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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Preussische Krönungstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0271

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Das Königspaar mit Gefolge in der Kirche.

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m 18. Januar 1901 sind zweihundert Jahre seit dem denkwürdigen
Tage in der Geschichte Preussens verflossen, an welchem Kurfürst
Friedrich III. in der Schlosskirche zu Königsberg die Königskrone auf
sein Haupt setzte. Eitelkeit und Prunkliebe sind sicher nicht die einzigen Motive
gewesen, welche diesen Fürsten dazu bestimmt hatten, jenen Schritt zu thun und
alle diplomatischen Künste aufzubieten, um die entgegenstehenden Schwierig-
keiten zu besiegen und zu beseitigen. Friedrich leitete mindestens ebenso der
sehr richtige und verständige Gedanke, seinen Staat aus dem bisherigen Vasallen-
verhältnis, aus der Abhängigkeit vom römischen Kaiser zu lösen, sich selbst
fortan als souveräner Fürst, als König an dessen Seite stellen und eine selbständige
preussische Politik ohne Rücksicht auf die kaiserlichen Interessen betreiben zu
können. Seinen Nachfolgern hat er mit der Königskrone und dem grossen Titel
jedenfalls eine Art von Ehrenpflicht übertragen, daran zu arbeiten, dafür zu
wirken, dass diesem Titel und dieser Würde auch die Macht und Grösse ihrer
Staaten immer mehr entspreche, die zur Zeit jener Krönung noch nicht völlig
in den richtigen Pro-
portionen dazu stand.

Dieser Jahrestag erweckt
mit der Erinnerung an
jene erste preussische
Königskrönung zugleich
auch die an die zweite,
die einzige seitdem er-
folgte, die freilich nicht
an dem gleichen Monats-
tage und nicht desselben
Monats, aber an der-
selben Stelle einhundert-
sechzig und dreiviertel
Jahre später stattfand, an
die Krönung Wilhelms I.,
des Herrschers, der be-
rufen war, die Königs-
krone Preussens mit
neuem, nie geahntem
Glanz zu schmücken und
mit dem ihren den der
deutschen Kaiserkrone
zu verschmelzen, welche

[Nachdruck verboten.]

von Germaniens Fürsten und Volk dem streitbaren, sieghaften, grossen und gütigen
königlichen Führer im Kampf für Deutschlands Ehre und Freiheit angeboten ward.

Die Formen, in welcher jede dieser beiden Krönungen sich vollzogen hat,
sind unter sich so verschieden, wie die beiden, durch anderthalb Jahrhunderte
von einander getrennten Zeitalter, und für jedes von diesen, für seine Sitten,
seine Anschauungen von der Herrscher-Pflicht und -Würde, seinen Geschmack,
seine Kulturzustände in hohem Grade charakteristisch. Es hatte dem Kur-
fürsten Friedrich keine geringen Mühen und Opfer gekostet, um die Zustimmung
der verschiedenen europäischen Mächte zu seinem „grossen Unternehmen“ zu
erlangen, gegen das sich schon seine Minister mit Entschiedenheit erklärt
hatten, Opfer auch an baren — Geldern. Gelang es seinem Abgesandten
an den Wiener Hof, Bartholdi, doch nicht eher, die Verhandlungen mit dem
Kaiser in Fluss zu bringen, als bis der Minister Graf Kaunitz 300000 Mark
im königlichen Aufträge ausgezahlt erhalten hatte, um ihn günstig zu stimmen.
Die Entscheidung hätte sich trotzdem wohl noch länger hingezogen, wenn nicht

der Tod des kinderlosen
Königs Karl II. von Spa-
nien am 1. November 1700
nach der Unterzeichnung
des Testaments, durch
welches Ludwig XIV.
statt des Kaisersohnes
zum Erben der Krone
eingesetzt wurde, den
Krieg um dies kostbare
Gut unvermeidlich ge-
macht hätte. Für den
Kaiser war dabei die
Bundesgenossenschaft
und Heereshilfe Bran-
denburgs von grosser
Wichtigkeit. So kam
schon am 19. November
1700 der „Kronvertrag“
zwischen dem Kaiser
und dem Kurfürsten zu
stände. Friedrich ver-
pflichtete sich, ersterem
8000 Mann gegen Zahlung

Verteilung von Geldern und Zerschneiden des Tuches.
 
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