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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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45. Jahrgarg

. ^ 29

Miitwach 4 Mraar 1903.

Grscheint täglich, Lonntag» «u-genoin'nen. Prei» mit Kamilienblättern monatlich 50 Pfg. in'» Hau» geüracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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rn bestimmten Lagen wird keine Verantwortlichkeit überno«men. — Anschlagder Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Dic Löyning-Affäre.

Im preußischen Abgeordnetenhause hat sich der
Finanzminister o. Rheinbabcn gestern über die im vorigen
Tahre vielbesprochene nnd kürzlich noch im Rcichstage
^berührte Angelegenheit des Provinzialsteuerdirektors
Löhning ausgesprochen, der bekanntlich unter sehr
eigenartigen Umftänden in Pension geschickt wurde.

Der Finanzminister v. Rheinbabe n Mrte u. a.
gestern folgendes aus: Mr ist vorgeworfen worden, daß
ich den Provinzialsteuerdirektor zur Pensionicrung ge-
drängt habe, weil er sich mit der Tochter eines subalter-
nen Beamten verheiratet habe. Der Vorwurs wäre be-
grüirdet, wenn ich eine solche Auffassung gehegt hätte.
Das wiirde eine schwere Kränkung des Standes der süb-
alternen Beamten bedeuten, vor dessen vortrefflichsn
Leistungen, Hingebung und Pflichttrene ich die höchste
Achtung habe. Es wird inir niemalsindeuSinn
kommen, die Auffassung zu hegen, als ob die Toch-
ter eines solchen subalternen Beamten nicht einen hö-he-
ren Beamten heiraten dürfte. Noch nie hät mir ein Mensch
Ueberhebung gegen einen untergebenen Beamten vorge-
worfen. Jn der Eröffnung vom 9. März durch den
Dberpräsidenten häbe ich mich dahin ausgesprochen, daß
ich an der Verlobung an sich nichts auszusetzen hätte. Ge-
rügt habe ich, daß der Beamte mir keine Anzeige über
die Verlobung gemacht hat. Es konnte ihm nicht zweifel-
haft sein, daß Momente lokaler und persönlicher Art
seine dienstliche stellung in Poscn beeinträchtigte und
sein Verbleiben an diesem Ort unmöglich machen würde.
Jch kann auf diese privaten Dinge hier nicht eingehen,
bin aber zu vertraulicher Auskunft bereit. Mit Kasten-
geist habe ich nichts zu tun. Von jedem Beamten muß aber
verlangt werden, daß er solche Umstände, welche seine
dienstliche Stellung beeinträchtigen, erwägt. Wäre 8er
Provinzialstcuerdirektor rechtzeitig zu mir gekommen, so
hätte ich ihn in eine andere gleichartige Stellung versetzt
vnd er wäre zu einer Lösung gekommen, welche den
Persönlichen und dienstlichen Rückstchten entsprochen hätte. j
Laa auck- keine formelle Verpflichtung zur Anzeige der
Perlobung t or, sc mußte ich die Unterlassung um so eher
üoelnehmen, als si? in bewußter Absicht unterblieb. Jch
habe ihn desbalb gerügt mit dem Bemerken, daß er mir
oie Anzeige häne machen müssen zivecks Prüfung seinec
anderweiten diensilichen Verwendung. Auch der Oberprä-
Üdent verwabrte sich gegen den Versuch, daß die in ssinem
Gespräch mit dem Piröviiiziälsteuerdirektor gemachten
Bemerkungen verallgemeinert werden. Es handelte sich
baher nicht um ein amtliches, sondern um ein privates
Gespräch, welches der Prövinzialsteuerdirektor selbst
herbeigeführt hatte. Er ist eines Abends zum Oberpräsi-
dentcn gekommen. Der Oberpräsident war nicht zu Hause
ünd der Prövinzialsteuerdirektor hinterließ die Bitte, ihn
Kr einer anderen Stunde zn bestellen. Das ist geschehen.
Ter Bote, der zu diesem Zweckc ani nächsten Morgen
ausgeschickt wurde, traf den Provinzialsteuerdirektor
aber schon nicht mehr in der Wohnung, sondern auf dem
-Wege zum Oberpräsidium. Das Gespräch fand statt und
Mdete mit der Frage des Provinzialstenevdirektors, ob
er gelegentlich wiederkommen könne. Es war ein rein
brivates vertrauliches Gespräch und dieses hat er in sei-
ver Auffassung in einer Druckschrift wiedergegeben und
berbreitet. Ich überlasse das Nrteil über diefe Handlungs-
äeise dem hohen Hause.

i Noch mehr Erregung hat die Behauptung hervorge-
! rufen, -daß die amtliche Entlassung üahegelegt worden
sei, weil die Braut des Provinzialsteuerdirektors die
Tochter eines FeldwebeIs ist. Jch schlietze mich
in dieser Behauptung dem voll an, was der Kriegsmini-
ster im Reichstage gesagt hat und wiederhole, daß die
. Feldwebelstochter b-ei meiner Entsch'Iießung keinerIei
! RoIle gespielt hat. Jch häbe selbst daoon erst aus den
j Zeitungen Kenntnis bekommen, daß der Vater der Per-
. lobten ein Feldwebel gewesen ist. Jch bin selber ein.Söl-
! datenkind und weiß, daß d-er Feldwebel die Alütter der
! Kotnpagnie ist. Die Verhältnisse im O'sten mach.eii es be-
sonders nötig, -daß die Beamten ihre nationale Pflicht
betätigen. Die Beamten in der Ostmavk sollen nicht
stiimme Diener der Regierung und ein freies Wort
i ihnen nicht verwehrt sein. Wir verlangen äber, daß die
! Staatsregierung in der Gesamttendenz gegenüber den
uationalen Jnteressen des,Ostens bei ihren eigenen Be-
amten eine Stütze findet ünd nicht passi'ven öder 'dir-ekt
hindernden Widerstand findet. Mese Pflicht ist den Be-
amten des -Ostens in einem Erlatz ausdrücklich einge-
schärft. Herr Löhning hat in seiner gesamten Haltnng
bekundet, daß er die Politik 'd-er Staatsregierung zu
fördern nicht gewillt ist und ihr in wesentlichen Punkten
widerstrcbt. Das bewies er in der Wahlangelegenheit
gegenüber dem Gesuche des Landrats, auf die Beamten
seines Ressorts einzuwirk-en, -daß sie bei der Sstmmabgabe
ihrer nationalen Pflichten eingedenk sind. Der betreffende ^
Beamte trug das Gesuch des Landrats dem Provinzial- !
steuerdirektor vor, unö dieser erklärte: „Jch werde mich
büten, Zhiicn zu antworten. Der Landrat ü'berschreitet
seine Befugnisse und verlangt eine verfassungswidrige
Handlung. (Sehr richtig! link's.) Man kann es den
i Staatsbeamten nicht verdenken, daß sie' einen Polen wäh-
leu. Die Minoritüt muß auch vertreten sein." Der Pro-
vinziälsteuerdirektor hat das im wesentlichen als richtig
zugegeben. Von den Beamten müssen wir aber ein klares
Bekenntnis zur nationalen Frage verlangen, daß er
unter allen llmständen den Deutschen wähle. (Beifall.)
Was an dem Faß den Boden ausschlug und sür mich den
Ausschlag gab, war, daß der Provinzialsteuer-direktor
kein Bed-enken trug, seine abweichenden Ansichten über die
Ostmarkenpolitik seinen Beamten vorzutragen, die er an-
zuleiten und zu erzi-shen hat. Er hat ihnen des öfteren
sein Mißfallen über die Politik -der Stüatsregierung zu
erkennen gegöb-en. Jch hätte mich eines Mißtrauens ge-
gen die Ostm-arkenpolitik s-chuldig gemacht, wenn ich da
nicht zugegriffen und einen solchen Beamten an der Svitze
der Provinzialsteuerdirektion geduldet hätte. Eine Ver-
setzung in ein anderes Amt konnte nicht mehr in Frage
kommen und ich ließ ihm die Pensionierung nahe legen.
Ang-esichts der schweren Vorwürfe, die erhoben worden
sind, habe ich mich geprüft, öb ich etwa zu strenge vorge-
gan-gen sei und ich kann sagen, ich würd-e einer unverzeih-
lichen Schwä-che mich schuldig gemacht haben, wenn ich
einen derartigen Beamten nicht aus seiner leitenden Stel-
lung in den Ostmarken entfernt hätte. (Lebhafte Zu-
stimmung.)

An dic Ausführungcn des Ministers schloß sich eine
Dcbatte an, an der sich die Abgcordnetcn Kindler (frcis.
Vereinigung), Graf Limburg (Kons.), Frhr. v. Zedlitz
(Freikons.), Kirsch (Zentrum) und Sattler (national-lib.)
beteiligten. Aus ihren Bemerkungen ging hervor, daß

die Ausführungen des Ministers nicht durchge-
schlagen haben. Man nahm wohl bestiedigt Notiz davom
daß der Minister die Verlobung als Grund der Pensionie-
rung durchaus zurückwies.alleinLöhningsGeaenerklärungen
waren damit nicht beseitigt. Jedenfalls blieb dcr Ein-
druck, daß die Regierung es sehr ungeschickt angestellk
hat, den Beamten in das Pensionsverhältnis über-
zuführen._

Keulfcher Weichstog

Berlin, 3. Febr. Vizepräsideni Graf StolbeitD
! eröffnet die Sitzung Uhr. Er teilt niit, der Kaiser
j habe dem Reichstag eine Geg enüb erstellung der
i englischcn und deutsch en Linienschiffe, Kreuzer
j und Paiizer geschenkt, und widmet dann dem verstorbeueu
! Staatsminister a. D. v. Delbrück eineu Nachruf..

! Beim Etat des Reichstages rät Mg, Dr. P'<r.ch -
nicke (fr. Ber.) die Veranstaltung einer Ausgabe der Ge--
schäftsordnung an, die nicht nur die Paragraphen enthält,
sondern auch erläuternde Bemerkungen und PräzedeNAsälle:.

Abg. Singer (Soz.) stimmt dem Vorredner bezüglich
der Geschäftsordnung zu. Wünschenswert wäre es, wenn Üer
R'eichskanzler die frühere Einrichtung wie-derh.erstelle, Üerr
Reichstagsabgeordneten freie Fahrt auf allen Lmien zu gx-
währen.

Abg. Singcr (Soz.) wünscht für dic Hilfsbeamten deK
Reichstags, welche nur während der Session beschüftigt wer-
den, eine Art Wartegeld.

Abg. Dr. Bachcm (Zentr.) tritt cbensalls für cüie Bes-
serung der Stcllun-g der Hilfsbeamten ein. Die Robision der
Geschäftsordnung werde nicht mehr von diesem Rcichstas
durchgeführt werdeu.

Abg. -Singer (Sog.) meint, die Aenderun-g der Ge-
schäftsordnung sei von der Mehrheit erzwungen worden, urrs
ibaldmöglichst zum Zolltarif zu gelangen.

Abg. Liebermann von S-onneuberg (Antis.)-
meint, die B'estimmung, daß der Präsident cntscheide, ob ein
Abgeordneter zur Geschäftsordnung sprechen dars, müsse fallen-.

Abg. Müller - -Sagan (fr. Bp.) bcschwert fich über die
llngleichmäßig!eit in der Verteilung der Zulagen an- die Saal-
diener des Reichstags. Der Verkehr der Abgeordneten mit der
Autzenwelt dürfe nicht 'beschränkt werden.

ALg. Dr. Spahn (Zentr.) hält die feste Anstellung öer
Hilfsbeamten nicht für angängig. Eine Anstellung weiterer
Reichstagsstenographen sei nicht möglich.

Zum Etat des R e i ch s k a n z l e r s liegt ein Antraa der
»gg. Dr. Barth (fr. Ber.) un-d Müllcr - Sagan (fr.
Volkp.) vor, betreffend N e u e i n t e i l u n g der Reichs-
t a g s w a h l k r e i s e.

Abg. Dr. -S p a hn (Zentr.) will Maßnahmen zur besseren
Wahrung des Wahlgeheimnisfts, er'klärt die Gewährung von
Diätcn für durchaus notwendig nnd wünscht schließlich Aus-
kunft über die Stellung des Bundesrats zum Jesuitenantrag.

Reichskanzler Graf v. Bülow: Er verschließe sich nicht
den Zweckmäßigkeitsgründen zur Ge-Währung von Diäten,
müsse aber auch die Jntcressen und Anschauun-gen der Regier-
ungen- berücksichtigen. Die Gewährung -von Diäten bedinge eine
Aen-derung der Reichs-verfassung. Die verbündeten Fürsten ver-
zichtetcn beim Mschluh des Bundes auf se-hr viel wertvolle
Rechte. Die Neigung zur -Gewährung von Diäten sei bei diesen
nichtgroß. Bezüglich des Antrages Hompeschs (Zentr.) er-
klärte der R-eichskanzler, daß die Zulassung >von Rieder-
lassungen d>es 'Ordens der GeseIlschaft Jesu die Züstim-
mung der Regierung ni ch t f i n d e. Döch machen di-e konfessio-

Makterien in der Küch.

-r- Fünfter akademischer Vortrag. Vor cincr sehr zahlrcichen
«uhörerschar sprach gestern Geh. Hofrat Knauff über die
»Bakterien in der Küch e". Den Bakterien, die nicht
ftlle von gleicher Furchtbarkeit, von denen einige harmlos,
EUiige gar recht nützlich sind, wendet sich noch heutc das volle
-önteresse zu; töenn die auf fie gerichtete wissenschaftliche Arbeit
?uch nicht mehr die Sens-ation erregt, wie in deu ersten Zeiten
Pasteurschen Entdeckungcn. Wir wissen seit zwei Jahrzehn-
stn, dah viele unserer Krankheiten von kleinen Lebewcsen her-
^uhren, die man bald den Pflanzen, bald den Tieren zurechn-ct,
ein -Schmarotzcr-Dasein führcn und ihre Wirte oft schwer
miädigen. Wir könncn sie verfolgen und fassen, wir können
Rre Wirksamkeit bekämpfen, was um so notwerÄiger ist, als
Lebewesen, trotz ihrer Kleinheit, Katastrophen über die
ö(5nschen gebracht haben, die alles andere Unheil weit hmter
Nch lasftn. Als im Mittelalter dcr schwarze Tod, die Pcst, auf-
ftat, fielen ihm cin Drütcl, ja die Hälfte der Einwohner in
en voi, jhx heimgesuchtcn Ländcrn zum Opfer. P'rofessoren
uiid Studenten flüchteten damals aus H-eidelüerg, wenn der
^derrhci,, auch nicht so stark heimgesucht war, wie Jtalien.
?.chse furchtbare Krankheit, die stch in ihre Heimat, Zentral-i
zurückzog, und dic zurückzuweisen- voraussichtlich für im-
m-5. öcliugen wird, wird vcrursacht durch ein Eichen von einem
miouftri Gramm Gewicht. Da die Bakterien alles zerstören,

, nicht mehr lebt, kann man Konservcn nur herstellen, in-
die konservierenden Materialien vor Bakterien schützt.
S"hne diese gäbe es kcinc Fäulnis un-d Berwesung Jndcm der
^ Listers antiseptische Methode der Wunübehandlung
^hhut, geht cr über zu den lebenscrhaltenden Eigenschaften
, r llaktorien. Wie cs ohne sie kcine Pflanzenwelt gäbe, so wäre
, 5 organische Welt übcrhaupt längst abgestorben, wcnn es
Bakterien gäbe. Jn der Küche ist seit jeher ein ersolgreicher
M»s gegen die Bakterieir geführt worden, zunächst instinktiv

durch Bewahrung der Reinlichkeit, des mächtigstcn sanitären
Elementes, sodann- durch das Kochen-, welches z. B. die Tier-
keime, die im rohen Fleisch sind, unschädlich macht. Der festen
Masse der in d-er Küche verwendeten Stoffe sin-d Bäzillen in
Menge angeklebt: Typhusbazillen oder ähnliche. Wasser bietet
uns Heidelberg in einer Qualität, die den Genuß empfiehlt.
Die Milch kömmt aus dem gesunden Tierkörper als bakterien-
reine Flüssigkeit, wird aber verunreinigt durch die vielen Bak-
terien, die am Tiere selbst, den Melkapparaten, den- Gefätzen
und den Händen der Melker sitzen. Diese Bakterien sind h-arm-
lose G'ebilde, die sich- enorm vermehren. Jn einem Kubikzenti-
meter Milch findet sich über ein-e Million bon ihnen. Sie wachsen
mit groher Schnelligkeit un-d veränd-ern die Konstitution der
Milch. Für Kinder ist Sauermilch durchaus schädlich. Beim
Erwürmen der Milch werden diejenigen Keime, welch-e das
Sauerwerden verursachen, getötet, auch behält die Milch ihren
ursprünglichcn Geschm-ack. Beim Sterilisi-eren (d. i. Vernichten
dcr Keime) wird die Milch längere Zeit erhitzt. D-ie pathogcnen
Keime erliegen schon bei kurzer Cinwirkung der Hitze. B-ei
stärker -Sterilisierung wird -die Milch- intensiv braun, bitter
ungenieß-bar. Es ist nicht rich-tig, -wenn man sich bei Anwendung
der Soxhletschen Vorrichtung jeder weitercn Borsicht cntbun-
den glaubt, sie vermag aus schlechter Milch nicht gute zu machen.
Auch in der nach Soxhlcts Art stcrilisiertcn Milch vermehren
sich nach einigen Tageu die Keime ungeheuer. Wenn wir die
Milch 3 Tage hinter einander aufkochen, erst dann haben wir
vollkommen- kcimfreie Milch. Dic Bakterien vcrmehren sich
überaus schnell. Alle 10 Minuten etwa entstehen aus einem
Exemplar zwei. Sie leben in ganzen Kolonien. Fleischbrühe
kann Man durch einfaches Zudecken bor Zersetzung schützen. Die
Bakterien kommen durch die Luft, oft getragen durch Staub,
oder Fliegen und ähnliches Getier. «o ist die Hausfrau der
abgesagte Feind des Staubes. Alle Konscrvierungsmethoden
sind ein Kampf gegen Bakterien. Der Abschluß des der Ver-
d-erbnis ausgesetzten Materials mit Baumwolle genügen voll-
kommen zum Schutze gegtn die Bakterien. Man kann sie be- !

kämpfen durch Austrocknen der Materialien oder durch Kon-
servi-erungsmcthoden mit Salz, Zucker, Essig, Jmprägnierung
m!t Kreosot, wie es bcim einfachen Rüucherverfahren- geschieht.
Bei dcr Käsebcreitung, beim -Sauerwerden des Krautes spie-
len die Baktericn einc Rolle. 'Auf Stärkemehl zeigt sich der Ba-
zillus prodigiosus, der Wunderpilz, durch welchen das Blut-
wundcr der Hostie zu Stande kommt. Auch das Leuchtcu beim
Fi'sch ist auf Bakterieu- zurückzuführcn Die moderne Küche sist
au die Stelle des alten Herdes getrctcn, was früher Mittel-
punkt des Hauses war, ist in den Winkel g-eschoben. Der Schau-
platz einer unentbehrlichen, höchst anstrengenden Tätigkeit ist
oft -auf dem schlechtestcn Raume des Hauses, wo meist mcht
genügend Luft und Licht Zutritt hat. Es liegt gar kein Grund
vor, die Küche nicht zum Ehzimmer zu machen. Das Schlaf-
zimmer und die Küche sollen dic besten Räume des Hauses sein.
Der Redner, der unter dem lebhaftesten Bcifall geendet, er-
klärte einem großen Kreise Wißbegieriger der Reihe nach, die
vor dem Katheder auf einem freund-lich beleuchteten Tische
aufgestellten Demonstrationsobjekte, wo man auf verschiedenen
Präparaten mit großer Deutlichkeit die mannigfaltigsten Bak-
terienkolonien 'w Augenschein nehmen konnte.

Kleine Zeitung.

— Frankenthal, 3. Febr. Bei dcm vor ungefähr einem
Jahre zur Beobachtung in der hiesigen Krcis-Krankeuamtalt
untergebrachten zwci Leprakranken — -Vater und Sohn
— die nach längerem Aufenthalt in Brasilien, nach ihrem
Heimatsorte Bergzabern zurückgekehrt wareu, ist jetzt ärztlich
festgestellt, daß eine Heilung ausgeschlossen erscheint, nachdem
die furchtbare Krankheit völlig zum Ausbruch gekommen rst.
Der Bater, ein Jngemeur, ist 45 Jahre alt, der Sohn 15 Jahre
alt; ibeide werden voraussichtlich bis an ihr Lebensende inter-
niert und isoliert bleiben müssen, da die Ansteckungsgefahr be-
 
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