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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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Dienstaa. 24. Mä» IWZ. Ekft-s Blatt. 4ü. I-Hraan- — .« 7V.

Erscheint täglich, Sonntags ansgenommen. Preis nnt Familienblättern monatlich 60 Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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Aer Aentrumstrumpf wird gestochen.

Aus Karlsruhe wird dem „Schw. Merk." geschrieben:
Noch gar nicht lange ist es her, daß das Ze ntrum land-
auf, landab die Losung ausgab: „Nieder mit den
Nationalliberalen!" Nicht nnr bei den Landtagswahlen,
wo es noch begreiflich schien, sondern auch bei der Reichs-
tagswahl von 1898 hielt das Zentrum an dieser Losung
test, wenigstens das badische. Die Zentralleitnngen der
bürgerlichen Parteien in Berlin verständigten sich damals,
in dcr Stichwahl einander gegenseitig zu nnterstützen, wo
Soz.-Dem. als Gcgenkansidaten in Frage kamen. Die
Nar.-Lib. stimmten in Mainz getreulich sür den Zentrums-
wann Schmitt und verhalfen ihm zum Sieg, allerdings
uicht um des Zentrnms willen, sondern um des Vaterlands
willen. Und das bad. Zentrum? Jm Trotz geg n seme
eigene Zentralleitnng beschloß der Landesausschuß auf
Wackers Betreiben. die Unterstützung in der Karlsruher
Stichwahl zu versagen. Ein Schrei der Entrüstung ging
durch das Land. Das Zentrnm hielt dafür, seine Partei-
wteressen stünden allem voran, und diese verlangten die
^chwächung der nationalliberalen Partei. Man wußte,
baß der kommende Reichstag sich mit einer der wichtigsten
Lebensfragen des deutschen Volkes, mit der ersten Grund-
iegung zu einer dentschen Flotte zu beschäftigen haben wcrde
fwd daß sozialdemokratischer Leichtsinn und Uebcrmut jede
^ewilligung zu hintertreiben suchte. Das deutsche Gesamt-
iuteresse gcbot die Niederlage der soz.-dem. Kandidaten, wo
bies geschehen konnte. Jn Karlsruhe konnte es geschehen,
aber das Zentrum hatte kein Auge und keinen Linn für
°as Jnteresse des deutschen Volkes, nur für seine Partei,
"ur für Rom. Der svz.-dem. Kandidat siegte mit ein paar
bundert Stimmen; wie leicht hätte er geschlagen werden
Ebnnen! Aber dos Zentrum rief: „Nieder mit den National-
Weralen!" Und heute? Die totgesagte nat.-lib. Partei
lebt neu auf. Nicht von ihr, sondern von einer partcilosen
^wlle wurde die Losung ausgegeben, die ein allgemeines
^cho sand: „Nieder mit dem Zentrum!" so erscholl dec Ruf
w Offenburg, und er pflanzte sich durch das ganze Land
Wrt, wie er von Nürnberg und München sich über Bayern
berbreitete. Nieder mit dem Zentrum!" Die deutsche

^olkspartei hat dem Zentrum schon vor Monaten
°urch den Mund des Abg. Muser Fehde angesagt.
^sr Offenburger Versammlung wohnle lllluser persönlich
°ri und er ergriff das Wort. Obwohl aus formaleu Grün-
ben für die Zulassung von Klöstern, ruft die Volkspartei
wenfalls: „Nieder mit dcm Zentrum!" Die Freisinnigen
Wollen eigentlich auch keine Klöster; das hat Dr. Weill in
"örrach gesagt. Die freis. Wahlparole ist bereits aus-
ßegeben, sie lautet: Keine relative Mehrheit des Zentrums
w der bad. 2. Kammer und keine Verstärkung des Zen-
wums im Reichstag. Also mit andern Worten auch:
".Nieder mit dem Zentrum!" Jn den jungliberalen Ver-
^Nen jst großer Zulauf. Die vom Zentrum bespöttelte
Neuschöpfung der nat.-lib. Partei verbreitet sich über das
^°Uze Land und mit wahrer Bcgeisterung stimmen die An-
Iuger ein in den Ruf: „Nieder mit dem Zentrum!" Die
^ozialdemokraten können ihre Anhänger kaum zügeln, die
7-Mscharf gegen das Zentrnm vorgehen wollen. Um den

Erwartungen ihrer Geuosseu zu entsprechen, müssen die
Versammlungsredner das Sündenregister des Zentrums
immer noch um ein paar Ellen länger nnd viel ärger
machen als das der Nationaliiberalen. Jn den Spalten
der sozialdemokratischen Blätter liest man Anklagen über
Anklagen gegen das Zentrum. Auch hier wird es nicht
mehr lange dauern, bis der Ruf laut ausbricht: „Nieder
mit dem Zentrum!" Das ist das glorreiche Ziel, zu dem
die unversöhnliche Wackcrpolitik ras Zentrum geführt hat,
allgemeines Mißtrauen, allgemeiner Widerwillen, nnd die
allgemeine Wahlparole: „Nieder mit dem Zentrum!" Das
ist nicht gemacht! Man muß lebhaft bedauern, daß wahr-
scheinlich die Sozialdemokratie mehr Nutzen von dieser Pa ole
haben wird, als ihr gebührt; aber daß es so kommen
mußte, das konnte schon lange nicht mehr zweifelhaft sein,
und es ist Wacker hundcrtmal gesagt worden, daß er für
die Sozialdemokraten arbeite! Er hat es nicht glauben
wollen. Daß es so schnell kam, war allerdings überraschend;
das hätte auch von deu Gegnern Wackers keiner geglaubt.
Das Zentrum kann sich gratulieren zu seiner Beliebtheit.
„Es ist »rreicht", die Landtagsmehrheit der Nat.-Lib. ist
gebrochen, an ihre Stelle tritt vielleicht eine neue von
Zentrumsgegnern aller Farben, die nicht so woh'wollend für
die kath. Kirche sind, wie die Nat.-Lib. waren. Für die
Kirche gab man vor, zn streiten, aber die Kirche wird die
Schläge mitfühlen die das Zentrum bekommt. Glorreich ist
die Wackerpolitik! Aber alle Schuld rä ht sich auf Erden!

Deutsches Reich.

— Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf wegen
Sicherung des Wahlgeheimnisses (Jsolierraum,
Kouverts) geschlossen zugestimmt; der Entwurf ist am
Sonntag dcm Reichstag zugegangen.

Deutscher Aeichstag.

Berlin, 23. März.

Prüsident Graf Ballestrem eröffnct die Sitzung
um 10" Uhr, widmet dem verstorbenen Abg. Fihrn.
v. Heereman einen warmen Nachruf, iu dem er dessen
Verdienste um das Vatecland hervorhebt; sein Andenken
werde stets in Ehre, blcibcn.

Es folgr die drirtc Beratung des Kind e rfchutzge -
s e tz e s.

Abg. W u r in (svz.) bedaucrr, daß uichr auch das Gesetz
aus die Kinderarbeii in den land- nnd forsnvirrschasrlichen
Betrieben ausgedehni toorden sei.

Das Gcsctz wird uach unerheblicher Ddbatte ange u o m -
men mit einem Antrag des Abg. Graf Berustorff zn
Paragraph 18, wonach in Orten mit wcniger als 20 000 Ein-
wohnern unter geivissen Bedingungen die Beschlfftigung von
Kindern unter 12 Jahreu zu gestatteu ist.

Hierauf folgt die drirte L e s u u g des E r a t s.

Jn der Generaldebatte verbreitete sich Abg. Dr. Spah u
(Ztr.) über die Stellung Deutschlands zum Dreibunde. Die
Ausführungcn des Reichskanzlers harüber hätteu überall An-
klang gefunden. Redncr bespricht sodann die Benezuelafrage
und verwahrt das Zentrum vor der Unterstellung, daß es die
beschlossene Anleihe ablehne, weil das Jesuitengesetz uoch nicht
gekommen sei.

Beim Etar dcs Ausivärtigen wünscht Abg. Dr. Hasse

(narl.), daß dic Regicrung sich dcr Deutschen in Südafrika,
die ihr Bermögen im Burenkriege verloren haben, annehme.

Mim Kolonialetat bedauert Dr. Hasse (natl.), datz der
Goüverneur Lcutwein sich so unfreundlich über die Eirtwande-
rung von Buren in SLdafrika ausgesprochen habe.

Beim Etat des Rcichsanrts des Jnnern bemängelt Abg.
Bassermann (natl.), datz auch in diesem Jahre das Gesetz
über dre k a u f m ä n n i s ch e n S ch i e d s g e r i ch t e nicht
zur Erkedigung komme.

Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Fm Bundes-
rat sei man über die Vorlage des Reichskanzlers betr. die kauf-
männischen Schiedsgerichte geteilter Arfficht. Es sei aber zu
hoffen, daß in der nächsten Tagung die Vorlage erfolge.

Abg. Singcr (Soz.) bedauert ebenfalls, dah der Bun-
desrat den Entwurf noch nicht fertiggestcllt habe.

Abg. Bebel (Soz.) kommt auf die Angriffe Sröckers in
der zweiten Lesung zurück nnd charakterisiert den von Stöcker
als vertrauenswürdig hingestelltcn Normann-Schnmann als
völlrg unzuverlässig.

Hierüber entspinnt sich eine längere Auseinandersetzung
zwischen den Abgg. Singer nnd Stöcker (wild-kons.).
Ersterer wird wegen des gegen Stöcker gebranchten Ausdrucks
„Vcrworfenheit" zur Ordnung gernfe».

Eine Reihe sozialdemokratischer Äbgeordneter bringen Be-
schwevden vcrschiedener Arbeiterklassen vor.

Abg. Broemel (freis. Ver.) weist die vom Abg. Lucks
(Bund der Landwirke) gegen den Weinhaudel in den See-
städten, namcntlich in Stettin, erhobenen Unschuldigungen
znrück.

Schlicßlich wird der Etat des Reichsamts des Jnnern end-
giltig angenommeu.

Es folgt der Etat der H e e r e s v e r w a l t u u g.

Hierbei erklärt Geueral v. Tippelskirch, daß die
kürzlich von sozialdemokratischer Seite vorgebrachteu Nngaben
riber Soldateiimißhandlungeir völlig nnbegründct seien.

Abg. Znbeil (Soz.) wiederholt seine Beschwevden über
Arbeiteriverkstätten in Spandau und wendet sich gegen die
Ausführungen des Gnerals v. Einem.

Generaunajor v. Einem: Unrichtigc Behauprungen wür-
den dadurch nicht richtiger, daß sie wiederholt wevden und datz
sie in der „Laterne" gestanden hättcn.

Dcr Militäretat wird erledigt.

Beim Marinectat tadelt ?lbg. Kirs ch (Ztr.), daß im Falle
des Matrosen Kohler ein besonderer Kriegsgerichtsrat nach
Athen geschickt Ivorden sei.

Geh. Rat Peretz: Es sei das geschehen, weit der Konsul
in Athen keine zustündige Gerichtsbarkeit habe.

Nach Erlcdigüng des Marineetats vertagt das Hans die
Wciterberatung anf m o r ge n 1 Uhr.

Aus der Krauenrvett.

^ -ver Berliner Lcttevercin befitzr auch einc Buchbindere i-
„ f^kstatt, in der Damen als Lchrlinge, Fachschülerinnen
i ? Amäteuriuncn aufgenommen werden. Die Lehrlingc er-
M - ^uie streng handwerksmäßige Ausbildung iu einer drei-
l;^'8en Lehrzeit; sie crhalten auch, wie meistens die männ-
. f?e>i Lehrlinge, eine kleine Vergütung, 3 Mack dic Woche im
ze J-ahre, dann 4 Mark und zutetzl 8 Mark. Die Arbeits-
x, flfft^achrstündig von morgcus 8 Uhr bis 8 Uhr abeuds, mit
Siande Mitragspause. Nach ALlauf der Lehrzeit kaun
^.Prüfuug abgelegr werdeu. — Die Fachschülcrinuen solleu
grüudlich ausgebildet werdeu, wic die Lehrlinge, abcr
^ Nrir 1(4 Jnhreu. Sie nehmeu zweimal die Woche 4 oder 2
H °"öeu Uuterrichk uud bezahlen dasür 100 resp. 78 Mk.

für das Halbjahr, beschaffen sich auch ihr Material
n>is!,'s sic könncn sich ebenfalls zum Geselleu und Meistcr
,i '— Die Amateurinnen nehmcn uur uach Belieben
öe„ s!)Eerricht teil. Die Leitung der Lehrwerkstätte liegt in
bi^Nnnden von Fräulein Lihr, die ihre Lehrzeit bei dem Hof-
Z„^ndee Collin und bei der bekannten Firma Cobden und
°?rfon in London absolviert hat und nach bestandeuer
"prüfung vor der Hamburger Gewcrbeiammer ihre
iana ^ü!°"ä bestand. — Das Bnchbindcrhandwcrk ist schon
!khe, b'" Fraucnüerus iu England. Der dortigeu sehr ange-
K,, Buchbindcrinnengilde gehören vicle Damen der reiche-
tzxj ^wlyeu au. °Die älteste Tochter Köuig Eduards VII.,
flle Vittoria, ist ihr bcrühmtcstcs Miiglied. Sie hat für
^ristungcn schon verschiedcnc Prcise erhalteu.

"'an n e u c n Beruf für Fraucu gebilderer Stände
lorwn - ö>c Reformbewegung in der Kleiduug. Wie die Re-
i„ berufcu ist, erziehcrisch auf die Schönheitsbegriffe

ej„ /fffeff des wciblichen Körpcrs zu wirkcu, so weist fie aus
'^be1t?r ^ öcu gebildetcn Frauen sehr veruachlässigtes
hiu: Die Schueiderei. Fu vielen Reformlleidern,
vers Gesellschaftsroiletten, werden die Eutwürfe von her-

vorragenden Küustlern und Künstlerinnen gemacht; dann ver-
langt die Ausführung der Schneiderarbeit ebcnso ein künst-
lerisch verjtändnisvolles Eiugehen ivie eine jachkundige Hand
in der Ausführung. Mechanische Fabrikarveit ist bei der
künstlerischen Rejormkleidung ausgeschlossen. Auch die Sticker-
«ien, die auf solchen Kleidern eine grohe Rolle spielen, bieten
fleißigen und geschickten Frauenhänden neue Arbeir. Auf der
Berliner Ausstelluug dcs Vereins zur Verbesscrung der Frauen-
kleider war z. B. von Fran v. Brauchitsch ein Kleid mik schwdrer
Guipurestickerei, die stolaartig verlief, ausgestellt. Ein Braut-
kleid von Schutze-Naumburg aus weicher, weißer Seide Ivar
mit Myrthenzwcigeu iu weißem Plattstich gefchmückt. Das
Gegenstück dazu bot eine vön der rühmlichst bekannten Frau
Winkler-Berlin hergestellte, prächtige Gesellschaftstoilette, die
mit kunstvoll maschinengestickten „Pfauenangen" bedeckt war.
Zu rühmen wärcn ferner die von Jttie Loescher-Berlin und
Elisabeth Winterwerter eingesandten Kleider nnd die an-
spruchslosen Klcidcr Adele Kampfmeyers, die i» ihrer prak-
tischen Zweckmäßigkeit ein Jdealkleid für die im Hans- oder
Erwerbsleben tätige Frau darstellen. —

Eine Bewegung zur Errichtung von Tagesheimen
(Jugendhorten) bei den einzclncn Volksschulcn ist in Buda-
pest mit großem Erfolg eingeleitet worden. Seit dem 1. Dez.
v. I. wurden 48 Heime eröffnet, in denen ca. 4000. Kinder
von 44 Lehrerinnen und 16 Lehrern beaufsichtigt werden. Auch
ein Teil der Knabenheiiye wird nur von Frauen beaufsichtigt.
Die Aussichtspersone» — unbeschcfftigte Lehrkräfre — erhalten
2 Kronen für ihren 3—Istündigen täglichen Dicnst. Die Kin-
der machen ihre Aufgaben im Heim, singen, spielen, beschäftigen
sich mit Fröbelarbeiten nsw. Auch das Mittagesscn können die
Kinder im Heim einnehmen, sie zahlen dafür 8—10 Pfg., die
Bedürftigen gar nichts. Dic Kosten dcr Beaufsichtigung, Hci-
zung und Vcleuchtung trägt die Kommune, die Kosten für die
Mahlzeitcn sollcn dnrch Sammlnngen aufgcbracht werden.

Preisanfgabc: Die Königl. Akademie gemeinnütziger Wis-
senschaften zn Erfurk hat beschloflcn, für das Fahr 100:! fol-

Badrn.

L.6. Bviindorf. 23. März. Ans allen Bezirken
des 2. ReichStagswahlkreises waren hente die liberalen
Vertraiiensmäiiner hier zusammen gekommen. iim den seit-
herigen Abgeordiieten Herrn Posthalter Faller zu bitten,
die Kandidatur für die bevorstehenden Neuwahlen wieder
anzimehmeii. Es war eine imposante Versammlung von
mehrerei, hundcrt Parteigenossen, der cs gelang, die Be-
denken, die Herr Faller gegen seinc Wiederkandidain" ins
Feld führtc, zn zerstreiie» nnd Herrn Faller zur Annahme
der Kandidatnr zn bewegen.

L 0. Karlsrnhe, 23. März. Die jungliberale
Bewegung liegt den Ultramontanen augenscheinlich schwer
im Magen. Jhr anfänglichcr Spott und Hohn ist gar
bald d r Besorgnis über das rasche Wachlstiim der jnng-
libcralen Vereine gewichen. Man rechnet bereits ernsthaft
im ultramontanen Lager mit dem „neuen Faktor". der sich

gcnde Preisanfgabe zu stellen: „Es soll die Notwendigkeit von
^ortbildungsschulen für die aus der Volksschule entlassenen
juugen Mädchen begründet und die Orgaikffation, sowie der
Lehrplan folcher Schulen den modernen Anforderungen ent-
sprechend dargelegt werden. Auf die beste der einlaufenden
Abhandlungen ist ein Preis von 600) Mark als Honorar ge-
setzll Einreichungstermin: 1. Januar bis 1. Februar 1904
au Herrn Oberlchrer Dr. Emil Stange in Erfurt.

Theater- und Kunstnachrichten.

-i- Heidelberg, 24. März. (S t a d t t h e a t e r.) Morgen
gelangt nach längerer Pausc neu einstudiert das VvWftück
„L olos Vatcr" von Adolf L'Arronge zur Aufführung. Dte
Hauptrollen des trefflichen Bühnenwerkes werden gespielt von
den Damen Mathfflde Bauer, Fischer, Hartma'nn uud Vogel und
den Herren Brandt, Eckhof, Großmann, Holstein und Sck)neider.

Als Rachfolger oder Bertrcter dcs Jntendanten v. Hülsen
in Wiesbadcn ist ei» Hamburger, Herr v. Mutzenbecher,
ein fehr reicher Herr, den viele enge Beziehungen mit Wies-
baden verknüpfen, in Aussicht genommen worden. Die Ver-
handlungen sind noch nicht bcendet, dürften ab^r, trotz der Be-
denken gegeu cine nnsclbständige Stellung, zu dem crstrebten
Rcsuliate führen.

B'enin, 21. März. Wildbrandts Trauerspiel „T i -
mand r a" fand bei seiner Erftaufführung im Berliner Thea-
ter lebhaften Beifall, der freilich mehr dem Spiel der Sor -
m a in dcr Titclrolle, ats dcr Dichtuug galt. Wildbraudt hat
den Tod des Sokrates an die Rachetat eines Weibes gekettet,
das ihn haßt, weil er den jimgen Plato ihr abtvendig gemacht
hatte. Die Erziehertätigkeit des Sokrates ist nicht ohne Eigen-
art geschildert. Sonst ist das Drama an Charaktcristik arm,
breit nnd lcer. Fran Sorma gestaltete den Charakter des
liebcndcn, rachsüchtige» Weibes nicht sondertich überzeugend,
doch war ihr Spiel iu Eiuzelzügeu echt und klar.
 
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