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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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cüicr frcmzösischen Zeitung nach Südafrika gegangen und
h bc später dic Waffcn gegen England ergriffein
Norwcgcn.

C h risti ania, 21. Jan. Dcr Präsideut des Stor-
thing, Bcruer, hcu heute folgenden Antraz erngebracht:
Das Storthing spricht sich dahin aus, daß zur Förderung
dcr Jntercssen unscres Landes uud zur Aufrechterhaltung
der guten B ziehuugen zwischeu den vereinigten Reichen
wünscheuSwcrt ist, daß jeht ciu getrcuntes uor-
wegisches und schmedisches K o u su lat s w es e n «r-
richtet wird, ohne daß diese Frage init der Frage der
Leitung dcr answartigeu Ailge!egui.:eitcn verbuuden wird.
Tcr Autrag soll am Freitag erörtcrt werden.

Asicn.

- Ter konscrvative französrsche Deputicrke Graf de
Nl ii n übermittelte dcr Zcituug „La Croip" zwei Schrei-
ben, die er vom Provikar Giiebriant vou Südsutschuen
in China, und vom Monsignore Dunand, Bischof von
Südsutschncn, erhielt. Jn den Schreiben wird behaup-
tet, in China mache sich eine neue Boxerbewe-
g ii n g bemcrtbar, welchc sehr gefä'hrlich zu werden
drohe. Diese neue Bewegung sei zweifcllos von den
Führern dcs Boreraiifstandes von 1900 angezettelt,
welchc in Scts ch w a n angeblich im Exil, in Wirklich-
keir aber mit Ehren über'häuft leben. Guebriant meint,
man schweige über diese Bewegung, weil durch derartige
Nachrichten gcwisse ffinanMll^ Koinbinationen gestört
werdcn würden. Graf dc Mun bemerkt, er 'halte es für
uncrläßlich, die öffentliche Meinung uber die in beiden
Briefen geschilderte äußerst schlimme Lage der Christcn
M Südchina auszutlärcn.

Aus Stadt und Land.

-p 18. Kongrest dcr Allgcm. Radfahrer-Uinvn. Jn der

Zeil vom 11.—1k. Juli tagt in unserer Nachbarstadt Mann-
tzeim der 18. Kongretz dcr Allgem. Radfahrer-Union, der sich
nach den Borbereitungc», die jetzt schon gctroffen werden,
glänzend gestalten wird. Jm Mittelpunkt der Beratungcn
wird die Einigttngsfrage der gesamten deutschen Radlerschaft
stehen, wodurch gerade dieser Kongretz die Aufmerksamkeit
aller deutschcn Radfahrer lebtzaft zu crregen in der Lage
ist. Tcm Festkomitee gehörcn die angeschensten Bürgcr Mann-
heims an, der Oüerbürgermeister hat bereits den Ehrenvorsitz
übcrttommcn, sodatz Ivohl erwartct tvcrdcn kann, datz dcr Kon-
greh ein brillantcs Radlcrfcst wcrdcn wird. Wie uns mit-
getcilt wird, ist auch der B c s u ch u n s e r e rS t a d t iix Aus-
sicht genommcn, eiue Rcckarfahrt uud grohe Schlotzbc -
I e u ch tung gcplant.

-p Dossenftcim, 20. Jan. (S a n i t ä t s k o l o n n e.)
Am veiflosscncn Somitag yiclr Herr Rcchtsanwalr Dr. Baner
aus Heidclberg im Saale des Gasthauses „zur Rose" dahier
eine Bersammlung der Mitglieder des Militärvereins behufs
GrünLung ciner Sanitätskololnne äb, welche sehr
zahlreich besucht war. Es mögen uach oberflächlicher Schätzung
mindestens lllii—170 Mitglieder anwescnd gewescn scin. Nach
einem Bortrag dcs geuannten Herrn, worin derselbe die Vor-
zllgc der Bildmig einer Sanitätskolonne dringcnd ans Herz
legre, erklärten sich sofort 18 Mitglicdcr bereit, dcrselben bei-
zurrereil. Gcwitz cin Zcichcn, datz seine Worte und Erläute-
runqen nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen sind,

Karlsrufte, 20. Jan. (Reformgymuasium.) Vor
sechs Jahxcu ist bckanntlich beschlosscn worden, das hiesige
städtische Realgymnasium in ein sogenanntes Reformgymua-
sium in dcr Weise umzllwaudelu, datz neue Klassen des ersteren
nicht mchr crrichtet, dagegen Klassen der ncuen Schule erstellt
werdeu solleu, sodatz die neue Anstalt allmählich in die alte
hincinwächsr. Die nene Anstalt hat in den drci unteren
Klaiien den Untcrricht der Realschu'lcn und tcili sich von dck
an in eine lateinlose (Real-)Schule und sn cine Abteilung mit
Latein. Nach weiteren zwci Jahren tcilt sich die letztere Ab-
teiluug in eine gymnasiale nnd eine rcalgymnasiäle. Der Ober-
schulrat hat nunniehr mit Staatsministcrialgenehmigung auf
Antraq des Stadtrates bestimmt, datz die A b i t u r i e n t e u -
zeu g n isse der beidcn letztereu Mteilungen jencn der bisher
bestehendcn reinen Gymnasten und Realgymnasicn gleich zu
achten sind. Entgegen dcm stadträtlichen Borschlag hat die
Anstalr jedock, lnnftig die sachlich nicht ganz Zutrcffende Be-
zeichnuug „Realgymnasium mit Gymnasialabteilung" zu füh-
ren. Die neue Anstalr erfrent sich scit ihrem Bestehen des
grötzten Zuspruchs, nnd besonders hoch wird der Vorteil ge-
schäbt, daß die Schüler sich erst mit dem Eintritt in die Unter-
sekunda cntscheiden müsscn, ob sie sich eine hnmanistische oder
realistische Bildung aneignen ivollcn.

"zubeugen, sehen- müssc, wohin er ziele. Dazu brauchte er
Licftt. i

Als Paul mit dem Lichr in der linken, mit der Waffe in !
Ler rechren Hand vor dcn kleincn Spiegcl rrat, fuhr cr mi-
willkürlich zurück, denn entgegen starrte ih-m —. — — das
Antlitz seines Batersl — Die in unsicherer Hand gehaltenc
fchwache Kerze, welche flackernd Licht und Schatten unregel-
mätzig auf dcr kleinen Fläche verteilte, dazu die Spuren des
tiefen Seelenleidens der letzten Stunden, die sich in seine Züge
eingegraben, hatte die Täuschung vollendet! Die Spannung,
die sö lange das Herg des Unglücklichen bedrückte, löste sich,
„Barcr, lieber, armer Vatcr" — war alles, was er hervor-
bringen konntc, und mit cinem Strom von Tränen sank e,r,
Waffe und Licht weit von sich schrebend, auf dem Sopha zu-
sammen. Dre Erinnerung an den Vater hatte ihn vor dem
Schrecklichsten bewahrt! Wcnn der Vater die Last des Lebens
unter ganz anderen, schwereren Verhältnissen so lange getragen
hatte und jetzt noch ertrug, dann war es eme Feigheit für ihn
-— den Sohn — so aus dcM Leben zu scheiden und den Elteru
autzer dem Schmerz über seinen Tod, auch noch seine materiel-
le Verpflichtungen aufzubürden! Endlich machte auch bei ihm
die ermüdetc Narur ihre Rechtc geltend.

Ms der junge Offizier nach unruhigem, durch schwcre
Träume gestörtcm Schlafe erwachtc, fand er sich Noch völlig
angekleidet auf dem Sopha liegend, fröstelnd und an allen
Miedern wie zerschlagen. Wie ein wüstes Traumbild tauchten
allmählich die Erlebnisse dcr lctztcn Nacht vor seinem Gedächt-
nisse auf und trafen ihn von ueuem mit solch vernichtendcr
Gewalt, datz cr allcr sciner Willenskraft bedürftc, um sich
uichl von frischem der Verzweiflung hinzugeben. Der Kopf
war ihm so wüst, die Aussichren, die ihm die Zukunft bot, so
grau wic der cben aufdämmernde Wintcrtag. Mit wahrem
Abscheu warf er den epaulettengeschmückten Waffenrock von
sich, als unschuldigen Zeugen seiner erst so günstig aufgeh'enden,
daun so pkötzlich vernichtenden Hoffnmigen dcs gestrigen Abcnds.
Das eiskalte Wasser, in wclchem cr seine glühenden, fiebcrnden
Schläfe badetc, kühltc ihn nur insoweit, datz cr mit um so
grötzercr Klarheit und Dcutlichkeit die gauze Tiefe des Clends,
in dem seine FaiNilie schmachtete, zu ermessen vermochkek

Wohin sollte das noch führcn? Die Hoffnungen, dic er
nacy den Andciitungcn der Mutter auf die so ausfichtsbolle Bc-
schäfrigmig dcs Vaters gesetzt, dkc eine» sichere» Hasen für -

80 Schopffteim, 21. Jan. (Ein jugendlicher Le -
bensretter.) Vor einigen Tagen hat der etwa 12 Jahre
alte Sohn des Schneiders Samuel Grether das 6jährige ein-
zige Söhnchen des Adlerwirts Holleweger bom Ertrinkungstot
gerettet. Dre beidcn Knaben waren in der Rähe der oberen
Säge über einen schmalen Steg, der über das Wehr führt, ge-
gangen, wobei der jüngere plötzlich das Gleichgewicht verlor und
in das Wasscr ftürzte. Dcr ältere sprang ihm beherzt uach
und brachte ihn einige Metcr unterhalb des Steges glücklich
ans Ufer. Lieber wäre er selber ertrmiken, äls datz er seinen
kleinen Kamcraden im Stich gelassen hätte, so äuherte nachher
'der jugcndkiche Retter, der für seine wackere Tat gewitz An-
erkennung verdient.

X Patentbericht für Baden vom 2i. Zonuar 1V02. um-
aeteilt vom Jnternationalen Patentburean C. Kleyer in
ffarlsruhe (Baden), Kriegsstraße 77. (Auskünfte ohne Recherchen
iverden deu Abonnenten dieser Zeituvg kostenfrei erteilt.)
Die Ziffern vor den betreffenden Nummcrn bezeichnen die Klasse.
vaten lanmeldirngen: 79b. P. 13882. Vorrichtung für
Zigarrenwickelmrschinen zur Abstandsänderung der Wickelwslze
von dem Wickeltisch. W. Pfrommer, KarlSrufte i. B S August
1912. Patenterteilungsn: 49i. 13967t. Verfahren zur
tzerstellung von massiv m Doub'siroht; Zus. z. Pat 88 839.
Fr. Kammerer, Pforzhetm. 21 Mä z 1902. 33 o. 191978. Trag-
bare Toilettenaurrüstung für Damen, bestehrnd in etnem mit
Zifferblatt und Zeiger versehenen Damenuhrgeftäuse, welches im
Znnern ein Parfümfläschchen aufnimmt. das sich der Form de»
Hahlraumes anpaßt. Friedrich Faller, (Lütenbach. 17. Dezbr. 1902.
41 n 190 706. Jn Form eines Petschaftes gsstilt ter Sch uuck
als Anhänger oder dergl. mit velschiedenarttgen Jaschriften und
verschiedenem Jnhalt. Fa. Victor Mayrr, Pforzhetm- 29 Sep-
tember 1902.

Karnegie und seine Leute.

London, 20. Januar.

Die amerikanks-chen Großindustriellen schreiben be-
tanntlich einen großen Teil ihreS erstaunlichen Erfolges
der Methöbe zu, nach d§r sie ihre Angestellten ans-
wählen mid behandeln. Sie amüsieren sich darüber, daß
in den ineisten industriellen Etablissements der alten
Welt cin Akann erst cine bestimmte Altersgrenze über-
schritten haben muß, bevor er für würdig erachtet wird,
andcre zn leiten und zu beaussichtigen. Fn Amerita
ijt das andcrs, wenigstens in der Regel. Wenn dort
ein Arbeitgeber nnter seinen Lenten einen bemertt, der
besondcre Fähigteiten zu hab-en scheint, und pon dem er
glauLt, mehr erwarten zu könmm, dann wird cr m nenn
Fällen von zehn ihn aussondern nnd ihm cine Ehance
geben, die Erlvartungen zu rechtfertigen. Geschieht dies,
dann swht ihm der Weg zu Ansehen un-d Reichtum offen.

Ein klassisches Beispiel hierfür gieb! der bekannte
Jndustriemagnat Mr. Andrew Carnegie, der sich kürzlich
einem Int-erviewer gegenüber da'h.in äutzerte,' datz, wenn
immer er einem Mannc begegnete, der durch irgend ein
Wort oder eme Handlung seine Aufnterksamkeit erregte,
und in ihm das Gefühl erweckte, als habe er die geschäft-
lrchen Onalitäten, die cr, Carnegie, 'brauche, so gebe er
ihm die Chnnce, dies zu beweisen. Daß dies keine leere.
Redensart ist, beweist der F-all Mr. Peacocks, eines der
sührenden Männsr in der sogenannten Carnegie-Gruppe.
9Nr. A. N. Peacock war früher Ver'käüser in einem New-
yorker Gwschäft sür Bnumäkerialien, und seine Art,
Miistcr zu zeigen, gefiel Carnegie so, daß er eines Tages
zu ihm sagte: „Iunger Maim, Sie werden ciiles Tages
reich werden." Mr. Peacock lachtc nnff ant-wortete: „Wenn
das wahr wäre, so würde ffch dem Manne, der nür dazu
veichülfe, ein gut Teii dnvon abgeben." Carnegie nähm
ihn beim Wort, indem er sagte: „Gehen Sie zu ihrem
Chcf, kündigen Sie und kommen Sie mit mir." Peacock
tai wie ihm geheißeu, »nd er hat es nicht zu berenen gc-
häbt, denn sein Vermögen wird heute auf vierzig Millio-
uen Mark geschäht.

Ein anderes Mitglied- der Carnegie-Gruppe ist Mr.
Elcmson, dor, in Pennshlvanien ge'hoten, mit nöun Jäh-
rc-n bei ci'ncm Hufschmied in die Lehre trat. Mit neun-
zehn Fahren kam er iu eines der Carnegic-Bergwerke nnd
als er gefragt wurde, was cr könnc, antwortetc er:
„Pferde-beschlagen". Zu diesem Zwecke wnrde er auch nn-
genommen, äbcr er zeichnete sich in semer speziellen
Branche bald so ans, daß Carnegie Befehl gäb, ihn in
das techinsche Departement zn versetzen, wo er sich gleich-
falls bewährte und von wo aus er 'ffen Meg zu seiner
jehigcn Position beschritt. ^

die Zukunft berheitzcn sollte— wo waren sie hingekoimnen?
Tie Stellung eines Bedienten mit äll ihren Demütigungen, ab-
häugig von jeder Laune des Kerrn; mit vlerwöchentljcher Kün-
digung. Daz-u ein Lohn, wogegen sein eigenes Gehalt ein
fürstliches zu nennen war. Wiedcr und wicder packte ihn die !
Bcrzwciflung, so datz er, um nicht laut aufzuschreien und den !
av nnd zugchenden Burschen nicht auf seine» Seelenzustand
aufmcrksam zu macheu, krampfhaft in das Handtuch bitz.

Was follte er tun? Als cr gestcrn, mit einer gewissen
Ucberwindung, einen ersten Schritt getan, der ihm die Mög-
lichkeit geben konnte, sich und vor allem die Kleinen vor der
gemeinen Not des Lebens sicher zu stellen, da hatte er sich im
Jnneren gelobt, sich nur danu biuden zu wollew ivenn er es
ohne Eiubutze an seinsr Selbstachtung tun könne, Und nuu
hatte sich älles weit günstiger gestältet, als er gedachtämd selbjt
zu hoffen gewagtl Wenn er ganz ehrlich war, mußte er sich
frcilich gestehen, datz er ohne den goldenen Hintergrund wohl
nie auf den 'Gedänken gekommen sein würde, um Gisela Fried-
land zu werben; allein wie die Verhältnisse eimnal lagen, und
in Anbetracht dcs crzielten raschen Erfolges und der entschic-
den nach vielen Richtungen bestechen'den Eigenschaften des jun-
gen Mädchens, durfte er auf eine harmonische Entwicke'lung
auch für die Zukunft hoffen. Aber das' war jetzt alles vorbeii
Scin Herz, das machte er sich klar, war am wenigsten beteiligt,
ivenn der gestrige Abend ohnc jede Folge blie'bl Der Schmerz
um dic Seinen, ihre uNsichere Zstkunft, vor allem der Vateri
Das war es, was ihm mit tiefster Wchmut die Seele durch-
schnitt! Dazu dcr Gedanke, nicht helfeii zu könncni

Was sollte er der Mutter, den Schwesteru sagen? Sollte
er den Vater auch ihnen gegenüber schnöde verleugnen? Sollte
er andererse'its der Mutter den Kummer machen, datz er um ihr
so sorgfältig durch fromme Lüge gehütetes Geheimnis wisse?
Denn datz die Mutter in die Verhältnisse eiugeweiht sein
müsse, darüüer konnte er keinen Zweifel mehr haben. Allmäh- >
'lich war es Ze'it geworden, sich für den Dienst fert'ig. zu machen.
Nicht vhne Vangen dachte Paul an das Zusämmentreffen mit j
Södhen, der sicher nicht unterlassen würde, ihn wegen seiner
gestrigen Crfolge des näheren auszufragen und zu einer so-
fortigen Ausuutzung derselben anz-ufeuern. Jm Begriff, sich
den Paletot über den leichten Turnanzug von dem Burschen
umhängen zu lassen, wurde er durch ei^ Klopfen an dcr Tür
untevbrochen. Auf sein „Hereini" erschien em Dienstmädchen

Mr. Carnegie aber versteht es nicht nur, seine Leuts
auszuwä-hlen, sonbern anch sie gut zu behandeln, so.daß
sie die Freude an der Ar'beit zücht verlieren. Der jeiffg^
set'retär und Schatzmeister der Carnegie Conipany, M»-
Moreland, war einst -— als er noch Rc-chtsanwalt det
Gesellschast war —- zu einer Unterredung mit dem Ober"
haupt eingeladen worden. Bei Tisch wnrde Wein
viert, aber Mr. Moreland crt'lärte: „Danke, ich triute
nicht." Nach dein Essen lies; Carnegie Zigarren herttM
rcichcn, aber Mr. Moreland erklärte wiederum: „Dante,
ich rauche nicht." Carnegic sagte noch nichts, äber er >oat
doch ausmertsam geworden, >mä als später ein „Ieiv
chen" vorges-chlagen wnrde, und Mr. Moreiand wiedet
mit den Worten ablehnte: „Danke, ich spiele leider niäst
Karten" fragte Earnegie ihn, weshalb cr alle dffese DiNg^
verschinähc. „Sie haben nüch immer so piel arbciteff
lassen, das; ich t'cine Zeit hatte, sie gii lernen," lautcte die
Antwort. Carnegie besann si-ch einen Augenbück »»>
sagte daim: „Ich werde I'hnen drei Monate Ferien ge'
ben. Aber dann gehen Sie irgendwo hin nnd lcrneN
etmas anderes als wie arbeiten."

Mr. Wiliiam E. Corey, der Präsident dcr Carneg^
Company und der Carnegie Steel Company, war now
vor wenigen Jahren Karrenschicber in einem der Carne'
gieschen Eisenwerte, nnd er zeichnete sich durch weite^
nicht aus als durch seinen Flciß. Als cr zum Ausseti^
über die Karrcnschieber ernannt imirde, bemerkte
bald, das; miter seiner Leitung mehr gearbeitct wM'o
als je zuvor, und daß die Leute weiüger UnzufriedeR
heit zeigteu. Von da an wurde er iminer raschcr be'
sördert, während er am Abend und des,Nachts an öe
Vervollt'omminmg seiner Bildnng arbeitcte.

Selbstverständlich sind das Ausnahmen. das heiiw
bcsonders günsüge Fäite. die die Methode nnr illttstr'^
ren sollen, aber e-Z kann kaum ein Zweifel darübcr bff
stehen, das; man in der alten Welt'häufig nicht sch i^c,
arbcfftet wie man vielleicht köimte, weil man weiß.
wan doch vor einer besümmten Frist weder anf eine
höhimg des Cintoiiniiens uoch auf eine Besörderuna
iien knnn. Tas büreankratische Alters- mid Klassemost^
übt eben noch eine zn graße Gewalt ans.

Kleine Zeitung.

— Münchcii, 11. Ianuar. D!e hiesigen Jeitnng^
berichten, daß das Schöffengcricht den vexheirateä
Maurer PNartin Pollingcr. der sich vom Be t t e l näh>'»'
zn ciner Woche Hast vernrteilte. In der VerhandM"
nmrde konstatiert, daß Pollinger wäiirend des OffC-
'sestes 300 Mark erbcttelte. Fast jeden Sonntag gab
bei den Pollingerschen Eheleuten Geflügel. Als >h
Fr-au Poliünger einmal am Brunnen eine fette
wusch, sagte sie zu deu Umherstehendcn: „Seht, so
d' Bettelleut'." Hier hat man ein Beispiei sür viele.
öffentliche und der nnverschämte Bcttel nähren hier
Mann. Auf eincm gutbesetzten Biert'eller verdien^ >'!'
ein Bettler mit Leichügteit an einem Sonntag
mittag 50 bis 60 Mark. Ebenso im Winter an den gj'M?
Bierstätten, wenn es auch da intensivere Arbeit kai>ch
Der Mnssenkonsiim 'bringt anch den Viassenermerb, ^
wer ni-cht giebt, der kanu von de» Unisitzenden irottis^',
werden. Lie Bätler, die an den Wegen doc allgeinech^,
Sonntagsaiisslüge sitzen, verdienen 20 bis 10 Mark.
sogenaiinten Loheivicrtel ivar eine Wirtschaft, in der
regelmäßig in einem Extralökale die Großbettler traä),
Die Wffrtin war eine exquisit-e Köchin, nnd an den ^
lerabenden gab es stets nur anserlesene Neicheiteu >^
Saison. Jn Haidhausen existierte ein Bettler, der
Vierzimmerwohnnilg hatte und wie -ein behäbiger
tier lebte, einen seiner Söbne studieren ließ und mü Of
dur-ch, daß er seine F-ran hänfig prügclte, bewies, a
welcher ethischen Stufc er stand.

— Miüiiz, t!>. Januar. In dem benachbaft^
Teltenheini lebt ein Aiann mit Namen.Georg Becht.
im vorigen Herbst 100 Iahre alt geworden ist.
den Graftllanten befand sich damals aiich der Obcrst
7. Negiments, tn dem der Iubilar in den 20er Iabm

des vor

Der Obersi veripra-ch dem Fubiiar, geiegentiich das
gmient in Parade an ihm vllrbeizilführen. F,st
Gelegenheit ergab sich am Samstag bei einer F -

ügen Iahrhunderts als Unterossizier gedient >>^,
berst verspra-ch dem Iubilar, gelegentlich das^^ji

mit cinein kleinen Billet mit Pauls Adresse, in deren flüch»^-
Zügen. er auf dcn crsten Blick die Handschrift des Vatcä'
kannte. sV'

Niit hastigem Griffe entfalrcte Panl das Schreibcn, e
Jiihalt er m'it klopfcndem Herzcn überfflog. Dcr Bricf läst'ch
„Bcrlin, Viktoriastratze W. Mcin lieber Sohni
mich hcute Nachmittag von fünf llhr äb in deincr Woftsä.F
ich ivcrde anf jedcn Fall kommcn, wenn cs auch vielleicht.üsi
wird. Sage Mama noch nichts, datz wir u»s gesehen, äl)
werde ihr alles erklärcn. Nur sich nicht selbst aufgcbcn, >
hilft der liebc Goit schon weiter. Dein treucr Vatcr." ^ st/
Dieses Schreiben, so kurz es war, gotz Trost und Dö-.->>
in Pauls zerrisseucs Gemüt! Wenn der Vatcr unter d ^->>
Verhältuisscn deu Kopf hoch h'iclt, dauu durftc auch
Mut uicht siuken lasseu l .

Ju dcr Turuaustält hörtc Paul mit ciuem Gefühle d>ä
lcichteruug, datz sich Sodheu bom Dienst hatte eutbindc>>
seu, 'so datz er 'dem -gefürchteten Zusmnmeutreffcn
Frcunde cinstweilcn — wcnigstens' für vicrundzwanzig
oeu — entrückt war. Morgeu würde er wohl eher /
Autwort stehcn können als heute, wo er aller Willcuskcsti -p'
durfte, um nur deu körperlicheu Anforderungeu 'des D>?.^(
dcm cr sich soust mit Hingabe gewidmet, gerccht zu

Eudlich waren a-uch dicse Stundcu vorüber. doch da»mä
Qual dieses Tages uoch uicht erschöpft, da Paul sich
fürchtctc, in seiner augcnblicklichcn Gemüts- und Kö»p>
fassuug dem forschendcn Muttcrauge gegeuüber zu treteM^
dem bcdurftc cr der Ruhe, schon um deu Bcsuch des Vak>'>^h
vollen Kräftcu erwarten zu können. Er cntschlotz stw-^ps,
zur Notlügc, auf c-iucm Zettel, den cr durch cinen DiclNtz./
besorgen lietz, sein 'Wegbleiüen bon Tiffche durch übff.n>
Müdigkeit zu eutschuldigcn und seiueu Besuch crst st'ziä
nächsteu Tag iu Aussicht zu stellcu. Er fühlte sich z>> /
Ausrede um-so mehr berechtigt, als dcr Vater ffe'lbst
gefordert hattc, von ihrem Zusammeutreffen uichts M!
nen. D'iesem Wuusche nachzukommeu, weun er sich .äliip
Auge mit deu Seineu für lange Stunden gesehen, ivä^^
seine Kräfte. gegangeu, uoch dazu nach einem ffolchen
sehen, bei dessen Gedanken ihm das Herz noch immer ft'
zn schlagen begmm.

(Fortsetzung folgr.)
 
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