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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0946

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Zur Wahibewcgung.

— Für dis Reichstagswahlen ist nunmehr im würt-
tembergischen 11. Wahlkreis eine Kompromißkandidatur
zwischen Teutscher Partei und Poltspartei
zustande gekommen. Beide Parteien haben im 11. Wahl-
kreis, der bisher demokratisch vertreten war, dem Bund
der Landwirte den Finanzrat Dr. Losch in Stuttgart
entgegengestellt. Das Kompromiß zwischen Deutscher
Partei und Volkspartei ist, selbst wenn es, wie dies bis
jetzt den Anschein hat, keine weitere Nachfolge finden
sollte, zweifellos ein parteipolitisches Ereignis. Denn es
ist seit 30 und mehr Jahren der e r st e F a l l eines Zu-
sammengehens beider Parteien bei einer Reichstagswahl.
Man muß auch anerkennen, daß die Deutsche Partei vom
Bauernbund geradezu darauf hingedrängt worden ift, die
alte Bundesgenossenschaft zu lösen und (teilweise) eine
neue zu suchen.

— Der sozialdemokrat. „Volksfreund" erläßt folgende
Warnung an seine politischen Gesinnungsgenossen: G e g-
nerischeVersammlungen benützt man nur dann
zur Agitation, wenn freie Diskujsion zugesichert wird und
wenn ein tüchtiger, gewandter und ersahrener Redner un-
serer Partei als Diskussionsredner zur Verfügung steht.
Mit dem Reden allein ist es nicht getan; es kommt auf das
Wie und das Was an. Wir warnen deshalb wiederholt
davor, ohne weiteres sich an solchen gegnerischen Versamm-
lungen zu beteiligen und ersuchen die Parteigenossen drin-
gend, diese Mahnung zu beherzigen. Der Uebereifer nützt
uns nichts. Die Gegner bringen in ihren Versammlungen
stets eine Reihe guter Redner mit; sie haben sast immer
die Mehrheit der Besucher auf ihrer Seite. Da ist es
doppelt und dreifach notwendig, daß unsererseits nur
tüchtige, erfahrene Redner in die Diskussion eingreifen.

L. 6. Ma nnheim , 12. Mai. Eine Vertrauens-
männerversammlung der sreisinnigen Partei faßte mit
allen gegen eine Stimme folgende Resolution: „Da im
Reichstag die freisinnige Volkspartei und die deutsche
Volkspartei in sachlichen wie in taktischen Fragen stets
einheitlich vorgegangen sind und von Herrn Muser ins-
besondere auch ein Eintreten für langfristige Handelsver-
träge in sicherer Erwartung steht, empfiehlt der Frei-
sinnige Verein Mannheim den Parteifreunden, in der
Hauptwahl für den Kandidaten der deutschen Volkspartei,
Herrn Rechtsanwalt Muser in Offenburg, ihre Stimme
abzugeben." Für die Stichwahl wird die Parole später
ausgegeben.

-i- Heidelberg, 12. Mai. Abermals umsonst
war eine Wahlversammlung der Sozialdemokra-
ten in unserem Wahlkreis und zwar am Sonntag in
D i l s b e r g. Wohl war sie zu der festgesetzten Stunde
sehr stark besucht; als aber die Bersammlung eröffnet war
und die Redner ihr Programm entwickeln wollten, durch-
brauste hündertstimmig das Lied „Deutschland, Deutsch-
land über alles" den Saal. An dieses Lied schlossen sich
noch einige andere patriotische Lieder an, sodaß die sozial-
demokratischen Redner nicht zum Wort kommen konnten
und so die Versammlung unverrichteter Sache verlassen
mußten. Zum Schluß brachte die Versammlung noch ein
begeistertes Hoch auf den Kaiser und den Großherzog aus.

Aus Stadt unb Land.

Heidelberg, 13. Mai.

Nationallib. Wahlversammlung. Auf die morgen
Abend in der „Harmonie" stattfindende Wahlversammlung, in
der Reichstagskandidat Herr Beck sprechen wird, sei hiermit
nachdrücklich aufmerksam gemacht.

Von der tlniversität. Die 17. Versammlung der Anato-
mischen Gesellschaft findet in den Tagen vom 29. Mai bis
1. Juni hier in Heidelberg statt. Es sind 35 Vorträge mit
Dcmonstrationen angemeldet.

n Kohlen-Einkaufs-Genossenschaft. Die Kohlen-Einkaufs-
Genossenschaft, G. m. b. H. in Heidelberg, hielt am Montag
Abend in der „Westendhalle" ihre dritte ordentliche General-
versammlung ab. Die gut besuchte Versammlung nahm den
Geschäftsbericht über das abgelaufene Jahr entgegen, geneh-
migte die Bilanz und verfügte über den Reingewinn. Vorstand
und Aufsichtsrat wurden einstimmig cntlastet, worauf noch Er-
satz- und Neuwahlen stattfanden. Die Kohlen-Einkaufs-Ge-
nossenschaft blickt wieder auf ein recht zufriedenstellendes Ge-
schäftsjahr zurück. Die Zahl der Genossen beträgt jeht 480

haft zurück. Jnzwischen war Kisch durch das Kriegsgericht
zu 16 Monaten Gefängnis und Degradation verurteilt
worden, wogegen Verurteilter und Gerichtsherr alsbald
Berufung einlegten. Jn der Berufungsverhandlung gab
Stabsarzt Dr. Becker sein Urteil dahin ab, daß Kisch vom
Juli 1902 ab, als er bereits in Unterstlchungshaft saß,
g e i st e s g e st ö r t war, zur Zeit seiner Straftat aber
gsistig stark minderwertig gewesen war. Oberstabsarzt
Dr. Lasser hält deu Zustand Kischs für leichte Geistes-
ftörung, hervorgerufen durch Einzelhaft und die seelische
Erregung während des Gerichtsverfahrens; ein Anhalt da-
für, daß Kisch zur Zeit der Begehung seiner Tat unzu-
rechnungsfähig war, liegt nach diesem Gutachten nicht vor.
Das Oberkriegsgericht verwarf beide Berufungen, sodaß
es bei der Verurteilung des Kisch zu 16 Monaten Ge-
fängnis und Degradation verbleibt.

— Magdcburg, 12. Mai. Die Schuhmachersfrau
Bartels, die an Gesichtsrose litt, erdrosselte
ihre Tochter von 4 Jahren, ertränkte einen Knaben
von Jahren und erhängte dann sich selbst. Grund
der Tat war der bevorstehende Tod ihres Mannes, der an
Gehirnentzündung erkrankt war.

— Tcr Willkomm-Trunk von Schweinfurt. Aus
Würzburg, 11. Mai, wird der „Frankf. Ztg." geschrieben:
Gestern Nachmittag traf Prinz Ludwig zum Besuche einer
landwirtschaftlichen Ausstellung in Schweinfurt ein.
Er wurde vom Bürgermeister mit einer Ansprache begrüßt.
Zum Schlusse reichte der Vater der Stadt dem Prinzen
einen kostbaren alten Deckelkrug zum Willkomm-
Trunk. Als aber der Prinz den Deckel hob, machte er

aus allcn Ständenz der Gesamtumsatz 33 000 Mk., neubeige-
tretene Genossen 35. Nähere Auskunft wird jederzeit gern er-
teilt durch die Geschäftsstelle Weberstraße Nr. 14.

X Stadtgartenkonzerte. Sobmd das Thermometer unter
1214 Grad Wärme sinkt, finden im Stadtgarten keine Konzerte
mehr statt. Diese Einrichtung liegt im Jnteresse der Gesund-
heit der Zuhörer und der Musiker.

—!— Reichs-Limeskommission. Gestern tagte hier im
Grand-Hotcl die Reichs-Limeskommission unter dem Vorsitze
des Herrn Geh. Ober-Reg.-Rats Dr. Kaufmann vom Mi-
nisterium des Jnnern in Berlin. Anwesenh waren u. a. Ge-
neral Popp, sowie verschiedene Professoren aus Bonn und
Freiburg. Von den gefatzten Beschlüssen ist besonders hervor-
zuheben, datz man sich entschieden hat, die Tätigkeit der Kom-
mission fortzusetzen und dieselbe nicht, wie erwogen wurde,
aufzugebcn.

(!) Wirtwechsel. Herr Capitain, bisher Wirt zum
„weißen Schwan", übernimmt vom 1. Oktober d. I. ab den
„P r i n z M a x".

— Schöffengerichtssitzung vom 11. Mai. Friedrich Bruder
und Nikolaus Horn von Wieblingen sind angeklagt wegen Be-
leidigung. Fr. Bruder erhielt 10 Mark Geldstrafe evtl. zwei
Tage Gef., Nik. Horn wurde von der Anklage freigesprochen;
Christian Gattner von Reilsheim erhielt wegen Sachbeschädi-
gung und llebertretung des Paragr. 860 Abs. 3 Ziff. 13 10
Mark Geldstrafe; Ernst Wilh. Emil Wittmann von hier wegen
Hausfriedenbruchs und Bedrohung 5 Tage Gefängnis; Wilh.
Lüneburg von hier wegen Hausfriedensbruchs und Uebertre-
tung des Paragr. 360 Ziff. 1t 3 Mark Geldstrafe evtl. 1 Tag
Gef.; Johann Gebhart von hier wurde bon der Änklage wegen
Betrugs freigesprochen; Elisabetha Luise Katharina Gamber
von hier erhielt wegen Verg. gegen das Nahrungsmittelgesetz
einen Berweis; die Verhandlung gegen Joh. Schmitt und Karl
Hch. Ruf von hier wegen Hausfriedensbruchs wurde vertagt;
Jokab Ebner von hier erhielt wegen Körperverletzung 5 Mark
Geldstrafe evtl. 1 Tag Gef.; Heinrich Weber in Haft wegen
Unterschlagung 3 Wochen Gefängnis; Alexander Maier in
Haft erhielt wegen Diebstahls 1 Woche Gefängnis.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Fabrikarbei-
ter und ein Kommis wegen Bettelns und eine Dienstmagd we-
gen Umherziehens. — Zur Anzeige kam eine Ehefrau we-
gen Betrugs und 6 Personen wegen Ruhestörung bezw. Un-
fugs.

?. /c. 7. Badisches SängerbundeSfest, Pfingsten 1903 in
Mannheim. Für das am Pfingstmontag, 1. Juni, Vormittags
11 Uhr im Nibelungensaale des Rosengarten stattfindende Fest-
konzert, dem auch die Grotzherzoglichen und Erbgrotzherzog-
lichen Herrschaften beizuwohnen zugesagt haben, ist
nunmehr das Programm cndgiltig festgcsetzt worden. Es
gelangen nur Gesamtchöre, teils mit Orchesterbegleitung, teils
a capella zur Aufführung. Als Solisten werden hierbei mit-
wirken: Fräulein Dina van der Vijver aus Mannheim und Hr.
Karl Perron aus Dresden. Die Eintrittspreise zu diesem
Konzerte sowohl, als auch zu den beiden am Pfingstsonntag
stattfindenden Wettgesang-Konzenten sind so nieder gestellt,
datz es jedermann ermöglicht ist, an denselben teilzunehmen.
Für alle drei Konzerte zusammen betragen die niedersten
Abonnementspreise 2.50 Mark, die höchsten 3 Mark, während
man für die Einzelkonzerte schon von 50 Pfg. an bis zu 2 Mk.
bezw. 1 Mark bis 9 Mark Sitzplätze erhalten kann. Stehplätze
gelangen nicht zum Verkaufe. Der Kartenverkauf wurde dem
Konzertbureau der Hofmusikalienhandlung von K. F. Heckel
übertragen. '

V Wieblingen, 13. Mai. (Bürgerausschutzwahl.)
Auch in der ersten und zweiten Wählerklasse wurde der vom
liberalen Verein vorgeschlagene Zettel gewählt. Es war keine
Gegenliste aufgestellt. Tie Wahlbeteiligung war eine stärkere,
wie in der dritten Klasse. Es haben etwa 50 Prozent abge-
stimmt.

— Dossenheim, 12. Mai. (Der Gesangverein
Männerchor Dossenheim) unternahm am verflosse-
nen Sonntag, 30 Mann stark, einen Maiausflug nach dem ro-
mantisch gelcgenen Dilsberg. Obcn angckommen, wurde bei
Gastwirt Zapf zur Sonne ein Jmbitz eingenommen. Sodann
ging es zur Besichtigung der uralten Ruine, in welcher auf dem
ehemaligen Schloßhof voll Begeisterung ein Kaiserlied gesun-
gen wurde. Bei Kaiserwirt Barth in der Ruine wurde der
zweite Einfall unternommen und unter Absingen etlicher Lie-
der dem Getränke ordentlich zugesagt. Unter Gesang gings
am Abend den Berg hinab nach Neckargemünd, und mll dem
Abendzug hcim. Bci dcm prachtvollen Wctter und der guten
Bewirtung von Seiten der Wirte Zapf und Barth hörte man
nur eine Stimme des Lobes über den gelungenen Ausflug.
Der zweite Ausflug, der bald folgen wird, geht aller Wahr-
scheinlichkeit nach die Bergstraße hinab.

V Vom Odenwald, 12. Mai. (Graswuchs.) Das
feuchtwarme Wetter hat allenthalben den Graswuchs so geför-
dert, daß man überall mit Grünfutter zu füttern begonnen
hat. Jnfolgedessen ist dcr Preis für Heu, das noch vielerorts
zu haben ist, unter drei Mark pro Zentner heruntergegangen.

Waldmichelbach, 12. Mai. (Gewitter.) Gestern ge-
gen Abend zog ein schweres Gewitter über das Ulfatal. An
der Bxäunig'schen Behausung im Unterdorf schlug der Blitz in
eine hohe Fichte, fprang aber von der Mitte des Stammes in
eine nahe stehende Telegraphenstange über und zerschmetterte
die Anlage. Auch in der nächsten Umgegend hat es in den

ein sehr verdutztes Gesicht: der Krug war nämlich —
leer! Das ganze befrackte und behandschuhte Empfangs-
komitee war im nächsten Augenblick mit dem Oefsnen von
Flaschen beschäftigt und bald konnte der Prinz den Ehren-
becher aufs Wohl der Stadt Schweinfurt leeren.

— „Alt-Hcidclberg, du fcine" auf Schwcdisch. Man
weist in der „Neuen Bad. Landesztg." aus eine vortreff-
liche Uebersetzung des Scheffelschen Preisliedes ins Schwe-
dische hin, die in klangvoller Sprache der Eigenart des
Urbildes meisterhaft gerecht wird, bei uns aber leider
noch unbekannt geblieben ist. Sie stammt von Frau Ceci-
lia Baath-Holmburg und findet sich in ihrer überaus
stimmungsvollen Skizze „Zur Hochsommerzeit im Neckar-
tal", welche die hervorragende schwedische Zeitschrift
„Dagny" in ihrem Jahrgang 1898 gebracht hat. Man
nrteile nach der ersten und Schlußstrophe:

Mu Usiäslbsrg, som tolor
om gomlo minnsns glons,
i Rksns odi Usoksrs änlnr
äin lilcs slärig ksnns.

oob Iiliellnr nornnn ä^stsr
ood blir mig vklrläsn knl,
rog sporrnr springnrn zistsr
Lls riät i Usosinrs änl . .«

Theater- und Kunstnachrichten.

— Hermann Sudermanns neues Bühnenwerk „is o -
krates der Sturmgesell" wird als ein der ersten
Neuheiten der nächsten Spielzeit im Lesstngtheater zu Berlin
zum erstnmal aufgeführt werden.

lctztcn Tagcn verschiedcnenorts in Bäume eingcschlagen. Wie-
der eine ernste Mahnung, sich bei Gewittern nicht unter Bäume
zu stellen.

(!) Nnter-Schönmattenwag, 12. Mai. (Bahnwün-
s ch e.) Unser 1300 Einwohner zählender Ort, der infolge
seiner Lage hauptsächlich auf Hausindustrie angewiesen ist, und
nicht unbedeutende Quantitäten aller möglichen Holz- und
Strohwaren ausführt, ist leider bis jetzt mit einer Bahn noch
nicht gesegnet worden. Datz dies gerade für unsere Bevölke-
rung ein grotzer Schaden ist, liegt auf der Hand. Es ist des-
halb neuerdings das Bestreben, eine Bahn zu erwirken, wieder
schr in Flutz gekommen, umsomehr, da auch Hirschhorn sich
unsercn Wünschen anschließt. Eine diese Woche hier abgehal-
tcne Versammlung hat die nötigen Wege angebahnt, um end-
lich das langersehnte Ziel zu erreichen.

Wiesloch, 12. Mai. (Verhaftet.) Die Gendarmerie
verhaftete in Baierthal einen des Meineids dringend verdäch-
tigen Knecht namens Herd aus Feudenheim. Derselbe wurde
an das Landgcricht in Heidelbcrg abgelicfert.

!! Karlsruhe, 12. Mai. (Konkurs.) Aufsehen erregt
hicr der Konkurs des Kolonialwarengeschäfts Frih Leppert.
Die Unterbilanz beträgt 83 000 Mark. Heilbronner Kaffee-
und Mehllieferanten sollen bedeutende Verluste erleiden. Ein
Arrangement von 35 Prozent, das Herr Leppert angeboten
hattc, wurde von den Gläubigcrn nicht angenommcn.

Z Pforzheim, 12. Mai. (Ausstand der Zimmer-
leute.) Seit gestern arbeitete auf den hiesigcn Zimmer-
plätzcn nur noch ctwa die kleincrc Hälfte der Zimmerlcute.
Außer denen, welche ordnungsmäßig gekündigt hatten, sind noch
etwa 20—80 Arbeiter in den Ausstand getreten. Die Zim-
mcrmcister sind nicht gewillt, nachzugeben, und erklärcn, nur
wie seither nach Leistung zahlen zu wollen. Andererseits be-
harren die Arbeiter auf ihrer Forderung eines Minimallohnes
von 40 bezw. 45 Psg.

X Pforzheim, 12. Mai. (18. Verbandstag der
badischen Gastwirte.) llnter dem Vorsitz des Ver-
bandsvorsttzenden Herrn Fritz Glatzner begannen heute 10'
Uhr die Verhandlungen des Verbandstages im Saale des Gol-
denen Adler. Der Verbandstag war aus allen Teilen des Lan-
des gut besucht. Nach der Begrüßung durch dcn Ortsvor-
sitzenden, Herrn Lang, hielten Begrützungsansprachen die Her-
ren Oberbürgermcister Habermehl-Pforzheim und Amtmann
Gräzer, die den Verhandlungen einen guten Verlauf wünsch-
tcn und der Hoffnung Ausdruck verliehen, daß auch diese Vcr-
handlungen deni Wirtsgewerbe zum Segen gereichen würden.
Nach Feststellung der Präsenz wurde in die Tagesordnung ein-
gctreten und die Berichte des Vorsitzcndcn, des Schriftführers
und Rcchncrs entgcgengcnommen. Jn Sachen der Transferie-
rnngs-Taxe wurde cinstimmig eine Massenpctition an dcn
Landtag bcschlossen, in welcher um Aufhebung derselben in er-
ster Linie gebctcn wcrden soll. Tes Wcitercn soll an die Re-
gierung resp. das Finanzministerium um Steuerfreigabe eineS
Satzes von 10 Prozent von dem eingelegten offenen Wein ge-
betcn werden, dcr durchschnittlich nicht verkauft wird, sondern
als Schwund und als Haustrunk angenommen werden mutz.
Auch die Flaschcnbierfrage wurde einer langen Besprechung
unterzogen und Petitionen an dcn Reichstag und an dcn
Landtag beschlossen, an den Landtag in der Richtung, daß eine
Besteuerung des Flaschenbierhandels eingeführt werde und eine
scharfe Verordnung in Handhabung des Flaschenbierhandels.
Auch eine Eingabe an das Staatsministerium wegen der Kan-
tinen auf dcm Bahnhof in Karlsruhe wurde einstimmig be-
schlossen und darauf die Sitzung um halb 3 Uhr abgebrochen.
Bei dem Festmahl feierte der Vorsitzende, Herr Glahner, den
Großherzog als den Förderer und Schützer des Gewerbes, wo-
rauf aus dcr Vcrsammlung einstimmig ein Huldigungstele-
gramm an dcn Großherzog abgesandt wurde.

O Freiburg, 12. Mai. (Aus dem Zuge geschleu-
dert.) Gestern Abend wurde oberhalb der Station Müllheim
eine Frau aus Wolfenbüttel, die mit dem 9 Uhr 22 Min. in
Basel abfahrenden und 10 Uhr 14 Min. in Freiburg ankom-
menden Schnellzug reiste, mit solcher Wut aus dem Zuge ge-
schleudert, daß sie infolge des Sturzes getötet wurde. Die
Frau wollte dcn Abtritt aufsuchen, benützte hierbei aber bei
den durchgehenden Wagen die unrichtige Türe und kam so auf
die Plattform, von won sie dann abgestürzt ist.

^ Schopfheim, 12. Mai. (Blitzschlag.) Jnfolge Blitz-
schlages ist in Bürch.au das Anwesen des Landwirts Emil
Roser bis auf die Umfassungsmauern niedergebrannt.
Verlust an Menschen und Tieren sind nicht zu beklagen. Der
Gesamtschadcn beträgt ca. 10 000 Mark.

IVI Villingen, 12. Mai. (G e m e i n d e w a h l e n.) Ge-
stern begannen hier die Wahlen in den Bürgerausschutz. Da-
bei unterlag in der Klasse der Riederstbesteuerten die
Zentrumspartei gegen den Wahlvorschlag der übrigen
vereinigten Parteien vollständig. Die höchste Stimmenzahl
auf dem Zentrumszettel betrug 15 weniger, als die geringste
Stimmenzahl der Gegenpartei.

Aus Baden. Jn Görwihl hat sich eine Genossenschast
der Seidenbandweber konstituiert mit dem Sitze in Hottingen-^
Als erster Vorsitzender wurde Herr Bürgermeister Matt-
Herrischried gewählt.

Heidelberger BereinsangeLcsienbeiten.

b Der Kaufmännische Verein hiclt gcstern Abcnd seine
satzungsgemäße H a up t v e r s a m m l u n g ab, die zicmlich
zahlreich bcsucht war. Der erste Vorsitzende, Wcinhändler
Karl Ueberle, erstattete den Rechenschastsbericht.
Von einer Verlesung des Jahresbcrichts konnte abgesehen wer-
den, da derselbe bcreits in Druckabzügen vorlag. Wir ent-
nehmen ihm folgendes:

Der Mitgliederstand hat gcgenüber dem Rückgang im
vorigen Jahrc wicdcr eine kleine Kräftigung erfahren, indem
zwar die Zahl dcr Lehrlingsmitgliedcr ctwas abgenommen hat,
dafür aber die der ordentlichen Mitglieder gestiegcn ist. Der
Verein verzcichnete Ende März d. I. 291 ordentliche, 27 autzer-
ordcntliche, 5 auswärtige und 48 Lchrlingsmitglieder. Einen
schweren Verlust crlitt der Verein durch den Tod des lang-
jährigen Vorstandsmitgliedes, Herrn Georg Wegerle, der stets
gernc seine bewährte Kraft in den Dienst des Vereins gestellt
hatte und der sich ein bleibendes, treucs Andenken gesichert hat.
Die Bücherei wurde fast gleich lcbhaft wie im vorangegan-
genen Jahre benützt; es wurden rnnd 2200 Bände an etwa
120 Mitglieder ausgegeben. Die Leitung befand sich nach wie
vor in den geschickten Händen des bcwährten Bücherwartes,
Hcrrn Fritz Tiesler, dem der Dank des Vereins ausgesprocheck
wird. Ueber die Vorträge und Erörterungs-
abende, die auch im verflossenen Jahre in stattlicher An-
zahl und großer Mannigfaltigkeit abgchalten wurdcn, habeN
wir jeweils berichtet; den Redncrn wird der schon mündlich
dargebrachte Dank nochmals im Namcn des ganzen Vereins
ausgesprochen. — Die Verwaltung dcr Stellenvermitt-
lung wurde mit Beginn des Berichtsjahres von Herrn Oskaü
Schepp, in Fa. D. Reiffel Nachfolgcr, übernommen und »or>
ihm in dankenswerter Weise besorgt. Es bedienten sich der-
sclben 6 Geschäftsinhaber und 40 Gehilfen, von den letztereu,
sowcit das Ergebnis bekannt wurde, 10 mit Erfolg. De^
Posfelt-Landfried-Stiftung hat aus Anlatz der
Vermählung seines Sohncs Wilhelm Herr Kommerzienrm
Wilhelm Landfried am 7. Oktober vorigen Jahres wiederu«ll
cine Zustiftung von 500 Mk. überwiesen. Dem hochherzige''
Geber wird für diese Erneuerung seines dcm Verein fchon m
oft entgegengebrachten Vertrauens lebhaft gedankt. — Die Av-
teilung für Unterstützung von Mitgliedern be'
unverschuldeter Stellcnlosigkeit wurde niw'
! in Anspruch genommen. Auch die anderen Verbandsvereill°
 
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