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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0613

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Mitaa. 27. März 1903.

GrEes Blatt.

45. Iaüraanfl. — 73

Kine Kundgevung in Uest.

P e st, 22. März. Der „Köln. Ztg." schrcibt mau
von hser : Zm iPester „Ungarischeit Theater" wirh ge-
öenwärtig ein Stück unter dem Titel „G o t t er -
0 a l t e" ausgefiihrt, da.s eigens für den Iweck gefchrie-
^en tst, den Nahmen zu politisck>en Demonstrationen zu
hieten. Es ist betannt, ,das; in iden ungarifckie'n oppo-
fitionellen Ltreisen eine stacke Astneigung gegen die
osterreichische Volkshtinine, HaydnS berühmtes ,Mott
Ahalte" besteht. Ätan hat pon ihr ganz unberechtigter.
^eise die Legende verbreitet, sie sei gespielt worden, alS
oie Opfer des ungarischen Freiheitskampfes hingerichtet
lliurden, und nennt daher daS Lied seither die „Henker-
byinne". Da es vom Militär als Hymne des Kaiser-
uauses bei jeder sestlichen Gelegenheit gespielt zu wer-
?en pflegt, hat es schon wiederholt zu bedauerlichen Zu-
iannnensrötzen Anlatz gegeben, und in der jiingsten Zeit
^Urde von oppositionellen -Hetzern sogar -die Losung auS-
Legeben. die Ätenge solle überall, wo LaS „Gott erhalte"
ßespielt wird, als Antivort sofort das Kvssuthlied an-
PiNnien. Diese Ilbneigung gegen das „Gott erhalte"
uar ein junger Schriststeller, A. YN^rei, zum Gegenstand
dsnes DramaS gemacht. Jm ersten Auszug lerneii wir
^uen jungen ungarischen Honvedossizier und seine Braut
schneii' Fni zweiten Aufzug siihrt der Versasser seine
^elden unmittelbar vor der Hochzeit in ein -Kafseehaus,
s^o eine ungarische Zigeuiierkapelle ungarische Weisen
Pielt. Die Gäste stiminen in Gemeinschaft mit dem Hon-
^dossizier (was in Wirklichkeit kaum möglich wäre)
^u Kvssuthlied an, einige Ossiziere des gemeiiisamen
'peeres aber erheben hiergegen Einspnich und wollen als
autivort das „Gott erhalte" spielen lassen. Es kommt zu
^uein heftigen Wortlvechsel zwischen eiiiem Offizier des
öoineinsamen Heeres und dem Leutnant, aus dem Wort-
wEchsel wird ein Zweikampf uttd bald erscheint der Leut-
^unt mit blutgetränktem Hemd wieder aus der Bühne,
^Ui in den Armen seiner Braut zu stetben. Jm dritten
Zufzug wohnen wic dem Begräbnis bei. Als der Sarg
>us Grab gesenkt wird, gibt die Leichenparade die nbliche
^hrensalve ab, während die Militärmusikkapelle das
"Gott erhalte" anstimmt. Bei den ersten Klängen des
^uhaßten Liedes stürzen sich die Leidtragenden ans die
K'apelle und bringen sie zum Schweigen, der Sarg wird
s'unn unter Alningung deS Kossuthliedes ins Grab ge-
jUssen. Die Aussührung dieses Stückes, die noch während
oer hiesigen Anwesenheit des HoseS erfolgte, hat in Hof-
Und Regierungskreisen aufs peinlichste beriihrt, doch
s^ugte die Regierung aus Furcht vor lsKirlamentsskanda-
Eu nicht, das Stück zu verbieten. Nun kommt es im
"Ugarisck>en Theater jeden Mend zu K'undgebungsn,
^elche Bewunderung für die Lammsgeduld der Pester
^o.lizei envecken niüssen. Im Parkett sitzen einige Ber-
Mtalter der Lkundgebiliigen, die sich von Zeit zu Zeit von
shren Sitzen erheben, nm nach rückivärts gewendet üas
oeickien zu ohrenbetäubenden „Eljen"- und „Abzng"-
fufen zu geben, je nachdem, was auf der Bühne geschieht.
d?enii aus der Bühne das Kossnthlied gesungen wird,
^uunit das ganze Publikum stehend ein, in den Pansen
"^rd das Kossuthlied und die ungarische Hymne gesun-
^u, dazwischen ertönen Rufe: „Nieder mit der Henker-
Uhiniie", „Niedec mit dem gemeinsamen Heer." Den
^ohepunkt erreichen die Kundgebiingen, ivenn das „Gott

erhalte" angesümmt wird. Die Gäste sind zum großen
Teil niit Pfeifen ausgeriistet, mit welchen sie eiiien so
ohrenbetüubenden Lärm schlagen, daß das „Gott er-
halte" ganz übertönt wird, es tst sogar vorgekommen,
daß auf der Bühne schon das Kossuthlied gesungen wurde
und die Pfiffe noch fortdauerten, weil man nicht hörte,
waS aus der Bühne gesckpih. Jm übrigen hauchen nnr
die K'undgebungen dem Stücke etwas Pebensgeist ein.
Das ganze Drama ist ein so elendes Mackjwerk, daß es
bald von der Bühiie Verschwinden wird.

Deutsches Reich.

Baden.

— Die „Karlsruh er Zt g." wendet sich gegen den
Ausspruch Pros. Böhtlingks, wonach das bad. Cchul-
wesen bereits zum größten Teil dem Ultranwntanismus
ausgeliefert sei. Jn Bezug anf die Mitt els ch u l e n
sagt sie dabei:

Nach der nris vorllogerideii statistischeii AusamUienstelluiiig
übevivlegt nach dem, Stand vom 1. DeKember 1902 die Aahl
der nicht kathölischen Schnlvorstände jene der katholisckien.
Anch ist die Zahl der Pvofessoren der anideren Koiisesstonen
grötzer, als die der katholischen-. Richtig ist, aber wohl auch
nicht zu beanstaNden, datz d-ie Gymnasieri zn Freiburg, Rastatt,
Konstanz und Tanberbischofsheim anch. voir Zöglin-ge» der Kon-
vikte besucht ivevden, nnd dah die Leiter d-ieser kirchlichen An-
stalten insvferii zum LehrerkvllegiNin jencr staatlichen Anstalten
gehören, als ihnen ein Teil des RLligionsnnterrichts an diesen
iibertragen wurde. Es geschah dies aus Ertoägnngen pädago-
grscher Art jckweils aus Antrag der bctresseNden GtMwrsimns-
direktoren, insbesondere anch au-f Antvag des evangelischeii Di-
rcklors ln Konstanz.

Die Änstellmig von Äeistlichen, Ivelche von der znstäiid-igen
Kirchenbehörde znr Erteilung des Religionsunterrichts siir be-
fälstgt erklärt wurden, als wissenschaftlick) gebildete L-ehrer an
höheren Lehmnstalten ivird durch die Laiideslhevvliche Verovd-
nnng ivom 23. Mai 1891 ermöglicht, indem für sie eine Prü-
fung vor der staatlichen Prüsnngsbehövde eingevichtet' tvubde,
durch welche sie L-ehrbistähignng in Hebvüisch und in zwei wei-
teven Fächern nach Wahl — unter BefchräNknng anf Dentsch,
Latela, Griechisch, Fra-n'zösisch, Machcmmttk mrd Nlrtnrgeschichte
— erlaiigeii können.

Diese Prii-fung haben bis jetzt 8 evangelische und 6 katho-
lische Geistliche bestaNden, welche dann ihrer Lehrbefähigung
entsprechsnd, itn Schukdienst BerivenduiN fanÄeii. Ber der
Gesamtzähl der mi unseren hüheren Lehranstalten verwe-ndeten
74 Dlvektoren nnd Vovständc, 394 Prosessoren und 13Ü Pra'k-
tikanten dnrste 'diese Verwendniig von Geistlichen im Mittel-
schnldienist kaum ivgendwo ein Pedsnken erregon.

Bezüglich der Volksschulen heißk es u. a.:

Wenn der Herr Professor serne Unfsassnng bezilglich unseres
Volksschnlwesens mit der Behauptung begrüniden will, dle Volks-
schullehr.er tvnrden in geschlossenen Seminarien erzogen, die
kcrthollsche-n von römisch-katholischen Prtestern o'der nltramon-
tanen Lalen, u-nd würden dcmn möglichst in katholischen-Gegen-
den angckstellt, so übersieht er, datz in Baden ein Seminar-
zwang überhaupt nicht besteht, und versOveigt. datz die beiden
katholischen Seminare gegenwärtig von Divektoireii "geleitet
werden, welche nicht Geistliche sind-, sondern vorher jahrelang
als Profefforen an höheren L-ehranstalten gewivkt haben, ohne
datz hierbei ein besoüderer Partei-staitdpnnkt derselben hervor-
getret-en ist.

Datz die katholischen Lehrer hauptsächlich in katholischen
Gegenden Zur Anstellunq -gelantzen, entspricht einsach der Be-
stinunung des Pavagraph 19 des Elementarnnterrichtsgep-Hes,
tvonach bei der Besetzuiig der Lchrstell-en an Volksschulen aus

dns Bekenninis der die «chnle besncheitden Kinder innlichst
Rücksicht genommen werden soll.

— Zu deiil von uus schoii! rrwähiiteu Artikel der
„Karlsr. Ztg." über die politische jöage in Bayern be-
inerkt die „.Koiist. Ztg.":

Wenn man „andertvärt s" üiesem Mingen desL i-
ber-alismns mit dem herischsnchtigeii Zenirnm „shm-
patisch g e ge. ü ü e rst e h t", so sollte man diese Cm-
psiüdnng doch wohl auch bei den iimßgebeuden Personen in Ba-
den voraussetzen ouvfen. Jst dcmi der llltramwiiranismus nicht
übevall der gleiche? Sind seiue Ziele nicht übeva-ll dieselben?
Jst es dein, iricht leichter, dessen Hevrschgelüste aus einer srü-
'heren Eiitwicklungsstufe seiner Macht WruckzüdäMmen, als
wemi Gn erst iwch iveitere Hilfstrnppe» zugeführt werden?
pst denn bei nus uicht das Zcntrum iwch in erheb-lichcr Miiw-
vität? Hat es nicht seiueu Eiuflutz aus andeve Parteigruppen
seit knrzer Zeit völlig eingebützt. Fst nicht ein Widevstand sei-
tens der Regierung gerade jetzt ans taktischen
G r n n d e ii gebotc n? Wir fiuden, datz eiu sorgsameS Er-
wägcn der. „politischen Lage in Bahern" zn einer richtige-ri Be-
antwortüng diesec Fragen dienlich sein kann und ebensv znr
richtchcn! Beleuchtung des ueuesten Schlagivorts von dcm sog.
„paritätischen Regieren", das in hohen Krcisen bei uns eine
BedLNtung e-rla-ngt haüeu soll, welche die „Jniparität" der ka-
chokischen nnd der pröcestautische». Kivrtie teidcr überswht. Der
„Karksr. Ztg." wünscheu wir aber iwrh recht oft zn bcgegnen
im gcmciusameii Kampf istcht nur für die Antoritäl, sondern
auch für die geistige Freiheit. Möchte sie noch ost „ihrem
Leserkreise" solche ivayrhast lehrreichen Ausfichrungen ilber-
miktelnl

— D-er über badische Zentriimsverhätnisse osk gut
iinterrichtete „Obei-schwäbische Anzeiger" weiß zu berich-
ten, önß Geistk. Rat W a ck e r bei den Landtagswahlen
> im Herbst k e i n M a n d a t inehr annehnien werde. >—

! Soll wohl heißen: keiiie K a n'd i d a t n r i denn ein
Mandat kaim Herr Wackec erst amiehmen oder ableh-
nen, wenii er gemählt ist. Damit aber sieht es in seinem
jetzigen Wahlbezirk nicht zn lwst ans niid zu einer

„wa nd e rn den Ka n d id a tn r" wird er, der so

oft über solche bei liberalen Fiihrerii gespottet Hat, sich
kanm entschließeii.

** -Heidelbe r g, 27. Mürz. Dem „P f ä l z e r
B o t e n" hat der j n.n gliberale Anf r u f gegen

die Anfhebnng des Z 2 des Je suite n g e s e tz es nicht

gefallen nnd er macht seinem Unmut darüber mit Aus-
drücken wie Knttensresser, Unehrlichkeit, Heuchelei, alte
Iesuiteiilügeii nsiv. Liift. Nun, es war nicht beabsichtigt,
dem „Pfälzer Botvn" mit dem Aufruf eine Frende zu
bereiten i mag er seinem Mßvergnügen in seiner Sprache
Aiisdriick geben! Wenn er aber seine Freunde auffordert,
ii, den Listen zur Unterzeichiiung der Petition fleißig zn
spionieren, um die Feinde kennen zu lernen, so belritt
er mit dieser verblümteii Anfforderung zum gcschästlichen
Boykott, ein für seine Frennde sehr aefährlick)es Gebiet,
deiin eine solche Heranöforderiing müßte mit Naturnot-
wendigt'eit zu G-egeiiniaßregetn führen, nnd dabet würden
seine Frennde sehr zu kurz kommen. Wer dagu rät,
den politischen Kampf auss persönliche niid- geschäftliche
Gebiet zn übertragen, der übernimmt ein«; sehr schwers
Verantwortung. Man denke sich, daß die Gegner deis
Jesniten, den Rat des „Pfälzer Boten" umkehrend, he-
schtössen, den Geschäftsverkehr mit allen Freunden der-
selben abznbrechen, würde das dem „Pfälzer Boten" recht
sein, hat er etwa hierauf äbgezielt? Doch wohl schwerlich-
Darum möge er doch solche Ratschläge für alle Ziikmift
iiiiterlassen. Ini tlebrigen zweifeln wir nicht daran.

Kleine Zeitung.

k . — Bismarck's Bricfe an seine Frau während des
'Mcges von 1870-—71. Die lange vermißten und ver-
l°ren geglaubten Briefe, ,die Bismarck während des
^Utschlfrlinzösischen Krieges an seine Gatiin schrieb, sind
doch wieder anfqefilnden wvrden. We wir erfah-
^u, befanden sich diese Papiere wvhlgeordnet nnd ver-
Wossen in einer Kassette, in der sie, abgesondert von den
FNgen im Laufe der Jahre von Bismarck gn seine Ge-
^uhtin gerichteteri Briefen, von der Fürstin ansbewahrt
Nrden. Die Kassette blieb nach deui Tode der Aürstin
Npdrösfnet, so^aß die Briefe der vor drei Jahren erschie-
. ^UengroßenSammlung nicht beigefügt werdenkonnten. Es
zwischen 70 nnd 80 größere und kleinero Schreiben
Nd Telegramme sein, die sich vom Ausmarsch (Mainz,

- Augusl 1870) über die ganze Dauer des Krieges bis
M Rückreise (Versailles, ». März 1871) erstrecken. Die
^^se, in denen Vismarck all' seinen wechselnden Stim-
Wmgen Ansdruck gegeben hat, enthalten wenig hohe
Pnlitif. dürsten aber 'durch den- nngeschminkten, offenen
. Nsdruck jener Stimmnngen und die bald- mit gutmüti-
^ck>erz, bald mit grimmiger Jronie geäußerten Ur-
-.übcr Menschen imd Dinge nm ihn her eine hochin-
i^lsante Lektüre bilden. Cine Answahl der Briefe wird
z.P KiiLichst in mehreren Nnmmern der Gartenlanbe ver-
.lwiitlicht, später soll die ganze Sammlniig in Buch-
iin Cotta'schen Verlag erscheinen.
skb'iF^ Znm Prvzess gegcn das Blumenniedinm Rothe
L Boerte in der Mittwochssitzung Zengin Blöbmel eine
chr abgehaltene Sitznng, ebenso Glasgraveur M a y

aus Weißwasser in der Lausitz, Vorsteher des dortigen
spiritissts-chen Vereins, eine sitzung in diesem Verein-
U. a. ist dort ein Büchelchen apportiert worden, von- dem
durch -den Firmenstempel festgestellt wurde, datz es im
Verlage von Ernst Weigel in Chemnitz erschienen war,
in dem die Tochter der Angeklagten beschäftigt war.
Kauftnann Röhrig, Jnhaber der Firma Weigel in Chem-
nitz, bestätigt, daß das fragliche Bnch aus seinem Ge-
schäft herrühre. In diesem sei di-o Tochter der Frau
Rothe tätig. Er habe iiiehrfach einen Äbgang an
kleinen Bijouterie n nnd s olche n kleine n
Büchern ivahrgeiwmmen, ohne daß die Bü-cher Aus-
knnft darnber gaben. Erst d'urch einen Bries aus Weiß-
wasser sei ihm ein Fingerzeig gekommen; er habe das
Fräulein Rothe dnnach gefragt nnd diese häbe ihm gesagt,
daß ihre Mntter mit Geistern in Verbindung stehe und
sich wahrsck)einlich mit dem Geiste der verstorbenen Be-
sitzerin des Geschästes in Verbindung gebracht haben
werde. Eine herrliche Geisterhypothese znr Be-rdeckung
kleiner Diebstähle.

— Die Entführungsgeschichte der Elsc Kasseft des von

Zigerinern geraubten Kindes, hat eine überraschende Wen-
dnng geiwminen. Während- eines Verhörs vor dem er-
sten Staatsanwalt in Hannover sind erhebliche Aweifel
aiifgetreten, ob das dem Ltzorbflechter Visioreck, einem
Zigeunec, abgeiwmnlene Kind mit der verschwundenen
Else Kassel identisch ist. Msioreck ist deshalb ans der
Haft entlassen imd ihm das Kind ziir Perfilgung gestellt
worden. Er hat es einstweilen bei den Eheleuten Kassel
belassen. Dü"se halten daran fest, -d-aß das gefiindene
Kind ihr eigenes sei, umsomehr, als das Kind sich immer
mehr an Eindrücke erirmert, die es nnr hi-er in frühecer

Zeit erhalten haben kann. Die torperliche Untersuchung
des Kindes hat die Zweisel an der Identitäl er'hebiich
verstärkt. Itach Angabe der Ehefrau Kassel ist ihre Toch-
ter geinipft, bei idem aufgefundenen Kinde haben sich äber
t'einerlei Impsmale feststellen lassen. Auch häben Zeu-
gen bet'undet, daß das aufgefun-dene Kinb schon vor dem
Verschwinden von Else Ll'assel bei dem Msioreck gewesen
sei. Man ist hier auf den Ausgang her Sache sehr ge-
spanrit, vor dem Kassetsckzeii Hanse in Haimover sanüen
so große Aiisammlniigen slatt, daß daS Haus abgesperrt
iverden rmißte.

— Ein Riese hat sich der aisthropologischen Gesellschaft
in Berlin vorgesteltt. Es ist ein setzt 22 Jahre alter,
aus Witebsk stamniender Herr namens Martelvt, der
nicht weniger als 239 Zentimeter hoch ist, somit zn den
größten bisher betaiinteii Leuten zählt. tleberst-offen
wnrde er, soweit bekannt ist, an Körpergröße nnr von
dem aus Salzburg stamm-eitden Riesen Henoch (250 Zen-
ttmeter), der R-sesm Marianna Wede (256 Zentimeter)
nnd- einem in der französischen Literatur angeführten
Mann, der sogar 289 Zentimeter groß gewesen s-ein soll.
Martelot entstammt nach einem Bericht der „Nordd.
Allg. Ztg." einer Familie, deren andere Mitglieder iwr-
mai sin'd, und war auch bis zn seinem 4. Lebensjahr
ganz iiormal; mit 15 Jahren hatte er die Größe von 157
Zentimeter erreicht. Während seinetz schnelleii Wachs-
tnms hat er sehr viel geschlasen, vft 24 Sstinden hiiiler
einan-der; auffalleiiderweise war sein Appetit ein gerin-
ger. Er befindet sich in Berlin wegen eines FußleidenSÜn
ärztlicher Behandliing imd gedenkt sich demnächst zu ver-
heiraten.
 
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