Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0096

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Abgg. H e h l z u H e r r n s h e i m (natl.) unb Speck
KZtr.) begründen diese Resolutionen.

Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky führt aus:
Mr die Regierung ist jetzt der ungünstigste Augeiwlick, fich
Über diese Frage zu äutzern. Keinesfalls sollte verkannt wer-
den, datz die Meistbegünstigung auch fchwere Nachteile hat, aber
im allgemeinen wird man innerhalb Europa an der Meistbe-
Nüustigungsklausel festhaltcn ünd aiüh festhalten müssen. M-an
ckann nicht ohne iveiteres sagen: Wir wollen mit gewissen autzer-
xuropäischen Staaten künftighin keine Meistbegünstigungsver-
träge abschlietzen. Man mird iumier fragen müsseu, ob nicht
unsere industrielle Ausfuhr dorthin ganz ausgeschlossen wird
zu Gunsten eines tertius gaudens. Die allgemeine ^eistbe-
günstigung zwischen Europa und Amerika hat tatsächliH auf-
gehört. Wcnn wir jetzt zu ueuen Handelsverträgen gelangen,
treten die Vereinigten Staaten nicht ohne weiteres in den Besitz
dieser Konzession. Ein allgemeinerer Gruudsatz sür die An-
wendung dcr Meistbegünstigung in dcr Zukunft läht sich nicht
aufstellen. Die Frage ist individuell zu behandeln.

Morgen 1 Uhr: Weiterberatung.

Preuße».

Brrlin, 13. Ian. Die H e i r a t s - A f s a i r e
des früheren Posener Provinzialsteuerdirektors Geh. Fi-
nanzrat Löhning wird in der ersten Lesung des Etats
im Abgeordnetenhause zur Sprache gebracht lwerden.
Jn diese Debatte wird auch die polnische Laudtagssraktion
eingreisen. Man glaubt, daß die Debatte allein mehrere
Tage in Ansprnch nehmm wird. ^ ^

Aus der Ktirlsruver .'ieltung.

— Regierungsbaumeister Herm. Bürgelin in Rastatt
tvurde zur Wasser- und Straßenbauinspektion Donaueschingen
und dc-r Regierungsbaumeister Emil Schwarzmann in
Bonndorf zur Wasser- und Strahenbauinspektion Rastatt ver-
setzt.

Karlsruhe, 14. Jan. Der Erbgroßherzog ist heute
früh nach Hohenburg abgereist, wohin die Erbgroßher-
zogin sich schon am Samstag den 10. begeben hat. Jhre
Königlichen Hoheiten gedenken einige Tage bei ihren
Eltern und Schwiegereltern zu verweiten, bevor dieselben
zum Winteraufenthalt nach Abbazia reisen werden.
Prinz Guftaf von Schweden und Norwegeu ist heute
mittag wohlbehalten iu Stockholm eiugetroffen. Der
Großherzog mmmt im Laufe des Nachmittags und
Abends dcn Vortrag des Präsidenten Dr. Nicolai ent-
gegen. Die Großherzogin besucht heute abend das
Abonnementskonzert des Großherzoglichen Hoforchesters
im großen Festhallesaal. Die Kronprinzessin Viktoria
wohnte heute vornnttag der Generalprvbe für dieses
Konzert an. Die Prinzessin Wilhelm traf heute nach-
mittag 6 Uhr 42 Minuten von Baden-Baden wicder
hier ein. _ _

Ausland.

Rußland.

Petersburg, 9. Jan. Sieuevdings sind viel-
sach im Ausland Gerüchtc über den Gesundheits-
zustand der Kaiserin Alexandra Feodo-
rowna verbreitet worden, öie von einer tiefen Gemüts-
bedrückung sprachen. Wie ein Gewährsmann der „Köln.
Ztg." aus zuverlässiger Quelle erfährt, sind diese Nach-
richten fatsch. Augenzengen erzählen, daß die Zarin in
Livadia wohl anfangs und vorübergehend leidend ge-
wesen ist, sich aber batd vollständig erhott und mit ihrem
Gatten und ihren mnnkern Kindern den Aufenthatt in
dem herrlichen Landsitz vollaus genossen hat. Das Kaiser-
paar gab sich voll dem Vergnügen hin, der Hauptstadt
und den Verpflichtungen des Hofes entzogen zn sein und
seinen Llindern leben zu können. Na-ch seiner Rückkehr
konnte man in Petersburg bei den Festlichkeiten, die znm
-Jubilänm des Pagenkorps stattfanden, mit Freude das
gesunde Aussehen der Kaiserin bemerkm. Der Zar war
srisch nnd munter, sprach rnit kräftiger, lauter nnd fester
Stimme, als er die Pagen i>r längeren Reden begrüßte.
Auch der Thronfolger Michael Alexandrowitsch
.strafte durch sein Aussehen die Gerüchte von seiner Krank-
heit Lüge. Militärisch straff tat er Flügeladjutanten-
dienst bei seinem Bru.der, dem Zaren. Er ist ein großer
Üiebhaber des edlen Waidwerks und liegt ihm bei Wind
und Wetter ob. So kann er sich auch an der Bärenjagd
beteiligen, die zu den Festlichkeiten gehört, die bei der
Anwesenheit des deutschen Kronpnnzen abgehalten wer-
den sollen. _ .

I)ie Duelkiiffäre Wuff-Weiß var dem
Schwurgericht.

i

Karlsruhe, 14. Januar.

Das folgenschwere Duell, das am 7. Oktober v. I. bei den
Ettlinger <Ähietzständen zwischcn dem Studenten Ruff ans
Blieskastel nnd dem Studenken Reih aus Karlsrnhe stattfand
und bei dem der letztere durch einen -Schuh getötet wurde,
führte heute eine Anzahl von Personen wegen Vergehens gegen
die gesetzlichen Bestimmungen über den Zweikampf vor das
Schwurgericht. Wir folgen in Nachstehendem dem Bericht der
„Bad. Landesztg." Die Grotzh. Staatsanwaltschaft hatte in
diesem Falle nicht nur gegen den Duellanten, der seinen Geg-
ner niedergeschossen, und die Kartellträger Anklage erhoben,
sie hatte auch die Mitglieder des Ehrengerichts, das die scharfen
DueWestimmnngen getroffen, unter Anklage gestellt. Dies
hatte znr Folge, daß sieben Angeschuldigte vor den Gffchwore-
nen erscheinen mußten. Die Angeklagten waren der 24 Jahre
alte Student der Chemie, Frietz Ruff aus Mixskastel, zuletzt
in Bern wohnhaft und seit 7. Oktober hier in Üntersuchungs-
haft, der 35 Jahre alte Rechtsanwalt Karl Benderin Karls-
ruhe, der 22 Jahre alte Student Heinrich Borbet hier, der
26 Jahre alte Student der Rechtswissenschaft Josef Hügel
aus Neckarelz, der 40 Jahre alte Dr. Georg v. Langsdörf
aus Freiburg, praktischer Arzt in Baden-Baden, der 28 Jahre
alte Student Walther Rheinboldt hier und der 23 Jahre
alte Jngcnienr Hugo Zentgraf hier.

Nach der verlesenen Anklage wurde Ruff beschuldigt, datz
er: 1. in der Nacht vom 28. auf 29. September v. I. in Karls-
ruhe im Cafe Bauer den Studenten Karl Reiß aus Karlsruhe
»nittels eines hinterlistigen Ueberfalles körperlich mitzhandelte,
indem er nach zweimaliger erfolgloser Ausforderung an den-
selben, mit ihm hinauszugehen, vcm hinten dem an einem Tisch
fitzenden Reitz plötzlich und unerwartet mtt voller Wucht einen
derartigen Schlag ins Gesicht versetzte, dah der Getroffene fo-
fort heftig aus der Nase blutete, ihm Nase und Lippen an-
schwollen und eine Ader im Auge platzte; 2. am Dienstag, den
7. Oktober, bei den Schietzständen auf Gemarkung Ettlingen
seinen Gegner, eben diesen Stndenten Reih, im Zweikampf
tötete.

Den übrigen Angeklagten wird zur Last gelegt und zwar
Hügel, datz er am 3. Oktober von dem Studenten Reitz
den Auftrag zu einer Heraussorderung auf Pistolen übernahm
und an BoÄert als Bertreter des Ruff überbrachte; Hügel,
Bender, Borbert, v. Langsdorf, Rheinboldt
und Zentgraf, dah sie zu dem zwischen Ruff und Reitz
staiigehabtcn Ziveikanipf mit tötlichem Ansgange lvissentliche
Beihilfe durch Rat und Tat leisteten, indem sie am 5. Oktober
in Karlsruhe als Mitglieder des Ehrengerichts diesen Zivei-
kampf billigten und seine Bedingungen festsetzten, Borbert,
Rheinboldt und Hügel außerdem die zur Ausführnng des Zwei-
kampfs nötigen Vorbereitungen trasen, Borberr fcrner am
3. Oktobcr die von Reitz an Ruff gestcllte, von Hügel übcrmit-
telte Heransforderung namens des Ruff aimahm und diesen
hiewon in Kenntnis setzte.

Ueber die Vorgänge, die zu dem verhängnisvollen Duell
geführt haben, ist seiner Zeit des näheren berichtet worden.
Es war eine einfältige Streiterei zwischen Studenten, die im
Cafe Bauer hier entstand und bei der sich einer der Beteilig-
ten zu Tätlichleiten hmreißen ließ. Die Folge davon war
eine Heraussorderung znm Zweikampf, bei dem der durch die
tätlichen Angriffe Beleidigte, ein begabter und zu schüncn
Hoffnungen berechtigter Mensch, sein Leben lassen mutzte. Als
die Ursachen, die das Duell veranlatzt haben nnd dessen tragi-
scher Ausgang bekannt wurden, herrschte allgemein die gröhte
Entrüstung. Die Stimmung in der Bevölkerung fand in der
Presse bevedten und scharfen Ausdruck und alle Blätter ohne
Unterschied ihrer politischen Richtung waren einig in der ent-
schicdenen Verurteilung des folgenschweren Ereignisses. Dazu
lag aber auch aller Grund vor, wenn man sich die Vorgeschichte
der Duellaffaire Ruff-Reih in ihren Einzelheiten vor Augen
'hielt. Wir müssen aus dieselbe noch einmal kurz eingehen.
Der Student Rnff war mit einem Freunde in der Racht Vov<
28. auf 29. September in das Cafe Bauer hier gekommen imd
hatie sich dort an einem Tische niedergelassen. Etiva um
2 Uhr morgens betrat der in Freiburg studierende Karl Reitz,
der sich damals hier bei seinen Angehörigen zum Besuche anf-
hielt, mit zwei hiesigen Studenten das genannte Cafe und nahm
bei Bekannten an einem Tische in unmittelbarer Nähe des
Tisches Platz, cm dem Ruff satz. Kurze Zeit darauf trat der
Begleiter des Ruff, der Student Zieser, auf Reitz zu und for-
derte ihn auf, mit ihin einen AugeiMick hinauszugehen. Beide
begaben sich daranf in den anstoßenden Billardsaal, wo eine
kurzc Unterredung stattfand. Als Reitz wieder an seinen Platz
zurückkehrte, Luherte er zu einem üer bei ihm sitzenden Herren,
dem Fabrikanten Bauer aus Gernsbach, der, wie Reitz, dem
Korps „Suevia" in Freibnrg angehört: „Der Mann hat mich
hinansgerufen nnd gefragt, warum ich ihn nicht gegrützt hgbe.
Was diese Karlsruher Korpsstudenten sich nicht alles eMil-
den l" Wenige Minuten nach dieser Bemerkung trat Rusf cm
den Tisch des Reitz und forderte dicsen zwcimal anf, mit ihm
hmanszugehen. Reiß lehnte dieses Ansinnen ab. Plötzlich
versetztc Ruff dem ähnungslos dasitzenden Reiß bon hinten
seitwärts mit der Hand einen derart wuchtigen Schlag ins
Gesicht, datz Reitz das Blnt aus der Nase lief, mehrere Tage ein
geschwollenes Gesicht und infolge Zerplatzens einer Ader im
Auge ein gerötetes Augc hatte. Reiß und seine Begleiter ent-
sernten sich einige Minntcn nach diesem Auftritte, um, nachdem
sic dcn Namen Ruffs festgestellt, der Polizei Anzeigc zn er-
statten. Die Freunde des Reitz waren der Ansicht, datz die
Sache gerichtlich zum Anstrag gebracht werden solle, da das
Vorgchen Ruffs gegen alle gesellschaftlichen und studentischen
Anstandsregeln verstotze. Sic erachteten einen Anstrag mit der
Waffe für ansgeschlossen und zwar um so niehr, als die studen-
tischen Korporattonen, denen Reitz und Ruff angehörten, das
Korps „Sncvia" in Freibnrg, bczw. der Cösener S. C. und
das Korps „Frankonia" in Karlsruhe, in gegenseitigem Waf-
fenverruf standen. Trotzdem fanden in den nächsten Tagen
zwischen Reitz, seinen Frennden und dem Korps „Suevia"
einerseits, sowie Ruff, seinen Freunden und dem Korps „Fran-
konia" andererseits Verhandlimgen statt, die das Resnltar hat-
ten, daß Reitz und Ruff, nm einen Zweikampf zu ermöglichen,
vorübergehend aus ihren Korps austraten. Am 3. Oktober
überbrachte Hügel im Anftrage des Reitz Borbet als dem Ber-
treter Ruffs eine Pistolenforderung mit dreimaligem Kugel-
wechsel auf 16 Meter Entfermmg. Diese Hermlsforderung
wurde von Borbet cmgenommen. Ztvei Tage daranf fand hier
in der Restauration „zum Landsknccht" unter dem Boxsitze
des Nechtsanwalts Bender ein Ehrengericht statt, an dem von
Seiten Ruffs Borbet, Rheinboldt und Zentgraf, von Seiten
des Reitz Hügel nnd v. Langsdorf teilnahmen. Der Spruch
bes Ehrengerichts lautete auf zweimLligen Kugeltvechsel mit
16 Metcr Entfernung. Cin vor der Beratnng des Ehren-
gerichts von dessen Vorsitzenden Bender gemachter Versöhnungs-
versuch war von Reitz als aussichtslos abgelehnt worden, Die
Sache nahm daher ihrcn-Gang. Borbet, Rheiiiboldt und
Hügcl trafen die Vorbereitnngen zum Zweikampf, dcr »m
7. Oktober, früh 1L8 Uhr ber den Schietzständen der Unter-
offizierschule in Ettlingen stattfand. Reitz schotz zuerst, ohne
zu treffen. Hierauf feuerte Ruff. Reitz erhielt eineü Schutz
in den Unterleib und starb noch am gleichen Tage äbends im
städtischen Krankenhaus Karlsruhe, ivohm er alsbald nach
dcm Dnell verbracht und einer Operation imterzogen worden
war, cm dcn Folgen einer inneren Verblutung, die die lebens-
gefährliche Schnßverletzung hervorgerufen hatte. Bezeichnend
für die Empfindungen und Gefühle, die die Duellgegner vor
dem Zweikcrmpfe beherrschten, ist übrigens die Tatsache, daß
beide je mit ihren Freunden am Abend vor dem Duell das
Kolosseum besuchten und keiner von ihnen seine Angehörigen
aiif die evcntuellen Folgen ihres Vorhabens in irgend ciner
Wcise vorbcreitete oder einen Mschiedsbrief an seinc Eltern
hinterließ. Nachdem Reitz gestorben war, stellte sich Ruff der
Staatsanwaltchaft.

Die Berhandlung, über die wir noch berichten, dauerte bis
spät in die Nacht.

Nach halbsttinditzer Beratung fälltcn kurz nach 11 Uhr die
Geschworenen ihr Urteil dahin: die Schuldfrage bci Rnff auf
Zweikampf mit tötlichem Ansgang zu bejahen, dagegen diejenige
nach hinterlisttgem Ueberfall zu berneinen. Sämtliche bei den
übrigen Angeklagten gestellten Schnldfragen wnrden verneint,
worauf der Gerichtshof den Angeklagten Ruff zu 3sh>
Jahren Festung, abzüglich 2 Monate Untersuchnngshaft
verurteilte. Die Wrigen Angeklagten wurden frcigesprochen.

Aus Stadl und Laud.

Heidelberg, 15. Januar.

-i- Bon der Straßenbahn. Die Führer der Motovlvagen
klagen darüber, datz seit einiger Zeit die cm den Haltestellen
wartenden Personen häufig nicht rechtzeitig und vor allen Din-
gen nicht dentlich genug ein Zeichen geben, dcrmit die Fuyrer
die Absicht der Miffahrt erkennen und den Wagen rechtzeittg
znm Halten bringen können. — Da hierdurch schon des Oef-
tcren Unaimehmlichkeiten entstanden sind, wird an das Pnbli-
knm das Ersuchen gerichtet, die Zeichen zum Anhalten dcntlich
zu geben, da die Jnstrnktton der Wagenführer dahin geht,
nur dann anzuhalten, wenn an Haltestellen Ivartende Personen
durch deutliches Zeichen die Absicht der Miffahrt äutzern.
—Jm Jnteresse eines geregelten Betriebes ist ein Abweichen von
dieser Jnstrnttion rmmöglich, da ein regelmätziges Anhalten
an jeder Haltestelle, bei der grotzen Anzahl der letzteren, die
Fahrzeit in erheblichem Matze verlängern nnd die Stratzen-

bahn alsdann dem Ztveck eines vor allen Dingen zcitspacenden
Berkehrsmittels nicht mehr enffprechen würde.

--- Der Borrragsabend des Bereins gegen Mißbranch
geistiger Gctränke war gestern Abend gut besucht. Der Gar-
tensaal der „Hannonie" war bis auf den letzten Platz besetzt.
Privatdozent und Nervenarzt Dr. Gaupp sprach über „Fu-
gendliche Verbrecher". Nachdem er die Kriminalisttk unserer
Jngend mit statistischen Zahlen grell beleuchtet hatte, erörterte
er die Ursachen des jugendlichen Verbrechertums, tzie Arten
tzer Verbrechen nnd ihre Bestrafung; sodann die Wege'der Ab-
hilfe, die Verhütung der Verbrechcn, die Art der Behandlnng
und Beftrafung dcr iugendlichen Pcrsonen und das Wichttgste,
die Behcmdlung derselben und die Fürsorge für diesc nach FLl-
lung dcs Urteils, die Erzichniig in Anstalten nnd vor allem
die bedingte Verurteilung. Reuestens habe man den Weg der
bedingten Begnadigung eingeschlagen; hier scheine man das
Richtige getroffen zu habcn. Nach diesem hochinteressanten
Vortrage entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Ueber diese
und den Vortrag werden wir morgen Näheres berichten.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden zlwei Arbeiter tvegen
Bettelei. Zur Anzeige kam ein Viehhändler aus Hemsbach
wcgen Tierquälerei. Derselbe hatte in einen Eisenbahnwagen
16 Stück Vieh derart eingepfercht, datz eins auf dem Trcmsport
nach Heidelberg verendete und ein cmderes sofort getötet wer-
dcn mutzte.

Neckargemünd, 16. Jan. (M i lit ä r v er e i n.) Letz-
ten Sonntag fand hier die Generalversammlung des Militär-
vereins Neckargemünd-Kleingemünd statt. Nach einer B-e-
grüßungsansprache durch den 1. Vorstcmd Herrn Kühner
verlas Herr Oppel den Jcchresbericht. Der 1. Rechner Herr
L e i st erstattete Rechnnngsäblage, welche einen günstigen
Kassenbestand ergab. Bei den darauf vorgenommencn Neu-
ivahlen wurde der 1. Vorstand Herr Karl Kühner mit 48
von 51 abgegebenen Sttmmen wiedergewählt, gewitz ein er-
freuliches Zeichen für die Einheit, welche trotz der sonst so zer-
splitterten Verhältnisse in Neckargemünd im Militäwereine
herrscht. ^

Bruchsal, 14. Jannar. (Von der Garnison:)
Die „Kraickig. Ztg." schreibt: Auswärttgen Blättern wird
von hier gemeldet, datz das hiesige Dragonerregiment verlegt
und die schwarzen, zur Zeit in Mülhausen garnisonierenden
Dragoner hierher kommen sollen Demgegenüber -Ivird uns
von zuständiger Seite versichert, daß über eine solche Absicht
nichts bekaimt sei.

Aus Baden. Ein Opfer des Neujahrschietzcns
ist der 16 'Jahre alte Sohn des Bahnarbeiters Peter Fröhlich
in Durmersheim (Amt Rastatt) geworden. Demselben
ging ein Schns; zu früh los niid verlctzte ihn an der,Mken
Hand. Nun ist der junge Mann, vom Wundstarrkrampf befal-
len, vorgestcrn gestorben.


Geschäftlichcs.

Jm Winter, wo die Kosten für die Zimnierheizuiig einen
beträchtlichen Teil der Haushaltnngsrechnung ausmachen, fft
es wohl sür viele unserer Leser crne willkommene Nachricht, datz
die seit Jahren bekcmriten imd für viele Zwecke hergestellten
Steinkohlenbrikets nnnmehr in einem kleinen hcmdlichen Format
fabriziert ivcrden.

Wegen der Billigkeit des Brandes und der grotzen Bequem-
lichkeit wurden seither schon die großen Brikets in vielen Hcms-
haltungen verwendet, wo die Feuertüren genügend grotz waren;
mit dcm neueii, nur halb so grotzen Format werden Steinkoh-
lenbrikets überall verwendbar.

Die Dauerhaftigkeit im Brand wird als autzcrordentlich
grotz geschildert, so datz Oefen, die sonst nicht zn den Daner-
brennern gezählt werden, nunmehr mit einigen Brikets den gan-
zen Tag über in Brand gehaltcn wcrden können.

Wir machen unsere Leser anf die hierauf bezügliche Nach-
richt in nnserer Zeittmg mifmerksam.

Kandet und PerkeSr.

Mannheim. 14. Januar. lA k t i e n.) Oberrh. Bank 91.90 G-
B.. Rbein. Creditbank 138.75 G. —B., Rheinische
Hyvotb-Bank 179 09 G. —.— B, Brauerei Kleinlein, heidel-
berg 173 - G. —B., Schroedl'sche Brauercl-Aktien 186.— G-
—B. Portland-Cement Heidelberg 107.00 B.-G.

Wasserstand«iiachrtch»en
Neckar I Rhein

Heidelberg, 15., 1,80 gef 016m Lauterburg. 14 . 4 41 qef. 0,08r>
Heilbron«. 13 2 46. qest 0,8tm Maxaa 14.. 4 59 qef O.IOw
Mannbeinr 14 4 27 aes 0.26m Mannbeim 14 4 35 aef 0 I5o>

chraf nnd Gräfin Lony iy.

Wien, 13. Jan. Graf Lonyay drnckte sich einern
Journalistcn gegeniibcr wic folgt aus: „Albernheiten,
nichts als Albernheiten. Es ist das dritte Mal, daß
solche Geciichte ohne allen Grund über uns verbreitet
werden. Diesmal werde ich die Queile eruieren, aus
welcher die Nachricht entsprang, und das Blatt, weiches
sie zuerst veröffentlichte, gerichtlich zur Rechenschast
ziehen. Sie verpflichten mich, wenn Sie erklären, daß
zwischen mir und meiner Gemahlin das vollste liebevolle
Einvernehmen herrscht."

Mentone, 13. Jan. Der hiesige Korresponderit
des „Berl. Local-Anz." wurde von derGräfinLonyaY
emhfangcn. Er berichtet: Die Gräfin. kam von ihrer
Fahrt nach Cap Martin zurück und empfing mich auf
der Freitreppe ihrer Vilta. Jch frage nach den uw^
laufenden Gerüchten, daß der Graf ffank sei u. s. w-
Die Antwort ist zuerst eine Flut von Worten der Ent-
rüstung über die Einmischung der Oeffentlichkeit in das
intime Leben des Grafen. Tarauf werde ich in dett
Salon gebeten, wo auch der Graf bald. erscheint ustd
stch ebenfalls erregt an der Unterhaltung beteiligt. Dst
eingeweihte Umgebung der Gräfin versichert, daß trotz
aller Dementis eine Trennung des Paares bevorstehe-

Rom, 13. Januar. Der Korrespondent des
„Giornale" hat aus einem kurzen Gespräch, das er mit
Gräfin Lonyay hatte, den Eindruck gewonneu,
daß zwischen den Eheleuten nicht mehr alles' ganz iw
reinen sei.

Mentone, 14. Jan. (Berl. Lok.-Anz.) Heute Morgest
besuchte ich die Gräfin Stephcmie, welche mir sagte, datz die
an die Oeffentlichkeit gelmigten Mitteilungen über ein angeb-
liches Zerwüffnis mit ihrem Gemahl sie sehr schmerzlich be-
rührt hätten; auch sie bat mich, das Gerücht zu dementiereN'
datz der Graf sich an Spicloperationen in Monte Carlo be-
teiligt habe. Tarüber, ob Zwffttgkeiten zwischen ihr und dew
Grafen Elcmer bestünden, verweigerte sie die Ansttmft, stellte
aber in Abrede, die gerichtliche Trennnng ihrer Ehe gewünM
zu haben. Jetzt kam auch der Graf, der körperlich leidend und
auch seclisch angegriffen ist, in den Salo». Auf meine Frage-
wariim er sich nicht gegen die Gerüchte von einer beborstehendeä
Trennung energisch Ivehre, wenn sie falsch seien, erhielt tz"
eine unbestimntte Antwort. — Graf nnd Gräfin bewIIjnen W
der Villa Kahn getremtte Räiime imd speisen niemats gemciw
schastlich miteinander. ^
 
Annotationen