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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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Samstaa 2 Mai M3.

Crstes BlerLt.

45. AhraWa. -- W2.

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Der verflossene Reichstaq.

Mit dom Schluß der Reichstagsberatungen am Don-
nsrstag hat nicht nur eine Session, sondern eine ganze
G e i^tz g e b u n g s P e r i o d e ihren Abschluß gesunden.
^zm Kayre 1898 gewählt, hat der Reichstag nicht wie
sonst ^ahr^für Jahr neue <Ässionen abgehalten, sondern
er hat die Sessionen von einem Jahr ins andere herüber-
gezogen, um wichtige Gesetzie, deren Beratung begon-
.nen war, nicht unter den Tisch sallen zu lassen. So hat er
formell im Ganzen nur zwei Sessioucn gehabt. Die eine
dauerte von 1898 bis 1900, die andere von 1900 bis
1903.

Ein starker Reichstag ist der verflossene sicher nicht ge-
wesen: ein Parlament, das an chronischer Beschlußuufähig-
keit leidet, ist ein Schwächling; aber er hat mit Ach und
Knach. doch seine Geschäfte erledigt und mancherlei gesetz-
geberische Früchte unter Dach und Fach gebracht.

Aus dem Gebiete der Stärkung der Wehrfähigkeit
Deutschlands hat er sich durch die Annahme des Friedens-
Präsenzgesetzes und der Flottengesetze verdient gemacht.
Besonders reichhaltig ist die Arbeit des jetzigen Reichs-
tages auf sozialpolitischem Wege gewesen. Sämtliche
Arbeiterversicherungsgesetze wurden einer Revision unter-
Vgen, die bei der Unsall- sowie der Jnvalidirntsver-
sicherung recht gründlich ausgefallen ist. Lang ist die
Reihe der fertiggestellten Arbeiterschutzgesetze. Auch im
Ausbau des mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche begonne-
nen neuen bürgerlichen Rechts ist der Reichstag durch die
Jertigsteüung des Hypothekenbankgesetzes und des Ge-
setzes über die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuld-
verschreibungen tätig gewesen. Jn der Steuerpolitik hat
der Reichstag einschneidende Arbeit nicht geleistet. immer-
hin war ihm vorbehaltsn, eine ganze Anzahl darauf be-
züglicher Gesetze zu Stande zu briugen. Jn diese Kate-
gorie sind zu rechnen die Novelle zum Branntwein- und
Zuckersteuergesetz und das Gesetz über die Erhöhung der
Reichsstempelabgaben. Auch zwei neue, allerdings be-
scheidene Steuern hat der Reichstag geschaffen, den Schiffs-
israchturkundenstempel und die Schaumweinsteuer. Ein
Desonderes Nerdieust hat sich der Reichstag in der Wirt-
schaftspolitik durch die Fertigstellung des neuen Z o l l-
tarifgesetzes als Basis zur Fertigstellung neuer
Handelsverträge erworben. Von sonstigen wirtschafts-
politischen Gesetzen wäre noch die Novelle zum Bankgesetz
zu erwähnen. Jn der Handelspolitik hätte der Reichstag
sich durch Erneuerung dss Abkommens mit Großbritan-
nien und durch Schaffung minder wesentlicher Verträge
zu bewähren. Daneben ist auch manches Versäumuis an-
zuführen, wozu namentlich die Zurückstellung der Ent-
scheidung über die ostafrikanische Zentralbahn zu rechnen
wäre.

Der neue Reichstag wird die äußerst wichtige Angele-
genheit der zu erwartenden neuen Handelsver-
träge zu erledigen haben. An den Wählern ist es.
einen Reichstag aufzustellen, der in diesem, das LebenS-
interesse Deutschlands berührenden Punkt nicht versagt.

Ein agrarischer Vorstoß im preußischen
Herrenljaus. !

Jm Reichstag haben die Konservativen vergeblich
bei der Regierung wcgen der H a n d e I s v e r t r ä g e
auf den Busch geklopft. Sie ließ sich nicht herauslocken
und blieb stumm. So nahmen sie gestern einen neuen
Anlauf und stellten im Herrenhaus direkt das Verlangeu,
die Regierung solle die Handelsverträge kündigen. Ter
Hintergedanke dabei ist der, daß sie, wenu die alten Ver-
träge abgelaufen sind, neue nicht bewilligen, sodaß dann
der erhöhte Generaltarif maßgebend wäre. Die Regie-
rung wird natürlich die alten Verträge nicht kündigen,
ehe die neuen nicht unter Dach und Fach sind. Man gießt
schmutziges Wasser nicht aus, ehe man für reines gesorgt
hat. Den Verlauf der Jnterpellation erWt der Leser
aus dem folgenden Bericht. Es war eine Hochzeit ohus
Bräutigam, das heißt die Regieruugsvertreter hatten den
Saal verlassen.

Graf Mirbach begründet seinen Antrag, indem er zu-
nächst den Gedanken zurückweist, daß der Antrag einen Ein-
griff in die Kronrechte enthalte. Es handle sich hier um eine
Rechtssache und das Haus sei berechtigt, in solchen Sachen eine
Einwirkung auf die Regierung zu versuchen. Die Antragstel-
ler wollten auch nicht der Regierung in den Rücken fallen, son-
dern sie vielmehr stärken. Es läge ihnen fern, den Reichskanz-
ler für alles verantwortlich zu machen, was in der ketzten Zeit
geschehen sei. Der Reichskanzler habe ja nur eine recht man-
gelhafte Erbschaft angetreten, wie man sie im gewöhnlicheri
Leben nur cum beneficio invetarü anzutrctcn Pflege. Die
Getreidepreise seicn noch immer so niedrig, daß sie auf die
Dauer für die Landwirtschaft verhängnisvoll werden müßten.
Wenn der Regierung also wirklich das Wohl der Landwirt-
schaft am Herzen läge, so könnte sie nichts eiligeres zu tun
haben, als die Handelsverträge zu kündigen. (Zustimmung
rcchts.) Er sci ein Freund von langfristigen Tarifverträgen
— nicht von Meistbegünstigungsverträgen, — aber nur von
solchen, die die Jnteressen aller Erwerbsstände gleichmätzig
berücksichtigten. Der Reichskanzler habe jetzt die gewünschte
bessere Waffe für. bessere Handelsverträge, möge er von die-
ser Waffe nun auch Gebrauch machen. (Sehr gut rechts.)
Auch aus polizeipolitischem Gebiet gelte das Wort: si vis
pacem, para bellmn. Zollkriege seien ja nicht erwünscht, aber
wir brauchten sie auch nicht zu fürchten. (Lebhafter Beifall
rechts.) . »

Freiherr v. Lucius rät davon ab, cinen Antrag anzu-
nchmcn, der nach den bestimmten Erklärungen dcs Minister-
präsidentcn doch nur ein Schlag ins Wasser wäre. Er gebe
zu, daß dic Kompetenz dcs Hauses in solchcn Fragen begrün-
det sei und es wäre z. B. angebracht, gegen gewisse Bestim-
mungen des Zolltarifgesetzes, welche die Einzelstaaten belasten,
Verwahrung einzulegen. Aus Opportunttätsgründen werde
er gegen diesen Antrag stimmen, weil er es nicht für richtig
halte, die Regierung im jetzigen Augcnblick zu drängen.

Oberbergrat Bachler ist ebenfalls gcgen öen Antrag n.
weist namentlich auf die Gefahr von Zollkriegen hin, die dnrch
die sofortige Kündigung heraufbeschworen werden könnten.
Der Antrag werde für die Wahlen schlecht wirken.

Freiherr v. Manteuffel: Es wird so viel gelogen, daß
unser Antrag dabci nicht in die Wagschale fallen kann. Aus
dcr Bekämpsung des Antrags werden lediglich die radikalen
Elemente des Bundes der Landwirte Nutzen ziehen. (Sehr
richtig! rechts.) Gegenüber dem Auslande werde der Antrag
durchaus nicht schädlich wirken, denn das Ausland sei ja voll-
ständig instruiert. Es wisse wohl, daß bei uns der Wind bald
so, bald so wehe. Der Antrag werde die Position der Regie-
rung stärken auch gegen ihren Willen. Die Einbringung des

Antrags wäre nötig gewesen bei der Art und Weise, wie die
Regierung die letzten Reichstagsinterpellationen behandelt
habe. Hätte die Sozialdcmokratie diese Jnterpellationen ein-
gcbracht, so würde die Regierung sie sicher beantwortet haben.
Wie agrarisch habe nicht Graf Bülow ebenso wie Fürst Hohen-
lohe am Anfang seiner Amtsführung gcsprochen. Beide aber
seien dann immer mehr abgeflaut. Den Rutzen bon diesem
Stiinmungswechsel könne lediglich die Sozialdemokratic ha-
bcn. Eine Rehrheit für Handelsverträge, die die Jnteressen
der Landwirtschast schädigen, werde nicht zu erreichen sein.
Das müßte der Regierung nochmals klargemacht werden.
(Lebhafter Beisall rechts.)

Oberbürgermeister Becker - Köln wundert sich über die
überstürzte Einbringung. Man solle doch niemand stützen,
der nicht gestützt Wsrden wolle. Durch die voreilige Kündigung
Ler Verträge könne im Ansland nur der Eindruck erweckt wer-
den, daß wir es eilig hätten. (Beifall links.)

Graf zu Eulenburg - Trassen: Der Antrag mußte so
eilig eingebracht werdsn, weil wir vor dein Sessionsschluß ste-
hen. Die Handelsverträge müssen gekündigt werden. Wir
müffen einmal sehen, ob das deutsche Reich in der Welt wirklich
etwas gilt oder ob wir nichts weiter sind, als die Handlanger
des Auslandes. (Beifall rechts.)

Oberbürgermeister Bender - Breslau tritt den übertrie-
benen Darstellungen über die Not der Landwirtschaft entgegen.
Es sei positiv nicht wahr, datz es den Landwirten jetzt am
schlechtesten gehe. (Widerspruch rechts.)

Graf Mirbach: Demgegenüber weise ich nur auf die Re-
sultate hin, die die landwirtschaftlichen Unternehmungen der
Städte Berlin und Breslau erzielt haben. Diese Resultate be-
weisen am besten, daß die Not der Landwirte in der Tat be-
stehe. (Heiterkeit rechts.)

Darauf wird der Antrag gegen die Stimmen dcr Lin-
ken und des Oberbürgermetsters von Bötticher angenommen.

Deutsches Reich.

— Jn der Sitzung vom 27. April hat der deutsche
Reichstag das neue Phosphorgesetz ohne De-
batte angenommen; damit betritt Deutschland eine Bahn,
anf welcher andere Länder bereits seit längerer Zeit mit
Erfolg vorangegangen sind. Der Kampf gegen die Phos-
'phorvergiftung weist in den meisten enropäischen Staa-
ten zwei deutlich von emander , geschiedene Phasen auf.
Nachdem man eingesehen hatte/datz die Erwartung, der
nicht giftige Phosphor werde den weißen aus der Zünd-
holzfabrikation vcrdrängen, sich nicht ersüllte u. die Phos-
phorsterblichkeit sich unter den Heimarbeitern der Zünd-
Warenindustrie immer mehr ausbreitete, ergriff man in
den beteiligten Ländern eine Reihe von Maßregeln zum
Schutz von Gesundheit und Leben der Arbeiter. Diese
Maßregeln verfolgten die Absicht durch das Verbot der Be-
schäftigung von Jugendlichen durch Nerkürzung der Ar-
beitszeit der Frauen durch Anordnungen der Werkstätten-
Hygiene usw. die Phosphorsterblichkeit nach Möglichkeit
einzuschränken. Man sah nber bald ein, daß dcrlei Maß-
nahmen die Erkrcmknngen nnr um cin geringes vermin-
dern und deshalb wurde es zu einer Fordernng der So-
zialpolitik, die Benutzung des weißen Phosphors zur
Streichhölzerfabrikation gänzlich zu verbicten. Dis
Erfahrungen, die man in Frankreich, in Dänemark, in
der Schweiz, in Rumänien mit dem Verbot des weißen
Phosphors gemacht hat, sprechen dafür, dah dasselbe
nicht nur seinen hygienischen Zweck erreicht, sondern sich

Kaffern auf der Vrautschau.

Bei uns in Deutschland und in anderen Ländern, die die
Segnungen der modernen Zivilisation in reichlicherem Maße
geüossen haben, gilt es im allgemeinen nicht für schön und an-
gemessen, daß ein Mann sich seine Frau „kauft", weder direkt
noch indirekt, eher ist das umgekehrte der Fall, nämlich daß
ein Mädchen oder thre Eltern es sich etwas kosten lassen,
einen Freier „einzufangen." Diese Auffassung wird aber
durchaus nicht von allen Volksstämmen und Rassen auf
der Erde geteilt, ganz im Gegenteil, ein Kaffernmädchen zum
Beispiel würde sich höchst beleidigt und entehrt fühlen, wenn
man ihr den Vorschlag machte, einen Mann zu heiraten, ohne
öaß ihre Eltern etwas dafür bekommen, oder gar, daß ihpe
^ltern ihr noch eine Mitgift zur Bezahlung etwaiger Schul-
öen ihrxZ Mannes schaffen sollen. Eine Zulujungfrau ist sich
shres Werkes bewutzt, und sie sagt sich, d«ß es ein Verlust sür
rhre Cltern ist, wenn sie von ihnen geht. Will also ein Mann,
öaß sie ihm folgen soll, so muß er ihren Eltern eine ent-
sprechende Kompensation für den Verlust, den sie erleiden,
zukommen laffen.

Von diesem Prinzip gibt es keine Ausnahme, und wenn ein
Jüngnng vom Stamme Hams sieht, daß seine Altersgenoffen
heiraten und glaubt, daß er auch für Hymens Feffeln reif ist,
so spricht er nicht mit „ihren" Eltern, sondern zunächst mit
seinem eigenen Vater. Dieser überlegt sich die Sache, und
nimmt sie zustimmendenfalls in seine eigene zahlungsfähige
Hand. Er muß auch für seinen Sohn als Brautwerber auf-
treten, oder viekmehr die brautwerbende Deputation abschickcn.
Erachtet der alte Zulu die Wahl seines Sohnes für angemes-
sen, so bittct er drei wohlbekannte und angesehene Männer
seiner Verwandtschaft, zu dem Vater der Auserwählten zu
gehen, und mit diesem die Sache zu besprechen.

Zunächft fpielt sich nun zwischen den Parteien regelmäßig
^ine kleine Komödie ab, denn der Vater des betreffenden Mäd-

chens gibt stets eine sehr ungnädige Antwort. Er erwidert
ihnen, daß erstens seine Tochter noch nicht alt genug zum Hei-
raten sei, und daß er sie zweitens nicht solchen Leuten geben
werde, wie sie und ihr Auftraggeber. Das wäre bei uns in
Europa beleidigend und abschreckend, aber die drei weisen
Leute wiffen sehr wohl, daß es nur Komödie ist, um eine mög-
lichst hohe Abfindungssumme herauszuschlagen. Nachdem der
Alte ihnen nochmals gesagt, daß ihm gar nichts an der Sache
liegt, und daß sie sich lieber davon machen sollten, um nie
wiederzukehren, ziehen sich die drei Gesandten zurück. Unmit-
telbar darauf zieht der Vater des Mädchens die genauesten
Erkundigungen über die Vermögensverhältniffe des Antrag-
stellers ein, besonders sucht er zu erfahren, wieviel Vieh der-
selbe sein eigen nennt. Einige Tage später kommen die drei
Unterhändler wieder, stellen dieselbe Frage und erhalten Nie-
selbe Antwort, verbnnden mit dem Ausdruck der Verwunde-
rung, daß sie so unverschämt seien, überhaupt nochmals in
derselben Sache zu erscheinen. Jn der nun folgenden Unter-
redung versuchen sie, den alten Brummbär zu beruhigen, was
auch stets sehr bald gelingt. Die Tochter wird dann ins Zim-
mer gerufen und gefragt, ob sie die drei Männer kenne. Sie
antwortet mit Ja und verschwindet wieder sehr rasch.

Darauf nennt der Vater seinen Preis, gewöhnlich zehn
Stück Vieh. Die werbende Partei ist aber gehalten, eins mehr
zu bringcn, und zwar für die Mutter der Braut, als Dank
dafür, daß letztere so gut erzogen ist. Jst die Familie des
jungen Mannes wohlhabcnd, so wird oft auch mehr verlangt
— etwa eine Jacke, einige Stücke Leinwand, oder dergleichen.
Erst nachdem alle diese kleinen Sachen, bei denen das Prinzip
desPränummerando-zahlens gilt, erledigt sind, wird der Hoch-
zeitstag festgesetzt und die Braut auf die kommenden Ereig-
nisse vorbereitet. Am Tage der Hochzeit selbst herrscht die
größte Aufregung im ganzen Dorfe. Besondere Einladungen
werden nicht ausgeschickt, aber jeder betrachtet sich als gern
gesehener Gast, und der Bräutigam, resp. sein Vater, muß
sich darauf vorbereiten, eine gcwaltige Anzahl von Menschen,

oft mehrere tauscnd, zu füttern. Die Zahl der Gäste richtet
sich nach seiner Popularität.

Für die Bewirtung werden die umfassendsten Vorbereitun-
gen getroffen. Mehrere Ochsen werden geschlachtet, Früchte in
gewaltigen Mengen aufgespeichert. Vom frühen Morgen
an strömen die Gäste herbei, und die Freundinnen der Braut
werden besonders ausgesucht, in dcn Stall geführt und er-
sucht, ihre Meinung über den Ochsen auszudrücken, der für
sie geschlachtet und zubercitet werden soll. Gefällt er ihnen
nicht, so sagen sie das ganz ungeniert und suchen sich einen
andern aus, der geschlachtet wird, und dessen Vrust — aller-
dings ohne Meerettich — dcn bevorzugten Damen vorgesetzt
wird. Die übrigen Gäste müssen sich mit dem begnügcn, was
ihnen gegeben wird, allerdings ist es immer sehr reichlich, aber
die Etikette der Zulus macht da auch noch besondere Vorschrif-
ten, die strengstens befolgt wcrden müsien. Die unverheirate-
ten Damen z. B. effen nur Brust, den Männern gehört der
Hals und Kopf, den Frauen die am entgegengeschten Ende be-
findlichen Körperteilc, während Herg und Lunge den Jungen
anheimfällt, die ihr Teil wegnehmen, und aus offenem Felde
über dem Feuer röstcn.

Darauf setzen sich die Gäste in Gruppen zusammen und
effen und trinken nach Herzenslust. Jst das Mahl beendet,
so versammelt sich alles wieder und bildet einen großen Kreis»
in desscn Mitte der Brautvater tritt, nachdem zuvor einige
geschickte Mitglieder der Gesellschaft ihre Freunde mit Tänzen
und andercn kurzweiligcn Vorträgen amüsiert haben. Der
Brautvater stellt sodann seine Tochter dem Vater des Bräu-
tigams vor, preist ihre Vorzüge und Tugenden, ihre Gesund-
heit und gute Erziehung, sowie bescheidenerweise auch die Tu-
genden ihrer Eltern, bis er schließlich aller Rechte auf sie ent-
sagt und den Bräutigam aufsordert, sie zu behüten und für
sie zu sorgen.

14 Seiten.

Die heutige Vtummer umfaßt drei Blätter, zusammeu
 
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