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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Prasch, Alois: Das Theater auf der Pariser Weltausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0101

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ans er

eltausstellung.

Von Alois Prasch.

La belle

'enn in den weit ausgedehnten, auf dem Marsfelde und der Invaliden-
Esplanade der Industrie geweihten Ausstellungsgebäuden in den Abend-
stunden das geschäftige Treiben nachlässt, beginnt in einer anderen Abteilung
der Riesenausstellung ein neues, nicht minder interessantes, buntbewegtes Leben.
Neben den verschiedenartigen Palästen, in denen die einzelnen Staaten ihre
Kunstschätze aufgespeichert haben, läuft parallel die Rue de Paris. In dieser
Strasse steht ein Theater neben dem andern, und nicht weniger als zwanzig
Musentempel sorgen dafür, die Theaterlust der Fremden und der Einheimischen
zu befriedigen.

Mein erster Ausflug in die Rue de Paris fiel nicht sonderlich glücklich aus,
und etwas enttäuscht kehrte ich der Theaterstrasse den Rücken, um auf dem
Boulevard des Italiens mich durch den Anblick des Pariser Nachtlebens für die
mir bereitete Enttäuschung zu entschädigen. Ich schlendere an dem Cafe Riehe
vorüber und höre mich plötzlich bei meinem Namen rufen. Welch freudige
Ueberraschung! Redacteur Mortier vom Pariser Figaro, der die meisten Novi-
täten des Berliner Theaters unter meiner Direktion besucht und mir stets ein
freundliches Interesse entgegengebracht hatte, eilte auf mich zu, schüttelte mir

Otero. ... T11

Mit Illustrationen.

[Nachdruck verboten.]

die Hände und nötigte mich, neben ihm Platz zu nehmen. Sein Nachbar war Herr
Fouquio, der Erbauer der Opera comique. Auf Befragen erzählte ich den beiden
Parisern, welch grossartigen Eindruck die Weltausstellung auf mich gemacht
und welche Enttäuschung mein heutiger Ausflug in die Rue de Paris mir bereitet.

„Ich ging“, erzählte ich, „die vielen Müsentempel entlang, und als ich den
Namen Roulotte las, erinnerte ich mich an das glückliche Debüt dieser Gesell-
schaft in Berlin und freute mich im voraus, einem lustigen Kunstgenuss ent-
gegen zu gehen. Wie langweilig aber mutete mich das Singspiel an, das von
der Roulotte aufgeführt wurde! Die auf die Ausstellung bezugnehmenden Witze
waren augenscheinlich nur notdürftig dem Singspiel aufgeklebt und dienten
lediglich einer Schaustellung als Folie, die man in Paris bis zur Uebersättigung
allüberall aufgetischt bekommt. Eine überreife Pariser Schönheit zeigt sich in
allen möglichen und unmöglichen Stellungen, bald in einem Lorbeerhain, bald
in einer Rosenlandschaft den Augen des Publikums.“

„Nun“, lachte Fouquio, „so unangenehm wird Ihnen doch diese Episode
nicht gewesen sein.“

„Meine Herren“, entgegnete ich, „allzuviel ist ungesund, und die betreffende

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XV. 11.
 
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