Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

DOI Artikel:
Unsere Bilder, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0113

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MODERNE KUNST.

XIII


fimmungcn. ^==5

Srnst Schweninger.

| Nachdruck verboten.]

rotz unserer schnelllebigen, an wechselvollen Ereig-
V nisseri sowohl, als an wechselvollen Meinungen über-
reichen Zeit, giebt es — Gott sei Dank — noch immer
Persönlichkeiten von ureigenster Prägung, Persönlich-
keiten, an deren urwüchsigem Wert weder die Zeit noch
die Ereignisse zu verwischen, zu verwässern vermögen.
So wie sie zuerst auf den Plan des Welttheaters treten,
bleiben sie stehen, festgefügt, aus einem Guss, unbeküm-
mert um Gunst oder Ungunst der Menge ihren Weg ver-
folgend, mit unbeugsamem Willen ihrem Ziel zustrebend.

Zu diesen immer seltener werdenden Erscheinungen
unserer nervösen Zeit gehört Ernst Schweninger. Gehörte
wird mir der überwiegende Teil der Menge antworten,
jener Menge, die sich an den Bismarckischen Schweninger
klammert, und an dem Vor- und Nachbismarckischen
gleichmütig vorübergeht. Es ist zweifellos, dass die Episode
Bismarck Schweninger zu einem der populärsten Männer
weit über die Grenzen des Deutschen Reiches hinaus

gemacht, dass es

Jahre gegeben hat,

während welcher die Weltpolitik von
der mehr oder weniger glücklichen Hand
Schweningers in der Behandlung des
greisen Reichskanzlers abhing, Zeiten, da
eine Welt an den Lippen Schweningers
hing, um von ihnen abzulesen, wie es
um den Alten im Sachsenwalde stand.
Es ist ferner zweifellos, dass der Name
Schweninger neben dem des Reichsbau-
meisters in der Geschichte lebendig blei-
ben wird. Ebenso zweifellos aber ist es,
dass der Umstand, dass Bismarck nicht
mehr ist, an dem absoluten Wert des
Menschen und Berufsmenschen Schwenin-
ger nichts verringern kann, und die That-
sache, dass Schweninger seine Kunst
heute nicht mehr an einem Heros, sondern
nur an Durchschnittsmenschen übt, nur
für die Beurteilung sehr kleiner Geister
maassgebend sein kann.

Wer Schweninger heute sieht, hört
und beobachtet, weiss, das ist der alte
Schweninger noch, in seiner urwüchsigen
Kraft, in seinem unbeirrbaren Wollen,
in seiner durch nichts zu zähmenden
Energie, in seinem temperamentvollen
Enthusiasmus für seinen schweren Beruf,
neben dem er keine anderen Götter kennt. — Wohl haben die durchwachten Nächte
am Schmerzenslager des greisen Fürsten, das rastlose Hin und Her zwischen
Berlin und Friedrichsruh, die enorme Verantwortlichkeit, mit der Schweninger
einer Welt gegenüber für das Leben des eisernen Kanzlers haftete, ihn hagerer
gemacht; in das kohlschwarze Bart- und Haupthaar haben sich weisse Fäden

Der Kranz des Deutschen Kaisers für das Sultansgrab
in Damaskus.

Frl. Frida Felser.

gestohlen, aber an dem eigentlichen Wesen des
Menschen haben sie nicht zu rütteln vermocht.

Schweninger ist noch heute der Mann von
Stahl und Eisen, der keine Ermüdung und Er-
schlaffung kennt, der trotz der dreissig Jahre,
während der er pausenlos bei der Arbeit ist,
Tag und Nacht auf dem Posten bleibt und den
Jüngsten an zäher Ausdauer übertrifft. Man
braucht ihm nur in die lodernden kohlschwarzen
Augen zu sehen, die Ausbrüche seiner unge-
zähmten, göttlichen altbayerischen Grobheit
mit anzuhören, um zu wissen, dass Schweninger
auch jenseits der Pforten von Friedrichsruh ein
ganzer Schweninger geblieben ist.

Seit dem 26. Juni dieses Jahres beherrscht
er ein neues Reich, das statt der Eichen des
Sachsenwaldes dürftige, neugepflanzte Stämm-
chen mit kümmerlichen Blattkronen umfrieden,
die auf märkischem Sandboden einstweilen noch
ein recht jämmerliches Dasein fristen. Was
sich aber hinter ihnen auf der alten Strasse
nach Potsdam, zwischen Steglitz und Lichter-
fclde, auf - Lichterfelder Boden erhebt, trägt
nichts Kümmerliches, Kleinliches, Dürftiges an
sich. Prächtige luftige Bauten aus rotem Gestein,
von grünen Rasenflächen umgeben, steigen da
vor uns auf, Schweningers neue Welt, die Häuser
und Pavillons des Krankenhauses für den Teltower Kreis. — Gleich vorn am Ein-
gang stellt Schweningers Wohnhaus; eine Villa, im gleichen Baumaterial wie die
einzelnen Krankenhäuser des grossen Areals errichtet, -freundlich einladend an-
zusehen mit ihren luftigen Terrassen und Veranden, die rot- und weissgestreiftes
Segeltuch überdachen und bunt blühende Blumen reich umstellen. Nur wenige
Schritte weiter, und man ist mitten drinnen zwischen den Kranken, die sich fast
ausnahmslos tagsüber im Freien aufhalten, spazierend, hygienische Uebungen
treibend und — ganz wie bei einem Garten-five o’clock — mit mehr oder
weniger Eifer und Geschick sich dem Bocciaspicl hingeben. Es giebt sogar
Kranke, welche die Nacht im Freien zubringen, wenn nicht gerade Sturm und
Regen heftig gehen: das sind die Schwindsüchtigen, die auf den flachen Dächern,
welche einzelne der Gebäude aufweisen, unter Zelten kampieren. Luft, Sonne, Be-
wegung, Bäder, sachgemässe Ernährung, das sind die Hauptprincipien, nach denen
Schweninger, an der Spitze eines trefflichen Stabes junger Aerzte, unterstützt
durch die hervorragenden Fähigkeiten seines Oberarztes Professor Schleicher,
sein neues Reich befehligt. — Die Lichterfelder Apotheke macht bei diesem
Regime freilich kein glänzendes Geschäft. Vom 26. Juni, dem Eröffnungstage, bis
Mitte August hat Schweninger kein einziges Recept verschrieben. — Noch mit
einem andern alt eingebürgerten Princip der Medizinkunde hat Schweninger in
Lichterfelde gebrochen: er lässt keinerlei Spezialitäten gelten. Der Operateur
muss ebenso
gründlich jede
innere Krank-
heit zu behan-
deln verstehen,
wie er gründ-
lich und sicher
seiner chirurgi-
schen Pflichten
sich entledigt
und umgekehrt.

Dora Dunckcr.


*für das Grabmal des Su 11ans Saladin in Damaskus hat Kaiser Wilhelm


einen kostbaren, künstlerisch ausgeführten Lorbeerkranz in vergoldeter
Bronze herstellen lassen. Der von der Kaiserkrone gekrönte kleine Schild enthält
eine Widmung in arabischer Sprache, die auf dem Band, das sich um das Gewinde
schlingt, nochmals in türkischer Uebersetzung wiederholt ist. Der Kranz ist von
Prof. Düpier d. J. entworfen und von dem Ciseleur Otto Rohloff ausgeführt worden.

Frida Felser. Wie Agnes Sorma als Schauspielerin, so ist auch eine
deutsche Sängerin in Paris gefeiert worden, Frida Felser, vom Stadttheater
in Köln. Die junge Künstlerin begleitete den dortigen Sängerkreis auf seiner
Reise zur Weltausstellung und sang in den Trocadero-Konzerten mit so vollendeter
Meisterschaft, dass der Beifall des Publikums schier kein Ende nehmen wollte.
Auch die französischen Kritiker zeichneten die Sängerin sehr aus. So ist Frida
Felser mit einem Schlage eine Berühmtheit geworden, da sie ihrem siegreichen

Auftreten im
Auslande, in-
mitten des Völ-
kerwettstreites,
einen Nimbus
verdankt, der
die Augen der
ganzen deut-
schen Musik-
und Theater-
welt auf sie
gelenkt hat. Die
gepriesene
Künstlerin ist

Ernst Schweninger.

Nach einer Photographie von Karl Hahn, München.

#
 
Annotationen