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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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45. JahrWNg. - .L -41.


Mmuag, 8. Juni 1W3.

Kaiser iibev die Pfleqe des Volksliedes.

Frankfurt, 6. Juni.

. Die Anfprache, die der Kaiser heute im Fürsten-
SMrner der Festhalle an die Dirigenten der Gesangvereine
>chtete (siehe den Spezialbcricht im Feuilleton) hattc folgen-
Wortlaut:

Meine Herren! Jch habe Sie zusammenberufen, um Jhnen
aUnächst meine Frcude auszusprechen, daß so viele Vereine der
Aufforderung des Rundschreibens gefolgt sind und sich an dem
Mttgesang beteiligt haben. Es ist das ein Beweis für die Ar-
eüsfreutngkeit unter Jhnen und zu gleicher Zeit ein Beweis
?ufür, wie rege das Jnteresse an der Pflege des Gesangs unter
Vereinen blüht. Jch will hierbei doch Gelegenheit neh-
die Herren auf einiges aufmerksam zu machen, das auch
fur Sie vielleicht von Jnteresse sein kann, da es nicht nur der
ejusfluß meiner eigenen Anschauung, sondern fast aller Zu-
Mrer ist. Jch muß auf die Wahl Jhrer Stücke einen Augenblick
Mgchen. Die Absicht, die bei diesem Gesangwettstrcit vorge-
Men hat, war die, daß durch ihn der Volksgesang, die Pflege
Volkslieds, gehobcn und gestärkt und in weiten Kreisen ver-
reitet werden soll. Nun haben die Herren Kompositioncn ge-
Mhlt, die von unserem alten, deutschen, bekannten guten Volks-
wde und Volkston wescntlich entfernt lagen. Sie haben Jhren
Moren kolossale Aufgaben gestellt; sie sind zum Teil geradezu
Mundernswürdig gelöst worden, und ich muß sagen, es hat
uns alle in Erstaunen gesetzt und ergriffen, daß viele Hunderte
.un Männern, die vielleicht am Tage acht bis zwölf Stunden
Pschwerer Arbeit, in ungünstiger Temperatur, umgeben von
Maub und Rauch gearbeitet haben, in der Lage gewescn sind,
^Urch eifriges Studium und selbstlose Hingabe an die Arbcit
schwere Aufgaben zu übernehmen, wie wir sie hier haben.
M rnöchte aber glauben, daß in der Beziehung die Dirigenten
MUeicht zum Teil selbst gefühlt haben, daß in der Wahl der
More das A e u ß e r st e e r r e i ch t ist, was wir von Männer-
°changvereinen verlangen können. Jch möchte dringend davor
Aurnen, daß Sie nicht etwa auf den Weg treten, es philhar-
uwnischeu Chören gleichzutun. Meine Ansicht ist, der Männer-
Mungverein ist dazu nicht da. Er soll das Volkslied pflegen.
on Kompositionen, die unserem Herzen nahe stehen, ist
uerkwürdig wenig gesungen worden, sechs- bis siebenmal He-
?uu, achtmal Brambach. Jch kann Jhncn offen gestehen, wenn
uan diese Meister öfters hintereinander hört, dann möchte
oan jeden Verein mit Dank und Jubel begrüßen, der nur cin-
„Wer hat dich, du schöner Wald" oder: „Jch hatt' einen
Mrneraden" oder: „Es zogen drei Burschen" gesungen hätte.

Kompositioncn sind außerordcntlich wertvoll für die Aus-
„Mung der Technik. Es ist, als ob ein besonders hohes Sprung-
° Uell aufgestellt würde, aber es mangelt Hegar und Bramüach
^u sehx an Melodie. Zudem komponieren die Herren Texte,
r u etwas lang sind. Jch bin im allgcmeinen sehr dankbar, daß
^ llutriotische und schöne Texte gewählt wurden, die von alten
aisersagen und großer Vorzeit handeln. Jch glaube aber, daß
^uui Teil die Komponisten dcn Texten nicht gerecht werden.
soll meines Erachtcns ein Chor ans schönen Männcrstim-
aicht durch Komponisten dahin gebracht werden, daß er
hUurrialerei treibt und eine orchestermäßige Jnstrumentation
chniacht. Tonnialerei des Orchesters ist schon nicht immer
xMeriehni, mit Männerstimmcn noch bedenklicher. Die Länge
sz, .udct, weil die Tonlage eines MännerchoreS immerhin be-
fUankt ist und auf die Dauer zu glcichmäßig wirkt. Jch
i^usne auch davor, zu lhrisch zu werden. Jch glaube, datz auch
r>. ^reischor die Lhrik zu sehr vorwaltet. Dic Herren werden
Unz E haben, daß die Chöre, die etwas mehr Energisches
hai Männliches zcigten, beim Publikum mehr Beifall gefunden
soll Die Sentimentalität, die in jedcr deutschen Seele ruhr,
w poetischen Schöpfungen auch zum Ausdruck kommen,
y, s da, wo es sich um Balladen und Mannestaten handclt,
i^utz tzer Männerchor energisch zur Geltung kommen, am besten
ihjMufachen Kompositionen. Es wird vielleicht den Herren
H^essant sein, daß fast zwei Drittel aller Veretnc

zu hoch eingesetzt und zum Teil um einen halben, drei-
viertel, einer sogar um einen fünfviertel Ton zu hoch geschlos-
sen haben. Deshalb haben Jhnen die gewählten Aufgaben zum
Teil sehr geschadet. Es war eine Freude, wenn einmal etn
Verein so tief einsetzte, daß man das Gefühl hatte, er hat noch
Reserve übrig. Die Wahl der Chöre werde ich in Zukunft da-
durch entsprechender zu gestalten versuchen, datz ich eine
S a m m lung veranstalten werde sänitlicher Volks-
lieder, die in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz ge-
schrieben, gesungen und bekannt sind, gleichgiltig, ob der Kom-
ponist bekannt ist oder nicht. Sie wird katalogisiert werden,
und ich werde dafür Sorge tragen, daß sie allen Vereinen billtg
und einfach zugänglich sein kann, dann werden wir in der Lage
sein, aus diesem Kreise Lieder zu suchen, die wir brauchen.
Wir sind hier am Rhein und nicht ein einziger Veretn hat Dte
„Drei Burschen" gesungen oder „Joachim Hans von Zieten'
und „Fricdericus Rex"; wir sind hier in Franksurt und kein
einziger hat Kalliwoda gewählt. Wir haben Mendelssohn,
Beethoven, Abt, von ihnen ist nichts erklungen. Hiermit ist
nun wohl der modernen Komposition genug getan. Sie haben
sich Aufgaben gestellt, ich nehme auch das Preislied nicht aus,
ich selbst halte es an einzelnen Stellen für viel zu schwer; ich
glaube, daß wir sie in vieler Beziehung vereinfachen können.
Jch habe Gelegenheit genommen, mit den Preisrichtern darü-
ber zu sprechen. 'Die Herren haben ihren Gedankenaustausch
in einem Promemoria zu Papier gebracht, das den Vereinen
zugänglich gemacht werden wird. Mein Kabinettsrat von Lu-
canus wird cs den Herren vorlesen. Nach der Vorlesung des
Promemoria fuhr der Kaiser fort: Meine Herren! Jch er-
warte von Jhnen, daß Sie möglichst dieser Ansicht und diesen
meinen Ratschlägen entsprechen werden. Jch bin fest davon
überzeugt, daß dann auch die Sänger selber noch mehr Freude
an der Einübung haben. Jch glaube, daß da, wo die Noten
erst eingeübt werden mußten, eine geradezu phystsche Anstren-
gung nötig.gewesen ist, um das zu erreichen, was Sie erreicht
haben, zumal bei den Mitgliedern, die in Fabriken arbeiten.
Jch habe die Listen durchgesehen; es ist erfreulich,. wie viele
vom Hammer und vom Amboß, von der Schmiede hergekommen
sind, um hier zu singen, aber es mutz schlaflose Nächte gekostet
haben. Wenn wir auf einfachen Gesang kommen, dann sind Sie
in der Lage, mit dcn rein künstlerischen Vereinen zu konkur-
rieren, deren Mitgliedcr tagsüber in einer Atmosphäre leben,
die besser und staubfreier ist, was doch auf die Stimnwrgane
sehr einwirkt. Sonst kann ich nur sagen, daß wir zum Teil
geradezu ganz hervorragendes Material gehört haben, auch ab-
gesehen von den Vereinen, die auch unter Jhnen als hervorra-
gend anerkaNnt sind, instrumental glockenartige Effekte! lln-
zweifelhoft ist, daß ein hoher Grad von musikalischer Bega-
bung in der Bevölkerung steckt, der aber in einfachen klang-
reichen Harmonien sich zu zeigen Gelegenheit haben muß.
Wcnn sie dicse einfachen schönen Chöre, wie sie das Volkslied
und die Komposition darbieten, die ich genannt habe, singen, so
werden sie selber Freude haben und weniger Schwierigkeiten,
und gleichzeitig werden sie das Publikum, das zum Teil aus
Fremden besteht, besser mit unserem Völksliede bekannt ma-
chen; sie werden mit dem Volksliede den Patriotismus stärken
und damit das allgemeine Band, das alle umschlingen soll. Jch
danke Jhnen."

* » *

Das Promemoria der Preisrichter.

Das bon Geheimrat v. Lucanus verlesene Promemoria
des Preisrichter-Kollegiums lautet folgendermaßen:

Der Eindruck, den das Wettstngen des ersten Tages auf
das Preisrichterkollegium ausübte, war derart, daß es für not-
wendig erachtet wurde, bestimmte Stellung zu der Art der
Komposition zu nehmcn, die heute auf dem Gebiet des Männer-
gesangs als die herrschende gilt. Fast sämtliche von den Ver-
einen vorgetragenen frei gewählten Chöre zeigten eine Art
des technischen Baues, die den A-capella-Stil des Männerge-
sangs vollständig verkennt,. indem sie den Stimmen Jnter-
valle, Lagen und harmonifche Kombinationen reiii instrumen-

taler Natur zumutet. Schlimmer noch ist das vollständige Miß-
verhältnis zwischen dem darzustellenden Vorwurf und den auf-
gewandten Mitteln. Die enge Begrenzung der Stimmen, die
ungestraft ihre Grenzen nicht überschreiten darf, die beschränkte
Farbenplatte, machen den Männerchor von selbst zum Träger
edler, schlichter Stimmung lhrischer Art und selbst einfacher
Balladen. Die gesuchte und gekünstelte Art, wie
sie in einer Reihe der gehörten Chöre sich zeigte, die Manie,
jede noch so unbedeutende Gelcgenheit zu Tonmalerei auszu-
nutzen, das Haschen nach auhergewöhnlicher Harmonie, erschien
uns geradezu als eine krankhafte effekthascherische
Nrt der Komposition, die infolge dieser Anlage an
Stelle großzügiger Einheit ein Mosaik von oft interessanteit
fast nie aber schönem Detail bildet. Ein solches, die Hauptbe-
dingungen des Kunstwerks berachtendes Gebaren aber Lildet
eine ernste Gefahr für die Zukunft dieses so bedeut-
samen Kunstzweigs, Hilfe dagegen ist nur möglich durch Zurück-
kehren zu natürlicher Einfachheit, zu gesundem Empfinden
und Erkennen der wahren Zwecke dieser Kunst, von einem Ab-
weichen von aller Unnatur und Künstelei. Wir wollen durchaus
nicht damit etwa sagen, daß nur das Volkslied dem Männerchor
entspreche. Wir erkennen neben dem Volkslied ein
sogen. Kunstlied auch im Männerchor an, aber nur wenn
es den genannten Bedingungen entspricht.

Es wird notwendig sein, daß in Zukunft vor allem auch-
als P r eischor nur ein solches Stück gewählt werde>.
welches infolge Beobachtung dieser einfachen
ästhetischen Grundregeln als Kunstwerk anerkannt
wcrden kann.

Wir halten es für unsere Pflicht, Se. Majestät zu bitten,
diese Bestrebungen durch sein Allergnädigstes Wohlwollen zu
unterstützen und die Dirigenten bezw. Vorsitzenden der Vereine
zu ermahncn, durch Erkennensüchen und Streben nach kiinstle-
rischer Wahrheit vor allem unserer Kunst wirksam zu dienen..
Wir tun das umsomehr, als wir uns in diesen Ansichten mit.
Sr. Majestät in vollkommener Uebereinstimmung wissen.

Dcnlsches Reich.

— Jn Jserlohn scheint die Anssperrnng dcr Jndnstrie-
nrbeitcr nach fast zweimonatiger Tauer ihreni E n d e
entgegenzngehen. Tie Ausgesper'rten sind wegen neuer
Verhandlungen an die Arbeitgeber herangetreten; diese
erklärten aber, dasz sie nicht eher in Verhandlungen sich
einlasfen würden, bis die von den Arbeitern über die
Firma Schäsermeyer und Hcns verhängte Sperre, die den
Ausgangspunkt der Bewegung bitdete, aufgehoben sei.
Nunmehr haben die Führer des Ausstandes die Sperrs
über dtese Firma aufgehoben. Damit ist der Weg zir
einem Vergleich geebnet. Die Führer der sozialdemokra^
tischen, der christlichen nnd der Hirsch-Dunckerschen Ge-
werkschasten sind in diesem vom Zanne gebrochenen Kampf
nnter schweren Verlusten an Löhnen nnd Ansehen nnter-
legen.

Badcn.

— Durch Allerhöchste Entschließung vom 30. Mai dr
I. ist der l a n d ft ä n d i s ch e U u s f ch u ß in Gemäß-
heit des Art. l des Gesetzes vom 31. Dezember 1831)
j über die Nerfassung und Verwaltung der Amortisations-
j kasse und.des Art. 6 des Gesetzes vom 10. September
s 1842 über die Errichtung der Eisenbahnschuldentilgungs-
> kasse eingeladcn, am 18. I n n i beim Finanzministerium
- zusammenzutreten, um die gesetzlich vorgeschriebene Prü-

Frankfurter Gesauqs-Wettstreit.
v.

Sondcrbericht der „Heidelberger Zeilung."

(Nachdr. verb.)

^ H.Frankfurt,6. Juni.

^Sänger sind heute mit dcm Bewußtsein aufge-
die iDiegespalme sich zu holen. Daß es aber viele
ipemhlchte Gesichtcr geben wird, ist vorauszusehcn. Jm Allge-
'st bisher in der letzten Gruppe bcsser gesungen wor,
ÄH "E tn den erstcn. Der heutige Morgen brachte
^wchende günstige Resultate. Das ursprünglich um 10
Tgz 'fstliesetzte Singen begnnn bereits kurz vor halb 10 Nhr.
Miserpaar traf 9Z4 Uhr auf dem Hauptbahnhof, der
0" Menschen besetzt war, ein. Mit brauscnden Hochrufen
der Kaiser von allen Seiten begrüßt. Die Herolde mit
bhz ^cn scksickten ihm schmetternde Grüße von der Sänger-
^utgegen. Dic Kaiserin hatte cin rotseidcnes Kleid an-
Tchö, ^iid untcrhielt stch wiederholt mit der Prinzcssin
Ni z ^'uburg-Lippe und den Hofdamen. Der Essener
dciA zls' c r g e s a n g v e r e i n begann den Reigen und brachte
Eislied, trotzdcm er dcn Fehler machte, wie alle anderen
>ndem dic Tenöre zu hoch gingen, zicmlich gut zum
^aiw ' der Verein äußerst fleißig geübt hatte, war

Tt^^-kufinden. Rein und klar kamen auch die schwerstcn
chgx A zum Ausdruck. Das Piano bei „Bebten seine Lippen"
^agi'chUiach und klanglos, man konnte in dem weiten großen
hörcn. Der Sängerchor des Turnver-
MchH" O f f c n b a ch a. M. überraschte alle Anwesenden.

Mein äbereinstimmenden Urteil war er der erstc Verein,
Preislicd fast fehlerlos sang und dem Kölner Män-
"aß' zj^BUerein sust gleichkommt. Was viel heißen will, war,
Aeu ,,j ^cnöre nicht zu hoch gerietcn und bei sämtlichcn Stim-
Mchl rcinc Harmonie herrschtc. Der laute Beifall bci den
wn lietz auch darauf schließen, datz dieser Verein etwas

vorzügliches geleistet hatte. Auch das Lied „Hymne an den
Gesang" wurde glockenrein wiedergegeben. Das Gegenteil
hiervon war die C o n c or d i a in Wiesbaden. Die einzel-
nen Stimmen gerieten derart außer Fassung, daß selbst jeder
Nichtkenner diese DiSharmonie herausmerken mutzte. Es wäre
besser gewesen, wenn dieser Verein sich nicht auf den Wettkampf
eingelassen hätte. Wie es hieh, haben aber die MitgNeder den
Dirigenten, welcher schon 72 Jahre zählt, dazu gezwungen
und ihren Austritt erklürt, falls der Verein am Wettkamps
sich nicht beteiligen würde. Das darauffolgende Lied: „Vom
Rhein", welches durch seine wunderbare Komposition von M.
Bruch, schon an und für sich gut anspricht, wurde besser gesun-
gen. Besonders dic Stelle „o wie wonnig ruht sich's am grünen
Rhein" machte einen guten Eindruck. Besser machte die Con -
cordia in Essen ihre Sache. Der Verein, welcher mit
181 Sängern auftrat, hatte sich in Kassel den 4. Prets geholk.
Wenn auch bei ihm die Tenöre um einen halben Ton zu hoch
gingen, so können doch die Leistungen als borzügliche bezeichner
cherden. Auch bei dem zweiten Lied: „Meeresstille und glück-
liche Fahrt" tat der Verein sein Bestes.

Nach dieser Aufführung trat eine Pause bon 20 Minuten
ein, in welcher der Kaiser die Preisrichter empfing
und an sie eine Ansprache richtete (siehe oben). Jn der Hof-
loge unterhielt sich die Kaiserin und die anwesenden Prinzen
recht lebhaft. Auch in dem vollbesetzten Saal entstand eine
eifrige Diskussion.

Nach dieser Pause begann der Straßburger Män-
nergesang'verein wieder mit dem Preislied. Die Let-
stung war mittelmäßig. Die Tenöre gingen beinahe um einen
Ton zu hoch und waren zu laut. Als letzter Verein trnt der
Deutsche Sängerkreis in Glberfeld auf. Das j
Preislied wurde leidlich zum Vortrag gebracht. Der Anfang >
ließ allerdings zu wünschen übrig. Das „Frühlingslied" von >
Schwarz wurde gut gesungen und fand allseitigen Beifall.

Hiermit schloß um halb 12 Uhr der Gesang der 5 Gruppen.
Die Kaiserin fuhr zuerst, etwas später der Kaiser nach vem

Hotel „Jmperial" am Opernplatz, woselbst das Diner stattfand.
Die Ansprache des Kaisers an die Dirigenten fand allgemeinerl.
Beifall und später wurde viÄfäch darüber disputiert. Allge-
mein sprach man den Wunsch aus, daß man bei den Gesangs-
wettstreiten mehrere Abteilungen bilden solle, denn es sei un-.
gerecht, Gefangvereine mit vorwiegend Arbeitern bei grötze-
ren Gesangwettstreiten mit den hervorragenden Vereinen, wie
z. B. der Kölner Männergesangverein, kämpfcn zu lassen. Die
Preisrichter, welche sich eine längere Zeit zurückgezogen hatten»
um das Ergebnis festzustellen, was für Ve«ine mit in en-
gere Konkurrenz kommen, erschicncn kurz nach 1 Uhr
wicder und ein Herold verkündete dos Ergebnis. Dasselbe
lautete: Jm 2. Wettstreit deutscher Mannergesangvereine um
den von Sr. Majestät deni Kaiser und König gestifteten Wan-
derpreis haben nach den Sprüchen dcr Allerhöchst 'ernannten
Preisrichter den Sieg davon getragen: Concordia Aachen,
Berliner Lehrergesangverein, Liedertafel
Berlin, Lehrergesangberein Bremen, Sän-
gerbunn Crefeld, Concordia Essen, Männer-
gesangvcrcin Esscn, Sanssouci Essen, Köl-
n er Männergesangverein, Liedertafel M.-
Gladbach, Sängerchor Turnverein Offenbach
a. M„ Potsdamer Männergesangverein. Ein
nicht endenwollender Beifall begleitete diese Bekanntmachung,
andererseits sah man viele enttäuschte Gesichter. Nicht lange
darauf wurde das Ergebnis allerwärts angeschlagen.

Diese 12 Vereine bekamen nun den Stundenchor auf,
der in 12 verschiedgnen Lokalen unter strcngcr Aufsicht 'm der
Zeit von 2—3 Uhr eingeübt werdcn mußte. Der Stundcnchoi:
betitelt das V o l k slied , besteht aus 3 Strophen und kann
aks eine leichte Komposition bezeichnet werden. Daß aber trotz-
dem die gegebene Frist voll und ganz ausgenützt wurde, braucht
nicht erst gesagt zu werden.

Nachmittags hatte sich der Festsaal dicht gedrängt gefüllt
u. war stärkcr besucht, als am Begrüßungsabend. Es mochten.
ca. 12 000 Personen anwesend sein. Gegen halb 4 Uhr er-
 
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