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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0765

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!8 Apri! 1803.

Erstcs N?att.


ä5. Jahrüarg — W 80.








6

Vrscheint täglich, Sonntags auszenommcn. Pneis mit Fcrmilienblättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expeditton nnd den Zmeiganstalten LN Pfg. <r>^

die Post b-zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

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^an b-stimmten Tagen wrrd kmne V-rantwortluhkeit übernommen. — Nnschlagder Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen Fernsprecher 82

Ausstellung natioualliberaler Zähl-
kandidatnren.

h Zur Frage Ler A n f st elIung von Z ä h lkandi-
urem wird der „Nationalliberalen Korresp." au's
^onailjboralen Kreisen geschrieben: Die beiden stärk-
Parteien nach 'der Stimmenzahl waren 1898 So-
l ^demokraten und Zentrum; an dritter Stells rangiert
der amtlichen Statistik mit 971 302 Stimmen die
^uonalliberale Partei. Beiläufig bemerkt ist diese Sta-
dnrchaus nicht znvcrlässig, z. B. sind die Stimmen
Nationalliberalen Abgeordneten M ause r
Reichspartei zugerechnet. Doch das nur beiläufig!
^oenfalls stehen Sozialdemotratie und Zentrnm mit
^ Mrlich imponierenden Zahlsn an der Spitze. Woher

Änheit dieser Parteien,
- ^hlkreisen
°tie stellt

>Men diese Zahlen? Znm großen Teil oon der Ge-

auch in den aussichtslosesten
ihre Stimmen zu zählen. Die Sozialdemo-
^. bekanntlich überhanpt in allen 897 Wahl-
^lsen des Reichs Kandidaten aus, und aus welchen Grün-
. H ans dein Lande oft ein sozialdemokratischer Zettel ab-
»Zdben ivird, das gehört schon mehr in den Bereich der
^blätter. Das Zcntrnm hat schon jetzt in dem prote-
>üschcn Sachsen und vielen anderen Wahlkreisen Zähl-
^bidaturen Proklamiert. Daß auf diese Weise schließlich
D' Gesamtsummc doch ein ganz ansehnliches Resnltat he-
Usko,nmt, liegt auf öer Hand. Wic steht es in dieser Bc-
Zhung nüt liberalen Zählkandidaturen? Durchaus uner-
,/ulich. auberordentlich zahlreichen Wahlkretsen, wo
? dielleicht wenige, aber doch treue Anhänger des Li-
.^ulismus giebt, geschieht bci den Reichstagswahken so
> wie nichts. Und doch hat gerade der Liberalismus
^ Hinblick aus die sortgesetzten höhnischen Bemerkungen
^ rechts und links über seinen „Niedergang" nnd sein
ZUssterben" doppelt Grnnd, seine Gerreuen auch
nach außen in die zissermäßige Erscheinung
Natürlich gilt das nur für, solche Kreiss,

diesmal liberaleAählkandidaten gegen
den Nltramonta n i s m u S a u f g e st e l l t we r-
den. Daß heutzutage weniger Grnnd als früher vor-
läge, gegen den letzteren Front zu machen, wird wohl Nie-
mand behaupten.

Diesen zutreffenden Ausfühvungen sei Pvch hinzu-
gefügt, daß die nationalliberale Partei Badens mit
gutem Beispiel vorcmgeht, indem sie in allen visr-
zehn badischen R e i ch s t a g s >v a h I k r e is e n
cigene Kandidatnren anfstellt.

Deutsches Reich.

zu lassen.

h uicht durch eine Zählkandidatur die Anssichten eines
^^stehenden Kandidaten gefährdet werdsn. Niemand
wünschen, daß die Kinderei von 397 liberalen Kan-
»^tnren nachgeahmt wird. Aber namentlich für die
, "R„o»tanen Wahltreise dec- Reicho gilt sämtli ch der
^te Rnf an die dortigen kleinen liberalen Kreise:

kllt ans Enrer ?N i t t e einen Zählkan-
?haten anf! Vor nns liegt eine kleine dankens-
statistische Arbeit: „Tie Reichstagsmahlen in der
^°dinz Westfalen 1871—1898." Wir greifen daraus
- Tend^ sieben slockultramontanen Wahlkreise heraus:
^Elenburg, Münster, Recklinghausen, Lüdinghausen,
^berborn, Warüurg und Lippstadt. Fn diesen Wahl-
^len jft hch den Wahlen von 1898 nichts gegen
Zentru m g e s chehe n. Nnd Loch ist in diesen
>sen bei den verschiedenen Wahlen seit 1871 eine
Astsumme von znsammen 14 300 nationalliberalen
^Ninen abgegeben worden! Es darf nicht heißen: „Es
c>ja doch nichts!" Neberall in diesen nnd in anderen
mit ähnlicher Parteikonstellation m ü ssen

— Die bom Reichskanzler veranlaßten Erhebungen
über eine etwaige Herabsetzung der Arbeitszeit
gewerblicher A r b e i t e r i n n e n sind nunmehr
abgeschlossen, Die Arbeitgeber haben sich nahezu aus-
nahmslos eiitschicden ' g e g e n eine gesetzmäßige
Festlegnng einer verkürzten Arbeitszeit ausgesprochen,
auch diejenigen, die bereits von ihren Arbeiterinnen nur
eine zehnstündige Arbeitszeit üei einer Mittagspause von
1^2 Stunden verlangen. Würde man ihmen den Spiel-
raum nehmen, im Winter durch Verkürzung der- Mit-
tagspause das knappe Tageslichi auszunützen und im
Sommer, wenn zahlreiche Austräge borliegen, die Ar-
beitszeit auszudehnen, so könnten sis Arbeiterinnen
überhaupt nicht inehr oder nnr in beschränkter Zahl sin-
stellen.- Demnach ist anzunehmen, daß von der geplanten
Aenderung des Paragr. 137 der Gewerbeordnung Abstand
genommo» wird.

Bade«.

K a r l s r n h e, 17. April. Die Einnahmen der
b a d. Slaat s b a h n e n weisen auch im Monal März
eine betbächtliche Steigcr n n g (v<m 3 742 860
Mark auf 6 098 990 Mark) auf. Die Mehreinnahme ist
ausschließlich dem Güterverkehr zu verdanken; der Per-
sonenverkehr hat sogar, verglichen mit dem düs Monats
März 1902, etwas nachgelassen.

Bmnnn.

M ü n ch e n , 17. April. Fn den „Münch. N. N."
lesen wir: GegenHerrnD r. Rüd t ist wegen seines
jüngsten Vortrages „Der Teuselsglaube in der römischen
Kirche nnd der Kampf gegen die Freimaurerei" ein U n -
t e r s n ch u n g s v e r f a h r e n eigeleitet worden. Einige
Stellen von seinem Vortrag sind sind von der Staatsan-
waltschaft als gegen den Z 166 dcs R.St.G.B. verstoßend
beanstandet worden, so u. a. die gelegentliche Aeuße-
rung, die nach einem an die Polizeidirektion gelangten
Bericht etwa lauten soll: „Es set unbegreiflich, wie man
eine Anna Rothe zu anderthalb Jahren Gefängnis habe
verurteilen können, während auf dem Gebiete der Volks-
verdummung durch geistliche Erbauungsliteratur über den
Teufelsglauben, Teufelsaustreibungen u. s. w. ganz Er-
kleckliches unbecmstcmdet geleistet werde". Fevner die an
die Polizei in etwa folgendem Wortlaut berichtete Aeu-
ßerung: „Es müsse einem der Verstand stille. stehen wie sich
der unfehlbare Papst, sein Klerus und die ganze katholi-

sche Kirche von dem Schwindler Leo Taxil so lange dupie-
ren lasse und seine blödsimngm und obszönen Schristen
unterstntzei! nnd fördern konnten". F-erner soll, was aber
nicht wahr ist, Herr Rüdt gesagt haben: „Es sei eine
Schande für den Deutschen Kaiser, daß er nach Rom
gehe". Die Veranlassung zn dem Untersnchnngsverfah-
ren hat ein Bericht gegeben, den ein Beauftragter der Po-
lizei während des Vortrags nachgeschrieben und dann der
Polizeidirektion vorgelegt hat. Diesen Bericht hat Lie
Polizei der Staatsanwaltschaft weitergegeben. Gegen dte
g e h e i m - P 0 li z e i l i ch e Uberwa-chung ös-
fentlicher Vorträge dars wohl mit Entschieden-
heit Verwahrung eingelegt werden. Wie uns Herr Dr.
Rüdt mitteilt, hat der Beaustragte der Polizeidirektion^
jenem Vortrag im Kreuzbräu angewohnt, ohne sich dem -
Vercmstalter des Vortrages zu erkennen zu geben.

Ans der Karisruher Zeitnng

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dem Vorstand der Grotzh. Landesgewerbehalle, Hofrät Prof.
Dr. Heinrich Meidinger den Titel als Geheimer Hofrat
verliehen.

— Die erledigte Bezirkstierarztstelle in Ueberlingen ist.
dem Bezirkstierarzt Dr. Heinrich Dörrwächter in Neu-
stadt übertragen worden.

— Betriebsassistent Karl Kamenzin in Mannhcim
wurde nach Villingen versetzt.

KarIsrnh e, 17. April. Der Gr 0 ßherz 0 g
nahm heute Vormiitag vo-n 11 Uhr an den Vortrag des
Finanzministers Dr. Buchenberger entgegen und empsing
darnach den Generalleutnant von Moßner, Gouverneur
von Straßburg, Lisher Kommandeur der 30. Division,
welcher stch Leim Antritt semes Menstes meldete, sowie
den Generalmajor z. D. von Wolff zur Danksagung.
Prinz Albrecht von Prenßen, Regent von Braunschweig,
traf nm halb 1 Uhr aus Badcn hier ein, wurde von dem
Erbgroßherzog am Bahnhof empfangen nnd znm Groß-
herz-oglichen Schloß geleitet, wo Ver .Großhsrzog den
Hohen Besuch begrüßte und zn der Großherzogin führte.
Der Prinzregent nahm an der Fvühstückstäfel teil, zu
welcher auch der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin,
sowie Prinz und Prinzesstn Max erschienen. Die Rück-
kehr des Hohen Gastes nach Baden.erfolgte um halb 4 Uhr.
Um 4 Uhr begaben sich der Großherzog, die Großherzogin
nnd der Erbgroßherzog, sowie Prinz Max in die Technische
Hochschule zur Bestchtigung des Flußbau-Laboratoriums,
woselbst Prof. Rehbock einen. Vortrag hielt. Später hörte
der Großherzog noch den Vortrag des Legationsrats Dr.
Seyb.

7. Deutscher Historikerkongreß.

111.

Hcidelberg, 18. Aprik.

Von den Vorträgen, die auf dem Historikertag gehalten
wurden, bezog ftch der des Prof. Gothein-Bonn auf einen
Tett des bad. Landes; er schilderte die Verhältnisse in
Vorderösterreich unt»r Maria Thcresia und Joseph II. Man.
kann Baden fast eine Bildung des Zufalls nennen; von den.
Landesteilen des jetzigen Grohherzogtums hattcn nur zwei

>

Ednard
entbnnden
Sohn des

Meine Zeitung

^ Dessan, 17. Aprrl. Prinzessin
. Anhalt ist heute von einem Knabcn
sPrinz Ednard von Anhalt, dritter
^renden Herzogs Friedrich, königlich pre/ißischer Ritt-
ix>er st la suite der Armee nnd Hauptmann st la suite
vnhaltischen Snfanterie-Regiments Nr. 93, ist ver-
mit Prinzessin Luise von Sachsen-Altenburg. Der
^ stnd bereits ein Sohn nnd einc Tochter entsprossen.

' Konitz, 17. April. Zu dem Funde von Wen-
»z.?uknochen ist weiter zu berichten, daß der seit 3

i?8r>

r,i aicht gereinigte Abort, wo dic Knochen gefnnden
^oen, neben der Stelle liegt,, wo vor 2 Jahren Win-
^ ^teberzieher gesunden wurde.

Graf Ferdinand v. Zcppclin hat sich nunmehr
l^Aiossen, seins Bemühungen nm die Konstruktion cines
ch,"o>en Ballons aufzugeben und das noch vorhandene
^>'wl- zn veräußern. Die Versuche haben mehr als
Pstllion Mark gekostet, wozn Graf Zeppelin wohl
die Hälfte beigetragen hat; bci den drei Fahr-
K, ,^bcr dcn Bodensee hat sich na-ch den Berechnnngen
h Hergesells zwar eine Geschwindigkeit von 9 Metern
^„>Sekunde ergeben, dsch waltete über ihnen ein be-
h ^iicher Unstern, .so daß sie stets nnr kurze Zeit dau-
und ein endgültiges Urteil kiber dieses System
jx? Zuließcn. Das eine läßt sich jedenfalls sagen, datz
''^iins Lustschiss, welches 27 esfektive Pferdekräs-te

hatte, Maschinen modernster Konstruktian mit 110 Perde-
kräften tragen könnte nnd damit eine Geschwindigkeit von
12—14 Metern bekäme. Daß Graf Zeppelin die zu
neuen Versuchen erforderlichen 400 000 Mark nicht mehr
auftreiben konnte, ist in hohem Maße bedauerlich; auf
jeden Fall wird der Name des Grasen Zeppelin auch in
der Geschichte der Luftschiffahrt fortleben, denn sein Sy-
stem — ein sestes Gerippe im Ballon — bedentet ohne
Zweifel eime Etappe in der Konstruktion des lenkbaren
Ballons.

— Langc Fastcnzcit cincr Riescnschlsngc. Bekannt-
lich weigern sich Schlangen in der Gefangenschaft sehr
häufig, Nahrung zn sich zn nehmen; die Lebensverhält-
nisse sind in der Gefangenschaft eben gcmz andere, als
in der Freiheit, und auch die den Schlangen dargebotenen
verlockendsten Nahrungsmittel sind nicht im Stande, sie
zu vemnlassen, diese Nahrungsmfttel zu sich zu nehmen,
und zwar fetzen. diese Tiere diesen passiven Widerftand
ganz einfach so lange fort, bis sie verhnngern. Da die
Schlangen nun einen sehr langsamen Stofstvechsel haben,
so dauert es sehr lange, bis der Hunger ste zum Tode
führt. Jn Menagerien kommt es vrr, daß Schlcmgen
Monate lang hungern; in eiuem Fall danerte die freiwil-
lige Fastenzeit 15, in. einem anderen Fall sogar 26 Mo-
nate — i« diesen beiden Fällen bequemten sich die Tiere
allerdings nach öer langen Pause wie'der zur Nahrungs-
aufnahme, ksnsequenter war ein anderes Tier, das 2
Jahre 5 Monate nrxp 3 Tage lang hungerte — dann
starb es. Das Gewicht des TieO, das 76 .Mlogramm be-

tragcn hatte, als es gefangen wnrde, war in der zweinnd-
einhalbjährigen Gesangenschaft auf 27 Kilogramm, alsa
etwa aus ein Drittel zurückgegangen.

— Amerikanischcr Humor. „Jch glaube, mein Freund hat
noch nie jemand im Leben hintcrgnngeu." — „Und cincm sol-
chcn Esel soll ich eine Stelle gebcn? Glauben S:c, ich hätte
Zeit, ihm die Anfangsgründe des Geschäftes bei.z-ibringen?"

-„Du hattest versprochcn, Maud, nichts von mcincr Ber-

lobung zu sagcn nnd nun crfahre ich, dah Dn es doch ge-
tan hast." — „Bitte, ich habe es ihr nicht crz'ihlt, ich habe

nur gefragt, ob sie «s schon wützte."-„Gertrud sagt, fie

werde nicht heiraten, bis sie ihr Jdeal gefundcn habcn wird."
— „Was versteht fie unter „Jdeal"?" — „Dcn ersten Mann,
der ihr einen Heiratsantrag machen wird."

— Kindermund. Tante Fanny erzählt der flfiifjährigen
kleinen Annemarie des langen nnd brcitcn vom Osterhascn,
der nun bald kommt und was cr wohl alles bringcn wird.
Die Kleine hört aufmcrksam zu und frägt dann ernst: „Sag'
mal', Tante, wie macht es cigentkich der Hase, datz er die Eier
gleich hartgesotten legl?"

Theater- und Krrnftnachrichte«.

Icl WieZbaden, 16. April. Die Wiesbadener Festauf-
führungen sind, wie dcr „Nhein. Kurier" aus amtlicher
Quelle erfährt, wie folgt festgesetzt: 4. Jnni „Oberon", 6„
Juni „Die weitze Danie", 6. Juni „Dic Afrikanerin", 7. Juni
„Armtda", in der ncucn WieÄbadener Einrichtung. Der Ka-i-
scr Wird sämttichen Vorstellungen beiwohnen uud während
dicser Zeit im Wiesbadcner Schloffe Wohnung nehmen.

Die heutige Siumrner «mfaßt vier Vlätter, zusammen 16 Seiten.
 
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