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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0937

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Wrstes Blrrtt

Diensta^ 12. Mai 1903.


45. IMlMlst. — .U 1 0.

MäE





"schetnt täglich, Sonntags ausgcnonimen. Preis mit Famtlienblätlern monutlich 5V Pfg. in's tzians gebracht, bei der Expedition und dcn Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch di« Poft

bczogen pierleljahrlich t.35 Mk. anrschli-hlich Znstellgebnhr.

^nzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Naum. Reklamezeile 40 Psg. Fiir hieiige. Keichäits- unü Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeige«
bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit nbernommen. — Anichlaa oer Fii'erate ant oen Piackittaieln ber Hcidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstsllen. Fernsprecher 82.

den Vorgängen auf dev Valkanhalb-
insel.

Nebep die Bekenntni s s e eines Teilnehmers
an der Verschwörung in Saloniki wird der
„Wiener Neuen Freien Presse" von dort berichtet:

Es scheint, daß die Behörden nun die Fäden in der
Hand haben, um die Attentate der letzten Tage aufklären
du können. Freitag ward ein junger Mensch aus Köprülü
Uamens Petre Bogdan verhaftet. Durch Drohungen und
^rsprechungen brachte nran ihn zu folgendem Geständnis.

Bande, die zur Vollbringung der anarchistischen Atten-
ate m Saloniki bestimmt war, bestand aus neun Mit-
giiedern, von denen sieben aus Köprülü und zwei aus
^osia entsendet waren. Sie hatten den Auftrag, den
uoscheulichen Plan in ganz anderer Weise, öiel umfassen-
^r, auszuführen, als es ihnen schließlich gelang. Die
ittentate sollten erst in einigen Wochen, vielleicht erst in
Aonaten begangen werden, wurden jedoch durch besondere
ttrnstände überstürzt. Das Hotel Colombo in Saloniki
bschloß vor kurzem, seine Abzugskanäle einer gründlichen
^inigung unterziehen zu lassen. Zu diesem Zwecke ward
großer Graben in der Straße angelegt. Dieser Gra-
ging über den von den Anarchisten behufs Herstellung
^wer gewaltigen Mine von einem Fleischerladen aus bis
unter die Ottomanische Bank gegrabenen Tunnel weg,
und obwohl sich dieser in beträchtlicher Tiefe befand, lag
doch die Befürchtung nahe, daß er entdeckt werden könnte.
^or etwa zehn Tagen hielten deshalb die Verschwörer
rwe Beratung und beschlossen, die Ausführung ihres Ver-
Z'rcheris zu beschleunigen. Sie wurde auf Mttwoch, 29.
'tprist anberaumt, mißlang aber teilweise, weil wohl we-
gen des erwähnten Grabens die elektrische Zündung im
^-unnel nicht funküonierte und die Riesenmine daher nicht
^tplodierte. Petre Bogdan selbst war beauftragt, die Kon-
wlate in die Luft zu sprengen, in deren Nähe er wohnte.
'' wurde aber vorher schon dingfest gemacht und hat die
winen seiner acht Mitschuldigen genannt. Sieben von
"wen sind nmgekommen; es erübrigt nur, noch einen
^uszufinden. Für die Richtigkcit der Angaben des Petre
soogdvn hat man übrigens eine teilweise Bestätigung.

hatte nämlich einen der Toten, Konstantin Vassilow,
uls den Besitzer wichtiger Schriftstücke bezeichnet. Vassilow
!'Ug in der Tat die Dokumente bei sich, von denen Petre
iprach. ^ Vassilows Besitze wurde auch eine in Chiffre
8oichriebene Postkarte gefunden, deren entzifferter Jnhalt
bstätigt, daß die Zahl der Attentäter neun betrug und
up die anderen Mitverschworenen das Komitee nur mit
^ld unterstützten. Außerdem wnrden einige Professoren
Uw Kaufleute über alle Vorgänge auf dem Laufenden
'halten, sie beschränkten sich aber darauf, Ratschläge zn
Üeilen und nahmen keinen aktiven Anteil an der Vör-
^PUiörung. Das alles geht aus den Mitteilungen Petre
,.ogdans hervor. Man glaubt übrigens, daß der jugend-
uehe Verbrecher die volle Wahrheit noch iimner nicht ge-
onden hat und daß er sich, trotz einzelner richtiger An-
^en, große Mühe gibt, die Behörden irrczuführen. Diese

sind aber auf ihrer Hut, und alles läßt darauf schließen,
daß sie alle Fäden der Verschwörung aufdecken werden.
Mittlerweile hat das Standgericht seine Tätigkeit be-
gonnen und eine Proklamation an die Bevölkerung ge-
richtet. _

Deutsches Reich.

— Eine jener sog. „U n st i m m i g k e i t e n", wie sie
bei Beratung des Zolltarifs nach einer Bezeichnung des
Reichsschatzsekretärs vorgekommen sind, scheint auch bei der
Verabschiedung der N o v e l I e zum Kranke-nver-
s i ch e r u n g s g e s e tz im Reichstage mit untergelaufen
zu sein. Auf Antrag der Kommission hat der Reichstag
im § 21 einen neuen Absatz 2n beschlossen, wonach neben
freier Kur und Verpflegung in einem Krankenhause, falls
der Untergebrachte Angehörige hat, deren Unterhalt aus
seinem Arbeitsverdienst bestritten wurde, ein Krankengeld
bis zur Höhe des d u r ch s ch n i t t I i ch e n Tage -
lohns bewilligt werden kann. Diese Bestimmung fällt
ganz aus dem Rahmen unserer Arbeiterversichernngsge-
setze, in denen sonst höchstens die Hälfte des Tagelohnes
bewilligt wird. Jn der Tat lantet denn auch nach Seits
22 des vom Abg. Hofmann (Dillenburg) erstatteten Kom-
missionsberichts der in der Kommisston eingebrachte und
angenommene Antraa dahin, daß ein Krankengeld b i s
zur Hälfte des durchschnittlichen Tagelohns bcwilligt
werden kann. Jn der Zusammenstellung der Kommissions-
bcschlüsse ist dar us allerdings „bis zur Höhe usw." ge-
worden, und dieser fatale Druckfehler ist dann in die end-
giltigen Beschküsse des Reichstags übergegangen. Wäre
der ReichStag noch versammelt, dann ließe sich dieser Fehler
leicht verbessern, was nun ausgeschlossen ist. Man darf
deshalb sehr gespannt daranf sein, ob und in welcher
Fassung die Novelle zum Krankenversicherungsgesetz zur
Veröffentlichung gelangen wird.

— Der kommandierende General des 11. Armeekorps,
General der Jnfanterie v. Wittich, hat, wie der „Kötn.
Ztg." aus Kassel gemeldet wird, einen leichten
Schlaganfall mit vorübergehender Lähmung der
linken Seite erlitten. Die Aerzte hoffen, daß der General
in wenigen Tagen das Bett wieder verlassen kann.

Badcn. ^

Karlsruhe, 11. Mai. Heute mittag 12 Uhr traf
der Kaiser, von Donaueschingen kommend, mit Son-
derzug auf dem hiesigen Hauptbahnhof ein. Der Groß-
herzog mit dem Erbgroßherzog und dem Prinzen Max
erwartete den Kaiser und begrüßte ihn aufs herzlichsts.
Hierauf geleitete der Großherzog den Kaiser durch die fest-
lich geschmücktSn Straßen nach dem Schloß. Unterwegs
wurde der Kaiser von der zahlreich zusaximengeströmten
Bevölkerung begeistert begrüßt. Jm Portal des Schlossss
erwartete die Großherzogin mit der Erbgroßherzogin und
der Prinzessin Max den Kaiser. Um halb 1 Uhr sand
Familientafel der hier anwesenden Fürstlichkeiten im Gar-
tensaal des Großherzoglichen Schlosses statt, während wel-
cher die Kapelle des Leib-Grenadierregiments im Garten

konzertierte. Um halb 4 Uhr begaben sich die Großherzog-
lichen Herrschaften nnt dem Kaiser zum Tee bei dem Erb-
großherzog und der Erbgroßherzogin in deren Palais.
Gegen 6 Uhr geleiteten der Großherzog und die Groß-
herzogin, der Erbgroßherzog nnd Prinz Max den Kaiser
zum Hauptbahnhof, von wo aus Äerselbe die Weiterreise
nach Straßburg antrat.

Aus der Karisruher Zeitung.

Karlsruhe, 11. Mai. Am gestrigen Sonntag
besuchten die höchsten Herrschaften den Gottesdienst in der
Schloßkirche. Sodann empfing der Großherzog den
Schweizerischen Gesandten in Berlin, Oberst Roth, und
den Generalfeldmarschall Grafen von Waldersee vor dessen
Abreise. Um 2 Uhr nahrn der Großherzog an dem Fest-
mahl teil, welches das Offizierkorps des Leib-Dragoner-
Regiments aus Anlaß der Regimentsjubiläumsfeier ver-
anstaltete. Beim Eintritt in das Offizierskasino wurde
Seine Königliche Hoheit von dem Prinzen Max an der
Spitze des Qffizierkorps begrüßt. Die früheren Offiziere
nnd die Gäste des Regiments waren im Mittelsaale des
Kasinos versammelt, wo Seine Königliche Hoheit dieselben
durch Ansprachen auszeichnete. Das Festmahl fand in
einem eigens zu diesem Zwecke errichteten Zelt im Garten
des Kasinos statt. Zur Linken Seiner Königlichen Hoheit
saß der älteste Offizier des Regiments, Oberstleutnant
a. D. Kapferer, Seiner Königlichen Hoheit gegenüber der
jetzige Kommandeur des Regiments, Prinz Max und sechs
frühere Kommandeure. Während des Mahles brachte
Seine Königliche Hoheit zunächst ein Hurra auf den Kaiser
aus. Prinz Max erwiderte mit einem Hoch auf den Groß-
herzog. Jn einer weiteren Ansprache feierte Prinz Max
den Erbgroßherzog und begrüßte sodann^in einer dritten
Ansprache die anwesenden Gäste, die alten Osfiziere und
Reserveoffiziere des Regiments, indem er denselben, sowie
den Vertretern der Stadt Karlsruhe und der hier garni-
sonierenden Regimenter für die dem Regiment dargebrach--
ten Geschenke dankte. Danach ergriff der Großherzog wie-
der das Wort und brachte einen Trinkspruch auf das Leib-
Dragoner-Regiment aus, indem er einen Rückblick auf die
Geschichte des Regiments und diejenige Zeit gab, in wel-
cher er dasselbe kommandierte. Seine Königliche Hoheit
verbrachte nach Tisch noch eine Stunde im Kreise der Offi-
ziere des Regiments und seiner Gäste und kshrte nach 8
Uhr ins Schloß zurück. Nach dem Festmahl wurden an
die aktiven und früheren Offiziere des Regiments Photo-
graphien des Großherzogs verteilt, welche die Großher-
zogin den Festteilnehmern als Erinnerungsgabe widmete.
Heute früh 10 Uhr 30 Minuten empfing der Großherzog
den Major Prinzen von Nsenburg-Büdingen, welcher zn
dem Jubiläum des Dragoner-Regiments gekommen war.

AuSland.

Oestcrreich-Ungarn.

W i e n, 9. Mai. Fürst Ferdinand von B n 1-
garien hat um eine Audienz bei Kaifer Franz

Anschlaq auf den Dampfer „Umbria".

t a Meldungen über das geplante Dynamitatten

vem die „Umbria" von der Cunard - Dampfer-
Kin * ^ Opfer fallen sollre, wird weiter mitgeteilt, datz die
k Mit deni Dynamit von zwei Jtalienern abgelie-
ljo Nach dem „Newyork Herald" waren cs zwei ita-

^ZBche Hausierer, welche die Kiste am Samstag Vormittag
a-/. Ühr uuf den dier brachten. Sie sagten, datz ein Passa-
sieu abfordern würde und man lietz die Kiste deshalb drau-
^ um sie nötigenfalls im letzten Augenblick an Bord zu neh-
sei, - scheint gegcn die Absicht der Jtalicner gewcsen zu

l! sie hatten wahrscheinlich die Erwartung, dah die Kiste
^Lch im Rauine des Schiffes untergebracht werden würde.
Ejsfche Zeit später lief auf der Hauptwache der Polizei ein
N^Lff mit der Ucbcrschrift: „Warnung vor der
^ Dieser Brief hatte nach dem genannten Blatte fol-
«enden Wortlant:

Mafia grützt Euch und wünscht Euch Glück. Auf
b>cin>- Earddock steht einc Kiste mit 200 Pfund Dhnamit. Jn-
inne.pnt sie eine Maschinc, die aufgezogen den Zündstoff
B,, ^pnlb 86 Stunden zur Explosion bringen kann. Der
deZ ^ ^nt E n g l a n d Krieg erklärt und die Zerstörung je-
Na>u.T"!"pfbrs befohlen, der unter britischer Flagge den
ey,„?orker Hafen verläht. Der Unterzeichnete hatte den Befehl
„Oceanie" zum Sinken zu bringen, auf diesem
Vlän ^ charen aber so vielc Frauen und Kinder, dah die
Dw - .^stllschaft ^ pxx letzten Minute geändert wurden.

chchine in der Kiste ist die erstc. Sie ist lediglich des-
Damus gepackt, um zu beweisen, wie leicht es ist, einen

zu ^ Sinken zu bringcn, und die,dieesangeht,
Dex r?-^ugen, der Bund nicht bloh leere Drohungen macht.

diill ökn Newhorker Hasen von britischen Schiffen
^niw er jvird Erfolg haben. Scine Gründe will der

^üind. onthüllen. Es genüge die Bemerkung, datz der
Zu lelricm Lchntzc den Kricg in Fcindcsland tragen muß.

Dieses ist die erste und letzte Warnung des Bundes, und die
' Beschützer der brillschen Dampfer mögen sich künftig vorsehen,
! der Bund verlangt und gibt kein Pardon. Vorwärts denn,
! Macduff, und verdammt der Erste, der halt ruft. Genug!

Pietro Demartin.

Nachschrift: Die Batterie trägt einen Ueberzug und die Zün-
der brennen nicht, man kann die Kiste daher ohne Gefahr
anfassen."

Natürlich begaben sich auf der Stelle Geheimpolizisten auf
den Pier. Der Kapitän der „Umbria" erklärte sofort, daß er
ntcht abfahre, ehe die Kiste entdeckt sei. Sie wurde alsbald ohne
Schwierigkeiten gefunden. Deutlich hörte man, wie die Uhr
darin tackte. Jn der Kiste fand man zweihundert Dynamit-
patronen, jede über zwanzig Zentimeter lang. Mit dem Uhr-
werk war eine Trocken-Batterie in Verbindung. Der Polizei-
inspcktor, der die Kiste später untersuchte, hat erklärt, sie habe
genug Dhnamit cnthalten, um einen Felsblock von 1000 Zent-
nern zu sprengen, auf den Umhüllungen des Dynamits fand
man nur die Firma dee Climax Powdcr Company; sonst fehlt
jede Spur, und es konnte deshalb bisher auckf niemand ver-
haftet werdcn. Mit der „Umbria" fuhren 130 Passagiere 1.,
122 2. Klasse und 150 Zwischendecker. Um 2 Uhr nachmittags
ging der Dampfer in See.

Newyork, 11. Mai. (Frankf. Ztg.) Der Polizeichef Greene
erklärt, er halte den gegen die „Umbria" geplanten Dhnamit-
Anschlag für einen schlechten Scherz, da wesentliche Vor-
richtungen zur Entladung fehlten. Der Chef des städtischen De-
partements für entzündliche Gegenstände ertlärt das Dhnamit
bon grotzer Sprengkraft, indeffen sei wegen des mangelhaft
tonstruierten Pertussionsapparats keine Gefahr vorhanden ge-
wesen. Die Nachforschungen nach den Urhebern haben bisher
noch ckein Ergebnis gehabt, indeffen ist es anscheinend tein Jta-
liener, fondern eher cin Amerikancr, da der Warnungs-
bricf in gutem Englisch versatzt ist.

Kieine Zeitung.

— Bomlx 9. Mai. Jm K o r p s h a u s e der S a x o-
n i a, wurde im vorigen Scmester eine Reihe größerer
Diebstähle ausgeführt. Der Schutdige ist jetzt in der Persort
eines Korpsangehörigeu ermittelt wordeu.

— Athen, 10. SNai. PrinzAndreas von G r i e-
chent a n d hat sich mit der Prinzessin Alice von
Battenb e r g verlobt. (Prinzessin Alice wurde am
26. Februar 1886 zu Windsor geboren, Prinz Andreas am
20. Januar 1882 zu Athen).

— Ncwyork, 9. Mai. Wie hierher gemeldet wird.
erklärte der kanadische Finanzminister im Parlament, der
M a r c o n i - G e s e l I s ch a f t die sernere Unterstützung
entziehen zu wollen, weil ihre Versprechen unerfüllt ge-
blieben seien und die geschästliche Ausbeutnng der Funken-
Telegraphie zweifelhast erscheine.

— Einc Warnrmg für Philatclistcu. Seitdem die
Engländer im Somalilande Krieg führen, waren in den
Markenhandlungen Briefmarken vom Somalilande zu
kaufen, die einen auf einem Kamel reitenden Soldaten
darstellten. Diese Marken stnd seit Jahren im Handel ge-
wesen und fanden guten Absatz. Anf Anfragen hat jetzt
die englische Postbehörde erklärt, daß diese sämtlichen
Marken nichts wciter als Phantasiemarken gewesen seien,
da man niemals Somalimarken ausgegeben habe und auch
vorläufig nicht daran denke, sie auszugeben. Da es nicht
ausgeschlossen ist, daß diese Falsifikate auch auf dem Kon-
tingent erscheinen könnten, werden deutsche Briefmarken-
 
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