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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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Mittwoch MAMl 1Sl>3

--

ZweiteS Btstt

45. Jahrgang — iVr.^

8 rfch «int tLglich, Smmtag» «SgemMM-en. PreiS mit KmmlreMWern rmmatlich 50 Pfg. in'S HauS geSracht, dei d« Expeditisr, -Md dea Zweigsnstalkm cckgeholt 40 Pfg-

die Post bezogen vierteljährlich 1.38 Mt. ausschlirhlich Zuftrllgebühr.

RnitigeupreiS: LO Pfg. fkr di« Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Aür hiesig« Geschäfts- und Privaioüzcigen ermaszigt — Für die Ausnahuie von RnAeigen
«m bestimmten Tagen wird keine vemntwortlichkev übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitnng und den städt. Anlchlagftell-n ft-erntvre^

Bon der Vagdadbahn.

Angesichts der Größe des Unternehmens, von Ksnia
bis zum Persischen Golf eine Bahn zu bauen, die rund
2800 Kilometer lang ist nnd die 300 Millionen Franken
kosten wird, warsn die maßgebenden Kreise von Anfang an
der Ansicht, dsß nur eine Znsammenfassung der interna-
tionalen Finanzwelt die Möglichkeit der Anlage schaffen
könne. Georg von Siemens hat dies Ziel nie aus dem
Auge verloren; seine Schnld war es nicht, wenn man in
London sich zurückhielt, nnd sein Nachfolger in der Dcut-
schen Bank, Direktor Gwinner, folgte den gleichen Ge-
sichtspnnkten. Die Verhandlungen im englischen Parla-
ment und die Kommentare in der britischen Presse lassen
erkennen, daß setzt doch sich langsam die Ueberzeugung
durchringt, es liege im eigensten Jnteresse, sich an dem
großen Friedenswerk zu beteiligen. Wenn auch der Auf-
sichtsrat der Bagdadbahngesellschaft, welcher neulich ge-
bildet wurde, keine englischen Vertreter aufweist, so ist
doch seine Zusammensetzung nicht abgeschlossen. Die Nach-
richt scheint sich zu bestätigen, daß in dieser Körperschast
für die Finanzkreise Englands/ F-rankreichs, Deutsch-
lands je acht Sitze vorbehalten sind, während der Anato-
lischen Bahn drei, Ojesterreich-Ungarn 1 und der Schweiz
2 zufallen sollen. Von dem Kapital wären aufzubringen
in Deutschland, Frankreich, Engtand je 28 Prozent, in
der Schweiz 10, in Oesterreich 8 und von der Anatolischen
Bahn 10 Prozent. Damit dürften denn doch die An-
sprüche der nicht deutschevi Teilnehmer vollauf befriedigt
sein. Wenn man wiederholt von Wmachungen zwischen
den Mächten in dieser Angelegenheit gesprochen hat, so
muß betont werden, daß für die dentsche Reichsregierung
gar kein 'Grnnd und keine Berechtigung vorliegt, sich in
ein Privatunternehmen in einem andern Staat einzu-
mischen. Es hcmdelt sich nnr darum, fveien Ranm sür
alle zu schaffen, irgend welche politische deutsche Betäti-
gnng ist ausgeschlossen und damit fallen alle die Hirnge-
spinste, die in so überreicher Zahl auftauchen.

Deutsches Reich.

— Die Pensi 0 ns - Versicherung der Pri -
v a t a n g e st e l l t e n ist eine Frage, der neuerdings,
namentlich infolge der eifrigen Agitation aus den Kreisen
der Privatbeamten selbst, auch die deutsche Regierung
näher getreten ist. Ein gewisses Muster für eine solche
Versicherung ist durch die am 21. Mai 1901 von der öster-
reichischen Regierung im Abgeordnetenhause eingebrachte
Gesetzesvorlage, die seither allerdings in dessen sozialpoli-
tischem Ausschusse liegen geülieben ist, gegeben. Dieser
Entwurs sieht solgende Anwartschaften vor: 1. auf eine
Nente im Falle der Erwerbsunfähigkeit; 2. auf eine Rente
im Falle des höheren Alters; 3. auf eine llnterstütznng
im Falle der Stellenlosigkeit; 4. auf eine Rmte für die
Witwen; 5. auf Erziehungsbeiträge für die Kinder und
6. auf eine einmalige Abfindung der Hinterbliebenen.

Wilde Wogen.

Roman von Ewald August König.

(Fortsetzung.)

„Datz Jhr Neffe Jhnen die Papiere gegeben hatte, haben
Sie jedem, selbst Jhrer Tochter, verschwiegen", sagte der Prä-
sident. „Weshalb taten Sie das? Für Jhre Tochter sowohl
wie für Jhren Buchhalter würde diese Mittcilung beruhigend
gewesen sein."

„Jch gebe das zu, aber hätte ich dann nicht auch meinem
Kinde alles berichten müssen, was zwischen mir und meineni
Neffen vorgefallen war? Das wollte ich nicht, es wäre beschä-
mend für mich gewesen, ich konnte es vermeiden, wenn ich mich
mit der Erklärung begnügte, der Zahlungsausstand sei mir
bewilligt worden. Was gings auch die anderen an? Jch war
entschlossen, das Geld später nach New-Dork zu senden; ich
würde mich also einer Unwahrheit schuldig gemacht ha-
ben, wenn ich gesagt hätte, die Schuld sei mir erlassen wor-
den."

Der Präsident schüttelte ungläubig sein graues Haupt; der
Staatsanwalt lächelte spöttisch, und durch das Publikum lief
ein leises Gemurmel, das nur Zweifel ausdrückt.

„Sie wiffen, datz die Leiche Martin Grimms gefunhen wor-
den ist", nahm der Präsident nach einer Pause wieder das
Wort, „ihre Jdentität ist durch Zeugen festgestellt worden; er-'
kennen Sie den Ring, den die Leiche trug, als das Eigentum
Jhres Neffen an?"

„Nein", erwiderte Röder in einem entschloffenen Tone, „der
Ring meines Neffen hatte einen grünen Stein."

- „Die Faffon des Ringes war genau dieselbe?"

„Jawohl!"

„Es ist wohl schwer zu entscheiden, ob die Farbe dunkel-
grun oder braun ist, namentlich, wenn man den Stein nur
flüchtig betrachtet hat; die Lichtwirkung bleibt dabei mitunter
auch maßgebend. Sie behaupten wohl noch immer, Jhr Neffe
niüffe noch unter den Lebenden sein?"

„Behaupten kann ich das nicht, weil ich es nicht mit Sicher-
heit weitz", entgegnete Nöder; „aber was ihm auch zugestoßen

I Die Einzelrenten betragen je nach der Gehaltsklasse bei
ber Altersrente 600—1200 Kronen, bei der Witwenrente
300—600 Krvnen. Die Stellenlosenunterstützung wird
bis zur längsten Dauer von 12 Monaten gewährt in der
Höhe der Jnvalidenrente, die Erziehungsbeiträge betra-
gen sür das Kind 10—20 Prozent der Jnvalidenrente,
die einmalige Abfindung 80 Prozent derselbon. Um auch
für Deutschland eine solche Pensionsversicherung der Pri-
vatbeainten zn erreichen, ist in Aachen eine Kommission
zusammen getreten, die sich mit einem Rundschreiben an
3600 Jnteressentenvertretungen gewendet hat, um diese
zur Sammlung von Material für diese Frage anzuregen.
Aehnliche Kommissionen wie in Äachen sind bereits in
Düsseldorf, Quedlinburg, Freiburg i. Schl. und anders-
wo gebildet worden. Die Regierung steht der Sache sympa-
thisch gegenübcr, wünscht aber von den Jnteressentenver-
bänden noch statistisches Material, bei dessen Beschaffung
das Reichsamt des Jnnern den Privatbeamtenvsreini-
gungen behilflich sein wird.

Ausland.

England.

— Soeben ist vom Ministerinm osfiziell bekannt ge-
geben worden, daß der König eine Kommission ernannt
hat, deren Aufgabe es ist, über die Sicherheit un'd Art der
Nahrungszufuhr während eines Krie-
ges Erhebungen anzustellen, und eventuell Vorschläge
zur Vervollkommnng der bereits bestehenden diesbezüg-
lichen Jnstitutionen zu unterbreiten. Die Kommission soll
die Frage beantworten, ob es notwendig ist, „außer der
Erhaltung einer starken Flotte noch irgendwelche Maß-
nahmen zu treffsn, um die Zufuhr von Lebensmitteln zu
sichern und gewaltsame Preisschwankungen zu verhin-
dern. An der Spitze der Kommissivn steht Lord Balfour
of Burleigh, und unter den Dtitgliedern befinden sich
außer dem Prinzen von Wales der Herzog von Suther-
land, sowie verschiedene Parlamentsabgeordnete, hervor-
ragende britische Kaufleute und hohe Beamte. Die Wis-
senschaft ist in erster Linie durch Prof. Erskine Holland,
Professor fur Völkerrecht an der Oxford-Universität, ver-
treten.

Scrbicn.

— Einem englischen Berichterstatter gegenüber er-
widerte 'König Nlexander anf die Frage, ob der Haupt-
zweck des Staatsstreichs die Bestimmung eines Throner-'
ben gewesen sei, erregt: „Das ist eine infame Erfindung!
Jch bin erst 27 Jahre alt und kann noch einen natürlichen
Erben haben, und falls nicht, ist es in 20 Jahren zur Be-
stimmnng eines solchen noch Zeit. Außerdem wäre das
jetzt ein Signal zum Auftauchen vieler Prätendenten,
sowie von Verschwörungen und Jntriguen." Ueberdies
fügte der König lächelnd hinzu: „Warnm soll ich mit 27
Jahren einen Erben wählen?" Mit diesen Worten ver-
abschiedete der König den Jnterviewer.

"stein mag, meine Hand hat ihn nicht berührt, ich fühle mich
frei von jeder Schuld."

Damit war das Verhör des Angeklagten beendet; als er-
ster Zeuge wurde der Brückenwärter vernommen.

Er blieb bei seiner Aussage; die geschicktesten Fragen des
Verteidigers konnten ihn nicht verwirren oder gar ihn in
Widersprüche verwickeln; er hatte den Hilferuf gehört, nachdem
kurz vorher der Angeklagte mit einem anderen Herrn an ihm
vorbeigegangen war.

Die Entfernung war genau bemeffen und dabei festgestellt
worden, datz der Angeklagte in derselben Minute stch an jener
Stelle befunden haben mutz, an der die Lücke im Brückenge-
länder war.-

Der Knecht hatte die Grobheiten vernommen, die der Be-
gleiter Röders im Vorbeigehen ausgesprochen hatte; später
war es ihm aufgefallen, datz Röder allein und mit geschloffenem
. Schirm zurückkam.

Er hatte freilich erst am nächsten Tage den Verdacht ausge-
sprochen, und zwar erst dann, wie der Verteidiger konstatierte,
datz der Rechtskonsulent Geier auf die Möglichkeit dieses Ver-
dachtes aufmerksam wurde.

Der Fischer Stumm hatte ebenfalls die Hilferuf vernom-
mcn, aber in der Finsternis keinen Beistand leisten können; er
war auch von der Unglücksstelle, die er mit Sicherheit nicht
zu bezeichnen wutzte, zu weit entfernt gewesen.

Nach diesen Zeugen wurde der Rechtskonsulent Geier vor-
gerufen; er trat mit der selbstbewußten Miene eines Mannes
auf, der seiner Sache vollständig sicher ist.

Die Behauptung, daß Martin Grimm die Wechsel seinem
Onkel übergeben, und damit auf seine Rechte verzichtet haben
könne, bestritt er als undenkbar. Er hatte ja den Haß und
auch die Charakterlosigkeit des Ermordeten gekannt.

Martin Grimm hatte ihm erklärt, er könne als reicher
Mann den Berlust seiner Forderung ohne Bedauern verschmer-
zen, er werde auch v»r weiteren Opfern nicht zurückschrecken,
wenn er auch nur seinen Zweck erreiche. Er wolle seinen On-
kel vernichten, an ihm Vergeltung üben für alle die trüben
Jahre, die seine unglückliche Mutter in Not und Elend ver-
bracht habe. Erst wenn dies geschehen sei, kehre er nach Ame-

Personalnachrichten.

Aus dcm Bcreiche des 14. Armeekorps.
v. Hausmann, Gen.-Major u. Kommcmdeur der 28. Kav.-
Brig., unter Bersetz. in den Generalstab d. Armee, z. Ober-
quartiermeister, v. Keller, Oberst u. Kommandcur d. Dr.-Rgts.
Freiherr v. Mantcuffel (Rhein.) Nr. 5, zum Kommandcur
der Kav.-Brig., ernannt. — Oberst Graf v. Sponeck, Flügel-
adjutant des Großherzogs von Baden Königliche Hoheit, v.
Rothkirch u. Panthen, Kommandeur der 29. Kav.-Brigade, zu
Generalmajoren befördert. — v. Schickfus u. Neudorff, Oberst
und Kommandeur des 1. Bad. Leib-Gren.-Regts. Nr. 109,
unter Beförderung zum Generalmajor zum Kommandeur der
ö. Garde-Jnf.-Brig., v. Henning auf Schönhoff, Oberst beim
Stabe des Füs.-Regts. Königin (Schleswig-Halstein) Nr. 86,
zum Kommcmdeur des 1. Bad. Leib-Gren.-Regts. Nr. 109 er-
nannt. — Rohde, Oberst und Kommandeur des 9. Bad. Jnf.-
Regts. Nr. 170 (Offenburg), unter Beforderung zum Gen.-
Major nach Württemberg behufs Verweudung als Komman-
dcur der 83. Jnf.-Brig. (3. Königl. Württemberg) komman-
dieri. — v. Beck, Oberst und Kommcmdeur des 7. Bad. Feld-
artillerie-Regts. Nr. 14 zum Kommandeur der 14. Feldartil-
lerie-Brigade, Mcjer, Oberstlcutnant und Kommandeur des
Rhein. Jäger-Bats. Nr. 8, unter Beförderung zum Obersten,
zum Kommandeur des 9. Bad. Jnf.-Regts. Nr. 170, v.
Brauchitsch, Oberst beim Stabe des 1. Bad. Leib-Gren.-Regts.
Nr. 109, zum Kommandeur des 4. Schles. Jnf.-Regts. Nr.
187 (Brieg) ernannt. —- Hopfe, Oberstlcutnant und Komman-
deur der Unteroff.-Schule in Ettlingen, unter Ernennung zum
Kommandeur des 4. Magdeburg. Jnf.-Regts. Nr. 67, Schöpf-
lin, Oberstleutncmt beim Stabe des 8. Württemb. Jnf.-Regts.
Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, unter Enthebung
von dem Kommando nach Württemberg und Ernennung zum
Kommandeur des 3. Ober-Elsäff. Jnf.-Regts. Nr 172, Wyne-
ken, Oberstleutnant beim Stabe des 8. Bad. Jnf.-Regts. Nr.
113, zu Obersten befördert. — Muffet, Oberstleutnant und
Bat.-Kommandeur im 9. Bad. Jnf.-Regt. Nr 170, zum Stabe
des 5. Westf. Jnf.-Regts. Nr. 53 versetzt. — Zu Oberstleutnts.
befördert: die Majore: Frhr.v. Stein zu Nord- u. Ostheim,
Bat.-Kommcmdcur im Jnf.-Regt. v. Wittich (3. Kurheff.)
Nr. 83, unter Versetzung zum Stabe des 1. Bad. Leib.-Gren.-
Regts. Nr. 109, Andrae beim Stabe des 7. Bad. Jnf.-Regts.
Nr. 142, Schaer, Bat.-Kommcmdeur im 7. Bad. Jnf.Regt.
Nr. 142, Deter, Bat.-Kommandeur im 9. Bad. Jnf.-Regt. Nr.
170, Block, Bat.-Kommandeur im Jnf.-Rgt. Markgraf Ludwig
Wilhelm Nr. 111. — Ernannt: Weese, Major u. Bat.-Kom-
mandeur im 1. Bad. Leib-Gren.-Regt. Nr. 109, zum Kom-
mandeur der Unteroff.-Schule in Ettlingen, Knecht, Oberst-
leutnant z. D. und Kommandeur dcs Landw.-Bezirks Katto-
witz, zum Kommandeur des Landw.-Vezirks Lörrach, Franckc,
Major u. Bat.-Kommandeur im 5. Lothring. Jnf.-Regt. Nr.
144, mit dem 22. April d. I. unter Stellung zur Disp. mit
der gesetzlichen Pensiou, zum Kommandcur des Landw.-Be-
zirks Donaueschingcn. — Zum Bat.-Kommandeur ernannt:
Major von Wyszecki, aggreg. dem 1. Bad. Leib-Gren.-Regt
Nr. 109, im Regt. — Zu überzähligen Majoren befördert und
den betr. Truppenteilen aggregiert: die Hauptleute u. Komp.-
Chefs: v. Below im Gren.-Regt König Friedrich Wilhelm II.
(1. Schles.) Nr. 10, unter Vcrsetzung zum Jnf.-Regt. Mark-
gras Ludwig Wilhelm (3. Bad.) Nr. 111, v. Knobelsdorff-
Brenkenhoff im Grotzh. Mecklenburg. Gren.-Regt. Nr. 89, un-
ter Versetzung zum 8. Bad. Jnf.-Regt. Nr. 113. — Der Cha-
rakter als Major verliehen: Gr. v. Hennin, Hauptmann und
Bczirksoffizier beini Landw.-Bezirk Freiburg. — Unter Be-
förderung zu Hauptleuten zu Komp.-Chefs ernannt: die Ober-
leutncmts: Herbig, im 2. Ober-Elsäff. Jnf.-Regt. Nr. 171,
Rieger im 3. Ober-Elsäff. Jnf.-Regt. Nr. 172, dieser unter
Versetzung in das Magdeburg. Jäger-Bat. Nr. 4. — Zu
Hauptleuten befördert: die Oberleutnants und Adjutanten:

rika zurück. Das hatte er an demselben Tage getan, an dem
er so plötzlich verschwand, und nun wolltc man ihn glaubcn
machen, Martin Grimm sei aus eigenem Antriebe abgereist?
Das war vergebliche Mühe, er wutzte das beffer, und als am
nächsten Tage der Brückenknecht ihm den Hilferuf berichtete, da
war sein Verdacht augenblicklich aus den Kaufmann Hugo Rö-
der gefallen, er hatte sofort gewutzt, datz nur scin verschwunde-
ner Klient diesen Hilferuf ausgestoßen haben konnte.

Er hatte den Kaufmann von dieser Zeit an bis zu seiner
Verhaftung beobachtet, so oft sich eine Gelegenheit dazu bot;
er hatte ihn stets erregt gefuiideu und die Unruhe des schuld-
bcladenen Gewissens in seinem Gesicht gelesen.

Bezüglich der Leiche erklärte er, datz er an dem blonden
Bart und Haupthaar Martin Grimm mit Bestimmtheit erkannt
habe; der Ring sei für ihn ein weiteres Erkennungszeichen
gewesen, es sei derselbe Siegelring, den sein Klient bei Leb-
zeiten getragen habe.

Friedrich Salinger und Konrad bestätigten, datz ihr Prin-
zipal am Tage nach dem Verschwinden Grimms sehr unruhig
gcwcsen war und dcn Besitz der Wechsel verschwiegen hattc;
dasselbe sagten der Oberkellner und dcr Portier aus dem
Hotel Adler aus, während der andere Kellner die Jdentität
der Leiche mit der Person Martin Grimms bestätigte.

Was wollten allcn dicsen Beweisen gegenüber die Aussagen
Herthas bcdeuten?

Man sah ja die schmerzerfüllten Blicke, die sie mit dem An-
geklagten wechselte, man hörte aus jedem ihrer Worte das Be-
streben heraus, das Urteil der Geschworenen zu beeinfluffen.
Und was hatte sie denn wesentliches zu berichten? Tie teilte
ihre Unterredung mit Martin Grimm wortgetreu mit, aber
sie bewies dadurch nicht, datz ihr Vetter entschlossen gewesen
wäre, seinen Onkel zu schonen oder gar ihm die Papiere zu
übergeben. Was er tun werde, wiffe er noch nicht, hatte er
beim Abschied ihr gesagt, das war eine Redensart, die man
äufig gebrauchte, wenn man von einem lästigen Bittsteller sich
efreien wollte, ohne grob gegen ihn zu werden.

(Fortsetzung folgt.)
 
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