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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Duncker, Dora: Der Litteraturfex: Skizze
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Johannes Hoffart
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Unsere Bilder, [13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0413

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192

MODERNE KUNST.

Handwerk der Feder — von der Kunst ganz zu schweigen — schänden. Er
musste für die andern mit bluten, die vorsichtig im Dunkeln blieben.

Die Adern an Karus Stirn schwollen immer mehr. Blutig rot glühten
seine Augen. In Eiseskälte oder brennenden Schauern schüttelte sich sein
Körper. Rache und Verderben schwur er denen, die ihn erst ausgesogen und
dann preisgegeben hatten.

Eines morgens, als sein Diener ihm die Zeitungen brachte, ging er mit
gezücktem Brotmesser auf ihn los, und verwundete ihn an der Schulter.

Sein umnachteter Blick hatte ihn für Roller gehalten, der ihm seine, im
Schweiss des Angesichts geschriebenen Artikel, mit der Unterschrift Flunders
brachte.

Seine Frau hatte er zu Boden geworfen und zu würgen versucht, weil
sie in einem ganz anderen Zusammenhang unachtsam das Wort „Feuer-
garbe“ ausgesprochen hatte. Nach sechs Wochen wurde Karus als gemein-
gefährlich einer Anstalt zur Beobachtung übergeben. Die Aerzte haben auf
Verfolgungswahnsinn diagnostiziert und geben wenig Hoffnung auf Besserung.

ohannes Hoffart.

.. uf dem Paradeplatz in Mannheim erhebt sich eins der merkwürdigsten
Werke der plastischen Kunst, die wohl je errichtet worden sind, ein
verwittertes Bronzewerk, das in seinem labyrinthartigen Aufbau, seinen viel-
deutigen Gruppen und Figuren, seiner unklaren Geschichte dem Beschauer manch
Rätsel zu lösen giebt. Wohl weiss man, dass der Schöpfer dieses Gestalten-
potpourris der belgische Meister Grupello war, der diese Kolossalstatue im Auf-
trag des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz schuf, und dass sie ursprüng-
lich für die kurfürstliche Residenzstadt Düsseldorf bestimmt und erst später
1738 nach Mannheim übergeführt wurde. Aber damit endet auch jede genaue
Kunde. Am meisten Anhänger hat die Annahme, dass die Statua, wie sie ur-
sprünglich hiess, ein Denkmal der pfälzischen Kriege gegen Frankreich sei und
eine Reihe allegorischer Figuren sprechen für diese Version. Die pyramidal auf-
steigende Gruppe des massigen Bronzewerkes ruht auf einem ganz eigenen Unter-
bau, der die Formen des üppigsten Barockstyles zeigt. Breite Stufen tragen acht
grosse Brunnenschalen, die von den mächtigen Quadern des Sockels losgelöst,
doch mit ihm als ein Ganzes wirken. Die Gruppe selbst zerfällt in drei Teile, von
denen jeder für sich gegossen ist. Zunächst liegen vor den breiten Seitenflügeln
männliche Gestalten, von Kindern umgeben, vor ihnen wachsen Pflanzen, Ge-
schilf und Gräser, Trauben ranken sich in Hülle und Fülle empor. Eine ganze
Jagd umgiebt am äussersten Saum diese Gruppen. Etwas höher thronen auf
Eckpfeilern die vier Tugenden, Massigkeit und Weisheit in Frauengestalten, Ge-
rechtigkeit und Tapferkeit in männlichen Figuren dargestellt. Der zweite Ring

[Nachdruck verboten.]

trägt über den Tugenden Trophäen und kriegerische Embleme, der dritte zeigt
einen pyramidisch aufsteigenden Knäul von Menschen- und Tiergestalten, gekrönt
von den Figuren des Saturn, der Fama und der Wahrheit.

Der düstere Charakter dieses Werkes hat vor einiger Zeit eine Milderung
erfahren durch heitere, neckische Bronzefiguren, Schöpfungen des Bildhauers
Johannes Hoffart, die die alten Blumenschalen bevölkern und dem ursprüng-
lichen Zweck des Bauwerkes, nämlich einer Fontäne, gerecht werden.

Die vorliegende Nummer veröffentlicht noch andere interessante Werke von
Johannes Hoffart. In den drei Reliefs „Scientia“, „Ars“ und „Technik“ hat er
die Verschiedenheit dieser drei Gebiete charakterisiert. Die „Wissenschaft“,
Schritt vor Schritt aufwärts schreitend, die „Kunst“, sich niedersenkend aus
der Vorstellungswelt in das Menschendasein, besänftigend, schmückend, die
„Technik“, das modernste Gebiet, die Naturkräfte zügelnd.

Die drei Reliefs haben im Treppenhaus der Villa des Grossindustriellen
Herrn Dr. Carl Weyl in Mannheim ihren Platz erhalten; sie sind im Auftrag
desselben entstanden und in Carrara-Marmor, in der Grösse von etwas über
1 m im Durchmesser ausgeführt. Für denselben Auftraggeber sind noch ent-
standen: für die Seitenfacade der Villa Weyl in Mannheim zwei überlebensgrosse
Nischenfiguren in Tiroler Stein, „Pallas Athene“ und „Segnung“, sowie für das
Innere desselben Hauses ein grösseres Relief in Carrara-Marmor: „Das.Urteil des
Midas.“ Die „Seele“ ist eine überlebensgrosse Rundfigur in Gips, bis jetzt Projekt
geblieben, die mit „Auferstehung“ vielleicht besser bezeichnet sein würde. M.

Unsere Ji'ilder.

fresden, die liebliche Residenz des Sachsenlandes, steht bekanntlich bei
(£ allen Reiselustigen in hohem Ansehen. Für Menschen, die etwas Kunst-
genuss und Naturschwärmerei mit ihrer Reise verknüpfen wollen, für solche,
die eine gemütliche Anregung suchen, die gleich weit von dem nervösen
Getriebe des Weltstadtlebens wie auch von der Einförmigkeit abgelegener Land-
einsamkeit sich entfernt hält, ist „Elbflorenz“, wie es von Leuten genannt wird,
die Florenz am Arno und seine Eigenart nicht kennen, ein sehr zu empfehlendes
Reiseziel. Und die Dresdener sind seit langer Zeit bestrebt, ihrer Residenz den
Ruf einer gastlichen Stadt zu bewahren. Es giebt kaum einen Ort auf der Welt,
in dem so viel auf die Wünsche der „Fremden“ Rücksicht genommen wird, wie
gerade in Dresden. Wer ein bekanntes Dresdener Blatt zur Hand nimmt, kann
folgendes lesen: „Mehrere Engländerinnen, die in kurzer Zeit Dresden verlassen,
bitten die hochgeehrte General-Intendanz der königlichen Schauspiele um Auf-
führung der Oper „Lohengrin“.“ Und die gute Intendanz thut den „mehreren
Engländerinnen“ den Gefallen — sie führt „Lohengrin“ auf, natürlich mit Fräulein
Malten als „Elsa“. Wer aufmerksam das Dresdener Leben beobachtet, kann
ähnliche Rücksichtnahmen auf die „Fremden“ in den verschiedensten Ressorts
beobachten. Unser Bild „Fahrt der Fremden auf der Mailcoach durch
Dresden“ von F. Müller-Münster zeigt, wie man in Dresden in Gemütlich-
keit ohne viel Planstudien und sonstige geistige Anstrengungen alle Sehens-
würdigkeiten beaugenscheinigen kann; man setzt sich auf die von einem
Dresdener Fuhrherrn gestellte Mailcoach und fährt los; für geringes Geld geht
cs vierspännig durch die Hauptstrasse der Residenz oder auch nach Meissen,
Loschwitz und Pillnitz, man sieht den Zwinger, das Schloss, den Grossen
Garten u. s. w., der Mann auf dem Bocke bläst auf seiner Trompete, worauf die
Dresdener schnell zur Seite springen, denn es kommen die „Fremden“. Wer
also eine kleine Reise vorhat — „Ei lleernse, da kann ich Sie Dräsden weess
Kneebchen wirklich sähr empfählen!“ A. v. Ii.

hören. Sein Geist war fein und beschaulich, für den Diplomatentisch, nicht für den
Lärm eines deutschen Reichstages und den Donner einer Feldschlacht geschaffen.
Schwermut und Schwarzseherei waren ohnehin das Erbteil seiner im Wahnsinn
gestorbenen spanischen Mutter. Sein Leben war ein Abbild seiner tausendfältig zer-
klüfteten Zeit und der Friede, den ihm das Kloster bot, war der der Auflösung. E. II.


® P. Torriglio: „Tod Karl’sV,“ Im Kloster San Geronimo de San
Yuste auf den Höhen der unwirtlichen Estremadura lag am 21. September 1558
ein für die Welt bereits seit mehr als zwei Jahren Toter auf dem Sterbebett.
Es war der ehemalige Kaiser Karl V., dessen Kräfte es überstiegen hatte, ein
Reich zu regieren, in dem die Sonne nicht unterging, aber auch die Brandfackel
des Krieges nicht erlosch. Er war nahe daran, das Imperium Karls des Grossen
wiederherzustellen, ja zu übertreffen, wenn der Baustein Frankreich nicht in
diesem gewaltigen Aufbau gefehlt und das protestantische Deutschland sich nicht
aus ihm gelöst hätte. Ohne Kraft, das Alte zu retten, entbehrte er andererseits
der Kühnheit und Entschlossenheit, die zur Begründung eines ganz Neuen ge-

7. Andres: „Die Leichenrede“. Wer nicht in die Geheimnisse der vier
Wenzel eingedrungen, dem mag wohl das aus dem Skatleben gegriffene Bild
mit seiner Unterschrift ein fragendes Kopfschütteln abnötigen. Und doch ist
die Scene da am gemütlichen Tisch im Weinkeller geschickt wiedergegeben, ja
es ist sogar eine Charakterstudie, insofern, als sie die verschiedenen menschlichen
Temperamente vorführt. Im Skatleben können nämlich nur drei Temperamente
Platz haben, da der Melancholiker, als für die Skatwissenschaft dauernd untaug-
lich, ausscheiden muss. Man sieht also vor sich den Sanguiniker, den Phleg-
matiker und den Choleriker. Dieses Kleeblatt hat sich zu einem solennen Skat
im Weinkeller zusammengefunden, oder vielmehr sind zwei dazu hergekommen,
denn der dritte, der Wirt selbst, in dem wir unschwer den Sanguiniker erkennen,
ist immer da, immer bereit, den „dritten Mann“ zu machen. Eben hat er einen
„wackeligen Grand“ gewonnen, dei dem er sicher nicht „aus dem Schneider“ ge-
kommen wäre, wenn der ihm gegenübersitzende Phlegmatiker mehr Aufmerksam-
keit auf das Spiel als auf das Essen verwendet hätte. Und nun hält der Choleriker,
der ja ebenfalls Leidtragender dabei ist, über das abgethane Spiel die „Leichen-
rede“ in einem wenig salbungsvollen Tone. Er schimpft und hält seinem Mit-
spieler die schweren Sünden vor, die er während des letzten Spieles begangen.

Fortis’ herrliches Bild „Am Brunnen der Vesta“ lässt einen Blick
thun in die geheiligten Räume des römischen Vesta-Tempels. Die Vestalinnen,
schöpfen Wasser am Brunnen, um mit demselben das ihnen anvertraute Heiligtum,
zu reinigen. Wir schauen den schönen Mädchen gern zu, denn sie erregen in ihrer
Anmut und keuschen Schönheit unser Entzücken. Die Lebensbedingungen der
Vestalinnen waren gesetzlich streng geregelt. In dem Atrium Vestae wohnten
sie klösterlich zusammen; später hat ihnen Augustus noch ein Haus auf dem
Palatin zur Verfügung gestellt. Ihre Pflichten bestanden vor allem in Erhaltung
des heiligen Feuers, Reinigung des Tempels, Herrichtung und Aufbewahrung
aller bei Opfern nötigen Dinge, die Verrichtung der Opfer selbst und die Be-
wachung der Heiligtümer. Verletzung der Keuschheit wurde mit Lebendig-
begraben, das Verlöschen des heiligen Feuers mit Geisselhieben gestraft. Ihre
Kleidung war, wie auch auf Fortis Bild zu ersehen ist, eine ungemein anmutige;
bei Opfern trugen sie noch einen langen Schleier.
 
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