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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0348

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scheiduna seiner Disferenz mit dem Vormami Riesteter
wied-er in Dienst gestellt werde. Da der Vorstand des
Norddeutschen Lloyd diesen Wunsch als billig anerkannte
und die Wiedereiiistelluiig Lrimmsilngs demgemäs; anord-
nete, wur'de seitens der ssommission die sofortige
Wiedera u f n a li ni e der Ar'bcit zugesichert und der
S l r e i t d a m i t s ii r b e e u d e t erklärt.

Keutjchcr Meichstug

V e r l i n, 18. ssebr.

Fortsetzung der Beratuug des Reichsamt Les
Hnnern.

Wg. Dr. Crüger (fr. Bp.) kvmmt noch cinmal auf dcn
Ausschlutz von Gciiosiensihaftcii auf dem ztreuznacher Genos-
senschafrstag zurück und wirfl den Sozialdcmokraten vor, datz
sie ihm das Worr im Mnnde verdrehten. Der Ausschlutz fei
aus wirisckiafrlichcn Gründen crfvlgr.

Abg. Lchwarzc (sttr.) üefürivortet dic baldige Einfüh-
rung des Befähignngsimchwcises im Baugewerbc und vcr-
ieidigi die Politik des Zentrnms gegen die sozialdcmotratischcn
Angrifse.

Abg. Dr. S töckc r fragt an, ob dcr Ausspruch: „Christlich-
sözial ift Unsinn" anthentisch sei. Die christlich-soziale Bcive-
gung haüe in England sehr viel zur Beruhigung dcr Arbeitcr-
bewegung bcigetragen. Die Sozialdcmokratcn bczeichneten
den Berdienst dcr Unternehmer als Blut nnd Schandgcld, wenn
aber die Sozialdemokraten selbst 'Gcschäftc machten, so sci das
etwaS andercs.

Äbg. Rcitzhaus (Soz.) wünfcht ctwas ivenigcr Ucbcr-
hebung seitens Stöckers und bemängeltc dic Berichte der. Ge-
werbeckussichtsbeamten in Sachsen-Meiningen.

Abg. Stöcker bemcrkt, datz entgegcn dcn ihm gegenüber
verbrcilctcn Vcrleumdungcn sich hcrausgcstellt habe, datz keinc
Spur diwon berechtigt gewesen sei. Die Sozialdemokratc» soll-
ten sehen, datz dcr von Schumann dcm Abgcordneten Bebel
borgcworfenc Memeid klar gestellt werde.

Apg. Wnrm (Soz.): Der Meinetd Bebcls werde von
einem geivöhnlichen Lumpcn, eincm Gerichtsspitzcl, vehaupict.

Mg. Herzseld (Soz.) erbittet Aufklärung übcr die
Tragweite der ncucn Sccmannsordnnng bczüglich dcr bcstchen-
den Heuervcrträgc.

StaatssekrctLr Lx. Graf v. Posadowsky: Vom pri-
vatrechtlichen Standpunkt aus könne man der Seemannsord-
nung nicht ohnc wcitcrcs rückwirkcnde Kraft znschrcibcn. Vom
sozralpolitischen Standpnnkt aber müssc man wünschen, dah die
Sckmtzbestimmungen für Seclentc sosort in Kraft treten. Die
Fragc sci aber so schwierig, datz cr sich versagcn miissi, autori-
tativ der Rcchtsprechung vorzugreifeu.

ALg. Ledebour (Soz.) wendet sich gegcu den Abgcord-
ncten Stöcker. Nls cv bemcrkt, Stöcker ha'be sich nicht geschcut,
Geücl des Meineids M beschuldigen, wird ihm vom Bizepräsi-
dentcn cntgegnet, Stöcker habe das nicht ausgesprochen, sonst
härie er dies gerügt.

Wg. L'c n z m a n n (fr. Bp.) hült Stöcker für cinen poliüsch
toren Bknnn. Er habe Gelcgenheit gchabt, in dcm Prozctz
Wiite die WährhciMiebe und die christliche Nächstcnliebc
StöckerS kcnneii zu lernen. Bezügkrch der Seemannsordnung
meine er, datz die der ncnen Secmannsordnnng nicht ent-
sprcchenden Heucrverträge nach dem Jnkrasttretcn dersclben hin-
sällig scien.

Staaissekrctür Tr. Graf v. Pofadowsky: Es seien
Fälle zu entscheidcn, wv die Hcuerverträgc äbgeschlosscn sind,
bcvor das neue Gesetz amtlich veröffcntlicht wurde, und solche,
die erst nach der Pnblikation abgeschlosscn scien. Zwcifelhaft
können nur die ersteren sein.

Abq. Singer (Soz.): Die Rcde Stöckers crwecke bei sei-
ncr Partei nnr das 'Gefühl der Lächcrlichkeit mtd dcs Mit-
leids. Wer gcgcn Bcbel nach sciner dreitzigjährigen Tätig-
keit einc solche Beschuldigung erhebe, habc kcincn Begriff da-
von, ivas einem anstäitdigen Mami zustehe.

Nach wcitcrcn Bcmcrkungcn der Wgg. Stöcker und Lcnz-
mami wird die allgcmeinc Disküssion gcschlosscn und die Ab-
stimmung übcr dic Resolnlionen lns zur drirten Lcsung auS-
gesitzl.

Mg. Beckh - Llöbnrg (sr. Ner.) wünscht cine einheitliche
Vcrkehrsordnnng für Mahrrädcr und Automobile.

Siaakssekrctär Dr. Graf v. Posadowsky: Der Ent-
wurs eiucr Novclle zum bcstehenden Vogelschutzgesetz sei ausgc-
arbeirct ,md dem Laudwirtschaftsminister vorgelegt. Einheit-
liche Gruudsätzc ciner Vcrkehrsordnung für Fahrzeuge seien
vom Reichsamt des Jnnern entivorfcn n»d licgen den betei-
ligten Resiorts vor.

11m S. l!) Uhr wird die Weitcrberatnng anf morgcn 3 Uhr
vcriagt. _

Baden.

Freiburg, 18. Februcir. Gcsteru tagle eiue
Verscnumluug vou Vertraueusuiäiiueru der Zeutrums-
parrei des 5. badischen Reichstagswahlkreises Freiburg-
Waldkirch-Enuuendiugen. Man stelltc den bisherigen
Vertreter Rechtsauwalt L. M arbc wiedcr als Kandi-
datcu auf.

0. K arlsru h e,' l8. Febr. Priuz K n r l, der
Bruder des Großhcrzvgs, ist, wie wir höreu, uicht
uubedeuktich erkrankt. Gestern wurden ärztliche
Amoritäteu ausHeidelberg und Freiburg zur Kousullation
beigezogeu, welche eineLeb erv erhär tung kouskatierten,
Die Kräfte des hohen Patienteu, der jetzt im 71. Lebens-
jahre stcht, nehmeu iu besorgniserregeuder Wcise ab.
Hoffentlich gelingt es der Kunst der Aerzte, das Schlimmste
abzuwenden.

Karlsruhe, 18. Febr. 'Seitens der evan-
gelischeu Kirchcugemeindein. wie auch der kathLli'schen Kir-
chenbchörde wird eine Petition an das Großh. Mmisteri-
um der Zustiz, des Kultus und des Unterrichts vorberei-
tet, in der eine INilderuug der nsuen Vorschriften betr,
Mhaliuiig der Lchrerorganisteu uud' Schüler durch kirch-
liche Kasualien vom Schulunterricht erstrebt wird. Kirch-
licherseits wird betout, daß besonders im Wiuter die
kirchiicheu Knsuaihandluugeu uicht immer außerhalb der
Schutzeit vorgeuommen werdeiir können, Bei Leichenbe-
gänguissen z. B. verzi-chtet die LasidbSvölkerung nur schwer
auf alteingewurzelt.e' liebgewor'dene Bräuche. Dagegen
wird seitens der L>chulverwaltuug betont, daß eben die
Jnteressen der Schule keinen anderen Jnteressen, seien
sie auch noch so sehr von der Pietät uuseres Volkes getra-
gsn, geopsert werden dürfeu, Hört man jede der beiden
Parteien, so wird man ihreu Gründen die Berechtiguug
uicht abstreiten t'önnen, uu'd es ist deshatb die Sache
höchster Weisheit, aus dieser Kollision berechtigter Jn-
teressen eineu Ausweg zu sucheu, welcher beiden Teilen
gerecht wird.

8.6. KarlSruhe, 18. Febr, Die Zahl der bei den
badischcn Gerichten zugelassenen Rechtsanwälte beträgt
zur Zeit 250. Jm Jahre 1902 wurden 20 Rechtsanwälte
ncn zngelassen, während nur drei Rechtsanwälte ansgeschieden

sind Tiese Vermehrung soll nach dcm Urteilc maßgcbender
Kreise in keinem Verhältnis zu der Zunahme der Bevölkerung
und der Rechtsstreitigkeiten stehen, so daß die ungünstigen
Verhältnisse, die sich seit längerer Zcit in Baden fnr die
Rechtsanwälte bemcrkbar machen, bedeutend zugenommen haben.

Sachsen.

— Das „Leipziger Tageblatt" meldet: Die Nachricht,
daß der Rechtsanwalt Dr. Zehme sich nach Nyon begeben
habe, bestätigt sich nicht. Prinzesstn Luise wird in
der Mstairie so lange verbleiben, bis die Aerzte
imstande sind, ein Gutachten über ihren Geistes-
zustand abzugeben. Der körperliche Zustand dcr Prinzessin
ist zufriedenstellend. Ihr zukiinstrger Aufenthalt ist im
Einverständnis mit ihren Rechtsanwälten festgestellt worden,
doch kann vorlänfig nur so viel gesagt werden, daß derselbe
nicht innerhalb Deutschlands oder Oesterreichs liegt.

Prciißcu.

— Voik verschiedencn Seiten wird hervorgehoben,
daß der R cichskauzIc r euig'egeu audciMieitig-eln
Neiguugen imd Einftüsseu den Rücktritt des Oberpräsi-
denten v, Bitte r veranlaßt und durchgesetzt ha'be,

— Da bei den gestrigen Verhaudlungen im Landes-
ökonomiel'ollegium über die Fideitom m isse der
Herr Regierungskommissar die Mitteilung machte, daß
das erbetene ueue Fideikonunißgesctz auf den eigeutlichen
Großgrundbesitz beschränkt bleibüu wiirde, so sprach das
Oekonomiekollegium den dringenden Wunsch aus, daß
auch Gesetze zur Ephaltuug und Befestigung des mitt-
teren und U'sostdcrs des bäuerlichen Besitzes
schleuuigst folgen möchten.

Braniischlvcig.

B r a u n sch m e i g , 18, Febr. Der Landtag
beschtoß einstimmig, die Regierung zu ersucheu, ihre Be-
vollmächtigten auzuweisen, gegen die Wiederzulassung
der Iefuit e ii zu stimmeu.

Aus der Karlsruher Zeitung

— Hof - A n s a g c. Wegen des am 14. Februar ds.
Js. crsolgten Ablebcns Jhrer.Kaiscrlichen nnd Liöniglichen Ho-
heit dcr Erzherzogin Elisäbcth Franzista Maria von Oester-
reich legt der Grotzherzoglichc Hof von 'heurc an die Trauer
aiif 10 Tage bis zum 27. Februac cinschlsißlich nach der 4.
Stilfe dcr Trauerordmmg a». Karlsruhe, den 18, Februar
1903. 'Groszbcrzogliches Oberstkammerherrn-Amt. Graf von
Bcrckheim, Vizc-Oberzercmonienmcister.

— Seinc Königliche Hoheit der Grohherzog habcn
dcn Finanzpraktikanten Emil Hesch von Eichelberg unter Ber-
lcihnng des Titels Finanzassessor zum zweiten Bcamten der
Bezirksfinanzvcrwaltiing mit Hauptamtskontrolleursrang er-
nan'nt. Finanzassessor Emil Hesch bleiüt dem Sekrctariate
des Ministerinms der Finanzen zugeteilt.

Karlsruhe, 18. Febr. Der Großherzog hörte
heute vormittag den Vortrag des Geheimerats Dr. Freiherru
von Babo und nahm dann die Meldung des Generalmajors
von Fabeck, Kommandeurs der 25. Jnfanteriebrigade,
entgegen. Nachmittags erhielten die höchsteu Herrschaften den
Besuch des Prinzen und ihrer Königlichen Hoheit der
Prinzessin Max, welchc sich vor der morgen bcvorstehenden
Abreise verabschiedeten. Hierauf hörte der Großherzog den
Vortrag des LegationsratS Dr. Sehb. Abends 6 Uhr ge-
langt im Großherzoglichen Schlosse die Wiederholung des
Menuetts am „Hofe Marie Antoinettes" aus der Wohl-
tätigkeits-Borstellung in der Festhallc ooni 4. d. M. znr
Aufführung. Die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen
wird morgen, Donnerstag, den 19., ihre Reise nach Rom
antreten und den Wcg übcr Miinchcn nehmen.

Ausland.

Amerika.

Washingto», 18. Febrnar. Di: Vereinigten
Staaten haben untcr dec Voranssetzung der Ratisikation
des schwebenden Vertrags mit Columbieii das Angebot
der P anamagesellschaft, das Eigentnm nnd das Recht
am Kanal für 40 Millionen Dollars zu erwerben, formell
angen ommen. Damit wird dic Daucr ües Verkaufsrechts,
das am 4. März erlöschen würde, wciter verlängerl

Aus StadL uud Laud.

Heidelberg, 1K Februar.

-i- BezirksratSsitzung vom 14. Februar. Das Gesuch der
Firma H. Fuchs in Rohrbach, Tl-ufstellung bon Dampshammern
betr., wurde gcmchmigk; das Wirtschaftsgesuch des F. Heck
wurde von der Tagesordnung abgesetzt; genchmigt wnrden die
Wirtschcrfksgesuche des Karl Jaköb Tre-iber, des Ferd. Schmitt,
5larl Münch und Joseph Handschu'h; ferner wnrden genehmigt
die Wirlschaftsgesnchc von Ludwig Horch nnd Udam Ziegler,
ohne Brantweinausschank; die Feststellung dcr Baufluchtcn
im. Spcyerer Bezirt wnrdc vertagt; das Gesuch des Tauzleh-
rers F. Reichert wnrde abgewiescn und die Entschädigung an
Georg Reinhard in Ziegelhausen, betr. Milzbrand, festgesetzt.

-si Fastnachtszilg. Gestern Abend fand in dcr „Llrone"
die Einteilung des Fastnachszuges stait. Für denselbeu sind
ca. 30 Gruppeii vorgesehen, von denen ein Teil hiesige Vor-
kommnisse darsiellt. Der Zng wird, nach den getröfsenen Vor-
bercitungcn zn schlsitzen, sehr stattlich und schon werden.

Stadtverordnetcnwahlen. Bei der gestern vorgenom-
mcnen Wähl von Stadtvcrordnetcn durch dic 5llassc der
H ö ch st b e st e u e r t e n 'haben von 478 Wahlberechtigten
312 abgcstimmt. Fnr die Liste der Nationalliberalcu, des
Zentrnms und der Konservatiocn wucden 142, für die Gegen-
liste 56 unveränderte Zettel, 96 äbgeänderts für die Kompro-
mitzparteien, 19 für die Gegenlrste abgegeben. Die K o m -
promitzparteien habcn mithin in allen Klassen
gcsicg t.

-i- Fernsprechverkehr. Vom 1. März ab ist Luxemburg
zum Sprechverkehr mit Heidelberg zugelassen. Die Gebuhr
'beträgt 1 Mark 50 Pfg.

--- Polizeibericht. Verhaftet wurden 2 Personen wcgen
Bcttelei und ein Metzger wegen Unsirschlagung. Zur Anzeige
kamcn 8 Personen wegen Ruhestörung bez!w. Unfugs.

X Cinsturz. 'A» einem Nenban in Neuenheim stürzten
gestern z-wei Balkons aus Beton ein, wobei zwei Maurer leicht
verletzt wurden. Sie wurden im Akadem. Krankenhaus ver-
bun-den.

Kirchheim, 18. Febr. (D i e einfältige Spie -
lerci mit S ch u tzwaffe n.) Am letzten Sonntag spielte
in einer hiesigen Wirtschaft ein junacr Bursche mit eine-m scharf
gelädenen Revolver. Plötzlich krachte ein Schuß und eine

K-ugel traf den an cinem äiM'rn Tisch sttzendcu Zimm-ermeistek
Damm ins Knie nnd brachte ihm cine nicht unbedeusindc Ver-
letznng bci. Lcicht hättc in dcr dichtbcsetzsin Wirtschafr noch
ein vicl grötzcrcs Unglück entstchen könncn.

Wiesloch, 18. Fcbr. (E b nn g e l i s ch e r Bund)
Gestern Abend hat uns Hcrr Prosessor Dr. Lorentzen aU^
! Hcidelberg mit cincm schr sihrrcichen und anzichendcn
Bortrag crfrcut. Er führtc uns in fünfvicrsilstündiger Rede
das Leben «nd 'schaffcn dcs Pfälzischen Kursürssin .Karl Thco-'
dor (1742—1799) vor. Karl Theodor lebt noch jetzt in der
Erinne'rnng SeS Volkes. Er verdient diese' Anhänglichteit<
alleböingS nicht in jeder Bezichung. 'Seine Arbekt

anf dcm Gebietc dcr Kunst (Thcater, Musik, Mirlcrei', Knpfer-
stich u. s. f.s ist vorbildlich und vön dauevndem G'etviMi. We-
nigcr crfoigreich war scin Eifcr, Mannhcim zn ciner wrssen-
schaftlichen Metropolc zu erheben. AM' weiügssin Ersolch hatsi
jcdenfalls das Bestceben, dic wirtschaftlichen Kräste des' Lirn-°
des zn wccken. Scine Ulüernehmungcn (Povzellanfabrik iu
Frankenthäl, Seidenfabrik in Heidclbevg ui ai) sind fchlge-
schlagen. I» dcn letztcn Jahrcn sein-cr Rcgieruug (von 1777
an) hat Karl Theodor, als 51urfürst vvn Bayern in München
residicrt. Dahin wanderte die üveltbcrühiiüc Bilsiergalcrie vou
Mannhcim, um dcn Grundstock dcr (alten) Pinäkothek ZU'
bildcn.. Die Pfatz sank untcr dcu Händen cinrr liederlicheü
Vcrivaltnng zu cincm armen nnd politisch und kirchlich ge-
drückten Lande herab. Karl Theodör >var cin höchst begabter
Fürst, abcr kein Charak'icr. Was die Stärke dcs Mannes
auSmacht: den W i l l c » haiten Wcsber nnd Psaffcn ihw
gebrochen. Tem Ncdncr ivnrdc länsir und herzlicher BeifaÜ
zu tcil. Wir sprcchen ihm anch an dieser Stclle unscrn Dank'
auS. Die mehr politischcn und' kulilirsststvrischcni AusfLhrmi-
gcn dcs Hcrrn Profcssor Lorcntzcn crgäuzte Hcrr Stadtpfarrec
Aruold van Wicslocb durch cinige urkuudliche Züge aus dcM
kirchlichcn Lebcn i» dcr P'falz des 18. Jahrhiinderts. Hcrr
Stadtpfarrer Spcyerer von Wälldors fordcrte zn trenem Fest-
haltcn an den Jdcalcn des cvaugelischen Bun-des auf. —'
Eine kleinc Saininlung fnr dic evangelische Bcwegung in
Ocslerrcich crgab 25 Mark. — Der Abeiid wnrdc durch die
Gcsängc des Kirchciichors nnter der Lciüing des Herrn Haupt-
lchrers Gerüel vcrschöncrt. Alsis in Älsini: cin sehr ge-
lungener Familicnabcnd. . Der grötztc Saal der Stadt war
vollkommcn bcsctzt.

Ncckarelz, 16. Fcbr. (II e b e r d e n i r a u r i g e n V o r-
faIl), der sich hicr abgespiclt hat, ücrichrct die „Bad. Neckar-
zeitung" ausfiihrlich ,ivie folgt: Dcr hiesigc Turnberein hicst
gestern Abend ini „Löivensaal" seinen Fastnaclstsball ab. HierzU
war äuch der Turncr F. L i t t i g von Mosbach, der schon langs
nüt dcm hicsigcn Vcrcin in frenndschafilichen Bezsihimgen
stchl, eingcladcn. Schon während des Balles machten sich bei
eiiügcn jungcn Turnern Eifcrsüchtelcieii gcgen Littig bemcrk-
bar nnd als dicscr gegcn 2 llhr nach Mitternachi dcn Saal ver-
lietz, folgtcn ihm dic betreffcudcn- Burschen nach. Gleich vor
dem Gafthaus „zum Löwen" wurde L. mit Stcincn bewor-
fen und trotzdcm cr verficherte, „er wolle iiichts von ihnen, sie
sollen ihn in 'Ruhe lassen", wcitcr vcrfolgi nnd bcworfcri.
-Bei dem „Deutschcn Kaiser" lcgsin sich cinige Eilvachscne ins
Mittcl mrd vcranlatztcn dic jungcn Leute zum Rückzuge. Aber
käum waren diese „guten Ratgeber" versch-wnnden, so wurds
dic Verfolgimg von neucm aufgenommeu. L. wurde einge-
holt,'zu Bodeu geworfcn nnd mü dcn Fäiiste» traktiert. Mit
aller Anstrengung raffte er sich aus und flüchtetc in cinen Hof
un-d als scine Peiniger, mit Prügeln bcwaffnei, abcrmalS aus
ihn zukamen, drohtc cr ihnen nüt dcm Messcr, wcnn sie jctzt
nicht ab'stehcn ioürden. Wieder ging der Kampf los und L-
fuhr mit seinem Taschcnmessev. üliiidlings hin im'd. her. Da-
bci schiült er dcm Turner Jöhann Zeier die Schlagader aw
Halsc dnrch, der nach cinigen Hilferufcii rot zusammenstiirzte.
Dem Tnrncr Schütz ivurdc die Näse aufgeschlitzt und K-
Mündörfer erhielt cinen Ttieh in deii 'Arin. Beiin Anblick des
Totcn vcrlietzcn alle bis a»f Littig den Platz-, drr stch dan»
auch durch herbeigecilte Männer freüvillig in den hiesigc»
Ortsarrest a'bführen ließ'. 'Littig bercute seiiie blinde Tat
uiüc.r Träncn nüt dcnr Ausriisc: ,,-Schlagt nüch auch tot".
Er hat aus Nokivehr gehandelt unst verdient des'ivegen einL
mildcrc Beurtcilung. Hcute nähm das. Gcrietst den Tatbe-
stnnd aus >md verschicdenc midere Turncr ivurden nach Mos-
Lach a-bgcführt. Allgemem lverden dic braven Eltern des
Gctötctcn, sowie deS Täters bcdaucrt. Mögc dvch dieser trau-
rigc Fall für dic audcrn Eltern erne Mähn-mig sein, ihrc ,K.in-
dcr nicht zn früh ihrc cigrncn Wcgc. gehen zu lässen,

UC. Karlsrnhe,. 18. Fcbr. HB c s i tz w e ch s e l.) Das
ivcrtvolle, ca. 23 000 Luadratmelcr fassc.nde Gruiiditück dek
Maschin-eübaugchsillschaft än der Gärtenstratzc. ging nm den
Preis von 43 Mark pro Lnadrai-metcr (rnnd 1 M'illioii Mk.)
i» den Befitz drS- Fäbrikairten Schm-icder üücr.

Frciburg, Ist. Fcbr. (Tot a n f g c f u n d c ».) Seit
gcstcrn Mittag L llhr fehlte das 5 Fahre alic Töchtcrchen eines
Eiscnbähuschliffilcrs. Heirtc früh wnrde dasselbe in den längs
der Breiscrcher Bahnlinie liegcii'deii Friedhossanlagcn tot auf-
gefunden. Ob an dem Kinde ein Berbrccher begangcn wnrde,
wird die Niüersuchung feftstellcii-. Die „Breisg. Ztg." hört,
datz es sich nm ciiicn Lnstmord hnndclt. — Nach -wc.itcrcr Nackü
richt ist der Lustmörder in der Person dcs Hausknechts Pfi -
stc' rer ans Lilsin'weisir vcrhaftct lvorden.

Theater- und Kunstnachrichten.

-s- Hcidelberg, 49. Fcbr. (S t a d t t h e a t e r.) Mor-
gen, Freüag, gelangt neu einskttdicrt die komische Oper „D i s
lustigcn Weiber von W i n d s v r" zur Anfführung
mii den Danicn Kaltcnbach, Koppenhöfcr, Tollar nnd den Her-
rcn Feldncr, v. Huniiady, Mark, Mcchlcr, Staussert nnd Wai-
tcr in den Hanptparticn .

Worn Kinflaß der Kritik.

Jm zwcitc» Fcbruarhcft der von Dr. S. Simchowitz-Äöln
heransgcgcbcnen Halbmonatsschrift „Die Knltur" (Bcrlag von
Schafstein n. Co., Köln) lesen wir: Jn der Renaissance Lat'tne
stellt Emile Fciguer, einer -der hervorragend'sten Kritrker Frank-
reichs, crne Reihe von Betrachtungen über sein eigenes Metier
a». Er konstatiert zunächst, datz die Krüik keincn dirckten Ein-
flutz ans die Autoren, noch anf das Püblikum auszuüben ver-
mag. Der Einflutz der Kritik, so meint er, ist nur ein indirek-
ter und allgemeiner. Der Kritiker bewirkt nicht, datz auch nnr
cin Excmplar mchr oder wenigcr verkauft wird. Er mackst
weder den Erfolg, noch den Mitzerfolg eines Buches, Man hat
es mehr als cinmal erlcbt, datz die Kritik versncht hat, dem
Publikum ein 'Werk oder einen Mann, der ihr genehm war,
aüfzndrängcn, stets vergcbens. Und andrcrseits gibt es Auto-
ren, die von der 5stritik völlig ignoriert werden, und die dock
cinen enormcn Erfolg crringen. Das cinzigc, was die Kritik
fertig bringt, ist, datz sie das Publikum gewö'hnt, über Bücher,
Theaterstücke usw. nachzudenken, seine Gedaüken logisch und
gehörig zu ordnen, kurz, selbst Kritiker zu werden und als
Kritiker zn urieilen. Sie schärft fornvährend den ästhetischen
Sinn des Publikums. Der Kritiker, der nichts cmderes tui,
als seine Empfindungen zu analysieren, deren Gründe Zn
elithüllen, und diesc Begründung klar darzulegen, lehrt auck
das Publikum, das Gleiche zu tun; er lehrt es, über das Ber-
gnügen oder Mitzvergnügen, das es empfunden hat, sich klare
Rechenschaft abzulegen. Mit eincm Wort: er macht das Publi-
kum anspriichsvoll, und es ist ein gutes Mittel, um gegen das
 
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