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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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I

Zum achtzigsten Geburtstag
des Prinzregenten Luitpold.

[Nachdruck verboten.]

Die blauweissen Wimpeln und Flaggen, die von den
Münchener Bürgern gehisst wurden, flattern im frischen
Märzwinde, der von der Zugspitze her über die Stadt
am Isarstrande hinwegfegt. Man feiert ein Fest, ein
Fest, das im ganzen Lande Wiederhall findet. Luitpold
von Wittelsbach, der Regent von
Bayern, feiert seinen achtzigsten
Geburtstag. Den achtzigsten!

Kaum zu glauben, wenn man ihn
sieht, wie er durch die Alleen des
Nvmphenburger Parkes dahin
schreitet, ungebeugt von der Last
des Alters, und wie lebhaft er
sich mit seinem Begleiter unter-
hält, wie er an allem regen An-
teil nimmt. Hauptsächlich ist es
die Kunst, der er sich in seinen
freien Stunden widmet; er ist ein
reger Förderer der Kunst. Un-
willkürlich versucht man eine
Parallele zwischen ihm und den
vorausgegangenen Königen zu
ziehen. Da kann man nun nicht
mit einem Wort ein Urteil finden.

Bayerns Fürsten haben es durch
ihren künstlerischen Sinn so weit
gebracht, dass man von einem
„Isar-Athen“ spricht, Bayerns
letzter unglücklicher König hat
in den Bergen des Hochlandes
Schlösser und Burgen entstehen
lassen von märchenhafter Pracht.

Und der Regent? Wohl sind
unter seiner Regierung manche
Kunstdenkmäler entstanden, die
von der hohen künstlerischen
Entwickelung Bayerns in künfti-
gen Tagen zeugen werden, aber
darin besteht nicht das Haupt-
verdienst seines Einflusses. Er
hat nicht nur die Künstler schaf-
fen lassen für klingende Münze,
er hat es versucht, den Künstlern
persönlich näher zu treten, sie
aufzumuntern zu neuem indivi-
duellen Schaffen, nicht nur um
Bayern und insbesondere Mün-
chen den alten Ruf zu bewahren,
sondern auch um Deutschlands
künstlerisches Schaffen zu heben.

Wie manches Kunstwerk wird
auch von ihm erworben, das auf
der Staffelei noch der Vollendung
harrt, wie manche Plastik ist
sein Eigentum, ehe ihr noch der
Meissei die letzte Feinheit ge-
geben hat. Wie viele deutsche
Künstler schaffen für ihn? Der
Regent ist vielleicht nicht der
Mäcen von Staatswegen, aber er
ist es als Privatmann. Er inter-
essiert sich auch nicht nur für
das Werk an sich, er interessiert
sich auch für die, die es schaffen.

In der Frühe um 8 Uhr bei seiner
Ausfahrt hält das Gespann vor
dem Atelier eines Münchener
Meisters, und oft unangemeldet
pocht die Kgl. Hoheit an der
Werkstätte der Kunst an, um
die neuen Leistungen zu sehen
und um auch manchmal den
„Hausherrn“ noch bei dem Früh-
stück zu überraschen. Dann und
wann kommt dann der Herr
Professor, wenn er zum Diner in der Residenz geladen
ist, mit dem Anliegen, Se. Kgl. Hoheit um ein paar
Sitzungen bitten zu dürfen, oder wenn es ein Bild-
hauer ist, er möchte gern den prachtvoll gewachsenen
Fuss des achtzigjährigen Prinzen mit seinen klassischen
eisernen Muskeln und Sehnen zum Modell haben.

Wenn es einigermassen möglich, erhalten die Flerren
die gewünschten Audienzen. Es ist also unverkennbar,
dass der Prinz-Regent getreu den Wittelsbachern bemüht
ist, die Kunst zu pflegen und zu hüten, wenn auch ver-
schieden von seinen Vorfahren, so doch nicht unvorteil-
hafter für das Blühen seines lieben Münchens und seiner

deutschen Heimat. Nicht ohne Grund schlägt der deutsche
Künstler gerne seine Zelte in Bayerns Hauptstadt auf, und
wie viele von dem Volke „der Auserwählten“ freuen sich,
ihren Mäcen in früher Morgenstunde bei sich, in der Stätte
ihres Schaffens recht oft begrüssen zu dürfen. W. S.

Rom im Winter.

[Nachdruck verboten.]

Rom im Schnee . . . ! O wie romantisch! — höre
ich im Geiste den nordischen Leser ausrufen. —

Schwärmer für Romantik, — also Bewegung! Beine
warm treten — mit einem Worte — ich führe Dich zum
Wärmen spazieren! — Durch die Via Laurina in den
weltberühmten Corso, den Goethe so lebendig geschildert
hat, und von da in ein paar Minuten nach der Piazza
del Popolo, und von da — na natürlich auf den Pincio,
wo ganz Rom uns zu Füssen liegt. Rom, das sonst von
Sonnengold Gebadete, heute in weissbläulichen Schnee
Gehüllte! — Da läuft mir das helle Wasser über die
Gummischuhe in die Stiefel hinein, und ich triefe, so oder
so! Diese römische Strassen-

reinigung — oder giebt es keine?
— scheint den Schnee für etwas
ungeheuer Feines zu halten, dem
sie beileibe nicht zu nahe kom-
men darf. Ach, wie anders ist’s
doch im sauberen „Berlino“! —
Na, und sieh Dir einmal die be-
rühmten Römer an, geehrter
Schwärmer! Und gar die blen-
denden Römerinnen! Nein, nein,
es ist wahrhaftig nichts mit dem
Schnee hier im Süden! Er steht
den Menschen gar nicht! Wie
anders daheim, wenn die Wan-
gen sich von der Kälte höher
färben und dieBlauaugen doppelt
lustig unter den blonden Ringel-
löckchen hervorblitzen! Zu dem
gelblichen Teint und den schwar-
zen Augen passt das Frieren
wirklich nicht! — Aha! Nun
wütest Du, nun erscheint Dir
alle Romantik aus diesem „Rom
im Winter“ verbannt? Ohnein!
Da liegt sie ja, die Piazza del
Popolo! Im Schnee blitzen die
Kuppeln von Santa Maria in
Monte Santo und Maria de
Miracoli. Hier und da, an den
Stufen und Absätzen, auf der
Spitze des alten Obelisken von
Ileliopolis hat sich’s der nor-
dische Gast bequem gemacht,
selbst an den von den Jahr-
tausenden benagten Wänden hat
er sich in kleinen Wattetüffchen
angesetzt, als wollte er sagen
„He, was, alter Freund, bei den
Pylonen von Heliopolis, oder als
Dich Cäsar Augustus auf dem
Cirkus Maximus der Sonne
weihte, da hast Du's nicht ge-
ahnt, dass ich Dich besuchen
würde, gelt?“ — Und jenseits der
Porta del Popolo, durch die alle
Nordländer, Luther und Goethe,
Mozart und Cornelius, einst nach
Rom einzogen in die ewige Stadt,
winken die grünen Wipfel des
Parkes Borghese im Schnee, und
vom Pincio grüsst eine schlanke
Palme hernieder, Schnee auf
ihren Wedeln — sollte es doch ro-
mantisch sein, Rom im Schnee?

Ernst Georgy.

Prinzregent Luitpold von Bayern auf der Jagd.

Zur Feier seines achtzigsten Geburtstages.

Wie es in Wirklichkeit damit beschaffen ist — ja,
lieber Himmel! da mag der selbst urteilen, der im
behaglich geheizten Zimmer über die „Moderne Kunst“
geneigt sitzt! Lieber Leser, komm mit mir in meine
Bude in der feinen Via del Babuino! Brrr! — wirst
Du ausrufen, und nochmals brrrr —!! Zum Teufel,
schliessen denn die Fenster garnicht? Das Schnee-
wasser sickert ja in unaufhaltsamem Geriesel herein —
die reine Tropfsteingrotte! Und der Fliesenboden?! der
ganz ungenügende, qualmende, kleine Kamin — ach was
Kamin! — Spucknapf, Pusteloch für alle Sturmwinde!!
— Ich merke schon, Du wirst hier zum Eisbären, lieber

Der modernste Sport.

Eine merkwürdige Mode im
Reisewesen gewinnt in der Ge-
genwart in England immer mehr
an Verbreitung. Während es den
meisten mit der Eisenbahn nicht
schnell genug geht und sie von
der elektrischen Zukunftsbahn
das Heil erwarten, durchqueren
jetzt Tausende, meistens Ameri-
kaner und Australier, ganz Eng-
land und Irland in nachgeahm-
ten altmodischen Kutschen. In diesem Jahre haben
allein zehntausend Amerikaner im voraus für voll-
ständige Touren dieser Art Plätze bestellt. Ein ganzes
Netz von solchen Wagenverbindungen zieht sich über
die englischen Provinzen, so dass diese Reisenden die
Eisenbahn fast ganz entbehren können. Eine Wieder-
aufnahme der Reisekutsche, die vor einigen Jahren ver-
sucht wurde, endete mit einem völligen Bankerott der
Unternehmer, da die Sache gleich sehr gross und un-
geschäftlich angefangen war. Jetzt bildet fast jeder
Wagen, der von einem Londoner Hotel abfährt, eine
gute Einnahmequelle. Besitzer von Hotels ersten Ranges

XV. 14. B.
 
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