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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0719

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Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Famllienblättern monatlich 60 Pfg. in'S Haus gebracht, bei ber Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Dmch

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an beftimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Tes Osterfcstes wcgcn crscheint dic nächste Nnmmer
Dicnstag.

Die Sozialdemokratie in der Praxis.

Jn der „Deutschen Krankentcisscn-Zeituug" stellt der
^erband der Verwaltungsbeamten der Krankenkassen und
^ernfsgenossenschaften Deutschlands, Bezirksgrnppe Ber-
Ün-Brandenburg, fest, daß trotz der Ableugnung der
!ozialistischen Presfe die s o z i a I d e m o k r a t i s ch e
Dtehrheil der Innungskasse der TischIer in
finer vertraulichen Besprechung beschlossen habe, bei der
infolge Kündigung sämtlicher Beamten durch den Vor-
ltand notwendig tverdenden Neuwahl in der nächsten Ge-
tteralversammlung achtBeamtenicht wieder zu
tvählen. Der Vorstand erklärte auf Anfrage, daß
^om Kassenstandpunkte aus Entlassungsgründe nicht
tlorliegen, daß vielmehr sämtliche Beamte ihre Pflicht
Und Schuldigkeit im vollem Maße tnn. Der Vorsitzende
^rklärte, er sei selbst mit den Beschlüssen der Vorbe-
lprechung nicht „ganz" einverstanden. Die Delegierten
!oien aber der Ansicht, daß die Beainten entlassen werden
^nüssen, weil einige keine gelernten Tischler seien, einer
die „M orge.nPo st" lese (!), kurz, weil das ganze Ver-
halten der Beamten anßerhalb der Kasse dem
^eschmack der Delegierten nicht entspreche. Die Dele-
giertenversammlung stellte sich auf den Standpunkt,
^aß sie entlassen könne, wen sie woIle. Wenn die
^elegiertenversammlung nur Leute entlassen solle, die
ihre Pflicht in der Kasse uicht täten, so würden sie für
!olche „Selbstverwaltung" danken.

Es wurden dann auch in der Tat in der Generalver-
l'amnilung sechs Beamte, darunter auch ein Mtglied des
^öolzarbeilerverbandes, der für seine Kollegen einge-
ireten war, nicht wiedergewählt. Der Verband der Kas-
ienbeamten stellt fest, daß in der Kasse, in der die organi-
sierten Arbeiter die Mehrheit haben, sie diese Mehrheit
dazu benutzen, ihnen mißliebige Leute zu maß-
^egeln. Es sei dies ein Mißbrauch des Selbstverwal-
iungsrechts, dem nicht scharf genug entgegengetreten wer-
^en könne. Derartige Beschlüsse seien dazu angetan,
das Ansehen der organisierten Arbeiterschaft zu schädigen
fvld dem Gegner willkommenes Material zur weiteren Be-
ichränkung der Selbstverwaltung in den Krankenkassen

dis Hände zu spielen.

Tie „Deutsche Krankenkassen-Zeitung" erklärt den hier
pon der Organisation der Kassenbeamten dargelegten Tat-
vestand für den s k a n d a I ö s e st e n Vorgang, den
die Vierliner Kassenbewegung der letzten Jahve übvr-
haicht auizuweisen habe, und erachtet es überhaupt für
^inen Unfug, daß bei einzelnen Kassen noch immer die
f8ostiinmung besteht, daß die Generalversammlung all-
fahrlich die Beamten neu wählt. Das möge bei Gewerk-
schaftsbeamten feine imiere Bepechtigung haben, bei Kas-
leiibeanilen entschieden nicht. Unzweifelhaft würden auch
die Berliner Kassen deutlich bekunden, daß sie mit einer
Kasse keinc Gemeinschaft halten, deren Beschlüsse allen
^rundsätzen der Gerechtigkeit Hohn sprechen.

schlacken bezeugen. Die Nachgrabungen in den vorrömi-
schen und römischen Futtdstellen werden auf Kosten der
Pollichia nach Ostern fortgesetzt.

— Für dcn Wettstrcit dcntschcr Mäniicrgcsangpereine
läßt die Stadt Franksurt eine Festhalle von kolossalen Di-
mensionen und mit hervorragender architLktonischer Aus-
schmückung herstellen. Die Kosten für Errichtung der
Halle betragen über 300 000 Nach Aöhaltung des
Sängerfestes wird die Festhalle dem Verband deutscher
Fahrrad und Motorfahrzeughändler zur Abhaltung der
7. großen allgemeinen Automobil-Ausstellung vom 18.
bis 28. Juni zur Verfügung gestellt.

— Wozu dic Röntgcnstrahlen gut sind. Man hat die
Röntgenstrahlen schon zu allen möglichen Dingen ver-
wendet, aber in der Regel dienten sie doch zu medizinischen
Operationen. Jetzt wollen die j a p a n i s ch e n B e h ö r-
den zu ihnen Zuflucht nehmen, um die geschickten Diebe
zu entdeckem die aus der Münzwerkstatt in Tokio Gold-
und Silberstücke stehlen. Trotz der sorgfältigsten Unter-
suchungen der Jnfpektoren, die die Arbeiter beiin Ver-
lassen der Werkstätten aufs genaueste visitieren, verschwan-
den doch Zahr für J'ahr Gold- und Silberstücke, ohne daß
es möglich gewesen wäre, die Diebe zu überführen. Die
Arbeiter erfinden die großartigsten Tricks, um den Nach-
forschungen der Znspektoren zu entgehen. Das Mittel,
das bis jetzt am häufigsten angewandt wurde, war sehr
einfach: der Dieb verschluckte das Gold, das er mitnehmen
wollte, und wenn er dann nach Hause zurückgekehrt war,
«ahm er ein Brechmittel, und gelangte so wieder in den

Die heirti'ge Nummer umfaßt vier Blätter, zusammen 16^Seiten.

Osterlied fiir dieMleinen.

Osterhäschen frisch und munter,
Hüpfet froh im Sonnenschein,

Denn die eis'ge Winterdecke
Klotz hinweg von Flur und Hain.

Rings im Aether blau und lustig
Tummelt sich der Mücklein Schwarm,
Und die liebe alte Sonne
Scheinet wieder hell und warm.

Freudig nach des Winters Schauern
Spielt die liebe Kinderschaar
Mit dem Reifcn, mit dcm Kreisel,
Stets dasselbe, Jahr für Jahr.

Und die Mutter eilt geschäftig,
Heimlich in des Gartens Raum
Ostereier zu verstecken,

Zwischen Beete, Steg und Bamn.

Osterhäschen hat die Eier
Für die Kindlein hingelegt,

Jubelnd finden sie die Kleinen,

Singen, springen, frohbewegt.

Ostern, Ostern, Himmelswonne
Strömt durchs kindliche Gemüt,

Wenn im frommen Kindcrglauben
Sütze Freude ihm erblüht!

Kleine Aeitung.

- - Einc Mondfinstcrnis sindet, wie schon kurz gemel-

in der Nacht von 11. znm 12. April, also rn der

kommenden Nacht, statt. Sie ist in ganz Europa, ferner
im größten Teile Asiens, in Afrika, im Jndischen Ozean
und in Amerika sichtbar. Für den Anblick mit bloßem
Auge tritt der Schatten der Erde auf die Mondscheibe
am südöstlichen Rande der letzteren ein, und zwar abends
11 llhr 31,-1 Minuten MEZ. Die Mitte der Finsternis
findet statt am 12. April früh 1 Uhr 13 Minuten, das
Ende uni 2 Uhr 61,6 Minnten MEZ. Der Schatten der
Erde verläßt die Mondscheibe am ostsüdöstlichen Ran'de der
letztern. Diese Mondfinsternis ist dadnrch interessant,
daß sich nicht genau vorausbestimmen läßt, ob um dis Zeit
der Mitte der Mond völlig verfinstert sein wird oder ob
dann am nördlichen Rande noch ein kleiner Teil von der
Sonne b>eleuchtet bleibt. Der Rechnung nach soll um diese
Zeit noch 0,03 des Monddurchmessers schattenfrei blei'ben;
ob dies der Fall sein wird, hängt'aber sehr von dem Be-
wölkungszustande der Erdatmosphäre ab, und es könnte
vielleicht der Fall eintreten, daß die ganze Mondscheibe,
bersinstert würde. Jedenfalls wird die verfinsterte
Mondscheibe durch ihre Färbung einen merkwürdigen An-
blick darbieten. «

— Aus dcr Pfnlz, 9. April. Jn der Nähe, im I n s-
heimer Gemeindewalde, wnrde an der alten Staats-
straße Lauda-Weißenbnrg eine römische Nieder-
lassung mit zahlreichen Gefäßen, Ziegeln, Glas- uud
Eisensachen festgestellt; eine zweite wurde südöstlich der
Herrheimsr Nekropole im Gemeindewalde von Herxheim-
weiher angetroffen. Sie enthält besonders die Reste einer
Schmiede oder einer Eisengießerei, wie zahkreiche Eisen-

Osservatore Cattolico über die Romfahrt
Kaiser Wilhelms U.

Das päpstliche Organ „Osservatore Cattolico" äußert
sich, wie der „Tägl. Rundschau" aus Rom gemeldet wird,
in recht eigenartiger Weise über die bevorstehende Rom-
fahrt Kaiser Wilhelnis II. Das Blatt versncht, diese
Kaiserreise lächerlich zu machm und schreibt n. a.:

Der ewige Reisende liebe es, den Fuß in zwei Steig-
bügeln zu haben. Der Besuch des Quirinals biete ihm
die willkommene Gelegenhsit, einen Abstecher im Vattkan
zu machen, wo er den Schlüssel seiner Weltpolitik er-
blicke. Darum unterwerfe er sich,den ihm von
RamPolla diktierten EmPsangsvor -
schriften. Er sei ein eigenartiger Jdealist. Nie-
mand kenne wohl besser als er die Politik des berechneten
Vorteils.

So dankt das päpstliche Rom für das ihm vom deut-
schen Kaiser so vielfach bewiesene Entgegenkommen.

Deutschcs Reich.

— Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Sieg
hat in einer Wahlversammlung zu Strasburg (Westpr.)
die Mitteilung gemacht, nach seinen Jnformationen werde
dem kommenden Reichstage eine Militärvorlage zu-
gehen, die die Bildung einesneuen ArmeekorPs
mit dem Sitze der Leitung in AlIenstein fordere.
Wenn diese Nachricht zutreffen würds, ließe sich vielleicht
auch dem Wnnsche derjenigen Politiker rascher, als bis-
her möglich war, Folge geben und eine reichere Belcgnng
solcher Städte im Osten mit einer GarMon durchführen,
in denen das polnische Element dem deutschen Ab-
bruch tut.

— Nach der „Daily Mail" erzählt man sich in Kopen-
hagener diplomatischen Kreisen, Kaiser Withelm
sei es gelungen, die bisher Deutschland feindlich gesinnte
Ka i s e r in w i t w e von Rnßland gänzlich unizustimmen.
Sie soll gesagt haben, wenn alle Deutsche so seien, wie ihr
Herrscher, so würde stö fortan deren Freundin sein.

Baden.

6L. Acher n, 10. April. Am Dienstag Abend fand
im Gasthaus zum „Engel" dahier eine liberals Versamm-
lung statt behufs Gründung eines n a t i o n a l l i b e r a-
len V e r e i n s. 40 Herren haben sofort ihren Beitritt
erklärt.

Zlus der Kartsruher Zeitung

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben dem
Gutsbesitzer Dr. Paul Willach in Louisenthal bei Saarbrü-
cken das Ritterkreuz II. Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom
Zähringer Löwen, der Wärterin Katharina Karst an der
Heil- und Pflegeanstalt Jllenau die kleine goldene Verdienst-
medaille und dem Vorstand des Männerhilfsvereins, prakti-
schen Arzt Dr. August Stoecker in Tauberbischofsheim, das
Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen
verliehen.

—Die Grotzh. Zolldirektion hat den Finanzassistenten
Karl Maier beim Hauptzollamt Mannheim als Hauptamtsassi-

stenten etatmätzig angestellt und den Revidenten Karl Hasel
in Karlsruhe zum Hauptamtsassistenten beim Hauptsteuer-
amte daselbst ernannt.

Ausland.

Eugland.

—- König Eduard hat den Gouverneur von Gibraltar.
Sir George W h i t e, zum F e I d m a r s ch a t l ernannt.
White war Befe hlshaber von Ladysmith während der Be-
lagerung durch die Buren.

Äus Ltaöt und Lano.

HeibcN, erg. 11 April.

si- Elektrische Straßeubahn nach Neuenheim-Handschuhs-
heim. Auf Veranlassung des Vereins Reuenheim ist folgende
Eingabe an den Stadtrat Heidelberg in Umlauf gesetzt wor-
den:

„Die baldige Erstellung einer elettrischen Straßenbahn
nach Neuenheim-Handschuhsheim, durch die diese bevölkerteu
Stadtteile mit der Altstadt enger verbunden werden und ihren
Bewohnern die Möglichkeit eines raschen und billigen Verkehrs
mit allen Teilen der Stadt, insbesondere mit den Bahnhöfen
gegeben wird, ist ein lange und lebhaft empfundenes Bedürf-
nis, ist eine Lebensfrage für die stetige und gedeihliche Ent-
wicklung dieser Stadtteile.

Wiederholt hat bei Beratungen des Bürgerausschusses die
städtische Verwaltung die Bedürfnisfrage entschieden bejaht, in
dankenswerter Weise sich bereit erklärt, so weit es in ihren
Kräften steht, baldmöglichst die Erfüllung der Wünsche herbei-
zuführen und durch Ausarbeitung der Pläne für die Verbrei-
terung der neucn Neckarbrücke und durch Vorlage dieser
Pläne bei Grotzherzoglicher Regierung einleitende Schritte zur
Verwirklichung des Wunsches getan.

Die eingehende Prüfung, Umarbeitung oder Neubearbei-
tung der Projekte für Verbreiterung der neuen Brücke, die in
ihrer gegenwärtigen Breite den stark zunehmenden Verkehr
auf die Dauer nicht zu bewältigen bermag, die Ausführung
der umfassenden Verbreiterungsarbeiten, zu denen wohl auch
zeitraubende Wasserbauten gehören, dürften aber auch bei
energischster Bauleitung längere Zeit erfordern. Dadurch
würde aber die dringend ersehnte Fertigstellung der elektrischen
Bahn um Jahre verschoben werden, und die wirtschaftlichen
Nachteile, die infolge Mangels einer geeigneten Verbindung
auf den Stadtteilen Neuenheim und Handschuhsheim schon jetzt
lasten, würden sich steigern und sich in nachteiligster Weise fühl-
bar machen.

Ergebenst unterzeichnete Bewohner der Stadteile Neuen-
heim und Handschuhsheim wenden sich darum an^den berehr-
lichen L-tadtrat mit der Bitte,

derselbe möge in wohlwollender Erwägung dreser Ver
hältnisse bei Großherzoglicher Regiernng die Genehmigung
nachsuchen, daß über die neue Brücke — in ibrer jetzigen
Breite — provisorisch Geleise fiir die elektrische Straßen-
bahn gelegt und der Betrieb unter den nötigen Vorsichts-
matzregeln geführt werden dürfe; und, falls Großherzog-
liche Regierung die Genehmigung dazu erteilt, baldmöglichst
den Bau der Straßenbahn zu den beiden Stadtteilen aus
führen." —

Es ist nicht zn zweifeln. datz die Eingabe in Neuenheim
und Handschuhsheim zahlreiche Unterschriften finden wird.

Deckung des Defizits des Schiitzenfestes in Ncustadt. Be-
kanntlich hat das im Vorjahre in Neustadt a. H. abgehaltene
Verbandsschießen mit einem Defizit von 20 000 -L abge-
schlossen. Jn der Generalversammlung der Neustadter Schü-
tzengesellschaft am 6. d. wurde nun über die Deckung dieses De-
fizits beraten und folgender Beschluß gefatzt: 4000 -F über-
nimmt von vornherein die Schützengesellschaft. Der alsdann
noch verbleibende Restbetrag des Defizits wird von sämtlichen
 
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