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MODERNE KUNST.
üben Sie in der Maneg'e und im Sommer, wenn es ins Freie geht, soll es mir
eine Freude sein, Sie gewisse Feinheiten in Haltung, Schule etc. zu lehren!“
„Excellenz sind zu gütig. Allein dieser Sport verträgt sich schlecht
mit der Konservierung der Stimme; —auch bin ich nicht Herrin meiner
Zeit, — Proben und Studium nehmen meine Tage in Anspruch.“
„Ah bah — das findet sich — das richtet man dann ein, — es lässt
sich manches arrangieren, — wenn man sich verständigt — und wenn
man wirklich will! ,Where there is a will, there is a way‘ sagt der
Engländer und setzt das Unmöglichste durch!“
Damit verabschiedete er sich und verliess das Haus der Sängerin,
wie er glaubte, so unbemerkt als er gekommen. [Fortsetzung folgt.]
•apaaische ©ecessionisten.
r&
^yfoum erstenmal trat
[Nachdruck verboten.]
<3^ unter dem Titel
Pariser Weltausstellung
Japanische Secessionisten
auf der Pariser Weltausstellung.
Seiki Kouroda:
Am Ufer, des Sees.
„Sans ceremonies, sans edremonies, schöne
Diva“, rief er der Errötenden zu. „Lassen Sie
uns arme Sterbliche nur auch einmal wissen,
wie Unsterbliche in ihrem Heiligtum aussehen,
und — verzeihen Sie vor allein, dass ich —•
en passant — Sie so überfalle. Es geschieht
eines Komplottes wegen, mit dem wir Theuren
einmal übertrumpfen wollen. Meine Frau be-
absichtigt am nächsten Dienstag — en tout-cas
— die Soiree für Prinzessin Waldemar nach
deren Wunsch zu arrangieren, und zwar so,
dass wir uns erst nach dem Theater, also etwa
nach zehn Uhr versammeln. Im Falle Sie
wieder beschäftigt sein sollten, komme ich nun,
um Sie persönlich zu bitten, sich dennoch der
fatigue zu unterziehen und nach der Vorstellung
bei uns zu erscheinen. Ich weiss, es ist viel
verlangt, dass Sie nach anstrengender Partie
nochmal Toilette und zwar Toilette de cour
machen sollen — aber es geht sonst nicht anders,
wenn wir den schlauen Fuchs fassen wollen!“
Der Graf hatte sich indessen Sarolta gegen-
über ganz bequem am Sofa installiert und
blickte mit unverhohlenem Wohlgefallen auf sein
schönes vis-ä-vis, das sich in dieser so wenig
salonfähigen Toilette höchst unbehaglich fühlte,
unter diesem vielsagenden Blicke, der sie stets wie ein Feuermantcl um-
fing und sie zu versengen schien.
„Uebrigens jammerschade“, fuhr er fort, „dass man Sie bei
Hofe nicht so präsentieren kann, dieser Anzug ä la chinoise kleidet
Sie vorzüglich, dazu dieses leicht derangierte Haar“, er war näher
gerückt und streckte die Hand leicht nach einer Locke aus, die über
Saroltas Schulter fiel. Allein er hatte nicht mit Jacquot gerechnet,
der nun mit ausgebreiteten Flügeln und gesträubten Federn auf die
Hand loshackte, die sich seiner Herrin zu nähern wagte und dabei
höchst unzermoniell schrie: „So a Lump! — Gehst Du nach Haus!“
„Ah, Sie haben auch Leibwächter“, lachte der Graf amüsiert,
indem er auf stand. „Uebrigens ein entzückendes Nest, das Sie sich
hier eingerichtet haben, — so mollig — so — anheimelnd — zum
traulichen Geplauder wie geschaffen.“ Als Sarolta beharrlich
schwieg, fuhr er fort: „Uebrigens hat es dabei den Fehler, Sie viel
zu sehr ans Haus zu fesseln. Man sieht Sie nie im Schlosspark —-
beim Eisläufen — ich reite da jeden Mittag vorüber, doch ich sah
Sie nie; •— ä propos — reiten Sie?“
„Leider nein Excellenz!“
„Ah, das müssen Sie lernen, das konserviert die Figur. Im Winter
Japanische Secessionisten
auf der Pariser Weltausstellung,
die japanische Secession, die sich im Jahre 1896 in Tokio
„Hakuba-Kwai“, d. h. „Weisses Ross“ bildete, auf der
vor ein europäisches Publikum.
Einen so unvollkommenen Begriff man dort
von dem Können der in altjapanischer Manier
malenden Künstler Japans erhalten konnte — in
Japan sah ich Malereien in Käkemono-, wie auch
in Wandschirmform, an die die in Paris ausgestellten
nicht annähernd heranreichten .-—, so anschaulich
vergegenwärtigte uns die Ausstellung der japanischen
Secessionisten, was sie können und was sie nicht
können. Diese blutjunge Körperschaft, die sich ganz
der europäischen Malweise ergab, lernt erst in
einem neuen Element schwimmen. Kunstgesetze,
Anschauungen, das Material, mit dem sie arbeiten,
kurz alles ist den Strebenden neu und hindert sie
einstweilen noch an der vollen Entfaltung ihrer
künstlerischen Qualitäten.
Man gönne ihnen, sich zu entwickeln.
Ist es denn überhaupt notwendig, so hörte ich
viele unwillig fragen, dass die Japaner in euro-
päischem Stil malen lernen? Diese und ähnliche
Fragen berührten mich ebenso naiv, wie wenn
einer äusserte: Ist es denn notwendig, dass die Post-
kutschen den ^Lokomotiven weichen mussten?
Gewiss ist es für den Kunsthistoriker und Kunst-
freund beklagenswert, dass die eigenartige Kunst der
Japaner zum grossen Teil verloren ging und noch
mehr verloren gehen wird; die japanische Kunst teilt
eben ihr Schicksal mit der vieler anderer Völker,
die sich unter fremdem Einfluss entweder trans-
formierte oder untergehen musste.
Dass die europäische Kultur, die die letzten
dreissig Jahre mit Macht alle Lebensverhältnisse
Japans beeinflusste, gleichfalls auf das Kunst-
leben reformatorisch und zersetzend einwirken
musste, das wird jeder, der längere Zeit im Lande lebte und Japan nicht bloss
II. Goseda:
. Alfendresseur.
Japanische Secessionisten
auf der Pariser Weltausstellung.
S chir at aki:
Japanische Singstunde.
MODERNE KUNST.
üben Sie in der Maneg'e und im Sommer, wenn es ins Freie geht, soll es mir
eine Freude sein, Sie gewisse Feinheiten in Haltung, Schule etc. zu lehren!“
„Excellenz sind zu gütig. Allein dieser Sport verträgt sich schlecht
mit der Konservierung der Stimme; —auch bin ich nicht Herrin meiner
Zeit, — Proben und Studium nehmen meine Tage in Anspruch.“
„Ah bah — das findet sich — das richtet man dann ein, — es lässt
sich manches arrangieren, — wenn man sich verständigt — und wenn
man wirklich will! ,Where there is a will, there is a way‘ sagt der
Engländer und setzt das Unmöglichste durch!“
Damit verabschiedete er sich und verliess das Haus der Sängerin,
wie er glaubte, so unbemerkt als er gekommen. [Fortsetzung folgt.]
•apaaische ©ecessionisten.
r&
^yfoum erstenmal trat
[Nachdruck verboten.]
<3^ unter dem Titel
Pariser Weltausstellung
Japanische Secessionisten
auf der Pariser Weltausstellung.
Seiki Kouroda:
Am Ufer, des Sees.
„Sans ceremonies, sans edremonies, schöne
Diva“, rief er der Errötenden zu. „Lassen Sie
uns arme Sterbliche nur auch einmal wissen,
wie Unsterbliche in ihrem Heiligtum aussehen,
und — verzeihen Sie vor allein, dass ich —•
en passant — Sie so überfalle. Es geschieht
eines Komplottes wegen, mit dem wir Theuren
einmal übertrumpfen wollen. Meine Frau be-
absichtigt am nächsten Dienstag — en tout-cas
— die Soiree für Prinzessin Waldemar nach
deren Wunsch zu arrangieren, und zwar so,
dass wir uns erst nach dem Theater, also etwa
nach zehn Uhr versammeln. Im Falle Sie
wieder beschäftigt sein sollten, komme ich nun,
um Sie persönlich zu bitten, sich dennoch der
fatigue zu unterziehen und nach der Vorstellung
bei uns zu erscheinen. Ich weiss, es ist viel
verlangt, dass Sie nach anstrengender Partie
nochmal Toilette und zwar Toilette de cour
machen sollen — aber es geht sonst nicht anders,
wenn wir den schlauen Fuchs fassen wollen!“
Der Graf hatte sich indessen Sarolta gegen-
über ganz bequem am Sofa installiert und
blickte mit unverhohlenem Wohlgefallen auf sein
schönes vis-ä-vis, das sich in dieser so wenig
salonfähigen Toilette höchst unbehaglich fühlte,
unter diesem vielsagenden Blicke, der sie stets wie ein Feuermantcl um-
fing und sie zu versengen schien.
„Uebrigens jammerschade“, fuhr er fort, „dass man Sie bei
Hofe nicht so präsentieren kann, dieser Anzug ä la chinoise kleidet
Sie vorzüglich, dazu dieses leicht derangierte Haar“, er war näher
gerückt und streckte die Hand leicht nach einer Locke aus, die über
Saroltas Schulter fiel. Allein er hatte nicht mit Jacquot gerechnet,
der nun mit ausgebreiteten Flügeln und gesträubten Federn auf die
Hand loshackte, die sich seiner Herrin zu nähern wagte und dabei
höchst unzermoniell schrie: „So a Lump! — Gehst Du nach Haus!“
„Ah, Sie haben auch Leibwächter“, lachte der Graf amüsiert,
indem er auf stand. „Uebrigens ein entzückendes Nest, das Sie sich
hier eingerichtet haben, — so mollig — so — anheimelnd — zum
traulichen Geplauder wie geschaffen.“ Als Sarolta beharrlich
schwieg, fuhr er fort: „Uebrigens hat es dabei den Fehler, Sie viel
zu sehr ans Haus zu fesseln. Man sieht Sie nie im Schlosspark —-
beim Eisläufen — ich reite da jeden Mittag vorüber, doch ich sah
Sie nie; •— ä propos — reiten Sie?“
„Leider nein Excellenz!“
„Ah, das müssen Sie lernen, das konserviert die Figur. Im Winter
Japanische Secessionisten
auf der Pariser Weltausstellung,
die japanische Secession, die sich im Jahre 1896 in Tokio
„Hakuba-Kwai“, d. h. „Weisses Ross“ bildete, auf der
vor ein europäisches Publikum.
Einen so unvollkommenen Begriff man dort
von dem Können der in altjapanischer Manier
malenden Künstler Japans erhalten konnte — in
Japan sah ich Malereien in Käkemono-, wie auch
in Wandschirmform, an die die in Paris ausgestellten
nicht annähernd heranreichten .-—, so anschaulich
vergegenwärtigte uns die Ausstellung der japanischen
Secessionisten, was sie können und was sie nicht
können. Diese blutjunge Körperschaft, die sich ganz
der europäischen Malweise ergab, lernt erst in
einem neuen Element schwimmen. Kunstgesetze,
Anschauungen, das Material, mit dem sie arbeiten,
kurz alles ist den Strebenden neu und hindert sie
einstweilen noch an der vollen Entfaltung ihrer
künstlerischen Qualitäten.
Man gönne ihnen, sich zu entwickeln.
Ist es denn überhaupt notwendig, so hörte ich
viele unwillig fragen, dass die Japaner in euro-
päischem Stil malen lernen? Diese und ähnliche
Fragen berührten mich ebenso naiv, wie wenn
einer äusserte: Ist es denn notwendig, dass die Post-
kutschen den ^Lokomotiven weichen mussten?
Gewiss ist es für den Kunsthistoriker und Kunst-
freund beklagenswert, dass die eigenartige Kunst der
Japaner zum grossen Teil verloren ging und noch
mehr verloren gehen wird; die japanische Kunst teilt
eben ihr Schicksal mit der vieler anderer Völker,
die sich unter fremdem Einfluss entweder trans-
formierte oder untergehen musste.
Dass die europäische Kultur, die die letzten
dreissig Jahre mit Macht alle Lebensverhältnisse
Japans beeinflusste, gleichfalls auf das Kunst-
leben reformatorisch und zersetzend einwirken
musste, das wird jeder, der längere Zeit im Lande lebte und Japan nicht bloss
II. Goseda:
. Alfendresseur.
Japanische Secessionisten
auf der Pariser Weltausstellung.
S chir at aki:
Japanische Singstunde.