MODERNE KUNST.
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zierliche kleine Bronzefigur des Bacchus. Diese Figur stammt noch aus
dem alten hamburgischen Ratsweinkeller und — wohl manchen heimlichen
Kuss von holden Mädchenlippen hat das kalte Metall im Laufe der Jahre
empfangen. Warum dies geschehen, das verrät deutlich der darüber
stehende Spruch:
Seht der Mädchen Ringelreihen mit den Rosenkränzen
Seht der Jugend Widerschein im Pokale glänzen,
Seht, wie Bacchus fröhlich lacht, denkend alter Tage,
Denn von seiner Zauberinacht kündet uns die Sage:
Wenn die Maid den Bacchus küsst, heimlich und verschwiegen,
Wird beglückt in Jahresfrist sie ein Herz besiegen!
Eine übermütige derbere Fröhlichkeit herrscht in der malerischen
Dekoration des Remters, den man von der südlichen Galerie aus betritt.
Hier hat der temperamentvolle Maler-Dichter Arthur Fitger Standbilder
mit Darstellungen aus deutschen Volks- und Trinkliedern geschaffen. Von
den Wänden herab grüssen kernige Trinksprüche, die Anfangsverse be-
liebter Studentenlieder und klassische Aussprüche trinkfester Leute aus
■dem grauen Altertum.
Zwischen den Bogen der erhöhten Laube sehen wir ein Selbstporträt
des Malers in mittelalterlicher Gewandung mit dem Spruch: „Wer niemals
■einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann“.
Die erwähnte Remterlaube enthält Darstellungen von Faunen und
Centauren, während der Remter nach Westen durch das prächtige Bild
„Der Trinkerparnass“ mit den berühmten Trunkfesten aller Zeiten von
Noah bis zum Zwerg Perkeo abgeschlossen wird.
Von der mit bemaltem Kachelbelag reich geschmückten Schenke ge-
langt man auf einigen Stufen endlich in den tiefsten Teil, den Grundstein-
keller. Dieser Raum wird durch Pfeiler in drei Schiffe geteilt, deren
mittelstes an dem einen Ende ein imposanter Steinkamin, verziert mit
dem Hamburger Wappen, abschliesst. Die beiden Seitenschiffe sind in
je sieben Einzelzellen geteilt, von denen eine grössere Anzahl ver-
schiedenen Kunstvereinen zur Ausschmückung übergeben ist, um so ein
recht abwechslungsreiches Bild zu geben und den künstlerischen Ver-
einigungen Hamburgs Gelegenheit zu bieten, nach eigenem Geschmack
sich Stammnischen einzurichten. Die mittlere Abteilung an der einen
Seite ist die Grundsteinnische. Hier liegen Hammer und Kelle, mit denen
am 6. Mai 1886 der verstorbene Bürgermeister Petersen die Grundstein-
legung vollführte; ein prachtvolles schmiedeeisernes Gitter trägt den
Spruch, welchen der genannte Bürgermeister seinerzeit sprach:
Mit Gottes Gunst durch Menschenhände
Kommt auch ein schwierig Werk zu Ende.
Roman von Karl von Heigel.
[Fortsetzung.]
as ist’s! Louisa verdient alles Lob. Sie, lieber Brummeil, wird die schöne
Jane trösten.“
„Nein! Seitdem ich weiss, dass Lady Jane mit Vorliebe Kohl isst, habe ich
meine Besuche eingestellt.“
„Sie sind ein köstlicher Kerl, Brummell. Wie ist’s? Gehen wir mit den
Freunden zu Watier?“ — „Wie Sie befehlen, Prinz!“
Wales wandte sich an den Kammerdiener, der während der ganzen Zeit
■den Taubstummen gemacht hatte. „Schicken Sie meinen Wagen nach Hause!-
[Nachdruck verboten.]
Denn wir gehen zu Fuss, mein lieber Brummeil. Ich will mich öffentlich zeigen,
ich will. Meine Popularität nimmt ab. Man hat mir meine Schulden bezahlt,
aber nicht verziehen. Wie ungerecht! Meine Gläubiger sind der Beweis, dass
ich das Geld im Lande liess. Nehmen wir den jungen Ogilvie mit?“
„Ein hübscher, artiger Junge. Ich habe eine Schwäche für ihn. Ueberlassen
Sie ihn mir! Ich versprach Papa Ogilvie, seinen Sohn in der Gesellschaft zu
fördern. Es soll geschehen.“ Mit Nachdruck: „Ich werde mit dem Fähnrich
Arm in Arm vorangehen!“ — — — — — — — — — — — — —
Der Hamburger Ratskeller: Die Remter-Laube.
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zierliche kleine Bronzefigur des Bacchus. Diese Figur stammt noch aus
dem alten hamburgischen Ratsweinkeller und — wohl manchen heimlichen
Kuss von holden Mädchenlippen hat das kalte Metall im Laufe der Jahre
empfangen. Warum dies geschehen, das verrät deutlich der darüber
stehende Spruch:
Seht der Mädchen Ringelreihen mit den Rosenkränzen
Seht der Jugend Widerschein im Pokale glänzen,
Seht, wie Bacchus fröhlich lacht, denkend alter Tage,
Denn von seiner Zauberinacht kündet uns die Sage:
Wenn die Maid den Bacchus küsst, heimlich und verschwiegen,
Wird beglückt in Jahresfrist sie ein Herz besiegen!
Eine übermütige derbere Fröhlichkeit herrscht in der malerischen
Dekoration des Remters, den man von der südlichen Galerie aus betritt.
Hier hat der temperamentvolle Maler-Dichter Arthur Fitger Standbilder
mit Darstellungen aus deutschen Volks- und Trinkliedern geschaffen. Von
den Wänden herab grüssen kernige Trinksprüche, die Anfangsverse be-
liebter Studentenlieder und klassische Aussprüche trinkfester Leute aus
■dem grauen Altertum.
Zwischen den Bogen der erhöhten Laube sehen wir ein Selbstporträt
des Malers in mittelalterlicher Gewandung mit dem Spruch: „Wer niemals
■einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann“.
Die erwähnte Remterlaube enthält Darstellungen von Faunen und
Centauren, während der Remter nach Westen durch das prächtige Bild
„Der Trinkerparnass“ mit den berühmten Trunkfesten aller Zeiten von
Noah bis zum Zwerg Perkeo abgeschlossen wird.
Von der mit bemaltem Kachelbelag reich geschmückten Schenke ge-
langt man auf einigen Stufen endlich in den tiefsten Teil, den Grundstein-
keller. Dieser Raum wird durch Pfeiler in drei Schiffe geteilt, deren
mittelstes an dem einen Ende ein imposanter Steinkamin, verziert mit
dem Hamburger Wappen, abschliesst. Die beiden Seitenschiffe sind in
je sieben Einzelzellen geteilt, von denen eine grössere Anzahl ver-
schiedenen Kunstvereinen zur Ausschmückung übergeben ist, um so ein
recht abwechslungsreiches Bild zu geben und den künstlerischen Ver-
einigungen Hamburgs Gelegenheit zu bieten, nach eigenem Geschmack
sich Stammnischen einzurichten. Die mittlere Abteilung an der einen
Seite ist die Grundsteinnische. Hier liegen Hammer und Kelle, mit denen
am 6. Mai 1886 der verstorbene Bürgermeister Petersen die Grundstein-
legung vollführte; ein prachtvolles schmiedeeisernes Gitter trägt den
Spruch, welchen der genannte Bürgermeister seinerzeit sprach:
Mit Gottes Gunst durch Menschenhände
Kommt auch ein schwierig Werk zu Ende.
Roman von Karl von Heigel.
[Fortsetzung.]
as ist’s! Louisa verdient alles Lob. Sie, lieber Brummeil, wird die schöne
Jane trösten.“
„Nein! Seitdem ich weiss, dass Lady Jane mit Vorliebe Kohl isst, habe ich
meine Besuche eingestellt.“
„Sie sind ein köstlicher Kerl, Brummell. Wie ist’s? Gehen wir mit den
Freunden zu Watier?“ — „Wie Sie befehlen, Prinz!“
Wales wandte sich an den Kammerdiener, der während der ganzen Zeit
■den Taubstummen gemacht hatte. „Schicken Sie meinen Wagen nach Hause!-
[Nachdruck verboten.]
Denn wir gehen zu Fuss, mein lieber Brummeil. Ich will mich öffentlich zeigen,
ich will. Meine Popularität nimmt ab. Man hat mir meine Schulden bezahlt,
aber nicht verziehen. Wie ungerecht! Meine Gläubiger sind der Beweis, dass
ich das Geld im Lande liess. Nehmen wir den jungen Ogilvie mit?“
„Ein hübscher, artiger Junge. Ich habe eine Schwäche für ihn. Ueberlassen
Sie ihn mir! Ich versprach Papa Ogilvie, seinen Sohn in der Gesellschaft zu
fördern. Es soll geschehen.“ Mit Nachdruck: „Ich werde mit dem Fähnrich
Arm in Arm vorangehen!“ — — — — — — — — — — — — —
Der Hamburger Ratskeller: Die Remter-Laube.