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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Braun, Alex: Die VIII. internationale Kunstausstellung in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0677

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3io

MODERNE KUNST.

Das Vestibül der Kunstausstellung in München.

ie VIII. internationale

unstausstellung

Von Alex Braun.

or den Pforten des Glaspalastes wehen neben der schwarz-gelb
Münchener Stadtflagge, die mit dem Wappen der Kunst ge-
schmückt ist, die Banner aller europäischen Staaten sowie
Amerikas, zum Zeichen, dass im vierjährigen Turnus die „Internationale“
wiedergekehrt ist. Ihr zu Ehren ward das Vestibül umgestaltet „moder-
nisiert“ im eigentlichen Sinne, denn im Gegensatz zu dem früheren, auf
ernste Renaissance gestimmten, feierlichen, teppichverhangenen Tempel-
einbau öffnet sich hell und heiter die weite hohe Halle. Zu festlichem
Willkomm sind die marmorgleich schimmernden Säulen und Balustraden
umkränzt, und von der mit Reliefs antiken Geschmacks gezierten, statuen-
bekrönten Galerie grüssen rundwipflige Lorbeerbäume glückverheissend
herab. Munter plätschert in der Mitte der Halle ein kleiner, aus grün-
blauen Quellen aufsprudelnder See zwischen dichtem Irisgebüsch, das den
Werken der Plastik einen reizvollen Hintergrund leiht. Dem Eingang
zugewendet, überragt das würdige kräftig individualisierte Reiterstand-
bild des Prinzregenten Luitpold, des Protektors der Kunstausstellung und
Freundes der Künstler, die übrigen Skulpturen. Wilhelm von Ruemann
hat in dem Denkmal, das am 80. Geburtstag des bayrischen Regenten
in Nürnberg errichtet worden, und das wir hier in der Originalskizze
sehen, den greisen Herrn mit der demselben noch eigenen Elasticität
zu Pferde sitzend als Fcldmarschall dargestellt und dadurch ein inter-
essantes Gegenstück geschaffen zu der vorzüglichen, ihn als Hubertus-
ritter auffassenden Reiterstatue Ferdinand von Millers in Bamberg.

[Nachdruck verboten.]

Wie die Eintrittshalle sind auch die übrigen Räume des Glaspalastes
von Emanuel Seidl unter Verwischung des vorigen ziemlich düster-
dämmerigen Eindrucks renoviert, d. h. aufgefrischt worden. Zu gleichen
Hälften wurde der Glaspalast zwischen der deutschen und der auswärtigen
Kunst geteilt. Der rechte Flügel ist dem Ausland eingeräumt, das mit
14 Sonderausstellungen, von denen die französische noch zu erwarten ist,
sehr achtunggebietend auf den Plan tritt. Im linken haben die Münchener
Gruppen mit dem gesamten übrigen Deutschland sich einträchtig vereinigt,
so zwar, dass die Künstlergenossenschaft mit den Kollegen aus dem übrigen
Reiche Hand in Hand geht, und nur der Luitpoldgruppe und der Secession
einzelne eigene Säle eingeräumt würden. So geht die Münchener Kunst
gewissermassen in der deutschen auf, deren Hauptergebnis als ein über-
aus günstiges bezeichnet werden darf, was so erfreulich für das gesamte
Vaterland ist, dass kein wahrer Freund der deutschen Kunst eifersüchtig
erpicht sein wird, ob bei der Verschmelzung etliche Grade des glück-
licherweise unbedingt vorhandenen Feingehaltes mehr auf diese oder jene
Stätte der Kunstpflege entfallen.

Kleinode der deutschen Ausstellung sind die pietätvoll in Sonder-
räumen angeordneten Sammlungen Gysis, Leibi und Boecklin. Auf
ihren grossen Landsmann hat die Schweiz Anspruch erhoben, die mit
Recht seines Prestiges nicht entraten zu können glaubte, da sie, von
einigen bedeutenden Landschaftern, in deren vorderster Reihe der leider
gealterte, sonst zur Münchener Genossenschaft zählende Stäbli zählt, im
 
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