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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0592

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An unsere Leser!

jl^feiten Kreisen ist es längst bekannt, dass sich die Sommer-Nummern der „Modernen Kunst“ durch ihre Reichhaltigkeit und Farbenfreudigkeit
auszeichnen; auch die diesjährige

ommer-Aummer

wird diesen wohlbegründeten Ruf aufs neue befestigen und vertiefen. Das mit höchster Sorgfältigkeit vorbereitete Heft soll ferner aufs neue den Beweis
liefern, dass wir auf dem mit steigendem Erfolge betretenen Wege, in allen Kreisen des Volkes Sinn für Kunst und Litteratur zu wecken und zu fördern,
rastlos fortschreiten. Ausser zahlreichen vortrefflichen Kunstblättern nach den Originalen erster Meister wird das Heft eine Fülle ausgezeichneter, mit höchster
Vollendung ausgeführter

farbiger Text- und Vollbilder

enthalten, welche das sommerliche Leben und Treiben anmutig und in künstlerischer Weise feiern. Allen Abonnenten der „Modernen Kunst“ wird auch dieses
prachtvoll ausgestattete Extra-Heft ohne Preiserhöhung geliefert.

Berlin W„ Potsdamer Strasse 88.

Die Redaktion der „Modernen Kunst“.

per „Chansonetten-panquier“.

Ein in Berliner Artistenkreisen sehr bekanntes
Original ist vor einiger Zeit aus dem Leben geschieden.
Der wunderliche Herr, ein ehemaliger Zahnarzt Julius C.,
der ein kleines Vermögen geerbt und sich, da dessen
Zinsen für seinen Bedarf ausreichten, zur Ruhe gesetzt
hatte, pflegte tagtäglich die Tingeltangel dritter und
vierter Garnitur „abzuklappern“. Doch war es weder
die Neigung für die edle Sangeskunst, noch für ihre
leichtgeschürzten Priesterinnen, die ihn in die Chantants
führte, sondern die Absicht, hier „Geschäfte“ zu machen.
Er vermittelte nämlich Darlehen, und die Damen vom
Brettl waren seine besten Kundinnen. Bei den An-
leihen, die sie beim Chansonetten-Banquier aufnahmen,
handelte es sich keineswegs um sehr hohe Summen.
Die Darlehen schwankten zwischen 10 und 50 Mark,
der halben Monatsgage einer gewöhnlichen Berliner
„Sängerin“. Der gute Mann war durchaus kein Wucherer,
er nahm nur geringe Prozente, lieh die Summen niemals
für länger als zwei Wochen und sicherte sich die Rück-
zahlung des vorgestreckten Geldes durch Rücksprache
mit dem Direktor. Trotzdem kam es nicht selten vor,
dass der hilfsbereite Banquier das Nachsehen hatte.
Er Hess sich dadurch in seinem sonderbaren Gewerbe,
das er zuletzt mehr aus Gewohnheit, als des unbedeuten-
den Verdienstes wegen betrieb, nicht irre machen. Da
er oftmals wirklich ein Retter in der Not war und
namentlich bei unverschuldetem Unglück eine offene
Hand zeigte, wird man den originellen Kauz in Chantant-
kreisen häufig schmerzlich vermissen.

2)as grösste Manuskript der Welt verbrannt.

Während der Belagerung der ausländischen Gesandt-
schaften in Peking haben die chinesischen Soldaten be-
kanntlich unter andern Gebäuden auch die Ifan-Lin-
Universität und Bibliothek in Brand gesteckt, in der
Holfnung, dass hierdurch auch die benachbarte britische
Botschaft zerstört werden würde, welche Erwartung sich
allerdings nicht erfüllte. Leider ist hierbei jedoch ausser
anderen höchst wertvollen Büchern, Manuskripten etc.,
das grösste Werk der Welt zugrunde gegangen, welches
in seiner Ausdehnung bisher noch von keinem anderen
Manuskript übertroffen worden war. Es ist dies das
berühmte Werk des Kaisers Yung-Lo, eine Art von
Encyklopädie, welche der genannte Herrscher um das
Jahr 1403 zusammenstellen liess. Die Idee des an
1 itterarischen und wissenschaftlichen Neigungen sehr
reichen Kaisers war, in einem einzigen Werke alles zu
vereinigen, was bis dahin von chinesischen Schriftstellern
und Gelehrten über die Doktrin des Confucius, über
chinesische Geschichte, über Philosophie und andere
Gegenstände von allgemeinem und speciellem Interesse
geschrieben worden war. Zu diesem Zwecke war für
ganze fünf Jahre ein Stab von 2140 Scholaren unter der
Aufsicht von 3 kaiserlichen Kommissaren, 5 Direktoren
und 20 Unterdirektoren Tag und Nacht beschäftigt, die
nötigen Einzelheiten zu sammeln und die entsprechenden
Zusammenstellungen zu machen. Das Werk bestand
aus 22877 Sektionen und war im Manuskript in mehr
als 11000 Bänden gebunden, von denen jeder ungefähr
einen Zoll dick war. Als dieses ungeheuere Manuskript
auf kaiserlichen Befehl gedruckt werden sollte, stellte
sich heraus, dass die Kosten über jede Berechnung
hinaus gehen würden und jedenfalls zu jener Zeit für
die Regierung zu gross waren, weshalb der Druck unter-

blieb. Im Jahre 1567 wurden zwei Kopien von dem
Werke fertiggestellt, aber leider verbrannten das Original
und eine Kopie im Jahre 1644, als die Ming-Dynastie zu
Fall kam. Nunmehr sind von der übriggeb] iebenen Kopie
nur fünf beschädigte Bände gerettet worden, welche
sich in englischen Händen befinden und der Universität
von Cambridge zum Geschenk gemacht werden sollen.

Die Macht des Gesanges.

Von Jenny Lind, der schwedischen Nachtigall erzählt
Carl Reinecke in seinem, bei Gebrüder Reinecke in
Leipzig erschienenen „Gedenkblättern an berühmte
Musiker“: „Wenn sie in Mendelsohns nicht mehr als
14 Takte umfassenden „Gruss“ von Heine die Worte
sang „kling hinaus ins Weite — sag’ ich lass sie grüssen“,
so war es einem als dehnten sich die Wände des Saales
auseinander, und man sähe in den blauen Frühlingsäther
hinein.“ „Als die Künstlerin im Gewandhause gemeinsam
mit dem Chore das 1. Finale aus Webers Euryanthe
probte, hielt sich der Chor anfangs ausgezeichnet; nach-
dem aber Jenny Lind die Worte „Wonnen und Wehen

Einbanddecken

zu den

Jahrgängen HW der „Modernen Kunst“.

Wir machen darauf aufmerksam, dass verschiedene
minderwertige Einbanddecken für die „Moderne Kunst“
von anderer Seite angeboten werden, für deren Haltbar-
keit wir nicht bürgen können. Im Gegensätze zu diesen
minderwertigen Decken sind unsere Einbanddecken mit
nur echtem Golde hergestellt und innen mit dem Aufdruck

Original-Einbanddecke
der Verlagshandlung

versehen. Sie sind Muster einer vornehmen und soliden
Ausstattung und Technik. Wir bitten ausdrücklich,

unsere Original-
Einbanddecken,
deren Preis 4 M.
beträgt, bei der
Buchhandlung
zu bestellen,
durch welche
der Bezug un-
serer Zeitschrift
erfolgt. Bei di-
rektem Bezüge
von der Unter-
zeichneten Ver-
lagshandlung
sind dem Be-
trage von 4 Mark
noch 30 Pfennig
für Porto beizu-
fügen.

Original-Einbanddecke der „Modernen Kunst in
Meister-Holzschnitten“ nach einem preisgekrönten
Entwürfe von Prof. L. Theyer.

Verlag Von
Rieh. Bong.

durchwogen die Brust“ mit einem geradezu undefinier-
baren Zauber gesungen hatte, setzte nicht einer vom
Chore ein, sie alle standen mit geöffneten Lippen da,
unfähig, sich nach diesem überwältigenden Eindrücke
gleich zu fassen.“

—a/\/\/\/<>—

1351 Millionen Zeitungs-flammern.

Für das Jahr 1899 liegen jetzt die Ziffern des
deutschen Zeitungspostverkehrs vor. Es gelangten in
diesem Zeitraum in Deutschland 1351 Millionen, imReichs-
postgebiete 1100 Millionen Exemplare zur Beförderung.
Berlin allein versandte 350 Millionen und erhielt 23,7
Millionen Nummern. Ihm folgte im Versand der Ober-
postdirektionsbezirk Köln mit 40,7, Breslau mit 38,3,
Magdeburg mit 37,9; die letzte Stelle nahm Aachen mit
4,2 Millionen ein. Aachen rangiert auch, was den Be-
zug von Zeitungen angeht, mit 9,4 Millionen am letzten
Platz, während der Oberpostdirektionsbezirk Potsdam mit
40,7 Millionen die höchste Ziffer erreichte. Was den
Verkehr mit dem Auslande angeht, so überwiegt der
Export den Import um eine beträchtliche Summe.

Vom Kunstgewerbe.

Zinktapeten sind seit einiger Zeit in Nordamerika
mit gutem Erfolg verwendet worden. Diese neuen
Wanddekorationen sind eine so gelungene Imitation des
verschiedenfarbigen Marmors, dass man die Täuschung
nur bemerkt, wenn man nahe an die Tapeten heran-
tritt. Die Zinktafeln werden mittels eines besonderen
Cements an der Wand befestigt. Die Oberfläche des
Zinks ist emailliert, so dass sie dauerhaft und wasch-
bar wird. Das Cementieren dieser Wanddekoration
geht ebenso leicht und rasch vorwärts, wie das Auf-
kleben gewöhnlicher Tapeten. Man kann sie auf jeder
Fläche anbringen, auch verhindern sie das Eindringen
der Nässe in das Zimmer.

Bücherschau.

Blätter für Haus- und Kirchenmusik, heraus-
gegeben vou Prof. Ernst Rabich. (Hermann Beyer
& Söhne, in Langensalza.) Preis des Jahrganges (12 Hefte
ä 16 Seiten Text und 8 Seiten Musikbeilagen) 6 M., des
halben Jahrganges 3 M.

Das 1. Heft des V. Jahrgangs der Blätter für Haus-
und Kirchenmusik, die nun schon in der Musikwelt
Bürgerrecht erworben, enthält zunächst ein Geleitswort
des Herausgebers, in welchem derselbe sehr richtig
verlangt, dass sowohl die Haus- als auch die Kirchen-
musik am allgemeinen musikalischen Fortschritt teil-
nehmen müssen. Eine gesangtechnisch-geschichtliche
Studie „Sprachgesang und Vokalise“ von dem Berliner
Gesangmeister Dr. Hugo Goldschmidt und ein Artikel
„Die Einwirkung älterer Kunst auf die deutsche Musik
des 19. Jahrhunderts“ von Dr. Willibald Nagel, sowie
ein kurzer Aufsatz: Grundsatz der Musikkritik von Dr.
Hugo Göring vervollständigen in interessantester und
belehrendster Weise den Hauptteil der trefflichen
Nummer. Ueber Kammermusik bei den Franzosen
schreibt sodann Dr. Louis, Lina Reinhard giebt eine
Uebersetzung „Realismus und Idealismus in der
Musik“ von Bellaigue. Die monatliche Rundschau be-
richtet über interessante musikalische Vorkommnisse
in Berlin, Dresden, Leipzig, München, in einer Weise,
dass man Belehrung und Anregung daraus schöpft.
 
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