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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0445

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Herzog Friedrich von Inhalt.

Nicotiana bildet. Balde meint: „Wann dieser Rauch bei
den Weibern einzieht, zieht die Zucht aus. Diese
Seuche ist so ungezähmt und so weit eingerissen, dass
sie auch das weibliche Geschlecht vergiftet. Man findet
Frauenmenscher, die nicht allein anstatt des Nadelöhres
oder der Spindel mit sich eine Tabaksbüchse tragen,
sondern auch sogar die Pipe ansetzen und ihren glatten
Mäulern mit dem Tabaksrauch einen Bart anrauchen
und anschmutzen. Daher werdet Ihr manchen Mann
unter anderen Beschwernissen, die ihm sein nötiges
Ilausübel verursachet, auch über diese, nicht ohne
lächerliches Weinen klagen hören. Ach! mein Weib
machet mich noch zum Bettler! Fraget Ihr nach der
Ursache? Sie ist nicht zu erfüllen, wird er antworten.
Womit? Etwa mit Wein, Met und dergleichen Ge-
tränken? Oder mit Hühnern, Enten, Gänsen? Ach
nein! mit Tabak! mit Tabak! ist sie nicht zu erfüllen,
dessen sie Jahre über so viel verschnupfet und ver-
schmäuchet, als eine andere isset und trinket. In Wahr-
heit ein nicht geringes Wunder unserer Zeiten: ein Weib
nüchtern vom Weine, aber trunken von Rauch und

-WVW»—

Die rauchende Gattin.

Pulverstaub! Das ist der rechte
Geruch eines Weibes, wenn sie
nach nichts riechet. Es möchte
zwar noch hingehen, wenn sie
sich beflissen, nach Balsam und
Biesam zu riechen, oder der Rauch
von der Küche und dem Herd
möchte noch ihr gutes Gerüchte
vermehren. Aber was ist das vor
ein Geruch vor ein Weib, nach
Tabak zu stinken? Man sagt, dass
ein altes Weib mit ihrem An-
schauen einen klaren Spiegel ver-
dunkle, auch sonst mit ihrem Odem
andere vergiften könne: was mag
dann wohl itzt geschehen, da sie
über das noch Stank in sich
sauffet?“

Dagegen verteidigt Paul
Schüler die rauchenden Frauen,
indem er emphatisch ausruft: „Ich
für meinen Teil finde, dass meine
Frau selten bessere Gelegenheit
hat, Reiz und Grazie zu entfalten,
als wenn sie raucht. Eine Ci-
garette macht einen kleinen, ge-
spitzten Mund; — und was ist
lieblicher als ein gespitzter Frauenmund? — sie vermag
einen schönen Arm, eine zierliche Hand zur Geltung zu
bringen und einMännerherz in Flammen zu setzen. Manche
Frau hat sich in das Herz ihres Gatten hineingespielt und
hineingesungen; warum sollte sich ein Mädchen nicht in
das Herz eines Mannes hineinrauchen dürfen?“

Die bolivianische Gesandtschaft in Deutsch-
land, Russland, Frankreich und Italien.

[Nachdruck verboten.]

Die südamerikanische Republik Bolivia, die früher
unter spanischer Herrschaft stand und 1825 ihre Un-
abhängigkeit erlangte, ist sehr reich an Landesprodukten
verschiedener Art und geradezu unerschöpflich an Mine-
ralien, die dem Bergbau noch grosse und lohnende Auf-
gaben bieten. Infolge der immer mehr entwickelten
Beziehungen dieses Landes zu den grossen Kulturstaaten
ist Bolivia jetzt in Deutschland, Russland, Frankreich
und Ialien durch eine Gesandtschaft vertreten, die in

Paris ihren Sitz hat und im
Frühjahr in Berlin eintrifft.
An der Spitze dieser Ge-
sandtschaft steht der be-
vollmächtigte Minister Don
Francisco de Arcandoüa,
Prinz de la Glorieta, Offizier
der französischen Ehren-
legion und Inhaber des ihm
vom Papst Leo XIII. ver-
liehenen Grosskreuzes des
heiligen Gregor. Er be-
gründete eine der ersten
Banken Bolivias, die seinen
Namen trägt und begann
seine diplomatische Lauf-
bahn als Gesandtschafts-
Attachö in Paris, ohne für
die Dienste, die er seinem
Vaterlande leistete, jemals
eine Remuneration anzu-
nehmen. Die ihm ange-
tragene Präsidentschafts-
würde Bolivias hat er abge-
lehnt, weil er es vorzog,
dem Staate als Privatmann
zu dienen.

Erster Sekretär der
Gesandtschaft ist Herr Dario
Guttierrez, der sich bereits
als Schriftsteller ausge-
zeichnet hat. Der Gesandt-
schaftssekretär Don Ata-
nasiode Urioste, zuletzt
Geschäftsträger in Frank-
reich, hat seine Laufbahn
und seine Studien mehr auf
dem Gebiete des Handels
als auf dem der Diplomatie
gemacht. Gegenwärtig ist
er Präsident der Gesellschaft
Huanchaca in Bolivia, der
zweitgrössten Silberminen
der Welt. Von den beiden

Am 29. April begeht Herzog
Friedrich von Anhalt-Dessau seinen
70. Geburtstag. Was von vielen
deutschen Fürsten zu sagen ist,
das kann man auch von den Her-
zogen von Anhalt-Dessau wieder-
holen: sie sind echte und erfolg-
reiche Förderer deutscher Kunst
gewesen. Alle Theater- und Musik-
freunde sind heute darüber einig,
dass in dem verhältnismässig
kleinen Dessauer Hoftheater Vor-
zügliches geleistet wird. Nicht zu
geringem Teile ist diese künst-
lerische Höhe dem regierenden
Herrn, Herzog Friedrich zu danken,
wenn auch jetzt als thätig in
das Kunstleben eingreifender Fürst
sein Sohn, der Erbprinz zu be-
trachten ist.

Vermählt ist Herzog Fried-
rich mit der am 17. April 1838
geborenen Prinzessin Antoinette Herzog Kriedrich von AnhaU.

von Sachsen Alten bürg, deren

künstlerische Neigungen ebenfalls allgemein bekannt sind.

Kaum ein zweiter deutscher Staat dürfte im Ver-
hältnis zu seiner Flächenausdehnung so viel hervor-
ragende Schlossbauten aufzuweisen haben, wie das
Herzogtum Anhalt. Aber nicht auf hohen Bergen, um-
geben von Hochwaldsforsten, in einer „die Vertraulich-
keit entfernenden“ Höhe liegen sie da, sondern mitten
im flachen Lande, im Schoosse des Volkes; und vieler
Mühe und Zeit, eines fleissigen Studiums und Kosten-
aufwandes hat es bedurft, den zahlreichen Jagdschlössern
und Landsitzen eine würdige Umrahmung zu geben.

Beharrlichkeit und Ausdauer führten aber, wie überall,
auch hier zum Ziele, und zwar zu einem sehr schönen:

Anhalts Parkanlagen sind weit über die Grenzen des
engeren Vaterlandes hinaus bekannt, und ihre Perle,
der Park von Wörlitz, ist weltberühmt. Hier verkehrte
Goethe, Winckelmann, Lavater, der Dessauer Dichter
Wilhelm Müller u. a.; hier verlebte der Weltumsegler
Georg Förster ruhige Tage; hier bewunderte Alexander
von Humboldt die schöne Hemlockstanne; Gleim, Wie-
land, Tiedge und Novalis fanden hier Anregung und
Erholung. Man sieht an
diesem kurzen Ueberblick
schon, wie mannigfach das
Herzogtum Anhalt mit deut-
scher Kunst, Litteratur und
Wissenschaft in Beziehun-
gen steht und es ist nicht
verwunderlich, wenn der
siebzigste Geburtstag Her-
zog Friedrichs überall mit
freudiger Anteilnahme ge-
feiert wird.

Herzogin Antoinette von Anhalt.

Ob unsere Damen zwi-
schen den vier Wänden des
1 Ieimes rauchen sollen, diese
Frage ist von Berufenen und
Unberufenen zu allen Zeiten
ebenso entschieden verneint
wie bejaht worden. In dem
kürzlich erschienenen er-
götzlichen Buche von Her-
mann Pilz: „Der Tabak
und das Rauchen“ (Leip-
zig, Gustav Weigel) wird
Ernstes und Heiteres aus
der Kulturgeschichte über
die erwähnte Frage zusam-
mengetragen. Der Jesuit
Jakob Balde hat um die
Mitte des siebzehnten Jahr-
hunderts, als der Tabak
mit den Sturmwogen des
dreissigjährigen Krieges
schon über ganz Europa ge-
tragen war, auch eine Pre-
digt gegen die rauchenden
und schnupfenden „Frauen-
menscher“ losgelassen, die
ein ergötzliches Kapitel in
der Geschichte der Plerba

D. Dario Guttierrez,
erster Sekretär.

D. Jose N. Rodriguez,
Attache.

. Pedro Villamil,
Attache.

D. Atanasio de Urioste,
Sekretär u. Geschäftsträger.

Don Francisco de Arcandoha, Prinz de la Glorieta,

Ausserordentl. Gesandter u. bevollvollmächtigter Minister der Rep. Bolivia.

Die Bolivianische Gesandtschaft in Berlin.

XV. 16. B.
 
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