An unsere Leser!
’\S?‘
Wie bisher erscheint in diesem Jahre zur Frühlingszeit als Extra-Ausgabe die bereits in Vorbereitung begriffene
frühlings - JNummer der „JVlodernen Kunst“.
Nach trüber Winterszeit soll sie das Erwachen der Natur zu frischem, frohem Leben, zu Knospentrieb und Blütenzauber in 1 ext und Bild
in glanzvoller Weise feiern. Die Farbe, als vornehmstes Ausdrucksmittel für gehobene Stimmung, soll ihre belebende Kraft im vollsten Maasse
beweisen. Den Reiz dieser Nummer werden daher
zahlreiche farbige Kunstblätter ~--
bilden, welche in Bezug auf Treue der Wiedergabe hervorragender Kunstwerke vollendete Prachtleistungen sind und dem Höchsten beigerechnet
werden müssen, was auf dem Gebiete des Farbendruckes bisher erreicht worden ist.
Eine Fülle ausgezeichneter Text-Illustrationen und Kunstbeilagen nach Originalen erster Meister wird im Verein mit geistvollen und fesselnden
Schilderungen aus der Feder erster Autoren aufs neue beweisen, dass die „Moderne Kunst“ das Leben unserer Tage in seinen verschiedenen
Erscheinungsformen mit vornehmstem Geschmack wiederspiegelt.
Wir liefern die
Frühlings-Nummer der „Modernen Kunst“ den Abonnenten zum Vorzugspreise von 1,20 Mark,
während der Preis im Einzelverkauf 2 Mark beträgt. Allen Abonnenten wird dieselbe unverlangt von ihrer bisherigen Bezugsquelle geliefert.
BERLIN W. 57 * LEIPZIG * STUTTGART * WIEN. Redaktion und Verlag von „Moderne Kunst“.
(Buiseppe UeKdi *j\
[Nachdruck verboten.]
Der letzte grosse populäre Tonsetzer —, der Letzte,
dessen Melodien im Volk und durch das Volk getragen
wurden, ist tot! Was man immer noch nicht glauben
wollte: dass sein herrlicher Fal-
staff, diese Spitzenarbeit geist-
reicher Komposition, sein
Schwanengesang werden sollte,
ist zur Wahrheit geworden.
Nicht nur zur betrübenden Wahr-
heit, dass ein solches Genie,
wie Verdi, aufgehört hat, der
Doyen der italienischen Musik,
— der Reorganisator des ita-
lienischen Geschmacks zu sein,
— aufgehört hat, den jungen
Komponisten zu zeigen-, wie
sie mit ihrer Zeit zu gehen
haben: nein, noch mehr! Angst-
voll frägt man sich: „Wer nun?“
Wer wird nun berufen sein
— nicht nur in Italien —■ sondern
als kosmopolitischer Komponist,
im Volke die Melodie zu er- Guiseppe Verdi,
halten, das Volk mitteilnehmen
zu lassen an den Weisen der Musik? So bedeutend ein
Leoncavallo und Puccini in Italien, ein Richard Strauss
und Schillings in Deutschland, ein Goldmark in Oester-
reich, ein St. Saens und Massenet auch in Frankreich
sein mögen: ihre Weisen erfasst nicht.die grosse Masse,
— nicht den, der bloss den Instinkt zur Musik besitzt.
Wenn so weiter komponiert wird — (wenn auch dem
Musikalischen zum Genuss) — so stirbt das Singen des
Volkes, das Pfeifen der Arbeiter, das Ertönen der Dreh-
orgeln, die wohl manchen zur Qual sein mögen, je-
doch dem kleinen Mann einen Sonnenblick werfen in
die Mühsal seines Lebens, — ihm den Anstrich der
Heiterkeit geben, das Leben verschönen. Wohl mag
der Musiker auf die Trivialität einer Troubadour-Arie,
mancher Arien aus Traviata und Rigoletto schelten:
doch das Volk erfasste sie und sang sie nach. Immer
besser, als die banalen Gassenhauer und — zwar recht
hübschen — doch ebenfalls sehr banalen Weisen eines
Paul Lincke. — Man gehe in jede obscure Kneipe, —
in den entlegensten Osten Berlins, wo nur Armut und
Elend lebt — überall hört man auf Drehorgeln, auf dem
Klavier gepaukt oder in Automusikkasten die Weisen
des alten, resp. jungen Verdi, und jeder kleine Arbeiter
singt sie — dieselben wohl kennend — mit. Aus den
Werken des reifen Verdi, aus seinen musikalisch wert-
vollen Opern, die uns recht zeigten, was die Welt an
Verdi hatte, — aus Aida, aus Othello oder Falstaff
sang noch kein kleiner Mann auch nur einen Ton. Der
breiten Masse blieben diese Opernwerke fremd. Und
doch sind sie gegen die Harmonisierung und Melodik
eines R. Strauss oder Schillings beinahe trivial zu nennen,
was den Punkt anbetrifft, ob man sich die Melodie merkt
oder nicht. In Verdi und Johann Strauss — so extrem
diese beiden Pole auch sein mögen — verlor das Volk
die Musik als solche, als das sich durch sich selbst
weiter fortpflanzende Element — mehr, als sich auf den
ersten Blick übersehen lässt. Wenn man die Geschichte
Verdis durchsieht, so fasst man es kaum, was alles
dieser Riesengeist in schier unerschöpflicher Riesenkraft
geschaffen! Wohl auch viel Minderes; doch dann Wal-
es gut, seine Feder zu schärfen, seine Gehirnnerven zu
neuen Melodien zu reizen, durch Misserfolge sich zu
läutern und zu klären. Auch an ihm sehen wir, wie
die Dutzendware Jahr um Jahr entstand, und welche
Zeitspannen zwischen seinen letzten vier
grössten Werken lagen: 1871 die Aida, 1872
das herrliche, viel zu selten gehörte Requiem,
1887 Othello, 1893 Falstaff. Und welches viel-
leicht nahezu vollendete oder schon vollendete
Werk wird man in seinem Nachlass finden?
Denn trotzdem er seinen Fragern versicherte,
er schaffe nichts mehr, war Verdi nicht der
Mann, solange noch ein Funken seines blitzen-
den Geistes in ihm schlummerte, schaffens-
unthätig zu verweilen.
Wenn wir einen kurzen Rückblick auf das
Schaffen des am 10. Oktober 1813 zu Roncole
geborenen Guiseppe Verdi werfen, lässt sich
sein Leben in drei grosse Perioden einteilen.
Die erste umfasst, nachdem er als 14jähriger
Knabe für die philharmonische Gesellschaft in
Busseto die erste Ouvertüre geschrieben hatte,
die Opern Oberto di San Bonifacio (Scala 1839),
die einen ziemlich günstigen Erfolg hatte, Un
giorno Di Regno (1840), Nabucco (1842), mit der
Verdi eigentlich seine Laufbahn erst begann, -— I Lom-
bardi (1843), — endlich Ernani (1844, Fenice, Venedig),
welche einen Ungeheuern Erfolg errang. Durch diese
Oper wurde er nun auch im Auslande bekannt, nament-
lich in Frankreich, und der bisher echt nationale Kom-
ponist kam mit der französischen Richtung in nähere
Fühlung. Die darauffolgenden Opern I due
Foscari (1845), Giovanna d’Arco (1845), Alzira
(1845), Attila (1846), Macbeth (1847), I Masnadieri
(London 1847), II Corsaro (Triest 1848), Battaglia
di Legnano (Rom 1849), Stiffelio (Triest 1850)
waren beinahe eine ununterbrochene Kette von
Misserfolgen, unter denen noch Macbetli die
beste Aufnahme fand. Mit Rigoletto (Venedig
1851) kommt Verdi in seine zweite Periode, die
bereits sehr — in Folge des eifrigen Studiums
Meyerbeers — unter französischem Einfluss
stand, ohne jemals sich die Leichtigkeit und
Grazie der Franzosen anzueignen. Bald darauf
(1852) erschien dann der Troubadour und 1855
die Traviata, die bei ihrer Premiere in Venedig
glänzend durchfiel, und dann erst in Venedig
(1856) mit der Spezia, dem Landi und Coletti,
und später in Paris mit Christine Nilsson eine
glänzende Aufnahme fand. Unter den darauf-
folgenden Opern Les Vöpres siciliennes (Paris
1855), Simon Boccanegra (Venedig 1857), un
ballo die maschera (Rom 1859), La forza del
destino (Petersburg 1862) und Don Carlos (1867 Paris)
sind nur der Maskenball als die beste aller seiner
jüngeren Arbeiten, und Don Carlos zu erwähnen, weil
sich in dieser Oper eine Verwandlung mit Verdi
vollzog. Verdi wollte in dieser Oper anders sein; er
wollte aus seinem Ich heraus. Seine Instrumentation
wurde anders, er beginnt mit „ewigen Melodien“ — mit
einer Charakterisierung seiner Personen, während er
sonst nur lose Melodie an Melodie reihte, rücksichtslos
auf den Sinn des Lihrettos, z. B. Amalia am Grabe des
alten Moor eine Allegro singen lässt „weil das nach dem
Largo mal so Usus war.“ Verdi beginnt mit Verstand
zu arbeiten, dem Libretto den gebührenden Platz ein-
räumend, die Musik dem Text unterordnend, den Per-
sonen anzupassen, und nicht umgekehrt. Und geklärt
und geläutert, ohne je auf die Melodie zu verzichten,
erscheint er 1871 in Kairo mit der Aida, damit die dritte
Periode seines reichen Schaffens betretend. Wenn sich
auch manche sträuben, in seinen letzten Werken den
Einfluss Richard Wagners zu erkennen und seine letzte
Art zu komponieren „dem Zuge der Zeit“ zuschreiben,
so würde doch Verdi nie musikalisch das geworden
sein, was er ist, ohne Wagner. Wohl wäre ein Genie, wie
er, ohne Wagner auf manche Notwendigkeit der Kom-
position gekommen, — doch nie in der Weise, ohne die
Gesamtwirkung dieser Notwendigkeit in Wagners Opern
gehört zu haben. Revel.
Arabi Pascha.
Im September des Jahres 1882 donnerten die Kanonen
Englands bei Tel el Kebir und Albions Truppen brachen
die nationale Stärke Aegyptens. Die Verteidiger ihres
Heimatlandes streckten die Waffen, um die Oberhoheit
der aufstrebenden Weltmacht anzuerkennen. Die Führer
der ägyptischen Freiheitsbewegung aber, die sogenann-
ten drei „aufrührerischen Obersten“ Arabi, Ali Fehmy,
Abd-ed-tal Helmi und noch einige bedeutende Aegypter
betraten am Sylvesterabend 1882, mit einem Gefolge
von 50—60 Personen, das Schiff, das ihrer im Suez-
Kanal harrte, um als Verbannte ihre Zukunft zu ver-
bringen. Der bedeutendste von den ins Exil Wandern-
den war Arabi Pascha, der ehemalige Kriegsminister, der
Freund seines Landes
und der Feind Englands.
Ihm folgten ausser den
genannten noch einige an
der Spitze des ägyptischen
Aufstandes Stehende,
ferner sein Weib und
sein Kind und ein treuer
Diener. Auf Ceylon be-
wohnte Arabi mit seinem
Stabe zuerst das feuchte
Colombo und dann das
heisse und trockene
Kandy, immer hoffend
und immer harrend, in
das Land seiner Väter
zurückkehren zu dürfen.
Aber England misstraute
dem geistreichen, immer
neue Pläne schmiedenden
Arabi Pascha. Mamlf ,und hielt ihn >hr
für Jahr in der Ver-
bannung, ihn allerdings mit allen ihm zulommenden
Ehren behandelnd. Arabis Hofstaat wurde immer
kleiner, bis er zuletzt mit Ali Fehmy, so ziemlich allein,
hoffte, das Jahr 1897 bei dem Jubiläum der Königin
Englands werde ihm die Amnestie bringen. Umsonst.
England blieb hart. Erst jetzt nach vollen d 8 Jahren ist
die Begnadigung gekommen und Arabi, der Freiheits-
kämpfer, verlässt im 60. Jahre seines Lebens die Stätte
seiner Verbannung, um in Cairo in stiller Zurück-
gezogenheit den Rest seiner Tage zu verbringen.
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Wie bisher erscheint in diesem Jahre zur Frühlingszeit als Extra-Ausgabe die bereits in Vorbereitung begriffene
frühlings - JNummer der „JVlodernen Kunst“.
Nach trüber Winterszeit soll sie das Erwachen der Natur zu frischem, frohem Leben, zu Knospentrieb und Blütenzauber in 1 ext und Bild
in glanzvoller Weise feiern. Die Farbe, als vornehmstes Ausdrucksmittel für gehobene Stimmung, soll ihre belebende Kraft im vollsten Maasse
beweisen. Den Reiz dieser Nummer werden daher
zahlreiche farbige Kunstblätter ~--
bilden, welche in Bezug auf Treue der Wiedergabe hervorragender Kunstwerke vollendete Prachtleistungen sind und dem Höchsten beigerechnet
werden müssen, was auf dem Gebiete des Farbendruckes bisher erreicht worden ist.
Eine Fülle ausgezeichneter Text-Illustrationen und Kunstbeilagen nach Originalen erster Meister wird im Verein mit geistvollen und fesselnden
Schilderungen aus der Feder erster Autoren aufs neue beweisen, dass die „Moderne Kunst“ das Leben unserer Tage in seinen verschiedenen
Erscheinungsformen mit vornehmstem Geschmack wiederspiegelt.
Wir liefern die
Frühlings-Nummer der „Modernen Kunst“ den Abonnenten zum Vorzugspreise von 1,20 Mark,
während der Preis im Einzelverkauf 2 Mark beträgt. Allen Abonnenten wird dieselbe unverlangt von ihrer bisherigen Bezugsquelle geliefert.
BERLIN W. 57 * LEIPZIG * STUTTGART * WIEN. Redaktion und Verlag von „Moderne Kunst“.
(Buiseppe UeKdi *j\
[Nachdruck verboten.]
Der letzte grosse populäre Tonsetzer —, der Letzte,
dessen Melodien im Volk und durch das Volk getragen
wurden, ist tot! Was man immer noch nicht glauben
wollte: dass sein herrlicher Fal-
staff, diese Spitzenarbeit geist-
reicher Komposition, sein
Schwanengesang werden sollte,
ist zur Wahrheit geworden.
Nicht nur zur betrübenden Wahr-
heit, dass ein solches Genie,
wie Verdi, aufgehört hat, der
Doyen der italienischen Musik,
— der Reorganisator des ita-
lienischen Geschmacks zu sein,
— aufgehört hat, den jungen
Komponisten zu zeigen-, wie
sie mit ihrer Zeit zu gehen
haben: nein, noch mehr! Angst-
voll frägt man sich: „Wer nun?“
Wer wird nun berufen sein
— nicht nur in Italien —■ sondern
als kosmopolitischer Komponist,
im Volke die Melodie zu er- Guiseppe Verdi,
halten, das Volk mitteilnehmen
zu lassen an den Weisen der Musik? So bedeutend ein
Leoncavallo und Puccini in Italien, ein Richard Strauss
und Schillings in Deutschland, ein Goldmark in Oester-
reich, ein St. Saens und Massenet auch in Frankreich
sein mögen: ihre Weisen erfasst nicht.die grosse Masse,
— nicht den, der bloss den Instinkt zur Musik besitzt.
Wenn so weiter komponiert wird — (wenn auch dem
Musikalischen zum Genuss) — so stirbt das Singen des
Volkes, das Pfeifen der Arbeiter, das Ertönen der Dreh-
orgeln, die wohl manchen zur Qual sein mögen, je-
doch dem kleinen Mann einen Sonnenblick werfen in
die Mühsal seines Lebens, — ihm den Anstrich der
Heiterkeit geben, das Leben verschönen. Wohl mag
der Musiker auf die Trivialität einer Troubadour-Arie,
mancher Arien aus Traviata und Rigoletto schelten:
doch das Volk erfasste sie und sang sie nach. Immer
besser, als die banalen Gassenhauer und — zwar recht
hübschen — doch ebenfalls sehr banalen Weisen eines
Paul Lincke. — Man gehe in jede obscure Kneipe, —
in den entlegensten Osten Berlins, wo nur Armut und
Elend lebt — überall hört man auf Drehorgeln, auf dem
Klavier gepaukt oder in Automusikkasten die Weisen
des alten, resp. jungen Verdi, und jeder kleine Arbeiter
singt sie — dieselben wohl kennend — mit. Aus den
Werken des reifen Verdi, aus seinen musikalisch wert-
vollen Opern, die uns recht zeigten, was die Welt an
Verdi hatte, — aus Aida, aus Othello oder Falstaff
sang noch kein kleiner Mann auch nur einen Ton. Der
breiten Masse blieben diese Opernwerke fremd. Und
doch sind sie gegen die Harmonisierung und Melodik
eines R. Strauss oder Schillings beinahe trivial zu nennen,
was den Punkt anbetrifft, ob man sich die Melodie merkt
oder nicht. In Verdi und Johann Strauss — so extrem
diese beiden Pole auch sein mögen — verlor das Volk
die Musik als solche, als das sich durch sich selbst
weiter fortpflanzende Element — mehr, als sich auf den
ersten Blick übersehen lässt. Wenn man die Geschichte
Verdis durchsieht, so fasst man es kaum, was alles
dieser Riesengeist in schier unerschöpflicher Riesenkraft
geschaffen! Wohl auch viel Minderes; doch dann Wal-
es gut, seine Feder zu schärfen, seine Gehirnnerven zu
neuen Melodien zu reizen, durch Misserfolge sich zu
läutern und zu klären. Auch an ihm sehen wir, wie
die Dutzendware Jahr um Jahr entstand, und welche
Zeitspannen zwischen seinen letzten vier
grössten Werken lagen: 1871 die Aida, 1872
das herrliche, viel zu selten gehörte Requiem,
1887 Othello, 1893 Falstaff. Und welches viel-
leicht nahezu vollendete oder schon vollendete
Werk wird man in seinem Nachlass finden?
Denn trotzdem er seinen Fragern versicherte,
er schaffe nichts mehr, war Verdi nicht der
Mann, solange noch ein Funken seines blitzen-
den Geistes in ihm schlummerte, schaffens-
unthätig zu verweilen.
Wenn wir einen kurzen Rückblick auf das
Schaffen des am 10. Oktober 1813 zu Roncole
geborenen Guiseppe Verdi werfen, lässt sich
sein Leben in drei grosse Perioden einteilen.
Die erste umfasst, nachdem er als 14jähriger
Knabe für die philharmonische Gesellschaft in
Busseto die erste Ouvertüre geschrieben hatte,
die Opern Oberto di San Bonifacio (Scala 1839),
die einen ziemlich günstigen Erfolg hatte, Un
giorno Di Regno (1840), Nabucco (1842), mit der
Verdi eigentlich seine Laufbahn erst begann, -— I Lom-
bardi (1843), — endlich Ernani (1844, Fenice, Venedig),
welche einen Ungeheuern Erfolg errang. Durch diese
Oper wurde er nun auch im Auslande bekannt, nament-
lich in Frankreich, und der bisher echt nationale Kom-
ponist kam mit der französischen Richtung in nähere
Fühlung. Die darauffolgenden Opern I due
Foscari (1845), Giovanna d’Arco (1845), Alzira
(1845), Attila (1846), Macbeth (1847), I Masnadieri
(London 1847), II Corsaro (Triest 1848), Battaglia
di Legnano (Rom 1849), Stiffelio (Triest 1850)
waren beinahe eine ununterbrochene Kette von
Misserfolgen, unter denen noch Macbetli die
beste Aufnahme fand. Mit Rigoletto (Venedig
1851) kommt Verdi in seine zweite Periode, die
bereits sehr — in Folge des eifrigen Studiums
Meyerbeers — unter französischem Einfluss
stand, ohne jemals sich die Leichtigkeit und
Grazie der Franzosen anzueignen. Bald darauf
(1852) erschien dann der Troubadour und 1855
die Traviata, die bei ihrer Premiere in Venedig
glänzend durchfiel, und dann erst in Venedig
(1856) mit der Spezia, dem Landi und Coletti,
und später in Paris mit Christine Nilsson eine
glänzende Aufnahme fand. Unter den darauf-
folgenden Opern Les Vöpres siciliennes (Paris
1855), Simon Boccanegra (Venedig 1857), un
ballo die maschera (Rom 1859), La forza del
destino (Petersburg 1862) und Don Carlos (1867 Paris)
sind nur der Maskenball als die beste aller seiner
jüngeren Arbeiten, und Don Carlos zu erwähnen, weil
sich in dieser Oper eine Verwandlung mit Verdi
vollzog. Verdi wollte in dieser Oper anders sein; er
wollte aus seinem Ich heraus. Seine Instrumentation
wurde anders, er beginnt mit „ewigen Melodien“ — mit
einer Charakterisierung seiner Personen, während er
sonst nur lose Melodie an Melodie reihte, rücksichtslos
auf den Sinn des Lihrettos, z. B. Amalia am Grabe des
alten Moor eine Allegro singen lässt „weil das nach dem
Largo mal so Usus war.“ Verdi beginnt mit Verstand
zu arbeiten, dem Libretto den gebührenden Platz ein-
räumend, die Musik dem Text unterordnend, den Per-
sonen anzupassen, und nicht umgekehrt. Und geklärt
und geläutert, ohne je auf die Melodie zu verzichten,
erscheint er 1871 in Kairo mit der Aida, damit die dritte
Periode seines reichen Schaffens betretend. Wenn sich
auch manche sträuben, in seinen letzten Werken den
Einfluss Richard Wagners zu erkennen und seine letzte
Art zu komponieren „dem Zuge der Zeit“ zuschreiben,
so würde doch Verdi nie musikalisch das geworden
sein, was er ist, ohne Wagner. Wohl wäre ein Genie, wie
er, ohne Wagner auf manche Notwendigkeit der Kom-
position gekommen, — doch nie in der Weise, ohne die
Gesamtwirkung dieser Notwendigkeit in Wagners Opern
gehört zu haben. Revel.
Arabi Pascha.
Im September des Jahres 1882 donnerten die Kanonen
Englands bei Tel el Kebir und Albions Truppen brachen
die nationale Stärke Aegyptens. Die Verteidiger ihres
Heimatlandes streckten die Waffen, um die Oberhoheit
der aufstrebenden Weltmacht anzuerkennen. Die Führer
der ägyptischen Freiheitsbewegung aber, die sogenann-
ten drei „aufrührerischen Obersten“ Arabi, Ali Fehmy,
Abd-ed-tal Helmi und noch einige bedeutende Aegypter
betraten am Sylvesterabend 1882, mit einem Gefolge
von 50—60 Personen, das Schiff, das ihrer im Suez-
Kanal harrte, um als Verbannte ihre Zukunft zu ver-
bringen. Der bedeutendste von den ins Exil Wandern-
den war Arabi Pascha, der ehemalige Kriegsminister, der
Freund seines Landes
und der Feind Englands.
Ihm folgten ausser den
genannten noch einige an
der Spitze des ägyptischen
Aufstandes Stehende,
ferner sein Weib und
sein Kind und ein treuer
Diener. Auf Ceylon be-
wohnte Arabi mit seinem
Stabe zuerst das feuchte
Colombo und dann das
heisse und trockene
Kandy, immer hoffend
und immer harrend, in
das Land seiner Väter
zurückkehren zu dürfen.
Aber England misstraute
dem geistreichen, immer
neue Pläne schmiedenden
Arabi Pascha. Mamlf ,und hielt ihn >hr
für Jahr in der Ver-
bannung, ihn allerdings mit allen ihm zulommenden
Ehren behandelnd. Arabis Hofstaat wurde immer
kleiner, bis er zuletzt mit Ali Fehmy, so ziemlich allein,
hoffte, das Jahr 1897 bei dem Jubiläum der Königin
Englands werde ihm die Amnestie bringen. Umsonst.
England blieb hart. Erst jetzt nach vollen d 8 Jahren ist
die Begnadigung gekommen und Arabi, der Freiheits-
kämpfer, verlässt im 60. Jahre seines Lebens die Stätte
seiner Verbannung, um in Cairo in stiller Zurück-
gezogenheit den Rest seiner Tage zu verbringen.