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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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/\n unsere J^eser!


as nächste Heft der

„Modernen Kunst“ wird prachtvoll und reichhaltig ausgestattet als

^Ifeihnachts

ummer

erscheinen. Seit Jahren schon hat die „Weihnachts-Nummer“ der „Modernen Kunst“ überall höchsten Beifall gefunden und in tausenden von Familien unter dem
Christbaum sich einen hervorragenden Platz erobert. Wieder steht unsere Weihnacht, der jedes deutsche Herz mit frohem Verlangen entgegenschlägt, nahe bevor.

In besonders prächtigem Festgewande und mit reichem, festlich gestimmten Inhalt

wird die Weihnachts-Nummer auch in diesem Jahre erscheinen. Schon das Titelbild, eine Meisterleistung des bekannten Historienmalers Ferdinand Wagner,
wird der „Weihnachts-Nummer“ einen besonderen Reiz verleihen und zu der vornehmen Farbenharmonie der Kunstblätter und Textbilder einen prächtigen
Eingang bilden. Nicht weniger als

drei doppelseitige farbige Kunstblätter:

G. Barison: „Madonna mit Engeln“

F. M. Bredt: „Oberbayerin“ * W. Gause: „Kaiser Franz Josef auf dem Hofballe“

werden den Lesern dargeboten. Zu den farbigen Kunstblättern kommen noch zahlreiche schwarze Kunstbeilagen in prächtigster Ausführung, unter ihnen die
doppelseitige: H. Gillard Glindoni: „Nelsons Geburtstag in Neapel“, sowie verschiedene Kunstblätter nach Gemälden hervorragender
Meister. Der Preis der Weihnachts-Nummer beträgt

für Abonnenten M. 1,20 — für Nichtabonnenten H. 3,00.

Jedoch gilt der Vorzugspreis von Mark 1,20 für Abonnenten nur für je ein Exemplar der Nummer. Allen Abonnenten wird dieselbe unverlangt von ihrer
bisherigen Bezugsquelle geliefert.

Die Ausgabe erfolgt so zeitig, dass dieses Prachtheft bei rechtzeitiger Vorausbestellung unseren Abonnenten und Freunden als billiges und

beliebtes Weihnachtsgeschenk zur Verfügung steht.

BERLIN W. 57 * LEIPZIG * WIEN * STUTTGART. Redaktion und-Verlag der ,,Modernen Kunst“.

^cisenfjcim am Mein.

„Im wunderbaren Rht ingau, da
wächst manch edler Wein,

Giesst Freude, Lieb’ und Leben
in aller Herzen ein.“

In dem schönen, in vorstehenden Worten genannten
Gau liegen am herrlichsten der deutschen Ströme eine
Anzahl von Städtchen und Dörfern, welche durch ihre
Geschichte, sowie die ganz hervorragenden Erzeugnisse
der dorten angebauten Rieslingrebe seit alter Zeit bis
in weiteste Fernen bekannt und berühmt geworden
sind. In diesem, von der Natur überaus reich beschenkten
Bezirk wachsen unter hierfür besonders günstigen Ver-
hältnissen die edelsten und besten Weine, denn Preise,
wie solche für sie auf öffentlichen Versteigerungen
erzielt wurden, hat kein anderes Weinbaugebiet aufzu-
weisen. Deshalb darf man den Rheingau auch als das
„Weinparadies der Welt“ bezeichnen. Ein derart einiges
Zusammenwirken der verständigen Fürsorge des Menschen
und der schaffenden Natur, wie es für den Anbau der
Rebe sowie Gewinnung und Behandlung des Saftes ihrer
Früchte ganz besonders in Frage kommt, wenn hoch-
feine „Gewächse“ erzeugt werden sollen, ist bei keinem
anderen Weinbaugebiet seit einem so langen Zeitraum
und auf altbewährter Tradition beruhend, in einem
solchen Maasse anzutreffen, wie in dem Rheingau.
Wenn auch in manchen Jahren durch Ungunst der
Witterung sich die Hoffnungen der dortigen Wein-
bauer nicht erfüllen, wodurch die unendliche Mühe,
Pünktlichkeit und Sorgfalt, welche sie den Reben ange-
deihen lassen, vergebens aufgewendet wurden, so harren
sie doch aus, denn gute Jahre geben ihnen auch wieder
Entschädigung für ungünstige. Einer der dortigen
Weinbaustätten unbedingt den Vorzug geben zu wollen
geht nicht an. Die Weine einer jeden haben ihren
bestimmten Charakter und hervorragende Eigenschaften,
welche selbst innerhalb ein und derselben Gemarkung
für deren verschiedene Lagen sehr wechseln.

Mit an erster Stelle unter den dortigen Orten steht
das lieblich und mit landschaftlich überaus schönen Reizen
umgebene, dicht am Rhein, der dort mit 660 Meter seine
grösste Breite erreicht, gelegene Städtchen Geisenheim.
Es ist ausweislich vorhandener Urkunden einer der
ältesten Orte des Rheingaues; ob der Name von Gyso,
dem Stammvater eines alten, Dynastenrang bean-
spruchenden Geschlechtes, oder den früher durch da-
zwischenliegende Inseln in grosser Zahl vorhandenen
Sternarmen des Rheines abzuleiten ist, mag unentschieden
bleiben. Seines Weinbaues wird in vielen Urkunden
vom 8. und 9. Jahrhundert gedacht und 954 kaufte

Bischof Qtivius von Hildesheim in Geisenheim einen
Hof, „um für sein Domkapitel ein gutes Glas Wein zu
haben“. Der berühmte „Rothenberg“ wurde schon zu
Anfang des 13. Jahrhunderts mit Weinstöcken angelegt
und seiner Fläche nach nimmt der Geisenheimer Weinbau
mit über 800 Metermorgen im Rheingau räumlich die
dritte Stelle ein, hinsichtlich der Güte von dessen Er-
zeugnissen mit die erste. Ausser den bereits genannten
sind „Kosackenberg“, „Morschberg“, „Katzenloch“,
„Decker“, „Mäuerchen“, „Kläuserweg“, „Altbaum“ wegen
ihrer vorzüglichen Produkte unter den dortigen Wein-
bergslagen besonders hervorzuheben. Die Geisenheimer
Weine zeichnen sich durch ihre Eleganz, angenehmen
fruchtigen Geschmack, feurige aber doch milde Art,
sowie Reichtum an Körper und feinduftigem Bouquet
aus. Die grosse und interessante Abwechslung, welche
sich an den Rieslingweinen der verschiedenen Lagen,
trotz gleicher Pflege, Düngung, Lese und Traubenver-
arbeitung, bemerkbar macht, entzückt jeden Keiner.

Im Mittelalter war Geisenheim in vielseitiger Be-
ziehung sehr berühmt, wurde jedoch durch den 30jährigen
Krieg sowie infolge späterer Kriegswirren und feind-
licher Einfälle in die grösste Armut versetzt. Seit
einigen Dezennien hat es jedoch einen ganz bedeutenden
Aufschwung zu verzeichnen. Geschichtlich berühmt ist
der Ort unter anderem dadurch, dass in dem gräflich
von Schönbornscheu Schlosse, welches noch heute
eine der Sehenswürdigkeiten des Städtchens ist, die
bek nntlich lang andauernden Vorberatungen für den
Friedensschluss am Ende des 30jährigen Krieges stalt-
fanden. Die Erbauung der im spätgotischen Stile auf-
geführten, im Innern reich ausgestatteten katholischen
Pfarrkirche, welche nicht mit Unrecht als „der Rhein-
gauer Dom“ bezeichnet wird, wurde 1510 vollendet. Im
Jahre 1838 erhielt sie ein neues Portal und die zwei
weithin sichtbaren, aus roten Sandsteinen aufgeführten
durchbrochenen Türme. Das Geläute ihrer Glocken
ist ein prächtiges, überaus harmonisches.

In dem Rheingau wird das Glockengeläute dem
Wanderer zu einem besonderen Geleiter und giebt ihm
auch Auskunft über den Wein, wie folgende Verse in
so ansprechender Weise darthun:

Fremdling kommst Du an den Rhein
Und gedenkest da zu kosten
An der Quelle von dem Wein,

Den die braven Winzer mosten,

O, so frage nicht erst lang,

Horche auf der Glocken Klang,

Die vom edlen Saft der Reben,

Wunderbare Kunde geben.

Die Geisenheimer Glocken entsprechen so recht in
ihrem Klange dem dortigen guten Weine.

Ein Wahrzeichen Geisenheims bildet seine alte,
mächtige, auf dem Marktplatz stehende Linde; sie ist
von einer Ausdehnung und Schönheit, wie solche nur
wenig andere aufzuweisen haben. Zu den mit grossen
Parkanlagen umgebenen alten gräflich v. Ingelheimschen
und freiherrlich v. Zwierleinschen Schlössern gesellte
sich am westlichen Ende des Städtchens die prächtige
Villa „Monrepos“ des Generalkonsuls v. Lade, deren
ausgedehnte, herrliche, mit prachtvollen Obst- und
Blumenanlagen geschmückte Gärten eine ganz hervor-
ragende Sehenswürdigkeit bieten. Nicht minder trifft
dies hinsichtlich der 1872 gegründeten Königlichen
Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau
zu. Sie ist eines der berühmtesten und überall her
besuchten Institute dieser Art in der ganzen Welt; ihre
ausgedehnten Gebäude und Anlagen werden stetig
erweitert und verschönert. Eine vor zwei Jahren erbaute
evangelische Kirche schmückt den westlichen Ein-
gang zum Städtchen und. am nördlichen Ende wurde
unlängst ein grosses Krankenhaus errichtet, um
Armut, Krankheit und Elend zu lindern. Die Mittel für
die beiden letzten Gebäude wurden durch Sammlung
zusammengebracht.

Aber nicht allein durch seinen altberühmten Wein-
bau und die erwähnten Sehenswürdigkeiten ist der Ruf
Geisenheims in weite Ferne gedrungen. Die seit mehreren
Dezennien so mächtig aufstrebende Deutsche Schaum-
wein-Industrie ist durch eine dortige Firma in ganz
hervorragender Weise vertreten. Aus kleinen Anfängen
hervorgehend, hat sich die Sekt-Ivellerei der Ge-
brüder Hoehl zu einem solchen Aufschwung erhoben,
dass sie hinsichtlich des Umfanges ihrer Produktion
und der Qualität ihrer Erzeugnisse im Deutschen Reiche
mit in erster Reihe steht. Wer sollte ihre „Kaiser-
blume“ und die sonstigen aus berühmten Gewächsen
des Rheingaus hergestellten Marken noch nicht auf
bessern Weinkarten gefunden haben? Ihr Etablisse-
ment gehört entschieden mit zu den Sehenswürdig-
keiten Geisenheims und ist jeder Zeit in gastlichster
Weise geöffnet.

Die mächtigen, den Rheingauer Weinbau gegen kalte
nördliche Winde schützenden, mit stattlichen Wäldern
versehenen Höhenzüge bergen jedoch auch allerliebste
Thalschluchten in sich. Von ihnen sei zum Schlüsse
besonders derjenigen gedacht, die in der Nähe Geisen-
heims das schön gelegene, vielbesuchte KlosterMarien-
thal umgiebt. H W. Dahlen.

—ww*-

Diesem Befte Hegt ein Prospekt über die farbigen Künstler-Paletten »»Entwischt44 und »»Entsetzt44-bei*
 
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