Weltausstellung.

sowohl ihre Bühnenerscheinung und Darsteliungsgabe, als
ihre Stimme und deren höchst sorgfältige Ausbildung stellen
Frl. Scheff in die Reihe der ersten Bühnen- und Konzert-
sängerinnen der Gegenwart. —r.

Deutscher Spitz. Das Interesse für echte Rassehunde
ist in Deutschland in den letzten Jahren um bedeutendes ge-
stärkt worden, wozu die an vielen Orten veranstalteten Hunde-
ausstellungen viel beigetragen haben. Wer freilich aufmerksam
die an ihm vorübertrottenden Bellos betrachtet, der sieht auch
heute noch manchen, dessen Ahnen mit der besten Kenn,tnis
der Rassenmerkmale nicht anzugeben sind. Sinn und Verstand
für Rassehunde muss deshalb noch weiter verbreitet werden.
Vor allem muss die Schätzung echt deutscher Hunderassen all-
gemeiner werden. Unseren schon in früheren Nummern ver-
öffentlichten Abbildungen von Rassehunden fügen wir neben-
stehend das Bild eines echten deutschen weissen Spitzes
hinzu. Er ist etwas länger in der Behaarung als die stock- und
rauhaarigen Hunde. Sein langes, scharf abstehendes Haar mit
Unterwolle trifft man wohl auch beim sogenannten spitzer-
haarigen Schäferhunde, am besten aber bei unseren eigent-
lichen Spitzen. Der Spitz ist der beste und sicherste Wacht-
hund; da er aber oft andauernd unnütz kläfft, fällt er im Hause,
namentlich in den Städten, sehr lästig. Die grössten Spitze sind die sogenannten
Wolfspitze von grauer Färbung; auch unter den gewöhnlichen kleineren Spitzen
findet man wolfsgraue, neben welchen nur noch reinschwarze und reinweisse Vor-
kommen. Jeder Spitz, auch der reinweisse, muss eine pechschwarze Nase haben.
Weisse Spitze mit gelbem Scheine im Haar oder mit andersfarbigem Abzeichen,
schwarze Spitze mit weissem Abzeichen sind fehlerhaft. Die Rute des Spitzes
ist buschig behaart und wird geringelt über dem Rücken getragen. Diese Hunde
sind kurzrückig und dokumentieren sich im übrigen als nahe Verwandte des
Schäferhundes, haben aber im Gegensätze zum Schäferhundkopfe eine hohe, stark
abgesetzte Stirn, überhaupt kürzeren Kopf und kleinere
Stechohren. Eine Miniaturausgabe des Spitzes ist der
Zwergspitz, ein allerliebstes Damenhündchen. II.

Die österreichische Feldballon-Abteilung.

Alle Armeen haben seit einigen Jahren dem Ballon-
wesen ausserordentliche Aufmerksam-
keit zugewendet; auch die österreichisch-
ungarische Armee hat diesem
Zweige der modernen Kriegstechnik
höchstes Interesse ge-
widmet. Die Feld-
ballon-Abteilung der-
selben hat in diesem
Jahre eine sehr inten-
sive Thätigkeit ent-
wickelt und besonders Deutscher weisser Spitz.

bei den grossen Manövern des zweiten Corps in Niederösterreich ganz ausgezeichnet
funktioniert. Im September hat die Luftschifferabteilung hochinteressante Versuche
auf dem Semmering gemacht, die in erster Linie Aufschlüsse über die Tragfähigkeit
des Fesselballons in der dünnen I Iochgebirgsluft geben und auch zur Erprobung
des Rekognoscierungsdienstes dienen sollten, für den sich die Ballons in der Ebene
und im Mittelgebirge glänzend bewährt haben. Es ist wohl richtig, dass das Hoch-
gebirge nur in sehr seltenen Fällen zum Kriegsschauplatz werden kann, um so
wichtiger kann aber gegebenen Falles das Durchforschen der Anmarschlinien in
den Seitenthälern werden. Für die Uebungen auf dem Semmering war ein Wagen-
park mobilisiert worden, welcher aus sechs Gaswagen, dem Ballonwagen, dem
Seilwagen und dem Requisitenwagen bestand. Jeder Gaswagen enthält 23 Mannes-
mannflaschen mit 6 Kubikmetern Wasserstoffgas, das auf 170 Atmosphären kom-
primiert ist. Das Gewicht eines derartigen Wagens übersteigt 2400 Kilo, ist also
bedeutender als das eines Geschützes. Zu den Uebungen waren 5 Offiziere mit
48 Mann ausgerückt. Begonnen wurde natürlich mit dem Füllen des Ballons.
Auf ein Trompetensignal fuhren die Gaswagen in fächerförmige Stellung, die
Leitungsschläuche wurden angekoppelt, welche in das in den Ballon führende
Sammelrohr münden. Nachdem sodann die Hähne der Gasflaschen geöffnet
waren, strömte das Gas mit starkem, zischenden Geräusch in den Ballon, der
600 Kubikmeter fasst und in nicht ganz 20 Minuten gefüllt war. Bemerkens-
wert war es, dass das Gas beim Ausströmen eine solche Menge von Wärme
bindet, dass die Schläuche mit einer ziemlich dicken Schicht von Reif überzogen
waren. Weitere 10 Minuten waren nötig, um den Korb anzukoppeln, worauf
der Ballon — ein sogenannter Drachenballon — bis zu einer Höhe von 500 Metern
an der Laufrolle aufgelassen wurde. Es fanden dann etwa ein Dutzend Auf-
stiege von Offizieren statt. Für den folgenden Tag war ein sehr interessantes
Manöver geplant, nämlich die Ueberfüllung aus dem Drachen- in einen Kugel-
ballon, mit welchem dann zwei Offiziere eine Freifahrt antreten sollten. Leider
machte ein heftiger Sturm diesen Plan zu nichte. W. A.

Die österreichische Feldballon-Abteilung manövriert auf dem Semmering.
 
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