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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0347

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DonuerstM 19. Februar 1903.

Gestes Bltttt.

45. Jatzrgaug. — .L 42

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommcn. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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an bestimmten Tagen tvicd keine Verantwortlichkeit übernommen. — A n s ch l a g dec Jnserate anf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprechec 82.

Zum WorgeHen des Mischofs V0N Trier.

Ini Hinblick anf daS Vorkoimnnis in Trier sei
darauf anfmerksain gomacht, daß Paragraph 130 a dos
T traf g o s o tz b n ch s laiitot:

„Ein Geistlichor oder anderor Religionslehrer, wolchor
in Ansnbung oüor in Veranlassnng der Ansiibnng seknes
Bernfes öffentlich vor einor Menf-chcmnn'ilgo, oder wel-
cher in einer i r ch e oder an eineni anderen zn religiö-
sen VersammliMgen bestimmten Orte vor Mehreren A n-
8 e l e g e n h e iten des wtaats in einer den ö f -
sentlichen Frieden gefäh rde n d e n Weise
Liim Gegenstaiid einer Verkündignng oder Erörterung
Macht, wird mit Gefängnis oder Festnngshaft bis zu 2
Fahren bestraft. Gleiche Strafe trifft denienigen Geisl-
lichen oder anderen Zleligionsdieiier, welcher iü Ausübnng
oder in Veranlassnng der Ausübnng seines Berufes
Schriftftücke ansgibt oder verbreitet, in welchen Angele-
genheiten bes Staats in einer den öffentlichen Frieden
gefährdeiiden Weise zum Gegenstand einer Verkündigüng
oder Erörternng gemacht sind."

Nach diesem Gesetzesparagraph (üer sog. üanzel-
Paragraph) wären alfo diejenigen Geistlichen, welche die
Absage des Bischofs Kornm verbreitet haben, zu bestrafen.
Aber auch — und das ist Wesentlicher — der Bischof,
der die Bekanntmachung Zur Veröffentlichung aus-
gegeben hat.

An Bemühnngön des Klerus, den Besuch der staat-
lichen, früher städtischen Ilehranstalt in Trier zu hinter-
trerben, hat es, !vie maln der „Strafzb. Post" von dort
schreibt, nicht gefehlt. Jn der Familie, im Beichtstnhl
und anf der Kanzel ivnrde gegen die Schule gearbeitet;
ein jetzt verslorbener Pfarrer nannte die Eltern, die ihre
stinder in diese Schnle schickten, „Seelenmörder". Ob
in einzelnen Fällen die Absolution verweigert wnrde, ist
nicht in die OeffentlickLeit gedrungen. Jedenfalls hatle
der dersteckt geführte Kampf nicht die geivünschte Wir-
kii'ng. Der Besnch der Schule wuchs von Jähr zn Jahr,
da thre Leistnngen, wie von alleii Seiten anerkannt wurve,
uusgezeichnet waren. Zur Zelt beträgt die Schüleriiinen-
zahl fast i>00, daruiiter über 300 Katholikiiiiien; jetzt
wird zum offenen Stnrm geblasen. Während die Regie-
rung geradezu ängstlich bestrebt ist, alles zu vermeiden,
was das Brißfallen des „regierendrn" Zentrums erre-
gen könute, ersolgte hier ohne irgend eineu erkeiinbareii
Anlaß eilne Herausfürderung, die einer K'riegserklnrnng
nahe kommt nnd das Windthorstsche Wort von dem noch
auszufschtenden Kampf um die Schule in die Eriimeriing
ruft. Der Klerus ist in seiner Mehvheit gar nicht be-
sonders kampflustig; das kam anch in der Aorm, in der
die Verlesimg der Aiidrohimg erfolgte, zum Ausdruck.
Einzelne der Pfavrer lasen das Schrlftstück so rafch
lwrimter, daß sein Jnhalt kaum zu verstehen war,^ andere
fügten mildeviide Bemerkttngen hinzn, z. B. dnß es in
Preußen inn die Schnle doch ganz anderS bestellt sei, alS
in Frankreich, !vo maii den Namen Gvtt im Schnlzimmer
kaum noch nennen diirse. Fn viele Familieii ist Zwie-
tracht nnd Unfriede getrageii worden. Die Väter sind in
der Regel dasür, die Kinder in der bewährten Schule zu
lasseu, die Mütter a.ber ivollen iincht zn den gebrand-
Niari'ten „Rabeneltern" gehören. Eine scheinbar berech-
tigte Klage betrifft z. B. die Konfeffion der Lehrkräfte
iin Seminar. Es hat sich so getroffen, daß in den ober-

sten Klassen Deutsch, Geschichte und Literatur fast nur
von evangelischen Lchrern vorgetragen wird. Der Hu-
inor von der Sache ist nnr der, daß die Regiernng weiiiger
Schnld an diesem Verhältiiisse trägl, nls der Klerns, der
die Schule anfeindet. Als kürzstch eilne Oberlehrerin
sür das Seminar zu berufen !var, gab sich die Regiernng
redlich Bcühe, eine geeignete kathokische Kraft zu finden.
Nachdem sie sich bei drei Damen Körbe gcholt hatte,
schickte sie eine evaiigelische Lehrerin hin. Dariiber gro-
ßes Geschrei in der Zentrnmspresse. Seit ihrem Beste-
hen bittet und bettelt die Schule nm einen katholi-
s ch e n Religionslehrer. Sie bekommt keinen.
Sie möchte ja so gevn sich allen Anforderungen der Kirche
fügen, war glücklich, als man ihr ein Paar Bänke in der
Liebfraueiikirche znr Frühmesse überlreß, rmd hält streng
anf deii Besnch des Schnll nnd soniitäglicheii Gottesdien-
stes. Das alles nützt ihr nichts. Jn dec Broschüre nnd
dem Erlaß wird sie als „konfessionslos" stigmatisiert,
während sie streng Paritätisch sein will. Jhre Drrektoren
waren stets Katholiken.

Der öukgarische Mnisterpräftdent nöer
Wazedonien.

Sofi a , 17. Febr. Jn der Sobranje hat sich heute
der bulgarische Ministerpräsideilit in Beantwortung einer
Fnterpellation über die N n f l ö s u n g der m azedo -
n i s ch e n Komitee ' s ansgesprochen. Er erklärte,
er habe Maßregeln ergriffeii, nm die wichtigsten Jnteres-
sen des Staates zu eichalten. Das Fürstentum Bulga-
rien sei kein Herd sür Lie lliirnhen in Mazedoiüeii. Bnl-
gari-en sei -ein kleiner Staal. Die Lösniig der bnlgarischen
Frage hänge nicht von ihm ab. Bnlgarien müsse die
Haltung eiünehmen, durch die es das Recht erlange,
von den Mächlen eine Besseriing der den Frieden be-
drohenden Lage im Nachbarreiche zn fordern. Das Be-
streben Bulgaricns innsse daranf gerichtct sein, daß die
Mächte die Lösimg der inazedoinschen Frage selbst in
die Hand nähinen. Wir haben, führte der Minister
aus, keine Eroberungsabsichteii in Mazedonien nnd
werden glücklich sein, wenn in dieseni Lande die Ordnung
wiederhergestellt wird und weim die Menschenrechte
niisern dortigen vllmdslenteii verbürgt werden. In dem
Angenblicke, da die Mächle an der Einsührniig von Re-
formcii arbeiten, verpflichtet uiis der eleinentarste Poli-
tische Takt, R'nhe zn beivahren. Wir miissen dnrch nn-
sere loyale Hallnng die Blazedonier in der Richtung be-
eiiiflnssen, daß sie nicht von dem Gedanken sich hinreißen
lasseii, Bnlgarien könnte an ihren BeNiegimgeii teiliieh-
meii. Jii dieser Hinsicht werden wir lns zum letzten
Augenblick nnsere Pflicht tnn. Mögen alle diejeiügen,
welche anf die Mazedonier Einflnß ansüben können,
diese dävon überzengen, daß sie unter den gegenwärtigen
llmständen rnhig bleiben müsseii, nm durch rnhiges Ver-
halten den Mächten sowohl als anch der Türkei die
Möglichkeit zn bieten, die geplaiiten Refarmen zn ver-
wirklichen. Die obersten Iiiteressen des bnlgarischen
Volkes erheischen, daß Friede ans der ganzen Liiüe
herrsche.

DeuLsches Reich.

- Die B n d g e t k o m m i s s i o n des Reichs-
tagS lehnte mit 16 gegen 12 Stimmen gemäß dem An-
tcag Rören die im Etat vorgesehene Gehaltserhöhung
der Oberleutnants der Jnfaiiterie ab. Dagegen stimm-
tm das Zentruni, Freisimüge imd isozialdemokrateu.

— Jn der Budgetkommission des Reichstags teilte der
Kriegsmiiüster, dcr „Freis. Ztg." znfolge, mit, daß das
ueiie M i l i t ä r p e n s i o n s g e s e tz noch nicht vorge-
legt werdeii toime, weil es alljährlich eüien M e h r a u s-
w a ii d von 20 Bkillionen Mark uikd, wenn ihm rückwir-
kcnde Krast verlieheir werdcn sollte, von weiteren 23
Millioneii Mark, iiisgesamt also von 43 BZlliouen Mark
erheischen imd für 1908—1910, bei Erschöpfimg des
Reichsmvalidenfoiids, einen Reichszuschuß von 80'—90
Millionen Bkark bedingen wüüde.

— Die küczlich zu Berlin zusainmengetretene Kom-
misjioü zur Vorbereitung der R evrsio n des Straf -
Pro z e s s e s hat imter dem Vorsitz des Reichsgerichts-
rats Kaiismami in lner Sitzimgen eingehend die Män-
derimg und Ergüiizimg der Besümmimgen über den
Gerichtsstand (Strafprozeßordmmg-Paragraphen 7 bis
21), über die Ablehmmg von Gerichtspersonen (straf-
prozeßordmmg Paragraphün 24—^1) und über das
Recht der 'Zeugnisvenveigermig (StraifProJeßordnung
Paragraphen 51, 62, 64, 65) beraten. Von den zahl-
rerch gestellteii Abänderimgsborschlägen führteii zu einer
besonders lebhasteii Verhaiidlnug die Antrnge, den Ge-
richtssland der Ergrekfmig als regelmäßigeii einzistüh-
ren, imd dns Recht der Zeuginisverweigeriing cnst Tat-
sachen, welche dem Zeugen, oder einem irahen Ängehörigen
desselben zur llnehre gereichen, sowie auf die Mitglie'der
einer dentschen gesetzgebenden Versammlnng m Ansehnng
des ihlien in diefer Eigenschaft Anvertranteii auszndch-
nen. Die nächste Sitzung fiiideL am 17. Bkärz statt.

— Anf die Anfrage des Abg. Fimck im Prentzischen
Aügeordiiekeiihause über drn Dtänd Lcr B ö r s e n r e -
f o r m erklärte Minister Bcöller, daß von einer Ein-
bringnng der Börseiireform mit Rücksicht anf die ge-
schäftliche Lage im Reichstag Absta n d geno m ni en
sei. Das hätten auch maßgebende Fachmänner der Bör'se
ihm gegeniiber als richtig zugegeben. Die Revi-
s i o n sei ein Bedürfni s. Es handle sich nur um
die Grenze, imierhalb deren sie sich zn bewegen habe. Die
FragS der StemPelstener sei Sache des Reichstags. Er
körme aber darüber keine Auskunft geben unL nnr anf
die Erkläruiig des Reichsschatzfekretärs hinweisen. Die
Erivägniigen liegen aber nahe, daß im reichsfiskalischeii
Interesse die Stenersätze geändert tverden.

K i e l, 18. Febr. Hente vormittag nahm das
E r b p r i n z e n p a a r von M e ini <nge n die Gliick-
wünsche der Familienmitglieder anläßlich seiner sil -
b e r i! e n Ho ch z e i t entgegen. Prinz Ädalbert er-
schien ebeistalls. Um Mittag begäbeiii stch Prinz nnd
Prinzessin Heinrich mit ihren Gästen an Bord des Li-
lüenschiffes „Kaiser Friedrich 111," znr Frühstiickstafel.

B r e m e n., 18. Febr. Die Kvmmiffiori der Verla-
dumgsarbeiter in B r e m e r h a ven , die 'hente vormit-
tag vor der Direktion Lcs Norddentschcn Lloyd erschien,
erüot sich, dafür eiiiziltretcn, daß die Arbeit sofprt in
vollem llmfang wieder aiifgenomineii werde, wenn der
entlassene Ärbeiter Krimmising bis znr gerichtlichen Ent-

Krnst von Wokzogen-Konzert.

Heidclbc r g , 10. Fcbr.

Jch habc Hcrrn bon Wolzogen ziim crstcn Mal im Wintcr
1800 in Leipzig in dcr lircrarischcn Gcscllschaft gchört. Das
ivar damals jcne kunstfreudige, begelstcrtc Schar, die alles
hcranzog, was zn dcm Neucstcn gchörtc. Dchmel, Lchniylcr,
Beyerlcin, MarrcnS, Harlau, H. v. Wcbcr ivaren persönlich da.
Dr. Hcinc nnd Hans Mcrian führten dic Rcgic -— sie
brachten viel Ncncs, gabcn viel Anregnng nnd vcrschtvanden
wieder, loie sie gckommcn. Dann nach cinigcn Jahren kam
Ernsr von Wolzogcn mlt scincm Ucbcrbrcttl, dcm buntcn Thca-
icr, wiedcr in dic Pleißcstadt und wir habcn ihm zngcjnbclr
nnd Bersall nnd Dank hat cr rn Mengc gccrntct. Dann hicfz cs
aus der Rcirhshanptstadt, datz auch das Ueberbrettl „über" sei
nnd Endc vorigen Jahrcs erschien dcr Dichter-jlompoiiist !v!e-
der, dicsmal mit kleincrcm Gefolge — einc rcinliche Schcidung
hattc sich inz-ivischcn vollzogen. Mittc Januar dicscs JahrcS
hattc ich die frendige Ucberraschung, das Wolzogen-Ensemble
i» scincr jcyigcn Gcstalt in Hallc mizntreffcn. — Uurz da-
ranf sah ich dic Konknrrcnz, das bunte Theater, in Lcipzig.
Dah das zn Bcrglcichc» hcranssordcrt, licgt anf dcr Hand.
Man kann dem bnnten Thcatcr nicht absprcchcn, datz cs vicl,
sehr vicl bictcr, nnd datz das, was es bictct, auch gut geboten
wird. Namciirlich Marccl Salzcr ist ohne Zwcifcl cinc Altral-
tion crsten Rangcs für das Pnblikum, das ihn gonticrcn mag.

Weri Das Wolzogen-Konzert ist doch ein wohltuender Ge-
gcnsatz. Dorr „in vielen Bildern wcnig Klarheit", hier Kunst,
rcine Kunst. Dorl Unrerhaltnng, Amüseinent, Zerstrennng;
hier Anregnng, geistjges Erheben, harmloses Freuen. — Ucber
Herrn von Wolzogcn vicl Ncncs zu sagcn, wärc schwer. Er
ist cin hock bcgaüter Dichtcr, cin gcisivoller Humorist voll sprü-
bendcn Witzcs, ein liebenswürdigcr Komponist uüd ein präch-
üger Mensch. Einfach, gediegen, vornehm. Nichts manierier-
teZ. Er wcitz, wcr er ist, und hat darnm riicht nötig, nach

Esfctt zn haschen, er weih, was cr zu leistcn bcrmag nnd ist
sclbst Kritikcr geinig, nm scin Können richtig zn belvcrtcn —-
cr bcdarf kcincr änhcrcn Ntittcl. Gcrade dicsc Bcschcidcnhcit
nnd Znrückhaltung verleiht seincm Anftreten dic Sicherheit
nnd bnrgt für den Erfolg. Man hat das.Gefühl, dieser' schlichte,
licbenKivürdige Mcnsch will sich ans dcm Alltagslcben hcrans-
rcihcn —- „Philisterparadies" — und dir einige anrcgcndc
Stnndcii ücrcitcn, an die du noch lange mit Freuden dcnken
sollst — das verschafst ihm die Sympathien. — Datz Elsa
Lanra vo n Wolzogen schon als die Fran ihres Man-
ncs Jntcressc erweckt nnd Sympathien hat, ist selbstverständlich.
Um so besser für sie, dah ihr Können ihr auch ohiiedles allein
schon jedcn Erfolg sichern miitz. „Froschprinzehchcn", „das
Laufmädcl" nnd vor allem dic brillanten Volkslicder sind Pro-
bcn, die sie ans ihrem rrichen Repertoire geboten hat. Wer
das Jugendkostüm noch nicht am lebenden Mcuschen gcsehen
hätte, mochte sich ansänglich erst haben daran gewöhnen müs-
sen — wie die jnnge Dame hinter mir die tiefe künstlerische
Bcdentnng dcr Handbcwegnngen Lizzie Sonder-manns »icht be-
grcifen konntc. Wer Sinn hat für das Harmonische, Ver-
ständnis für Linipn und Farben, mntz scine hclle Frende haben
an dkr sinnigen und ansprechendeii Kleidung. Denn der
Anzug gchört znm Mcnschcn, wie das Essen zum Lcben und
nichts ist nnnatürlicher, nichts geschmackloser und siimwidriger,
als eine gcpnderte nnd geschminkte Frau im schwarzseidenen
Kleid nnd den uNvermeidlichen weitzen lGlacshandschuhen. -—-
Elsa Laura hat Geschmack nnd ist eine klnge Frau, die jene
Mittel für stch ln Anspruch nim'mt, die berechtigt und darum
erlaubt sind, Grazie nnd Farbenstimmimg —- imd hierlu müs-
sen wir noch immer von den Japanern lernen. A n n h G r o tz,
das licbe, sühe Banernmadcl ist so recht eine Herzcnsfrende für
jeden, der Sinn hat für Hnmor und die ubtoüchsige Natürlich-
keit eincs gesnndcn Bolkes. Und sie frent sich selber über all'
den Schabernack, -den sie uns bietet — so einfach aber nnd ur-
sprünglichAnny Groh stch^gibt — so hoch steht sie als ansgereifte
Künsilerin. Sie ist am Raimnndtheäter schon crfolgrcich tälig

gelveseu nnd die Kritik hat mit Beisall nnd Löb nie gegeizt.
Jedenfalls hat die liebenswürdige Künstlerin mit den gnten
seelenbollen Angen noeh eine grohe Znknnst. — Lizzie
Sonder m a n n ergänzt die beidcn Damen iu prächtiger
Weise. Sie pflegt das. Dramatische nnd gerade 'die Mim-ik, mit
dec fie ihre Lieder begleitet, zeigt das eingehende Studium
ihrcr Rollc, das liebevollc Sichversenken, das seelische sichver-
tiefen in die gestellte Aufgabe. Es lst cin hoher Genntz, ihr zu
folgen — nur schadc, datz eine leichke Unpählichkeit die hochbe-
gabte Dame an einem nochmaligen Anftreten gehindert hat.
Hrn. Gregor bon Akimoff, dcn Schülcr Joachims, zu loben,
iväre ebenso überflüssig, wie Herrn von Wolzogen. Sein Vio-
linspiel ist meisterhaft bls in die feinstcii Nuaneen, die Bogen-
fnhrnng über jedes Lob erhaben, er hat !n Herrn Kapellmci-
ster Erich Band erncn verständnisvollen feinsinnigcn- Begleiter,
der sehr wohl weitz, daß seine Ausgabe eine der schwierigsten
ist, die einem Künstler gestellt iverden kömien —das ZurinAre-
ten nnd Zurückstehen hinter dem andern, das Sichselbstver-
lengnen nm des andern willen. Gerade die vornehme Deccnz
in dcr Bcglcitnng hat Band als sclbsiständigeii
dcnkcnden Künstler gezeigt — 'dnrch seinc eigencn
Kompositivnen beivährte cr sich als gewandten Kom'
poniste». E m,i l del L e y war mir ncii. Scin Gesang innhte
aber in jeder Weise befrie'digen. Er gab viel EigeneS nnd hat
ln der Selbständigkeit dcr Uuffassnng gezeigl, datz er seirier
Aufgabe gewachscn ist. D!e Dnette, die cr mit Frau bon
Wolzogen als P-artnerin hören lietz, haben das Gesamtbild
seiner Leistungsfähigkeit in günstigster Weise vervollständigt.
Nicht Ivenig znm Gelingen des N'hends trug der ireffliche Ber-
dnr-Flügel bei, dcn die Firma Hochstein znr Berfügnng 'gestellt
hatte. Älles in Allcm: Ein wohlgelnngener, anregcn-der Älbend,
der den liebenswürdigen Künstlern sicherlich bci Allen, die da
warcn, ein freundliches Andenken sichcrn wrrd.

R i ch ard D e g e n.
 
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