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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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- i ucn in diesem Jahre wird die Redaktion der „Modernen Kunst“ auf ihre besonders reich ausg-estatteten Extrahefte die grösste Aufmerk-
samkeit und all ihre reichen Mittel verwenden. Ausser den bereits veröffentlichten Künstler-Nummern werden wir noch im laufenden Jahrgange

zAt>d Weitere E£tpa=^ün)rr)m)

bringen. Wir werden unseren Lesern eine

Gotthard Kuehl-Nummer Sommer-Nummer

bieten. Diese prachtvoll ausgestatteten Extra-Hefte werden unsern Abonnenten ohne jeden Preisaufschlag geliefert.

Mit der „Kuehl-Nummer“ werden wir eine vollständige Uebersicht über die Lebensarbeit des genialen Malers darbieten, die deswegen
so interessant wird, weil uns dazu reichhaltiges künstlerisches Material zur Verfügung gestellt worden ist. Die „Sommer-Nummer“ wird den
laufenden Jahrgang abschliessen. Weiten Kreisen ist die Reichhaltigkeit und Farbenfreudigkeit dieses Heftes längst bekannt; auch die diesjährige
„Sommer-Nummer“ wird diesen wohlbegründeten Ruf aufs neue befestigen.

Die Redaktion der „Modernen Kunst“.

Die Ausstellung der Berliner Secession.

fin originelles Plakat von Th. Th. Heine verkündet
aller Welt die dritte Ausstellung der Berliner
Secession. Dieser Berliner Bär, der den Kuss der Muse
empfängt, die in ihrem hellgrünen Biedermeierkostüm
mit Palette und Lorbeerkranz bewaffnet, sich graziös
zu dem schwarzen Petz herabbeugt, bildet eine Gruppe,
die sich effektvoll von dem dunkelblauen Hintergrund
abhebt und was noch mehr bedeutet: jedem auch noch
so flüchtig Hinschauenden sofort Eindruck macht. Und
die Ausstellung selbst hält das, was der Hinweis ver-
spricht, ja das Plakat ist sogar typisch für den Charakter
dieser Darbietung von 1901. Den Leitern der Berliner
Secession lag vor allem daran: eine gute Ausstellung
zu bringen, Werke vorzuführen, deren Autoren wirklich
den Kuss der Muse empfangen haben, und da sich dies
Ziel nicht durch eigene Mittel erreichen liess, mussten
fremde aufgewendet werden: der geistreiche Plakat-
zeichner ist ein Münchener und der Schwerpunkt der
Ausstellung liegt in den Werken namhafter Ausländer
oder Verstorbener.

Das Vorwort des Katalogs präcisiert noch ein-
mal die hohen Ziele der Berliner Secession: „Wir

lassen jeden zu Worte kommen, der etwas Eigenes
zu sagen weiss“ und „Einer jeden Individualität zur
Entwicklung zu verhelfen, nicht aber sie zu brechen,
scheint uns die Hauptaufgabe unserer Vereinigung“ —
leider ist diesen gesinnungstüchtigen Worten nicht die
überzeugende That gefolgt. Für den gemessenden
Kunstfreund ist allerdings dies Nebeneinander der besten
ausländischen Kunst sehr interessant, aber auch er wird
mit Bedauern sehen, dass unsere deutschen namhaften
Maler sich nicht besonders angestrengt haben, und dass
vor allen Dingen, entgegen dem Secessionsprogramm,
nur sehr wenige neue junge Künstler zum Wort ge-
langen. Daraus folgt klar, dass das „jeder Individualität
zur Entwicklung verhelfen“ in der Berliner Secession
für die Deutschen noch Zukunftsmusik ist. Dass nach
dieser Richtung hin die Münchener Secession vor Jahren
mit Erfolg ähnlich vorging, ist für die Berliner allenfalls
eine Erklärung, aber keine Entschuldigung. Den jungen
deutschen Künstlern, die sich keiner ganz bestimmten
Partei-Protektion erfreuen, ist vorderhand die Pforte der
Secession noch strenger verschlossen als die des Landes-
ausstellungspalastes. Jedoch abgesehen von diesem
Einspruch, der eben nur durch das unerfüllte Programm
der Secession 'hervorgerufen wird, ist die Ausstellung
selbst, wie ich schon anfangs sagte, ein hoher Genuss,
hier in diesen sieben kleinen Sälen sind in der That
Aeusserungen des zeitgenössischen Kunstschaffens ver-
eint, durch die ein frischer Pulsschlag geht, zwar
stammen viele der bewundernswertesten Schöpfungen
nicht aus der allerjüngsten Zeit, aber diese jährlichen
Ausstellungen sind ja eigentlich nie ein Spiegelbild des
augenblicklichen Standes unseres Kunstlebens. Dazu
ist unsere Zeit nicht mehr angethan, denn von allen
Himmelsrichtungen kommen während des ganzen Jahres
per Eilgut die verschiedensten, bedeutendsten und un-
bedeutendsten Kunstwerke in Deutschlands Hauptstadt,
ein Stab rühriger Kunsthändler ist bemüht, das Kunst-
schaffen der Gegenwart dem Publikum der Reichshaupt-
stadt in schnell sich folgenden Sonderausstellungen vor-
zuführen, die in ihrer Gesamtheit dem, der Zeit hat
alle diese Vorführungen zu studieren, allerdings ein
klares Bild von dem Auf und Nieder künstlerischen
Strebens verschaffen.

Die Jahresausstellungen können, da auch die ein-
heimischen Künstler sich naturgemäss sehr stark bei
den immerwährenden Ausstellungen beteiligen, nicht

mehr die Bedeutung von früher haben. Als die Ver-
kehrsmittel noch ungenügender und die klugen Kunst-
händler noch rarer waren, lag die Sache anders, heute
werden nur noch ganz unschuldige Gemüter, die
„Moabiter“ und die „Secession“ als erschöpfende Revue
des Kunstschaffens unserer Zeit ansehen. Aber sich
freuen an dieser vortrefflichen Beschickung des Aus-
landes, welche allein das Verdienst der Secessionsleitung
ist, das werden auch die verwöhntesten Kunstkenner
und mancher, der das deutsche Kunstschaffen von heute
voll regen Interesses betrachtet, wird mit uns aufs
eifrigste wünschen, dass gerade die älteren französischen,
holländischen und deutschen Arbeiten, die hier vereint
sind, unsere modernen Künstler überzeugen möchten,
dass alles Experimentieren mit Punkten, Strichen etc.
sich mehr dem Kunststück, als dem wahren ewig gültigen
Kunstwerk nähert. Wie laut tönt diese Botschaft aus
den Werken der beiden Ehrenmitglieder der Secession,
Böcklin und Leibi, die wir alle mit Stolz die Unsern
nennen! Jedes einzelne Bild und Blatt „bringt ihres
Geistes einen Hauch“ — „die römische Landschaft“

Einbanddecken

zu den

Jahrgängen I-XIV der „Modernen Kunst“.

Wir machen darauf aufmerksam, dass verschiedene
minderwertige Einbanddecken für die „Moderne Kunst“
von anderer Seite angeboten werden, für deren Haltbar-
keit wir nicht bürgen können. Im Gegensätze zu diesen
minderwertigen Decken sind unsere Einbanddecken mit
nur echtem Golde hergestellt und innen mit dem Aufdruck

Original-Ein band decke
der Verlagshandlung

versehen. Sie sind Muster einer vornehmen und soliden
Ausstattung und Technik. Wir bitten ausdrücklich,

unsere Original-
Einbanddecken,
deren Preis 4 M.
beträgt, bei der
Buch handlung
zu bestellen,
durcli welche
der Bezug un-
serer Zeitschrift
erfolgt. Bei di-
rektem Bezüge
von der Unter-
zeichneten Ver-
lagshandlung
sind dem Be-
trage von 4 Mark
noch 30 Pfennig
für Porto beizu-
fügen.

Original-Einbanddecke der „Modernen Kunst in
Meister-Holzschnitten“ nach einem preisgekrönten
Entwürfe von Prof. L. T h e y e r.

Verlag Von
Rieh. Bong.

[Nachdruck verboten.]

aus der frühen Zeit, „die jungen Satyre“, „das Wald-
idyll“, der unvergleichliche, Frieden atmende „Sommer-
tag“, die herrliche „Venus Anadyomene“ und als letzte
Aeusserung seiner schaffensfreudigen Phantasie jene
bunte Scene aus „dem rasenden Roland“, bei welcher
das Erlahmen seines physischen Könnens schmerzlich
sichtbar wird.

Von Leibi ist die Ausbeute räumlich noch grösser.
Neben den ernsten Bildnissen seiner Eltern die holde
blauäugige „Oberbayerin“, ein Juwel von Lebenswahr-
heit und Farbenschöne, ausserdem verschiedene inter-
essante Porträts und Farbenskizzen, eine Reihe noch
unbekannter Zeichnungen, die des echten Meisters Art
eindrucksvoll kennzeichnen. Diesen Grossen im Reiche
der Kunst gesellen sich die beiden Ausländer, J. Maris
und Segantini, derön Tagewerk uns allen gleichfalls
zu früh beendet war. Des Holländers gross angelegte
Landschaften und des llajieners lebenatmende Scenen
aus dem Graubündner Bergen sind vollwichtige Zeug-
nisse für ihrer Urheber grosse Begabung. Von dem
gewaltigen Einfluss, den der alte Israels auf unsere
Realisten geübt, reden laut seine beiden Bilder, die alte
mühselige holländische Frauen als Heldinnen haben,
Isaac Israels, der Sohn, hat noch einen Weg zurück-
zulegen, ehe er ähnlich eindrucksvoll wird. Das Drei-
gestirn der modernen französischen Malerei: Pissarro,
Renoir, Claude Monet sind mit trefflichen Proben
aus ihrer besten Zeit, die bekanntlich nicht gerade die
jüngste ist — vertreten: Pissarros anheimelndes „Pon-
tois“ übertrifft noch weit sein leuchtendes „Rouen am
Morgen“, Monets meisterhafte grosse „Hafenbilder“ sind
voller Licht und Luft, und R-noits „Frau in Weiss mit
dem Sonnenschirm“ steht über -einem neuen „Gedanken“,
der manieriert neben der wir1 ch souveränen Vornehm-
heit der Farben jenes älte. en Frauenporträts wirkt.
Aber auch Monets feines Damenbildnis mit der ver-
alteten Kleidung fesselt viel stärker als die eleganten
Damen des Schotten Lavery, die schlichte Ehrlichkeit
trägt eben diesmal den Sieg über das moderne Suchen
nach Stimmung und pikanten Valeurs davon. Füge ich
noch hinzu, dass Lucien Simon, Raffaelli, Besnard,
Forain, D’Espagnat, Blanche gleichfalls gut ver-
treten sind, so wird dies jeder Wissende würdigen.
Von den Nordländern haben Anders Zorn und vor
allem der Norweger Werenskiold Interessantes ge-
schickt, des letzteren neue Ibsen- und Björnson-Porträts
fesseln natürlich den Blick zuerst. Der geistvolle Russe
So m of f, der in London lebende, koloristisch feineSau ter,
der sonnige Belgier Claus und sein berühmter Lands-
mann Meuniersind durch bezeichnende Schaffensproben
vertreten. Rodin, der Vielbesprochene, durfte natür-
lich nicht fehlen, sein berühmter „Bürger von Calais“
und die sehr anfechtbare „Innere Stimme“ schmücken
als grosse Gipsabgüsse den Eintrittsraum, aber dieser
geistreiche Improvisator des Meisseis hat in zwei jungen
Berliner Bildhauern, Gaul und Klimsch, berechtigte
Rivalen, besonders ist es der begabte Gaul, dessen
ernste Naturstudien und strenge Selbstkritik hier Meister-
haftes gezeitigt haben. Seine Löwin, seine Lämmer, seine
Wasservögel und Ziegen, sie alle, so verschiedenartig
sie sind, geben sich als Skulpturen von imponierender
Lebenswahrheit. Klimschs charaktervolle Grazie tritt in
Büsten und Einzelgestalten überzeugend zu Tage, aber
auch der Münchener Wrda, Felderhoff und Stanis-
laus Cauer lieferten Gutes.

Unter den malenden Berlinern steht Max Lieber-
mann mit zwei wirkungsvollen, in sich abgeschlossenen
Leistungen, dem „Biergarten in Leyden“ und „Reiter
 
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