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MODERNE KUNST.
an seine Brust. Er drückte sie beglückt an sich. Sein Auge flog von ihr zu
dem Professor hin, der zaudernd hervortrat. Edith barg ihr Haupt in heftigem
Aufschluchzen an Ottos Schulter. Sein herausfordernder Blick flammte zu Rut-
hard hinüber, der kreidig bleich, auf seinen Alpstock gestützt, dastand. Hinter
Otto wurde jetzt die Figur des Rates sichtbar. Er begrüsste Edith freudig:
„Wir waren besorgt um Dich, Kind. Wir haben das Gewitter hier in der Hütte
abgewartet. “
Jetzt erst bemerkte er mit befremdeter Miene den Professor. Ruthard
erwiderte stumm seinen Gruss.
„Was ist Dir geschehen?" fragte der Rat, Edith erstaunt betrachtend, indem
seine Züge immer ernster wurden.
Otto zuckte finster die Achseln. „Es scheint das Handwerk dieses Mannes
zu sein“, knirschte er halb in sich hinein, während sein Blick Ruthard zu-
flammte. Der Rat bemerkte es.
„Verzeihen Sie, mein Herr,“ sagte der Rat jetzt, dem Professor einen
Schritt näher tretend, „ich weiss nicht, ob es Ihnen bekannt geworden ist, was
die Schweizer Zeitungen gestern bereits mitteilten: dass die Luzerner Behörde
Recherchen von Ihnen erbittet.“ — „Von mir?“
„Eine Frau von Merewsky hat sich im See das Leben genommen. Nicht
wahr, es ist dieselbe Dame, die vor sechs Tagen in Widdern Ihnen ihren Besuch
machte?“ Ruthard war entsetzt zurückgetreten.
„Das war der Name der Dame.“
„Brieffragmente, die man aufgefunden, richten sich an Ihre Adresse. Ich
bewohnte dasselbe Hotel und habe die Schreiben gelesen.“
Ruthard stand wie ein Gerichteter. Der Rat wandte sich an Brunner:
„Bringen Sie die Sachen des Fräuleins mit hinunter. Ich empfehle mich,“
sagte er zu dem Professor gewendet und wandte sich zum Abgehen. Otto er-
fasste fest Ediths Hand und griff grüssend an den Hut; auch der Professor grüsste.
Ein letzter Blick flog zu Edith hinüber. Sie Hess Ottos Hand los, ging ruhig
auf Ruthard zu und reichte ihm ihre Hand. Dann schritt sie mit ihrem Vetter
den Weg hinunter.
Ruthard stieg der Höhe zu. Er stieg und stieg. In der Tiefe vergr tllten
die Wetter hinter ihm. Wallende Wolkenfetzen jagten dem östlichen Th: laus-
gange zu. Wonnig befreit atmeten die Almen wieder auf; strahlend wandelte
die Sonne wieder, ein siegreicher Held, in seliger Reinheit, lebenspendend über
die lichtfrohe Welt. In unberührter Hoheit schauten die lichten Firnen in das
Thal nieder. Immer weiter stieg der einsame Mann in die hohe Bergeinsamkeit
hinauf. Aus unsichtbaren Lüften ertönte ein Adlerschrei. An einer Felsstelle
hingen wenige Edelweisssterne. Er brach sie.
Gegen Mitternacht langte er im Widdernhotel an. Er fand in seinem
Zimmer einen Brief der Luzerner Behörde vor und bestellte für 4 Uhr morgens
den Wagen.
An Wandas Grab stand er in einsamer Mittagsstille. Er legte die Edel-
weisssterne auf ihrem kahlen Hügel nieder. Im Leben hatte er ihr nicht den
erhofften Kranz gegönnt, er wagte nicht, ihr Grab jetzt mit anderen Blumen
zu schmücken. Noch am Abend reiste er nach Lugano ab.
Im nächsten Frühjahr bewerkstelligte er seinen Umzug nach der süddeutschen
Akademiestadt. Auf einer der letzten Ausstellungen in München vor einigen
Jahren machte ein seltsam gewaltiges Bildwerk, das sich „das Gesicht der Ewig-
keit“ nannte, berechtigtes Aufsehen. [Ende.]
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#er Karlsplatz in München nach seiner Umgestaltung. Gabriel von
Seidl, der dem bürgerlichen Baustil Münchens eine monumentale Aus-
prägung im Künstlerhaus gegeben, ist der Neuschöpfer des Karlsplatzes, der,
vornehm und behaglich, modern und gemütlich zugleich, des hinter ihm auf-
tauchenden Wahrzeichens der Frauentürme nicht bedürfte, um sein eigenartig
münchnerisches Gepräge zu bekunden. Im Frühjahr 1901 wird das Rondell mit
den ihm harmonisch zu beiden Seiten angegliederten Längsstrassen vollendet
dastehen an der Stelle des unter Kurfürst Karl Theodor in den letzten Jahren
des achtzehnten Jahrhunderts erbauten Platzes, welcher, der Stadtmauer vorge-
lagert, einst als Wunderwerk geschätzt, mit seinen grünen dichtgereihten Jalousien
und den rotgedeckten Mansarden gar freundlich ins Freie wies. Die Stadt ist
längst aus dem damaligen Prachtgewand herausgewachsen und die alten Vor-
gärten sind durch die in den Centralbahnhof mündenden, verkehrreichsten Strassen
verdrängt worden. Es galt die zweistöckigen, nüchtern regelmässigen Häuser-
zeilen um- und auszubauen, ohne von der architektonischen Grundlage abzu-
weichen; nur am Rondell durfte in Neubauten dieselbe bereichert und entwickelt
werden. Seidl hat nicht nur den einheitlichen Charakter, sondern, unbeschadet
der Eleganz und Bequemlichkeit, einen Rest der ehemaligen Traulichkeit gewahrt.
So sind keine Zinspaläste, sondern patriziermässige Wohnhäuser erwachsen. Das
von Pavillons und Rundtürmchen flankierte Rondell eröffnet dem vom Bahnhof
Ilerschreitenden einen hübschen und heiteren Anblick. Alex Braun.
*
{p. Malchins „Wintertag“ atmet echte Winterstimmung; klare Luft liegt
über Haus und Land; Eis starrt in allen Gewässern; lichter Schnee deckt die
Erde. Den Menschen, der in enger Stadt, zwischen Mauern seine Tage verbringt,
regt dieser Anblick an zum Hinauseilen, er möchte sich erfrischen, erheitern und
kräftigen an der Winterherrlichkeit.
* * *
ach Bethlehem weist der Stern, nach dem armseligen Städtchen, aus
dem nach hergebrachter Meinung nichts Gutes kommen sollte. Staunend blicken
die Männer zum Himmel und wieder hinab auf die kleinen Häuser. Dort ist
der Heiland aller Welt geboren, wie der flammende Stern am Himmel es kündet.
L. Billiets Bild giebt der andächtigen Stimmung, die über die nach dem Himmels-
zeichen Schauenden gekommen ist, einen vorzüglichen künstlerischen Ausdruck.
*
ö|vriegerisch genug lauten die Berichte, die aus dem Lande der Langzöpfe
zu uns kommen und mancher deutschen Mutter mag das Herz klopfen, wenn sie
daran denkt, dass ihr Sohn in China weilt. Aber jede Kugel trifft nicht und es
giebt auch nicht alle Tage Schlachtenlärm. Was unsere Blaujacken in den chine-
sischen Städten mit ihren Urlaubsstunden anfangen, veranschaulicht Erich Elzes
Bild: „Deutsche Matrosen in einem chinesischen Theehause“. Die jungen
Damen aus dem Lande der Mitte scheinen ein reges Interesse an den deutschen
Matrosen gewonnen zu haben; sie trinken mit ihnen, weihen sie in die Elemente
ihrer Sprache ein und hören aufmerksam auf die Klänge der Ziehharmonika.
* *
*
«. Weczerziks: „Verlorener Sohn“ giebt mit grossem Geschick die
oft spasshafte Eigenart der kleinen Dachshunde wieder. Bekanntlich sind die-
selben schwer zu Gehorsam zu bringen, so wacker sie sich auch bei der
fjbsepe Hilde*.
Suche und bei der Erfüllung ihrer sonstigen Jagdaufgaben verhalten. Im Hause
benimmt sich ein Däckel fast immer wie ein ungezogener Bub, sehr oft
wie ein richtiger verlorener Sohn. Der Held unseres Bildes ist ohne Erlaubnis
aus dem Hause spaziert und erst das heftige Schneewetter hat ihn wieder
zum schützenden Heimatsdache zurückgeführt. Nun liegt er frostdurchschauert
vor der Thür und winselt sein: „pater peccavi!“ Freilich dauert seine Zer-
knirschung nur, bis er sich richtig am Herde durchgewärmt hat, dann wird
ihn wohl seine angeborene Spitzbübigkeit zu neuen Streifzügen verleiten.
* * *
Baldrys schönes Bild „Der letzte Versuch" giebt den Wendepunkt
einer Liebes-Affaire in sinnigster Weise wieder. Sie liebt ihn, das sagen ihre
Augen, aber sie vermag noch nicht alle Bedenklichkeiten zu vergessen, die sich
ihrem Liebesbunde entgegentürmen. Der junge Mann beobachtet gespannt die
Miene seiner Geliebten. Wird sie sich auf seinen Hinweis, dass er heut zum
letztenmal um ihre Entscheidung bitte, ihm ganz anvertrauen, oder wird sie
zögernd sich abwenden? Der Maler hat den bedeutungsvollen Moment ungemein
stimmungsvoll zur Darstellung gebracht.
*
^h. E. Strellons: „Schwierige Orientierung“ giebt einen Augenblick
aus dem Jagdleben wieder. Die Meute ist mit ihrem Herrn auf Abwege geraten.
Der Nebel hat alle Orientierung nach Höhen, Türmen oder hochragenden Bäumen
unmöglich gemacht und so bleibt nur die schwer zu lesende Schrift auf dem
Wegweiser als Ratgeber übrig. Hunde und Pferde scheinen von der gedrückten
Stimmung ihres Herrn erfasst worden zu sein, was der Maler mit Meisterschaft
veranschaulicht hat. ,s s
JfT Grotemeyers Bild: „Die Uebergabe von Bergedorf“, eine
Ehrengabe der Stadt Bergedorf für das neue Rathaus in Hamburg, stellt die
Uebergabe der Feste nach der Eroberung durch die Lübecker und Hamburger
Truppen im Jahre 1420 dar. Bis dahin gehörte Bergedorf zu Sachsen-Lauenburg.
Der gemeinsame Besitz der „Landherrenschaft“ Bergedorf, bestehend aus der
Stadt gleichen Namens, dem Kirchdorf Geesthacht und den bekannten sogenannten
„Vierlanden“, durch Hamburg und Lübeck währte bis 1867; in diesem Jahre
brachte Hamburg das Anrecht Lübecks durch Kauf an sich. Die lübeckische
Chronik des Franziskaner Lesemeisters Detmar erzählt über die Eroberung
folgendes:
„De van Lubeke unde van Hamborch beleden dat slot Bergherdorpe dre
daghe vor sunte Marghareten unde hadden in ereme here by achte hundert
wapene to perde unde twe dusent to vote unde dusent schütten. Do se dar erst
vorquemen, do branden se dat wikbelde unde nemen wat dar was; darna
stormeden se dat slot myt bussen veer ganse daghe, dat de uppe deme slote
weren nene rouwe konden hebben, unde schoten de huse entwey in muren unde
in daken. Do se dat seghen up deme slote unde merkeden, dat se dat slot
nycht langhe holden künden, do gheven se dat slot den steden myt sodanen
underschede, dat se mochten afghan vryg mit beholdinghe eres gudes.“
Auf dem vortrefflich komponierten Bilde F. Grotemeyers mit den gewaltigen
Mauern im Hintergründe sehen wir den Parlamentär der Belagerten, wie er
den Bürgermeistern des feindlichen Heeres den Schlüssel der Feste überreicht.
MODERNE KUNST.
an seine Brust. Er drückte sie beglückt an sich. Sein Auge flog von ihr zu
dem Professor hin, der zaudernd hervortrat. Edith barg ihr Haupt in heftigem
Aufschluchzen an Ottos Schulter. Sein herausfordernder Blick flammte zu Rut-
hard hinüber, der kreidig bleich, auf seinen Alpstock gestützt, dastand. Hinter
Otto wurde jetzt die Figur des Rates sichtbar. Er begrüsste Edith freudig:
„Wir waren besorgt um Dich, Kind. Wir haben das Gewitter hier in der Hütte
abgewartet. “
Jetzt erst bemerkte er mit befremdeter Miene den Professor. Ruthard
erwiderte stumm seinen Gruss.
„Was ist Dir geschehen?" fragte der Rat, Edith erstaunt betrachtend, indem
seine Züge immer ernster wurden.
Otto zuckte finster die Achseln. „Es scheint das Handwerk dieses Mannes
zu sein“, knirschte er halb in sich hinein, während sein Blick Ruthard zu-
flammte. Der Rat bemerkte es.
„Verzeihen Sie, mein Herr,“ sagte der Rat jetzt, dem Professor einen
Schritt näher tretend, „ich weiss nicht, ob es Ihnen bekannt geworden ist, was
die Schweizer Zeitungen gestern bereits mitteilten: dass die Luzerner Behörde
Recherchen von Ihnen erbittet.“ — „Von mir?“
„Eine Frau von Merewsky hat sich im See das Leben genommen. Nicht
wahr, es ist dieselbe Dame, die vor sechs Tagen in Widdern Ihnen ihren Besuch
machte?“ Ruthard war entsetzt zurückgetreten.
„Das war der Name der Dame.“
„Brieffragmente, die man aufgefunden, richten sich an Ihre Adresse. Ich
bewohnte dasselbe Hotel und habe die Schreiben gelesen.“
Ruthard stand wie ein Gerichteter. Der Rat wandte sich an Brunner:
„Bringen Sie die Sachen des Fräuleins mit hinunter. Ich empfehle mich,“
sagte er zu dem Professor gewendet und wandte sich zum Abgehen. Otto er-
fasste fest Ediths Hand und griff grüssend an den Hut; auch der Professor grüsste.
Ein letzter Blick flog zu Edith hinüber. Sie Hess Ottos Hand los, ging ruhig
auf Ruthard zu und reichte ihm ihre Hand. Dann schritt sie mit ihrem Vetter
den Weg hinunter.
Ruthard stieg der Höhe zu. Er stieg und stieg. In der Tiefe vergr tllten
die Wetter hinter ihm. Wallende Wolkenfetzen jagten dem östlichen Th: laus-
gange zu. Wonnig befreit atmeten die Almen wieder auf; strahlend wandelte
die Sonne wieder, ein siegreicher Held, in seliger Reinheit, lebenspendend über
die lichtfrohe Welt. In unberührter Hoheit schauten die lichten Firnen in das
Thal nieder. Immer weiter stieg der einsame Mann in die hohe Bergeinsamkeit
hinauf. Aus unsichtbaren Lüften ertönte ein Adlerschrei. An einer Felsstelle
hingen wenige Edelweisssterne. Er brach sie.
Gegen Mitternacht langte er im Widdernhotel an. Er fand in seinem
Zimmer einen Brief der Luzerner Behörde vor und bestellte für 4 Uhr morgens
den Wagen.
An Wandas Grab stand er in einsamer Mittagsstille. Er legte die Edel-
weisssterne auf ihrem kahlen Hügel nieder. Im Leben hatte er ihr nicht den
erhofften Kranz gegönnt, er wagte nicht, ihr Grab jetzt mit anderen Blumen
zu schmücken. Noch am Abend reiste er nach Lugano ab.
Im nächsten Frühjahr bewerkstelligte er seinen Umzug nach der süddeutschen
Akademiestadt. Auf einer der letzten Ausstellungen in München vor einigen
Jahren machte ein seltsam gewaltiges Bildwerk, das sich „das Gesicht der Ewig-
keit“ nannte, berechtigtes Aufsehen. [Ende.]
«y» ' i
#er Karlsplatz in München nach seiner Umgestaltung. Gabriel von
Seidl, der dem bürgerlichen Baustil Münchens eine monumentale Aus-
prägung im Künstlerhaus gegeben, ist der Neuschöpfer des Karlsplatzes, der,
vornehm und behaglich, modern und gemütlich zugleich, des hinter ihm auf-
tauchenden Wahrzeichens der Frauentürme nicht bedürfte, um sein eigenartig
münchnerisches Gepräge zu bekunden. Im Frühjahr 1901 wird das Rondell mit
den ihm harmonisch zu beiden Seiten angegliederten Längsstrassen vollendet
dastehen an der Stelle des unter Kurfürst Karl Theodor in den letzten Jahren
des achtzehnten Jahrhunderts erbauten Platzes, welcher, der Stadtmauer vorge-
lagert, einst als Wunderwerk geschätzt, mit seinen grünen dichtgereihten Jalousien
und den rotgedeckten Mansarden gar freundlich ins Freie wies. Die Stadt ist
längst aus dem damaligen Prachtgewand herausgewachsen und die alten Vor-
gärten sind durch die in den Centralbahnhof mündenden, verkehrreichsten Strassen
verdrängt worden. Es galt die zweistöckigen, nüchtern regelmässigen Häuser-
zeilen um- und auszubauen, ohne von der architektonischen Grundlage abzu-
weichen; nur am Rondell durfte in Neubauten dieselbe bereichert und entwickelt
werden. Seidl hat nicht nur den einheitlichen Charakter, sondern, unbeschadet
der Eleganz und Bequemlichkeit, einen Rest der ehemaligen Traulichkeit gewahrt.
So sind keine Zinspaläste, sondern patriziermässige Wohnhäuser erwachsen. Das
von Pavillons und Rundtürmchen flankierte Rondell eröffnet dem vom Bahnhof
Ilerschreitenden einen hübschen und heiteren Anblick. Alex Braun.
*
{p. Malchins „Wintertag“ atmet echte Winterstimmung; klare Luft liegt
über Haus und Land; Eis starrt in allen Gewässern; lichter Schnee deckt die
Erde. Den Menschen, der in enger Stadt, zwischen Mauern seine Tage verbringt,
regt dieser Anblick an zum Hinauseilen, er möchte sich erfrischen, erheitern und
kräftigen an der Winterherrlichkeit.
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ach Bethlehem weist der Stern, nach dem armseligen Städtchen, aus
dem nach hergebrachter Meinung nichts Gutes kommen sollte. Staunend blicken
die Männer zum Himmel und wieder hinab auf die kleinen Häuser. Dort ist
der Heiland aller Welt geboren, wie der flammende Stern am Himmel es kündet.
L. Billiets Bild giebt der andächtigen Stimmung, die über die nach dem Himmels-
zeichen Schauenden gekommen ist, einen vorzüglichen künstlerischen Ausdruck.
*
ö|vriegerisch genug lauten die Berichte, die aus dem Lande der Langzöpfe
zu uns kommen und mancher deutschen Mutter mag das Herz klopfen, wenn sie
daran denkt, dass ihr Sohn in China weilt. Aber jede Kugel trifft nicht und es
giebt auch nicht alle Tage Schlachtenlärm. Was unsere Blaujacken in den chine-
sischen Städten mit ihren Urlaubsstunden anfangen, veranschaulicht Erich Elzes
Bild: „Deutsche Matrosen in einem chinesischen Theehause“. Die jungen
Damen aus dem Lande der Mitte scheinen ein reges Interesse an den deutschen
Matrosen gewonnen zu haben; sie trinken mit ihnen, weihen sie in die Elemente
ihrer Sprache ein und hören aufmerksam auf die Klänge der Ziehharmonika.
* *
*
«. Weczerziks: „Verlorener Sohn“ giebt mit grossem Geschick die
oft spasshafte Eigenart der kleinen Dachshunde wieder. Bekanntlich sind die-
selben schwer zu Gehorsam zu bringen, so wacker sie sich auch bei der
fjbsepe Hilde*.
Suche und bei der Erfüllung ihrer sonstigen Jagdaufgaben verhalten. Im Hause
benimmt sich ein Däckel fast immer wie ein ungezogener Bub, sehr oft
wie ein richtiger verlorener Sohn. Der Held unseres Bildes ist ohne Erlaubnis
aus dem Hause spaziert und erst das heftige Schneewetter hat ihn wieder
zum schützenden Heimatsdache zurückgeführt. Nun liegt er frostdurchschauert
vor der Thür und winselt sein: „pater peccavi!“ Freilich dauert seine Zer-
knirschung nur, bis er sich richtig am Herde durchgewärmt hat, dann wird
ihn wohl seine angeborene Spitzbübigkeit zu neuen Streifzügen verleiten.
* * *
Baldrys schönes Bild „Der letzte Versuch" giebt den Wendepunkt
einer Liebes-Affaire in sinnigster Weise wieder. Sie liebt ihn, das sagen ihre
Augen, aber sie vermag noch nicht alle Bedenklichkeiten zu vergessen, die sich
ihrem Liebesbunde entgegentürmen. Der junge Mann beobachtet gespannt die
Miene seiner Geliebten. Wird sie sich auf seinen Hinweis, dass er heut zum
letztenmal um ihre Entscheidung bitte, ihm ganz anvertrauen, oder wird sie
zögernd sich abwenden? Der Maler hat den bedeutungsvollen Moment ungemein
stimmungsvoll zur Darstellung gebracht.
*
^h. E. Strellons: „Schwierige Orientierung“ giebt einen Augenblick
aus dem Jagdleben wieder. Die Meute ist mit ihrem Herrn auf Abwege geraten.
Der Nebel hat alle Orientierung nach Höhen, Türmen oder hochragenden Bäumen
unmöglich gemacht und so bleibt nur die schwer zu lesende Schrift auf dem
Wegweiser als Ratgeber übrig. Hunde und Pferde scheinen von der gedrückten
Stimmung ihres Herrn erfasst worden zu sein, was der Maler mit Meisterschaft
veranschaulicht hat. ,s s
JfT Grotemeyers Bild: „Die Uebergabe von Bergedorf“, eine
Ehrengabe der Stadt Bergedorf für das neue Rathaus in Hamburg, stellt die
Uebergabe der Feste nach der Eroberung durch die Lübecker und Hamburger
Truppen im Jahre 1420 dar. Bis dahin gehörte Bergedorf zu Sachsen-Lauenburg.
Der gemeinsame Besitz der „Landherrenschaft“ Bergedorf, bestehend aus der
Stadt gleichen Namens, dem Kirchdorf Geesthacht und den bekannten sogenannten
„Vierlanden“, durch Hamburg und Lübeck währte bis 1867; in diesem Jahre
brachte Hamburg das Anrecht Lübecks durch Kauf an sich. Die lübeckische
Chronik des Franziskaner Lesemeisters Detmar erzählt über die Eroberung
folgendes:
„De van Lubeke unde van Hamborch beleden dat slot Bergherdorpe dre
daghe vor sunte Marghareten unde hadden in ereme here by achte hundert
wapene to perde unde twe dusent to vote unde dusent schütten. Do se dar erst
vorquemen, do branden se dat wikbelde unde nemen wat dar was; darna
stormeden se dat slot myt bussen veer ganse daghe, dat de uppe deme slote
weren nene rouwe konden hebben, unde schoten de huse entwey in muren unde
in daken. Do se dat seghen up deme slote unde merkeden, dat se dat slot
nycht langhe holden künden, do gheven se dat slot den steden myt sodanen
underschede, dat se mochten afghan vryg mit beholdinghe eres gudes.“
Auf dem vortrefflich komponierten Bilde F. Grotemeyers mit den gewaltigen
Mauern im Hintergründe sehen wir den Parlamentär der Belagerten, wie er
den Bürgermeistern des feindlichen Heeres den Schlüssel der Feste überreicht.