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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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die Kandidatur des Professors duMoulin abzu-
lehnen und nötigensalls eine eigene Kandidatur aufzu-
stellen.

F r e i b u r g, 22. April. Jm 4. Reichstagswahl-
kreis Mörrach-Staufen-Mllllheim-Breisach) wurde Rechts-
anwÄt Dopf aus Freiburg als Zentrumskan-
d i dü t aufgestellt.

Mannheim, 22. April. Das Zentrum stellt hier
den Amtsgerichtsdirektor Landtagsabg. Gießler als
Kandidaten für die Reichstagswahl aus.

Aus Stadt rmd Land.

Heidelberq, 22. April.

— Durchgereist. Der König und die Königin van Würt-
teuiberg trafen gestern Nachmittag 3.09 Uhr, von Stuttgart
kcmmend, hier ein und fuhren 3.17 Uhr nach Wiesbaden
weiter.

Bon der Universität. Professor Dr. Bruno Schmidr
ist krankbeitshalber für das Sommersemester 1903 beurlaubt
Ivorden; seine Vorlesung über „Badisches StaatSrecht" hat
Prof. Hatschek übernommen.

s- Todesfall. Ein alter badischer Offizier, Herr Oberst-
leutnant a. D. Friedrich Schreiber, ist gestern hier im
Alter von 64Z4 Jahren gestorben. Der Verblichene trat 1857
in badische Militärdienste; den Krieg 1866 machte er alZ
Leutnant, den Krieg 1870-71 als Hauptmann mit. Später
war er Hauptmann in Koblenz und Major und Oberstleutnant
in Glogau. Seit einigen Jahren lebte Herr Schreiber hier mi
Ruhestand.

-I- Gemeinnütziger Berein. Für die nächste Zeit find vom
Gemeinnützigen Verein u. a. folgende Arbeiten zur Ausfüh-
rung beschlossen worden: 1. Errichtung einer Schutzhütte am
Fahrweg oberhalb des Felsenmeers. 2. Aufstellung einer Än-
zahl Ruhebänke an der Bismarcksäule, am Wege zwifchen
Wolfsbrunnen und Pension Spitz, sowie an dem vom Mönch-
hofplatze nach dem Wald ziehenden Fußweg. 3. Neuanstrich
sämtlicher bom Verein bis jetzt erstellten 80 Ruhebänke, sowie
der erbauten sieben Schutzhütten. 4. Mit der Direktion des
Kaiser-Panoramas in Berlin wurde vertragsmätzig die Auf-
nahme der Kollektion: „Heidelberg und das Neckartal" verein-
bart. — Die photographischen Aufnahmen mittels des Stereö-
Apparates werden im Laufe dieses Sommers vorgenommen
und „Heidelberg" alsdann vom Spätsommer ab in 6 Cyclen
mit je 50 Anstchten gleichzeitig abwechslungsweise in den
grötzeren Städten Deutschlands und des Auslandes zur Aus-
stellung gelangen. Die Kollektion wird zuerst in hiesiger Stadt
und zwar im Kaiserpanorama zur Besichtigung ausgestellt wer-
Len. Diese Einrichtung konnte indessen nur durch Beileistung
eines größeren Betrags in die Wege geleitet werden, der Ge-
meinnützige Verein hofft aber dadurch dauernd eine sehr er-
folgreiche Reklame für Heidelberg zu erzielen. 5. Außerdem
hat der Ausschuß beschlossen, einer Anregung des Odenwald-
klubs zufolge demselben 500 Mk. zur Errichtung eines Turmes
<ruf dem „Weißen Stein" beizusteuern.

X Die Glocken der Christuskirche. Wir hören, daß die von
der Firma Andreas Hamm Sohn in Frankenthal gegossenen
Glocken der Christuskirche am Freitag, den 24. d. M.,
zwischen 4 und 5 Uhr einzeln und zusammen geläutet
werden.

X Ohne Geld durch die Welt. Der Weltreisende Emil
Pohlig wird Samstag abend im „Prinz Max" gegen ein Ein-
trrttsgeld von 20 Pfg. über seine Reiseerlebnisse einen Vor-
trag halten, zu welchem Damen wie Herren freunplichst ein-
geladen werden. Von San Franzisko aus unternahm Herr
Pohlig, ein geborener Rheinländer (aus Solingen), ohne Geld
seine Weltreise infolge einer Wette um 4500 Franks, die dahin
ging, 62 000 Kilometer zu Fuß und 40 000 Kilometer zu
Wasser zurückzulegen. Dieses Unternehmen rief im Jahre
4897, als der jetzt 31 Jahre alte Reisende das Wagnis antrat,
Qllgemeines Jnteresse hervor. 1899, als Herr Pohlig Deutsch-
land von Aachen bis Memel durchquerte, hielt er in zahlreichen
Städten und Plätzen Vorträge über seine Erlebnisse und Aben-
teuer. Am 28. November 1899 überschritt Herr Pohlig die
deutsche Grenze, reiste über Riga und Dorpat nach Petersburg.
Von hier aus lenkte er seine Schritte über Moskau nach dem
herrlichen Kaukasus und der deutschen Kolonie St. Helenendorf
und nach Baku am Kaspischen Meere. Er zog dann durch Ar-
menien und Buchara, von hier nach Jspahan, Teheran, durch
ganz Persien und durch die Mantschurei nach China. Hier
stellten sich unserem tapferen Fußgänger große Schwierigkeiten
in den Weg, da ganz China in Kriegsunruhen geraten war,
Lie ihn zwangen, feine Reiseroute zu ändern, ein Umstand,
Ler dem so nahe am Ziele angelangten Reisenden die Sieges-
Palme entriß. Nach dem Gesagten darf wohl erwartet werden,
Latz Herr Pohlig auch bei seinem hiesigen Vortrage eine recht
zahlreiche Zuhörerschaft finden wird.

— Polizeibericht. Verhastet wurden ein Schlosser und ein
Taglöhner wegen Bettelns. Zur Anzeige kamen zwei Personen
wegen Ruhestörung, ein Buchdrucker wegen Betrugs und eine
Anzahl Schüler wegen Ballschlagen auf der Straße.

Die diesjährigen Schwetzinger Spargelmärkte nehmen heute
Donnerstag Abend 6 Uhr ihren Anfang. Die Versteigerung
Ler Verkaufsplätze findet am gleichen Tage abends 5 Uhr statt.

Mannheim, 22. April. (Die Strafkammer) ber-
urteilte dcn Zigarrenhändlcr Adolf Stocker dahier wegen
Bankerotts zu 14 Monaten Gefängnis, den Zigarren-Grossi-
ften Jakob Lindauer in Stutgart wegen Sachwuchers zu
7 Monaten Gefängnis und 600 Mark Geldstrafe. Beiden
Verurteilten wurden auch auf drci Jahre die bürgerlichen
Ehrenrechte aberkannt.

Mannheim, 22. April. (Ueber die Einführung
der Bahnsteigsperre) hat zwischen dem hiesigen Ver-
treter der Großh. Generaldirektion Herrn Reg.-Rat Gaitzsch
und der Verkehrskommission der Handelskammer für den
Kreis Mannheim eine Konferenz stattgefunden. Die Sperre
soll am 1. Juni 1908 eingeführt werden und zwar zunächst
auf den Strecken Mannheim- und Heidelberg-Karlsruhe.

Karlsruhe, 22. April. (Beleidigungsprozetz.)
Auf der Tagesordnung der heutigen Schöffengerichtssitzung
stand u. a. auch die Privatklage, welche Prof. Böhtlingk gegen
den Redakteur des ultramontanen „Freib. Bote", Heinrich
Müller, wegen Beleidigung angestrengt hat. Vor Eintritt in
Lie Verhandlung beantragte der Vertreter des Beklagten,
Rechtsanwalt TruNk, Bertagung, weil er in letzter Stunde be-
auftragt worden sei, Widerklage zu erheben. Prof. Böhtlingk
habe nämlich in der Münchener Protestversammlung am 26.
März die Zentrumspresse und deren Redakteure beschimpft.
Nach dem von einem Redakteur der „Augsb. Postztg." abgefaß-
cken Bericht über jene Bersammlung habe Böhtlingk von einer
^,Verrohung der schwarzen Presse" gesprochen. Alle, welche da-
zu gehören, seien nichts als schwarzer Pöbel. Jn Baden hätte
<er in dieser Presse nie eine Zeile gelesen, die er wirklich ge-
fprochen habe. Diesen Teufeln sei nichts heilig usw. Prof.
Böhtlingk bestritt die Richtigkeit dieses Referats. Schon der
«rste Satz enthalte eine verleumderische Unwahrheit. Das Ge-
richt beschloß, die Verhandlung zu vertagen und den Redakteur
der „Augsb. Postztg." als Zeugen zu vernehmen.

Schopfheim, 22. April. (Oberamtmann Dr. von
Grimm) hat einen Rus in das R e i ch s a m t des I n n ew n
in Berlin erhalten und wird die ihm zugedachte Stelle bereits
Anfangs Mai übernehmen.

Radolfzell, 22. April. (Blattern.) Hier sind die

Blattern ausgebrochen. Jm Spital liegen drei Kranke, ein
weiterer befindet sich in cinem Privathaus. Seitens des
Staates wurde eine Baracke zur Verfügung gestellt, um eine
genügende Absonderung herbeizuführen, falls, noch mehr Er-
krankungen porkommen sollten. Am letzten Samstag ließen
sich über 400 impfen, nachdem vorher wohl schon die gleiche
Zahl sich dieser Schutzmatzregel unterzogen hai. -Dte Stadt
hat die Berechtigung erhalten, der hiesigen Äürgerschule im
Herbst eine fünfte Klasse anzugliedern, sodatz die Schule im
Herbst 1904 zur vollständigen sechsklassigen Realschule wird.
Auch die Volksschule hat eine abermalige Erweiterung erfah-
ren, indem zwei weitere Lehrer angestellt wurden. Die Zahl
der Lehrkräfte beläuft sich nun bei 750 Kindern auf 11.

-s- Patentbericht für Baden vom 21. April 1903. Mitge-
teilt vom Jnternat. Patentbureau C. Kleyer, Karlsruhe i
B., Kriegstr. 77. Auskünfte ohne Recherchen werden den
Abonnenten dieser Zeitung kostenfrei erteilt. (Die Ziffern
vor der Nummer bezeichnen die Klasse.) Gebrauchsmu-
st e r: 79. d. 196 765. Arbeitstisch für Wickel- und Zigarren-
macher mit erhöhter Tischplatte, eingeschobenem Spucknapfbe-
hälter und umgekehrtem dachförmigen Abfallbehälter. Gottlieb
Bräunling, Hambrücken. 10. März 1903. 70. a. 196 758.

Jn flacher Form gestalteter Bleistifthalter, mittclst durch
Druck vor- oder zurückfallenden, inneren Einsatzes für Minen-
und Holzbleististe. Otto Ungelenk, Pforzheim. 9. März 1903.
Gebrauchsmuster - Eintragungen: 44. a.

196 844. Sicherheitsverschlutz für Broschen, Vorstecker u. dgl.,
dessen Verschlußbügel zur Sicherung der Nadel mit nach autzen
und innen drehbarem, beim Freigeben selbsttätig sich schlietzen-
dem Verschlutzdaumen versehen ist. Louis Neuburger, Pforz-
heim. 44. d. 196 792. Tabakspfeife mit gewindeartigem, mit-
telst Gummischlauchs o. dgl. abgedichtetem Kanal und Abla-
gerungsräumen für Speichel und Satz. Ernst Moll II., Wein-
heim. 1. Dezember 1902.

Personalnachrichten.

Aus dem Bereiche des 14. Armeekorps.

Zu Oberlts. befördert: die Lts.: v. Hertzberg, Frhr. v. Rot-
berg (Albert), Frhr. v. Rotberg (Edgar) im Bad. Leib-Gren.-
Reg. Nr. 109, v. Flumetti im 3. Bad. Jnf.-Reg. Nr. 169,
Groß im 2. Oberels. Jnf.-Reg. Nr. 171, v. Luck an der Unter-
offizier-Schule in Ettlingen.

Versetzt: Kuenzer, Hauptm. z. D. und Bezirksoffizier beim
Lcmdwehrbezirk Saargemünd, zum Landwehrbezirk Mann-
heim; v. Damitz, Oberlt. im 5. Bad. Jnf.-Regt. Nr. 113, in
das Jnf.-Reg. Graf Bose (1. Thür.) Nr. 31; Frhr. v. Putt-
kammer, Lt. im Großh. Mecklenb. Jägerbat. Nr. 14, als Lt.
und Feldjäger in das Reitende Feldjägerkorps. — Unter Be-
lassung in seinem Dienstverhältnis und auf dem Etat der Ost-
asiat. Besatzungsbrigade in den betr. Truppenteil wieder ein-
gereiht: v. Treskow, Oberlü und Topograph beim Kommando
der Ostasiat. Besatzungsbrigäde, ä la suite des 2. Bad. Gren.-
Reg. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110. — Ritter, Oberlt. im Jnf.-
Reg. Markgraf Ludwig Wlhelm (3. Bad.) Nr. 111, bon dem
Kommando zur Dienstleiftung beim Auswärtigen Amt mit
dem 2. Juni d. I. enthoben. — v. Briesen, Hauptm. u. Komp.-
Chef im 2. Oberels. Jnf.-Reg. Nr. 171, in Genehmigung sei-
nes Gesuches und unter Stellung zur Disposition mit der ge-
setzlichen Pension, zum Bezirksoffizier ernannt, beim Land-
wehrbezirk Kolmar. — v. Schack, Öberstlt. und Kommandeur
des 1. Bad. Leib-Drag.-Reg. Nr. 20, unter Beförderung zum
Obersten, in gleicher Eigenschaft zum Ulan.-Reg. Hennigs von
Treffenfeld (Altmärk.) Nr. 16 versetzt.

Prinz Maximilian von Baden, Großh. Hoheit, Major
ä la suite des 1. Bad. Leib-Drag.-Reg. Nr. 20 und dienstlei-
stend bei diesem Regiment unter Beförderung zum Oberstlt.
und Belassung ä lu suite des Garde-Kür.-Reg., zum Kom-
mandeur des 1. Bad. Leib-Drag.-Reg. Nr. 20 ernannt.

Michels, Lt. im 2. Bad. Drag.-Reg. Nr. 21, in die Eskadr.-
Jäger zu Pferde Nr. 15 bersetzt. — Frhr. v. Salmulb. Major
und Abteil.-Kommandeur im 2. Garde-Feldart.-Reg., unter
Versetzung zum 1. Bad. Feldart.-Reg. Nr. 4-4 mit der Füh-
rung dieses Regiments beauftragt. — Friedrich, Oberlt. im
2. Feldart.-Reg. Nr. 30, unter Beförderung zum Hauptmann,
vorläufig ohne Patent, zum Batt.-Chef-ernannt. — Faust-
mann, Major u. Abt.-Kommandxur im 4.iBad. Feldart.-Reg.
Nr. 66, ein Patent seines Dienstgrades vsrliehen. v. Uslar,
Lt. im 1. Bad. Feldart.-Reg. Nr. 14 zupi Oberlt. befördert.
Rehbach, Major beim Stabe des Bad. Frfßart.-Reg. Nr. 14,
ein Patent seines Dienstgrades verliehen. Scheele Häüptm.
und Art.-Offizier vom Platz in Wesel, als Komp.-Chef in das
Bad. Fußart.-Reg. Nr. 14 versetzt. — Sterzel, Hauptm. und
Komp.-Chef im Bad. Fußart.-Reg. Rr. 14, zum Art.-Offizier
vom Platz in Wesel ernannt.

Der Abschied mit der gesetzlichen Pension bewilligt: Gep-
pert, Oberst und Kommandeur des 3. Oberels. Jnf.-Reg. Nr.
172, mit der Erlaubnis zum Tragen der Regimentsuniform,
Macholz, Oberlt. im Bad. Trainbat. Nr. 14, mit der Erlaub-
nis zum Tragen der Armee-Uniform.

Von seiner Dienststellung auf sein Gesuch enthoben: von
Drigalski, Hauptm. z. D. und Bezirksoffizier beim Landwehr-
bezirk Mannheim, unter Verleihung des Charakters als Ma-
jor und mit der Erlaubnis zum Tragen der Uniform des 6.
Bad. Jnf.-Reg. Kaiser Friedrich III. Nr. 114.

Braun, Kommandeur des Landwehrbezirks Lörrach, mit der
Ausstcht auf Anstellung im Zivildienst und der Erla'ubnis zum
Tragen der Uniform des 9. Bad. Jnf.-Reg. Nr. 170 der Ab-
schied mit Pension bewilligt.

Zu Fähnrichen befördert die Unteroffiziere Mechlenburg
Albrand im 4. Bad. Jnf.-Reg. Prinz Wilhelm Nr. 112,
Mcyer im 9. Bad. Jnf.-Reg. Nr. 170.

Drei jugendliche Raubmörder vor dem
Schwurgericht.

iii. *

Freiburg, 21. April.

Nachmittags begannen die Verhandlungen wegen des
Mordes an Lazarus Burgheimer und wegen Rau-
bes. Der Angeklagte Weißer berichtet darüber: Ziegler gab
die Anregung zu der Tat am Tage vorher im Beisein des Her-
mann in der Schusterstraße. Z. sagte, sie seien den Vormittag
herumgelaufen, um zu sehen, ob sie einen fänden. — Präs.:
Wozu finden? Zum Umbringen? — W.: Ja; sie sagten, sie
seien schon bei Burgheimer gewesen, um zu kundschaften. Jch
kannte B. vorher nicht und war nicht bei ihm gewesen. Erst
am Abend, als mich Z. und H. vom Geschäft abholten, erzähl-
ten sie Näheres. — Präs.: Hat Z. direkt den Vorschlag gemacht,
B. umzubringen und zu berauben? — W.: Jawohl, doch erst
am nächsten Vormittag, als sie mich wieder abgeholt hätten.
Jch sagte, wir wollten B. bloß berauben; Z. entgegnete, wir
mützten B. auch töten, denn er kenne uns. Hermann war dann
auch damit einverstanden. Abends trafen wir uns auf Ver-
abredung im Kleinen Meyerhof. — Präs.: War ausgemacht
worden, wer zuerst hineinzugehen habe? — W.: Jawohl; ich
sollte zuerst Hineingehen. Z. sagte, er wolle Geld wechseln las-
sen, damit man bei dieser Gelegenheit sähe, wo B. seine Mit-
tel verwahre. Wenn der günstige MomeNt da sei, werde er
Hermann einen Stupfer geben. — Präs.: Haben Sie diesen
Vorschlägen widersprochen? — W.: Nein. Wir entfernten uns
einzeln und gingen durch die Eisenbahn- und Brunnenstrahe.
Z. sagte, ich möge ihm meinen Ueberzieher geben, damit man
seinen Metzgerwams nicht sähe, und ich ging auf den Vorschlag
ein. H. kam voin kleinen Meyerhof erst einige Minuten später

nach. Jch ging in B.'s Wohnung ohne Waffe. Jm Hausgang
traf ich ein unbekanntes Fräulein. Ä. saß am Tisch und trank;
ich fragte nach Schuhen, die ich anprobte. Jn diesem Augen-
blick kamen Z. und H. nach; sie verlangten Schuhe und einen
Ueberzieher und begannen ebenfalls zu probieren. Z. kaufte
ein Paar Schuhe und gab ein Zehnmarkstück hin. B. gab das
Geld aus seinem Geldbeutel heraus, so dah wir den Verwah-
rungsort des übrigen Geldes nicht'kennen lernten. Als B.
dann etwas vom Boden aufheben wollte, gab Z. dem H. einen
Stoß und ich packte B. von hinten äm Halse, mit beiden Hän-
den. Z. schlotz die Tür ab. H. kam herzu, als B. zu Boden
fiel und auf dem Rücken lag. B. gab nur einen kleinen Klage-
laät von sich. H. kniete auf ihn und stemmte mit den Händen
nach B.'s Brust. Z. ging in das Nebenzimmer, wohin ihm H.
folgte, nachdem er dem B. Uhr, Kette und Portemonnaie fort-
genommen hatte. Jm Nebenzimmer fanden sie nichts. Als
Z. herauskam, zeigte er sein Messer und sagte: Da, hau ihm
den Hals ab; auf einmal könnt' er noch leben! Jch sagte:
nein, das kann ich nicht! — Jch nahm die von mir anprobierten
Schuhe mit. Z. und H. nahmen dann noch Ringe, Täschen-
uhren und Kleidungsstücke und wir gingen in die Wohnung
von H. und Z. Die Schuhe nahm ich mit nach Haus. Am
gleichen Abend erhiest ich von H. eine der geraubten Uhren.
— Präs.: Jst das die Wahrheit, datz Jhnen Z. einen Stupfer
gab? Sie reden sich den Hals nicht frei dadurch, daß Sie
andere belasten. Sie haben früher die gleichen Angaben nicht
gemacht. Der Angeklagte behauptet, jetzt die Wahrheit gespro-
chen zu haben.

Der Angeklagte Hermann meint, er sei nicht schuldig,
mit den beiden anderen Angeklagten B. umgebracht zu haben.
Verabredet sei die Tat allerdings am Tage vorher worden,
und auch daß er bei der Erdrosselung zugegen war, bestreitet
H. nicht. Er erzählt: Schon am Nachmittag vor dem Tage
(des Mordes) hatte mich Z. zu Burgheimer mitgenommen,
um Schuhe zu kaufen, doch paßten keine. Eine böse Absicht
hatten wir dabei noch nicht. Erst als wir danach zum Trödler
Kaiser gingen, sagte Z.: der B. hat Geld, den könnt' man um-
bringen. Ob er das schon ernst meinte, weiß ich nicht. Als
Weißer abends zu uns kam, fing Z. das gleiche Gespräch an.
W. sagte: man könnte ihn ja nur ausrauben; Z. aber entgeg-
nete, das sei nicht möglich. — Am folgenden Mittag wurde
weiter darüber gesprochen und beschlossen, den B. umzubrin-
gen, Präs.: Sie haben dem B. die Uhr und das Portemon-
naie genommen, und da hat's Jhnen nicht gegraust?
Vorher hatten Sie das Grausen. Wie kam das? — H.: Jch
dachte, jetzt sind wir doch verloren! -— Präs.: Weshalb find Sie

nicht hinausgegangen? — H.: Als W. mich um Hilfe rief --

Präs.: Haben Sie geglaubt, datz W. von dem 80jährigen Mann
überwältigt werden könnte? — H. schweigt.

Der Angeklagte Georg Ziegler kam im Jahre 1899
hierher. Er war vorher in Straßburg. Hier trat er bei Metz-
ger Martin, dann bei Oberrieder und schlietzlich bei Möhrle
in Dienste, wo er Hermann kennen lernte. Hier war er bis
zum Mai 1901, dann will er ein halbes Jahr krank gewesen
sein und sich darauf bis zum Mai 1902 zu Hause aufgehalten
haben. Zu dieser Zeit kam er wieder hierher, trat aber nicht
in Stellung, weil er über Geld verfügt habe, und zwar, wie .
er angibt, über 500 Mark. Damit habe er ein Geschäst grün-
den wollen mit Viehhandel. Er associerte sich zuerst mit Metz-
ger Möhrle, verlor aber einige hundert Mark dabei und ging
weg. Dann fing er mit Hermann das Geschäst in der Schuster-
straße an. Seine Einvernahme fördert nichts wesentlich Neues
zu Tage.

Sodann kommen noch nähere Details von weiteren geplan-
ten Mordtaten. So sollte die Post in Umkirch ausgeraubt, ein
Schweinehändler von Emmendingen und Metzgcrmeister Bih-
ler von Freiburg exmordet werden. Jn Bezug auf den letz-
teren Fall soll Hermann eines Tages geäußert haben: „Jetzt
kann ich es nimmer machen, Bihler hat jetzt einen grotzen
Hund, der mich nicht kennt". Ziegler leugnet und beschönigt
alles, was den Vorsitzenden zu der Bemerkung veranlatzt: „Da
wären Sie also der Schutzengel der beiden anderen gewesen."
(Ziegler lächelte spöttisch.) Weitzer sagt aus, einmal sollte
ein Geldbriefträger „dran glauben" müssen. Man patzte ei-
nem solchen, den Weißer vom Rumöllerschen Geschäft aus
kannte, an mehreren Abenden gegenüber. der Post auf. Her-
mann hatte nach Zieglers Aussage ein langes Messer, Weißer
einen starken Prügel bei sich. Ziegler selbst leugnet, von dem
Anschlag etwas gewutzt zu haben, oder mit auf der Lauer ge-
standen zu sein. Aber es sei ihm so der Gedanke gekommen,
der Weißer und der Hermann hätten sicher „wieder eine
Dummheit vor", und richtig habe er sie ganz durch Zufall an
dem Postgebäude getroffen. Dort habe Hermann ihm Vor-
würfe gemacht und gesagt: „Du bist auch Einer, auf dich kann
man sich halt nicht verlassen!" Die beiden anderen erklären,
daß Ziegler um den Plan wußte, der nur deshalb nicht zur
Ausführung gekommen sei, weil sich die Sache nicht recht
machen wollte. Weitzer sagt dann aus, daß sie zu Dreien so-
dann beschlossen hätten, ein Räuberleben zu führen. Hermann:
„Weißer habe schon eine Hürte im Sternenwald gebaut, weiter
sei aber nichts gemacht worden". Ziegler macht auch hier wie-
der Einschränkungen. Landgerichtsrat Schwörer sagt als Un-
tersuchungsrichter aus, daß sich in der Voruntersuchung Weißer
in Widersprüche verwickelt habe.

Freiburg, 22. April.

Die Verhandlung im Fall Burgheimer wird heute fortge-
setzt.

Weißer wird noch einmal über seinen Angriff auf den
Burgheimer befragt. Er gibt nochmals zu, den Alten, als die-
ser sich bückte, im Nacken gefaßt, niedergedrückt und einige
Minuten lang gewürgt zu haben. Der Befragte stellt entschie-
den in Abrede, daß die beiden andern in diesem Augenblick
das Zimmer hätten verlassen wollen. Auf Weißers Hilferuf
habe vielmehr Ziegler sofort den Schlüssel vom Aeußern der
Tür nach innen genommen, während Hermann auf des Alten
Leib gekniet sei. Burgheimer müsse in diesem Augenblick noch
gelebt haben, denn er habe noch „geschnauft". Hermann
wird an eine frühcre Aussage erinnert, wonach der Angefal-
lene, als er auf ihm „hockte" und ihn seiner Uhr und der
Börse beraubte, noch heftig zitierte. Der Befragte meint nur,
das könne möglich gewesen sein.

Dem Angeklagten Ziegler wird entgegen seiner gestri-
gen Aussage das mit Weißers Schilderung völlig übereinstim-
mende Geständnis in der Voruntersuchung vorgehalten: er sei
mit dem Plan gegen Burgheimer völlig einverstanden gewesen,
nur habe er nicht im Ernst an die Möglichkeit der Ausführung
des Plans gedacht.

Den glaubwürdigeren Eindruck macht auch heute dcr Ange-
klagte Weißer. Der Hermann will sich auf nichts mehr
recht besinnen können, ändert seine Aussagen, ebenso wie vor
dem Untersuchungsrichter, fortwährend. Einmal entschlüpft
ihm die Bemerkung: als ich Burgheimer liegen sah, dachte ich
nur noch an Eines: „jetzt nur 'nauf auf ihn" (womit er das
Knien auf den Alten meint). Ziegler will zuerst gar nicht
zugesehen haben, wie seine Genossen mit dem Burgheimer
verfuhren, gibt aber dann wieder detaillierte Schilderungen
über die Ausführungen des Mordes.

Nun bringen die Sachverständigen ihre Mitteilungen über
Leichenfund und Sektion vor. Zunächst erzählt Medizinalrat
Dr. Winter, wie er, in Burgheimers Wohnung (eine echte
Trödlerbehausung) gerufen, den Besitzer des Geschästs liegend
fand und an der noch lebenswarmen Leiche Zeichen eines un-
freiwilligen Erstickungstodes feststellen konnte. Bezirksassistenz-
arzt Dr. Guttenberg gibt das aus der Sektion gewonnene Gut-
achten ab. Nach den festgestellten Merkmalen (Blutaustritt in
der Bindehaut der Augen, Blutüberfüllung in den inneren

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