XII
MODERNE KUNST.
Ausstellung F. von Bayer empfangen und in die Räume geleitet. Das Kaiserpaar
war von der Fülle interessanter Werke so gefesselt, dass die Anwesenheit im
Ausstellungspalast sich auf nahezu 2’/a Stunden ausdehnte. Zuerst wurden die
Säle in der Mittelachse bis zu der Ausstellung des Illustratoren -Verbandes be-
sichtigt; dann ging es zur Sonderausstellung von Profi Bracht, weiter zum Mün-
chener Saal, zu den Schweden, zum Saal. von Gari Melchers, endlich zurück
nach der Skulpturenhalle.; Grosse Würdigung fand, beim Kaiser das Riesenbild
von Wauters „Sobiesky vor Wien“. Sehr gefielen ihm Corelli, Kiesel und Ernst
Körners Baalbeek am Libanon. Ausserordentlich fesselte den Kaiser die Sonder-
ausstellung von Hugo Vogel, in der sowohl die Kircheninterieurs wie die Bild-
nisse und die grossen Gemälde für Merseburg seine lebhafte Aufmerksamkeit
erregten. Mit Wehmut betrachtete
der hohe Herr die letzten meister-
lichen Porträts von Prof. Max Koner
und äusserte sein schmerzliches
Bedauern über den frühen Heim-
gang des trefflichen Künstlers, für
den er immer die grössten Sym-
pathien gehabt habe. Auch die
Bilder von Frau Sophie Koner
nahm das Kaiserpaar mit Interesse
in Augenschein. Besondere An-
erkennung ernteten die Gemälde
des Grafen Ilarrach, das Reiterbild
sowohl wie der über Jerusalem
klagende Christus. Im Saal der
Franzosen zollte der Kaiser dem
Schlachtenmaler Edouard Detaille
die höchste Bewunderung, nament-
lich dem flotten Plusarenangriff.
Bei den Schweden belustigte ihn
sehr das Bild eines liegenden
Dachshundes. Weiter fanden u. a.
Kossaks „Kampf um die Fahne“,
Holtzbechers Lais und die Ar-
beiten von Konrad Lessing die
Aufmerksamkeit des hohen Herrn,
rischen Leitung des Barons Alfred von Berger, der sich mit seinem Direktor Ernst
Köhne die höchsten künstlerischen Aufgaben gestellt hat. Das Theater steht im
Stadtteil St. Georg nicht allzuweit von der Stelle, wo der Hamburger Centralbahnhof
sich erheben wird. Schon seit August wurde in dem damals zum Teil noch unvoll-
endeten Gebäude fleissig geprobt. Das Aeussere des Baues wirkt ziemlich ruhig,
hält sich aber in einem aparten Monumentalstil. Wie so viele neuere Theater-
bauten, stammt der Entwurf von den Wiener Bauräten Hellmer und Fellner.
%
Lamistische Priester. In dem grossen Völkerkessel Asien gährt es zur
Stunde bedenklich. Es scheint fast, als ob die chinesischen Wirren auch auf
die benachbarten Völker übergreifen wollten. Die ganze gelehrte Welt ist von
banger Sorge erfüllt um das Schick-
sal des kühnen Sven Hedin, der vor
etwa Jahresfrist zum zweiten Male
hinauszog in das unbekannte, frem-
denfeindliche Inner-Asien. Rings
um das gewaltige China zieht sich
der Völkerkreis stammverwandter
Mongolen, die mit den Chinesen
Religion und teilweise auch Kultur
teilen. Unser Bild zeigt uns das
Innere eines lamistischen oder la-
maitischen Tempels, wie wir deren
durch die ganzen mongolischen
Völker hin zahlreiche finden. Vom
Chor der musizierenden Priester
umgeben, thront der Oberpriester
auf einem Sessel und schwenkt die
Gebetglocke, die in dem Gottesdienst
des Lama-Glaubens — der sich
bekanntlich aus dem Buddhismus
entwickelt hat — eine bedeutende
Rolle spielt. Es sind teilweise sehr
originelle Musikinstrumente, deren
sich die lamistischen Priester be-
der sich in frischer Laune und mit sprudelndem Humor über manche Eindrücke
äusserte. Zum Schluss sah das Kaiserpaar im Freien den vor dem Ausstellungs-
palast stehenden grossen Bogenschützen des in Florenz lebenden Prof. Ernst Moritz
Geyger, der zur Zeit hier weilt und die hohen Herrschaften persönlich führte.
* *
*
Die teuerste Bulldogge der Welt. Wer liest, dass für die vorseitig ab-
gebildete Bulldogge 20000 M. bezahlt worden ist, der sucht auf dem Bilde natür-
lich schleunigst, was an diesem Hunde schönes ist, dass er so hoch im Preise steht.
Schön ist der Kerl frei-
lich nicht und was ihm
seine Kostbarkeit ver-
leiht, ist nicht seine
Schönheit. Er ist unter
dem Namen Rodney
Stone ins englische
Hundestammbuch ein-
getragen und wurde
vor kurzem von Mr.
Richard Croker für
den angegebenen Preis
gekauft. Eine Bull-
dogge, die nach Aus-
stellungsmaassstab
vollkommen ist, ist
nicht derart, dass sie
50 km laufen, einem
Fahrrade oder auch
nur einem Fuhrwerk
bequem folgen könnte.
Dem Stadtbewohner Lamistische Priester,
kann sie jedoch ein guter Gefährte werden, und hier wird sie auch Liebhaber
finden, die ein kleines Vermögen für sie anlegen. Das Merkwürdige bei den
Kolossalpreisen für Hunde ist, dass sie nur für Luxushunde gezahlt werden,
während Gebrauchshunde, wie Foxhounds, Setters, Pointers etc., für bedeutend
weniger Geld zu haben sind; so wurde erst vor einiger Zeit in England eine
Meute von 35 Koppeln edler Foxhounds für 20 000 M. verkauft. Für Luxushunde
sind schon öfters höchste Preise gezahlt worden; Bernhardinerhunde und Collies
haben schon oft für noch höhere Summen ihre Besitzer gewechselt.
* *
Für die Stadt Hamburg ist die Eröffnung des „Neuen deutschen
Schauspielhauses“ ein bedeutungsvolles Ereignis, das alle Kunstkreise auf das
Lebhafteste interessiert. Bekanntlich steht das neue Theater unter der künstle-
Das neue deutsche Schauspielhaus in Hamburg. dienen, und ihre Hauptaufgabe
Nach einer Photographie von H. Breuer, Hamburg. scheint es ZU Sein, möglichst viele
Getöse hervorzubringen. Neben Lärminstrumenten wie Pauke, Becken u. s. f.
sind namentlich Blasinstrumente, Trompeten, zahlreich vertreten. Wir finden
sie in allen Grössen und aus dem verschiedensten Material, von den kleinen, etwa
halbmetergrossen Schalmeien aus Büffelhorn an bis zu den über zwei Meter
langen, kupfernen Posaunen, die beim Blasen auf die Erde gelegt werden. Von
Melodieen lässt sich bei diesem geistlichen Orchester kaum reden, wenngleich
bestimmte Tonfolgen in gewissen Zwischenräumen wiederzukehren pflegen. —
Das Lamatum führt ein strenges Kirchenregiment; man könnte seine Disciplin
am besten wohl mit
jener der grossen geist-
lichen Orden des Mit-
telalters vergleichen.
An der Spitze steht
derDalai-Lama, dessen
W^ürde meist vom
Onkel auf den Neffen
übergeht, und der als
Stellvertreter der Gott-
heit angesehen wird.
Im übrigen verliert
diese Religion von
Jahr zu Jahr nament-
lich unter den Nord-
Mongolen dank der
Missionsthätigkeit der
Russen an Boden. Viel-
fach wurzelt unter den
Mongolen auch noch
das sogenannte Scha-
manentum, das die
älteste Religionsstufe der nord- und centralasiatischen Völker war und dem
Zauberpriesterglauben der Neger und Indianer gleich zu achten ist. Was der
Ausbreitung des Christentums und damit der Civilisation unter diesen mongo-
lischen Völkern besonders hindernd im Wege steht, ist der Umstand, dass
sie als typische Nomaden eigentlich in ständiger Bewegung durcheinander be-
griffen sind, und die einzelnen Stämme und Horden heute hier und morgen
dort ihre Filzzelte aufschlagen. Wo der mächtige Arm des Zaren hinreicht,
macht sich freilich eine gewisse Sesshaftigkeit allmählich geltend, und die
Häuptlinge lassen sich ihre Würde nicht selten vom russischen Kaiser be-
stätigen. So tragen z. B. die Taischa (d. h. Fürsten) der Burjaten ein kupfernes
Wehrgehänge, das ihnen die russische Regierung verleiht und das in russischen
Worten die Inschrift: „Zeichen der Würde für . . trägt. Dr. A. Hn.
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MODERNE KUNST.
Ausstellung F. von Bayer empfangen und in die Räume geleitet. Das Kaiserpaar
war von der Fülle interessanter Werke so gefesselt, dass die Anwesenheit im
Ausstellungspalast sich auf nahezu 2’/a Stunden ausdehnte. Zuerst wurden die
Säle in der Mittelachse bis zu der Ausstellung des Illustratoren -Verbandes be-
sichtigt; dann ging es zur Sonderausstellung von Profi Bracht, weiter zum Mün-
chener Saal, zu den Schweden, zum Saal. von Gari Melchers, endlich zurück
nach der Skulpturenhalle.; Grosse Würdigung fand, beim Kaiser das Riesenbild
von Wauters „Sobiesky vor Wien“. Sehr gefielen ihm Corelli, Kiesel und Ernst
Körners Baalbeek am Libanon. Ausserordentlich fesselte den Kaiser die Sonder-
ausstellung von Hugo Vogel, in der sowohl die Kircheninterieurs wie die Bild-
nisse und die grossen Gemälde für Merseburg seine lebhafte Aufmerksamkeit
erregten. Mit Wehmut betrachtete
der hohe Herr die letzten meister-
lichen Porträts von Prof. Max Koner
und äusserte sein schmerzliches
Bedauern über den frühen Heim-
gang des trefflichen Künstlers, für
den er immer die grössten Sym-
pathien gehabt habe. Auch die
Bilder von Frau Sophie Koner
nahm das Kaiserpaar mit Interesse
in Augenschein. Besondere An-
erkennung ernteten die Gemälde
des Grafen Ilarrach, das Reiterbild
sowohl wie der über Jerusalem
klagende Christus. Im Saal der
Franzosen zollte der Kaiser dem
Schlachtenmaler Edouard Detaille
die höchste Bewunderung, nament-
lich dem flotten Plusarenangriff.
Bei den Schweden belustigte ihn
sehr das Bild eines liegenden
Dachshundes. Weiter fanden u. a.
Kossaks „Kampf um die Fahne“,
Holtzbechers Lais und die Ar-
beiten von Konrad Lessing die
Aufmerksamkeit des hohen Herrn,
rischen Leitung des Barons Alfred von Berger, der sich mit seinem Direktor Ernst
Köhne die höchsten künstlerischen Aufgaben gestellt hat. Das Theater steht im
Stadtteil St. Georg nicht allzuweit von der Stelle, wo der Hamburger Centralbahnhof
sich erheben wird. Schon seit August wurde in dem damals zum Teil noch unvoll-
endeten Gebäude fleissig geprobt. Das Aeussere des Baues wirkt ziemlich ruhig,
hält sich aber in einem aparten Monumentalstil. Wie so viele neuere Theater-
bauten, stammt der Entwurf von den Wiener Bauräten Hellmer und Fellner.
%
Lamistische Priester. In dem grossen Völkerkessel Asien gährt es zur
Stunde bedenklich. Es scheint fast, als ob die chinesischen Wirren auch auf
die benachbarten Völker übergreifen wollten. Die ganze gelehrte Welt ist von
banger Sorge erfüllt um das Schick-
sal des kühnen Sven Hedin, der vor
etwa Jahresfrist zum zweiten Male
hinauszog in das unbekannte, frem-
denfeindliche Inner-Asien. Rings
um das gewaltige China zieht sich
der Völkerkreis stammverwandter
Mongolen, die mit den Chinesen
Religion und teilweise auch Kultur
teilen. Unser Bild zeigt uns das
Innere eines lamistischen oder la-
maitischen Tempels, wie wir deren
durch die ganzen mongolischen
Völker hin zahlreiche finden. Vom
Chor der musizierenden Priester
umgeben, thront der Oberpriester
auf einem Sessel und schwenkt die
Gebetglocke, die in dem Gottesdienst
des Lama-Glaubens — der sich
bekanntlich aus dem Buddhismus
entwickelt hat — eine bedeutende
Rolle spielt. Es sind teilweise sehr
originelle Musikinstrumente, deren
sich die lamistischen Priester be-
der sich in frischer Laune und mit sprudelndem Humor über manche Eindrücke
äusserte. Zum Schluss sah das Kaiserpaar im Freien den vor dem Ausstellungs-
palast stehenden grossen Bogenschützen des in Florenz lebenden Prof. Ernst Moritz
Geyger, der zur Zeit hier weilt und die hohen Herrschaften persönlich führte.
* *
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Die teuerste Bulldogge der Welt. Wer liest, dass für die vorseitig ab-
gebildete Bulldogge 20000 M. bezahlt worden ist, der sucht auf dem Bilde natür-
lich schleunigst, was an diesem Hunde schönes ist, dass er so hoch im Preise steht.
Schön ist der Kerl frei-
lich nicht und was ihm
seine Kostbarkeit ver-
leiht, ist nicht seine
Schönheit. Er ist unter
dem Namen Rodney
Stone ins englische
Hundestammbuch ein-
getragen und wurde
vor kurzem von Mr.
Richard Croker für
den angegebenen Preis
gekauft. Eine Bull-
dogge, die nach Aus-
stellungsmaassstab
vollkommen ist, ist
nicht derart, dass sie
50 km laufen, einem
Fahrrade oder auch
nur einem Fuhrwerk
bequem folgen könnte.
Dem Stadtbewohner Lamistische Priester,
kann sie jedoch ein guter Gefährte werden, und hier wird sie auch Liebhaber
finden, die ein kleines Vermögen für sie anlegen. Das Merkwürdige bei den
Kolossalpreisen für Hunde ist, dass sie nur für Luxushunde gezahlt werden,
während Gebrauchshunde, wie Foxhounds, Setters, Pointers etc., für bedeutend
weniger Geld zu haben sind; so wurde erst vor einiger Zeit in England eine
Meute von 35 Koppeln edler Foxhounds für 20 000 M. verkauft. Für Luxushunde
sind schon öfters höchste Preise gezahlt worden; Bernhardinerhunde und Collies
haben schon oft für noch höhere Summen ihre Besitzer gewechselt.
* *
Für die Stadt Hamburg ist die Eröffnung des „Neuen deutschen
Schauspielhauses“ ein bedeutungsvolles Ereignis, das alle Kunstkreise auf das
Lebhafteste interessiert. Bekanntlich steht das neue Theater unter der künstle-
Das neue deutsche Schauspielhaus in Hamburg. dienen, und ihre Hauptaufgabe
Nach einer Photographie von H. Breuer, Hamburg. scheint es ZU Sein, möglichst viele
Getöse hervorzubringen. Neben Lärminstrumenten wie Pauke, Becken u. s. f.
sind namentlich Blasinstrumente, Trompeten, zahlreich vertreten. Wir finden
sie in allen Grössen und aus dem verschiedensten Material, von den kleinen, etwa
halbmetergrossen Schalmeien aus Büffelhorn an bis zu den über zwei Meter
langen, kupfernen Posaunen, die beim Blasen auf die Erde gelegt werden. Von
Melodieen lässt sich bei diesem geistlichen Orchester kaum reden, wenngleich
bestimmte Tonfolgen in gewissen Zwischenräumen wiederzukehren pflegen. —
Das Lamatum führt ein strenges Kirchenregiment; man könnte seine Disciplin
am besten wohl mit
jener der grossen geist-
lichen Orden des Mit-
telalters vergleichen.
An der Spitze steht
derDalai-Lama, dessen
W^ürde meist vom
Onkel auf den Neffen
übergeht, und der als
Stellvertreter der Gott-
heit angesehen wird.
Im übrigen verliert
diese Religion von
Jahr zu Jahr nament-
lich unter den Nord-
Mongolen dank der
Missionsthätigkeit der
Russen an Boden. Viel-
fach wurzelt unter den
Mongolen auch noch
das sogenannte Scha-
manentum, das die
älteste Religionsstufe der nord- und centralasiatischen Völker war und dem
Zauberpriesterglauben der Neger und Indianer gleich zu achten ist. Was der
Ausbreitung des Christentums und damit der Civilisation unter diesen mongo-
lischen Völkern besonders hindernd im Wege steht, ist der Umstand, dass
sie als typische Nomaden eigentlich in ständiger Bewegung durcheinander be-
griffen sind, und die einzelnen Stämme und Horden heute hier und morgen
dort ihre Filzzelte aufschlagen. Wo der mächtige Arm des Zaren hinreicht,
macht sich freilich eine gewisse Sesshaftigkeit allmählich geltend, und die
Häuptlinge lassen sich ihre Würde nicht selten vom russischen Kaiser be-
stätigen. So tragen z. B. die Taischa (d. h. Fürsten) der Burjaten ein kupfernes
Wehrgehänge, das ihnen die russische Regierung verleiht und das in russischen
Worten die Inschrift: „Zeichen der Würde für . . trägt. Dr. A. Hn.
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