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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0807

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England nud die BagdKdbahn.

London, 21. April.

Für die tebhafte Agitation, die in einem Teile der
f iwglischen Presse gegen die Bagdadbahn üetrieben wird,
k ist folgcnder Artikel der „Daily Mail" charakteristisch:

Vielleicht die wichtigste Entscheidung, die die Regierung
! Er. Maj. zu treffen hat,, ist, ob England init Deutschland
j beim Bau der Bagdadbahn Hand in Hand gehen soll.

Es handelt sich nm den Bau einer Linie, die Europa
j direkt mit dem Pecsischen Golf verüinden wird. Die ein-
IZige llnterbrechung der großen Eisenbahnreise, die durch
f das Kreuzen des Bosporus veranlaßt würde, soll, wie
dorgeschlageN' durch eine Fähre bermieden werden.

Die Anatolische Bahn hat den Vau der projektiertm
^ Route schon um 400 englische Meiten bis Konia vorgescho-
ben, sodaß noch eine Strecke von 1600 Meilen übrig
bleibt, deren Kosten auf 18 bis 20 Blillionen Pfund Ster-
! ling veranschlagt worden sind. Deutschland hat schon lange
f und gerne davon geträumt, seinen Einfluß nach LAein-
lasien auszudehnen nnd nun seine Hoffnungen soweit ver-
k ivirklicht, daß es im Besitz der Anatolischen Bahn und der
fKonzession zur Lerlängerung derselben bis Bagdad ist.

Es wäre abcr ein zu geführliches Unternehmen,
' Ivollte Dentschland ohne Hilfe diese Konzession ausnützen,
baher die Aufforderung des Berliner Auswärtigcn Amtes
fan Rußland, Frankreich, England und Oesterreich znr
! Biitwirkung.

Rußland hat den Vorschlag vrompt zurückgewiesen.
! Richt einmal den Finanzlenten ließ man dort freie Hand,
f londern der russische Finanzmilnster v. Witte versiändigte
, dic Kapitalisten, daß der Ban Aeser Linie sich als höchst
i schädigend sür Rußland erweisen rnüßte.

Rußlands OpPosition ist durchaus verständlich. denn

- es betrachtet Pcrsien im Besonderen und den nahen Orient
sm Allgemeinen als innerhalb seiner Jnteressensphäre

i und iiimmt jeden Versuch, der anf Schwächung seiner
i Dlacht in dieser Region hinzielt, sehr übel auf. Das offi-

- zielle Organ des Ministers v. Witte hat dies auch nn-
ILWeideutig erklärt und daraus hingewiesen- „daß der kür-
!Zeste nnd natürlichste Weg von Europa nach dem fernen
^Osten und den Grcnzen Jndiens nicht über den Bosporus

Mid durch Kleinasien, sondern durch die asiatischen Be-
sitzungen Rußlands führe. Eine viel kürzere Linie nach
I Tndien sei projektiert gewesen, nämlich in der Fortsetzung
) der Orenburg-Taschkend-Bahn, die gegenwärtig im Vau
s begriffen ist."

Frankreich hat noch keine offizielle Antwort bekannt
s gegeüen, aber Delcasss hat dnrchblicken lassen, daß die

- lranzösische Rcgierung nicht gewillt ist, ihren Kredit und
Einsluß für das Projekt in die Wagschale zu werfen.

An England, haben die deutschen Staatsmänner
s sstmeichlerische Worte verschwendet, und in der Tat wäre
i ihnen englische linterstützung bei weitem am wesentlichsten.

^ Englands Hilfe wäre sehr erwüuscht nnter bestimiilten
! Bedingungen, die Mr. Balforir bereits angekündigt hat.

' Ilm den deutschen Plan mit ausführen zn helfen, hat sich
England zu verpslichten: 1. der Erhöhung der türkischen

Zmn Frankfurtev Gesangswettstreit.

Tem „S e ch s w o ch e n ch o r", der auf dem Frankfurter
Süngerwettstreit von den konkurrierendcn Vereinen zum Vor-
trag gebracht wird, liegt, wie schon gemeldet eine Dichtung
bon Felix Dahn zu Grunde, die folgendermaßen lautet:

Siegcsgesang nach der V a r n s s ch l a ch t.

Auf Siegesgesang
Fleug die Wolken entlang
Wie rauscheude Adlergefieder,

Doch hoch.die Walhall
r Die Einheriar all

Auflauschend schauen hernieder.

Seid bedanket zuvor,

Jhr, Wotnn und Thor,

Jhr kämpftet für eure Söhne
Jm Mchengebraus
Jm Sturmesgesaus
Wir erkannten die göttlichen Töne.

Jn der Wolken Gebild
Mit Speer und Schild
Die Wallüren sahcn wir jagen:
Wie der Schnitter das Korn
Hat der Himmlischen Zorn
Die Fremdlinge niedergeschlagen.

Jetzt kam uns die Zeit
Für unsäglichcs Leid
Gerechte Vergeltung zu zahlen.
Kcin Bube wird mehr
Jm römischen Heer
Von besiegten Germanien prahlen.

Zölle beizustimmen; 2. 'die indische Post über die Bagdad-
Route zu leiten und 3. der deutschen Bahn emen Endpunkt
in Koweit zu gewähren, einem Hafen am Persischen Golse
unter britischem Schutz. -

Jede dieser Bedmgungen legt England schwere Opfer
aus, und es ergibt sich, daß üei getrennter Untersuchung
dersslben, die Erhöhung der türkischen Zölle gerade es am
schwersten treffen würde, denn der letzte Bericht des Vize-
Konsul Wangh beweist, daß Englands Export nach der
Türkei sich 1901 auf 9 690 984 Pfund, der Deutschlands
nur auf 1 876 000 Pfund belief, also zu 1. Ferner
würde es dasselbe bedeuteu, den „drängenden Deutschen"
ziim Persischen Golse zuzulassen, was es wäre, wenn Ruß-
land sich dort festgesetzt hötte. Englands jahrelauge Po-
litik ist es gewesen, jede. solche Bedrohung, wie es der Be-
sitz eines Hafens im Persischen Golse durch eine andere
Macht darstellt- von Jndien fern zu halten, und nun. ver-
langt maii voii ims, daß wir diese Politik Plötzlich auf-
geben!

Und wofür? — Für eine beschränkte Kontrolle über
eine deiitsche Bahn — so beschränkt, daß wir gezwungen
wären, unvermeidlich, selbst weun wir dagegen protestier-
ten, dahin zu folgen, wo deutsche Polilik uns hinführeu
würde. Die Deutschen ha^en sich die Majorität im Auf-
sichtsrat gesichert und dafür gesorgt, daß die gauze Ver-
waltung ausschließlich deutsch sein wird.

Aber.zu diesen Opfern, die Deutschland offen von uns
sür unsere Ziilassuiig zu dem Plane verlangt, kommen noch
andere schwierige Verwicklungen hinzu, in die unser Land
dnrch das Projekt geraten könnte. Vor allem erregt der
Bau der Linie, wie scl)on bemerkt, in Rußland Feindfelig-
!cit, uvd Deutschland würde uns sicherlich in der Patsche.
sttzen lassen- würde Rnßland ofsen gcgen den Bau ein-
schreiten.

Ferner ist das Land, durch welches die Bahn sührt,
ein wildes und von barbarischen Nomädenstämmen be-
wohiit. Das kömite leicht eins Expedition zur Aufrecht-
erhaltimg der internationalen Rechte uötig machen, und
was ein solches Unteruehmen kostet, beweist z. B. die Mil-
lion Psuud, die wir wahrscheinlich für Somaliland ausge-
geben haben.

Auch die Türkei, der sinanzielle Bürge der Linie,
könnte ihrem Rufe gemäß handeln und sich als außeror-
dentlich schwierig erweisen.

Soweit das englische Blatt, das sich in diesec Ange-
legenheit mehr durch feste Sprache als klare Einsicht
auszeichnet. Viel mehr für stch hat die Ueberlegung. des
englischen Premierministers, der kürzlich im Unterhause
ausführte: Wir können den Bäu der Bahn wohl ersck)we-
ren, aber iiicht hindern, da ist es besser- wir beteiligen mis
daran.

Was die ausschließlich deutsche Verwaltung des Unter-
nehmens anbetrifft, so ist das Gegenteil richtig. Deutsch-
land, England und Frankrcich sollen je ein Viertel des
Kapitals aiisbringen imd dasür je 8 Blitgüeder des Ver-
waltungsrats stellen. Das ist doch gewiß loyal. Sv
wäre es zu wünschen, daß sich in England mit dsc Zeit

Die das Recht uns gekränkt
Jhr Blut hat getränkt
Die entsühnte heimische Erde.

Wie Schnee, der zerschmolz,

Liegt der römischr Stol;

Un.erm Hufschlag unserer Pfcrde.

Auf der Götter Altar
Bringt die Fahnen dar,

Deren Rauschen die Wälder enrehrte.

Die Legionen sind tot

Und vom Herzblute rot

Licgt Varus im eigenen Schlverte.

Heil dem Helden Armin,

Auf den Schild hebet ihn

Und zeigt ihn unsterblichen Ahnen.

Solche Führer wie der
Gib uns, Wotan, mehr —

Und die Welt, sie gehört den Germanen.

Dsr kimstlerische Nachlaß L. Fahrbachs.

Düsseldorf. 22. Ap^il. Jn der Kunsthalle ist
den „Düsseldorfer Neuest»-Nachr." zufolge znr Zeit die künst-
lerische Hinterlassenschaft des am 22. Januär 1802 verstor-
benen Düsseldorfer Malers Karl Ludwig Fahrbach ausgestellt.
Geboren wurde er in HeideIberg, u. zwar am 19. Dezbr.
1838. (Seine Geburtsstätte ist das Hans Unterestraße Nr. 4.
Red.) Er studierte in Karlsruhe unter W. Schirmer, ging
von dort auf einige Jahre nach München und zog 1867 zu
dauerndem Aufenthalt nach Düsseldorf, wo er seine bedeu-
tendsten Werke geschaffen hat. Zunächst sollen einige von
ihnen namhaft gemacht werden. Aus der vordüsseldorfer Zeit
stammen Schloß Eberstein 1860, Besitzer der Großherzog von
Baden, und das in die Sammlung de^s Kunstvereins in Karls-

eine richtigere Auffassimg der Bagdadbahnrmgelegeicheit
verbreiten möchte, als diejenige des obengenannten Lon-
doner Blattes ist.

Uebrigens lassen sich auch in Eugland selbst Preß-
stimmen vernehmen, welche die Sache viel freundlicher auf-
fafsein So sieht „D a i l y G r aphi c" iu der B a g-
d a d b a h n nichts, das nicht mit Englands legitiineii
Wünschen in Uebereinstimmung gebracht werden könnte
und das nicht die deutschen Begründer des Unternehmens,
ivenn England es wünscht, gern abändern würden. Wenn
die Frage der Kontrolle^gerecht geregelt werden könne,
so bleibe nur zu erwägen, ob die Eisenbahn ein Werk voll
allgenieinem Nutzeu sei und ob die Pläne von Englcmd
gutgeheißen werden könnten. England köime diese Fragen
niir bejahend becmtworteii, da cs ja oft dteselbe Eisenbahn
geplant habe imd die deutschen Zngenieure sehr tompe.
tent seien. Fvlglich salle dänn jeöer Grimd zum Wider-
spruch gegen eine Zollgaranlic weg.

(Die jüngste Entwickelung der Angelegenheit hat dahin
gesührt — siehe Neueste Nachrichten — daß die .englische
Regierung die Beteiligung an der Bahn abgelehnt hat.
Vermntlich wird sie das einst noch sehr bereuen).

Teulsches Rcich.

— Der Kaiser hat nene BesUiiimungen über die
B e f ö r d e r u u g der U u t c r o f f i z i e r e im Frieden
genehmigt. Es ift darin in Betreff der Besahigung aus-
gesprocheu, daß erprobte dienstliche imb außerdienstliche
Zuverlässigkeit imd inüttärische Branchüarteit Vorbe-
dingimgen jeder Bejörderung siiid.- Die Feldwebcl und
Wachtmeister, die Stabshoboisteii, Stabshorinsten und
Stahstrompetcr des ßi ardekorp s werden durch den
Kaiser, die Bezirksfelüwebel von den Brigadekommam
deuren imd dem Landwehr-Hiispekteur, alle übrigen Feld-
webel usw. von den Regimentskommansteuren oder diesen
in der Disziplinar-Sträsgewalt gleich gestellten Stabs-
offizieren eriiaimte.

— Die „Frankf. Ztg." schreibt: Die gestern mitge-
teilte, von sonst gut untcrrichteter Seite stammcnde Nach-
richt, daß die H a n d e l s v e r t r a g s-'L e r h a n d-
l n ii g e n schon ziemlich weit gediehen seien, scheint sich
iiichtzub e st ätige m Wir erfahren, daß überhanpt
noch keine materiellen Verhaiidlimgcn über Handelsver-
träge mit Rußland oder niit einem anderen Staate statt-
gefimden habcn. Vorlänfig verhmideln noch die verschie-
deneii Ressorts im Reiche und in Preußen über die Grimd-
lagen, auf die hin man in Verhandlungen mit anderen
Staaten und zwar wahrscheinlich zunächst mit Rußlnnd ein-
treten werde. Das wird in nciher Zeit geschehen können
uiid dmm werden die Verhanolniigm teils in Berlin,
teils in Petersburg geführt werden.

Deutscher Reichstasi.

B e r l i n, 23. April.

Der-Gesetzentwurf betreffcnd Ergänzung des Z 61

ruhe übergegangene Bild „Aus den Heidelberger Schloß-Rui-
nen", 1861. Kaiser Wilhelrn I. wurde im Jahre 1867 Be-
sitzer des Watzmann bei Berchtesgaden; Eigentum des Künst-
ler-Vereins „Malkasten" ist das Motiv aus dem Schloßgra-
bcn in Heidelberg; die Kronprinzessin von Schwedcn erwarb
ebenfalls eine Schloßansicht von Heidelberh; die Gemälde-
Gallerie von Karlsruhe ein dem Heidelberger Stadtwalde ent-
lehntes Gemälde, das Kaiser Wilhelm-Museum in Krefels
eine Landschaft aus dem südlichen Schwarzwald und der
Großherzog von Baden weiterhin einen Hcrbst im Buchen-.
walde. Zum Schlusse soll von den Aquarellen noch das
Schloß von Sigmaringen genannt sein, das im Sesitze des Für-
sten von Hohenzollern ist. Fahrbach ift einer der wenigen
Künstler der alten Generation, die mit dcr Jugend mitzuturr
verstanden oder ihr wenigstens Konzessionen machten, ohne sich
selbst jedoch dabei untrcu zu werden. Bon jener Art Malerei,
die sich eine Landschaft oyne sogenmmte eomantische Zutatett
nicht denken konnte, sind die Werke dieses Nachlasses denn doch-
weit entfernt. Nur eines von ihncn, der Drachenfels bcini
Mondschein, wirkt wie eiu Ueberbleibsel aus einer vergangenew
Epoche und bezeichnendcrweise ' ist gerade dieses Stück das
schwächste unter deu hier ausgestellten Lnndschaften. Fahr-.
bach giebt keiue Theaterdckorationen, er erzählt uns keine Ge-
schichten voll Ritter- und Mönchsromantik, fondern tritt uns
entgegen als warmer Naturfreund, als großer Verehrer der
deutschen Landschaft, die er uns fchildert, wie er sie mit vol-
lem Herzen empfand. Den tiefsten Frieden in der Natur zeigt
er uns, wenn dichter Schnee schwer auf den Bäumen lastet, in
verschicdencn Motiven; in ungleich stärkerem Grade zog ihn
jedoch der Sommer mit seinen satten Farben an; während der
Vorfrühling, der feiner differenzierte Empfindungen weckt,
ebenfo fehlt wie das letzte farbenprächtige Aufleuchten der ab-
sterbcndcn Natur im Herbst. Die köstliche Frische des Buchen-
waldes zieht den Künstler besonders an, der im Hochsommer
an den kühlen murmelnden Bach flüchtet, um hier in behag-
licher Ruhe mit sicherem, von allem nervösen Tasten freiem
Pinsel seine Lieblingsplütze, und die Aussichten, die sie ges
 
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