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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Malkowsky, Georg: Eine Werkstätte der Bühnentracht
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Détschy, Serafine: Kreuzwege, [3]: Roman aus der Bühnenwelt
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0073

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MODERNE KUNST.

übereinander und wird mit Formen ausgestanzt, die dem Umriss des zierlichsten
Füsschens wie des riesigsten Ileldenfusses genügen. Hier wird auch der Natur
nach Wunsch nachgeholfen. Einlagen erhöhen das Maass des Leibes und wenn
der Brustumfang des Mimen nicht genügt, um das Fellwams des Urgermanen
zu füllen, wird es mit gesteppten Wattierungen ausstaffiert.

Einen grossen Raum in der Fabrikation der Theaterausstellungen nimmt
natürlich die Schneiderei ein. Auch hier hat die gediegene Echtheit überall
den schönen Schein verdrängt. Nach eigenen Musterzeichnungen lässt die Firma
Verch & Flothow die schwersten Brokat- und Seidenstoffe in gotischem und
romanischem, im Renaissance- und Empirestil in den ersten Stoffwebereien

herstellen. Leicht arbeitende Maschinen durchschneiden ganze Zeuglagen und
Nähmaschinen neuester Konstruktion verarbeiten die prächtigen Stoffe. Federn
und Blumen fügen sich in der Konfektion zu duftigen Gebilden zusammen, um
Korsagen und zierliche Frauenköpfe zu schmücken, und selbst der Juwelier
findet in dem Ciseleur seinen Meister, der dem gestanzten Theaterdiadem seinen
letzten künstlerischen Schliff giebt.

Es ist ein Riesenorganismus, der hier in den Dienst der Bühnenausstattung
gestellt ist. Wie sachgemäss und leistungsfähig er arbeitet, geht aus der That-
sache hervor, dass selbst unsere grössten Theater ihre eigenen Werkstätten auf-
gegeben oder doch auf das Notwendigste eingeschränkt haben. Georg Malkowsky.

»FeuzWeqe.

Ä a

Roman aus der Bühnenwelt von Serafine Detschy.

[Fortsetzung.] —

s ist eine lähmende Empfindung für den strebenden Künstler, wenn
er entdeckt, dass er in einem Verbände wie überflüssig dasteht,
dass er ein kostbares Jahr seines Strebens an einen missver-
standenen oder perfiden Vertrag vergeudet hat und dass er allenthalben
auf Empfindlichkeiten, Intriguen und Schwierigkeiten stösst, wenn er der
Richtung seines Könnens folgen will.

„Herr Geheimrat“, sagte die Künstlerin ernst,

Herren der Domänenkammer haben Recht! Mein
Vertrag ist eine überflüssige Ausgabe. Wenn die
wichtigsten Hauptpartien meines speziellen Re-
pertoire ohnedies schon in festen Händen sind, so
ist zu erwarten, dass auch mein weiteres Programm
an unüberwindlichen Schwierigkeiten, Empfindlich-
keiten und plötzlichen Erkrankungen scheitert. Es
wäre also besser, wir machten einen Strich durch
dasselbe. — Ich bin seit Jahren nach Petersburg
zum Gastspiel geladen und konnte aus Gesund-
heitsrücksichten nicht hin. Nun darf ich mich dem
rauhen Klima dort anvertraun; ein Federzug, eine
Depesche und alles ist geordnet. Dann mag Fräulein
Sendig singen, was in und was ausser ihrem
Rollenkreise liegt und ich bin überzeugt, diese
Freude wird überraschend günstig auf ihre Gesund-
heit wirken.“

Endlich war doch ihr Temperament mit ihr
durchgegangen. Das war ihm lieb. Er fürchtete
nur kühle überlegte Naturen, wie er selbst eine war.

Aufbrausende hatte er bald in der Hand. Dennoch
erschrak er ein wenig. Er hatte nicht bedacht,
dass ein Rasse-Geschöpf anders behandelt sein will,
als eine Dutzendnatur.

„Aber mein verehrtes, aller-
gnädigstes Fräulein“ — er
lächelte wieder sein verbind-
lichstes Lächeln, das manchem
Frauenherz schon gefährlich geworden
war! — „Das nenn' ich Temperament!

Sapristi! Sie verleugnen Ihre ungarische
Abstammung wirklich nicht! Und wie
dieses Aufflammen Sie kleidet“ — er
hatte ihre Hand erfasst und sie fühlte
durch den feinen Handschuh das
Vibrieren seiner Fingerspitzen, indes
seine schwarzen Augen wie Tollkirschen
glänzten. Sanft leitete er sie auf ihren
Platz zurück und setzte sich ihr sehr
dicht, sehr nahe gegenüber, während
er mit dem bewusst unwiderstehlichen
Lächeln sagte:’ „Wahrlich, ich bereue
es nicht, Sie ein wenig gereizt zu haben,
ehe ich Ihnen die Mitteilung mache, dass
wir bereits als zweite Rolle für Sie —

•—— [Nachdruck verboten.]

Elsa in Lohengrin in Aussicht genommen, wobei uns Fräulein Sendig
in keiner Weise stört; — und als Sarolta heftig erwidern wollte': „Nur
etwas Geduld, schönste Diva, der Boden einer Hofbühne ist glatt. Ab-
warten ist eine grosse Kunst, die gelernt sein will — und nicht jeder
lernt sie. Sie z. B. scheinen kein Talent dafür zu haben, aber glauben Sie
mir, noch ein solcher Erfolg wie der gestrige und ich zweifle nicht, dass
ich sehe ein, die Ihre Elsa der Isolde ebenbürtig ist, dann bin ich in der Lage die Macht

JEVlM L..D

TH > E

E. Thiel: Eine Werkstätte der Bühnentracht.
Sattlerei.
 
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