Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0977

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DritteS Biatt

45. IstzlMg. — ^ 114

Ssmslag, 1ß. Mai 1W3.

Erscheint täglich, Sonntags ausgrnommeu. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition nnd dcn Zweigstationen abgcholt 40 Pfg. Durch dtk Post

bezogcn vierteljährlich 1,35 Mk. ausschließltch Znftellgebühr.

AnzeigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Neklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigcn ermäßigt. — Für die Aufnahme vsn Anzeigen
^^bchimmter^Tagen^ir^keine^erantwoMchkei^tbernoimnen^^^l^^^^^e^Jnserat^uf^den^P^

^iu bodenreformerisches Preisausschreiben.

Einen interessanten Wettstreit dürfte ein Preis von 3000
L?ark hervorrufen, den der durch seine hervorragende Uhren-
^arnmlung in weiten Kreisen bekannte Kunstfreund Carl
^arsfeld-Berlin soeben ausgesetzt hat. Bekanntlich behauptet
Sozialdemokratie, unsere kapitalistische Produktionsweise
I^die Ursache der sozialen Frage, und nur durch die Verge-
Mschaftung der Produktionsmittel könne deren Lösung her-
^'geführt werden, während die Bodenreformer der Ansicht
Md, daß die soziale Frage in letzter Linie eine Grund- und
^odenfrage sei und daher ohne große Umwälzungen gelöst
!^rden könne. Da nun diese letztere Behauptung von ver-
Ichiedenen Richtungen aufs heftigste bekämpft wird und es
Ansicht des Veranstalters des Preisausschreibens von der
?Eergrößten Wichtigkeit sein muß, wenn die Theorie der Bo-
ornrefgx^xx, die er seinerseits für richtig hält, entwe^er
nnderlegt oder allgemein anerkannt wird, so hat derselbe
?000 Mark in bar ausgesetzt für die beste Abhandlung, die
Z dem programmatischen Werke des jetzigen Bundesvorsitzen-
.on Damaschke: Die Bodenreform, 2. Auflage, einen Jrrtum
oen grundlegenden Theorien derselben nachweist. Für eine
ollig objektive Beurteilung ist in folgender Weise Sorge ge-
"agen:

. Der Veranstalter des Wettstreits bestimmt zwei Preisrich-
jeder Bewerber bestimmt gleichfalls zwei Preisrichter. Die
owei Herren, auf die seitens der Bewerber die meisten Stim-
7^n entfallen, werden mit den von Herrn Marfels bezeichneten
Nationalökonomen zu Richtern berufen. Diese vier
?feisrjchter wählen einen fünsten Herrn als Obmann. Wird
e>ne Einigung über diesen erzielt, so soll die philosophische
Mkultät der Berliner, oder ablehnendenfalls der Leipziger
'wiversität um Uebernahme des Amtes oder um Ernennung
^nes Obmanns gebeten werden. —

. Die näheren Bedingungen über Zeit der Einlieferung, Um-
M8 der Arbeit usw. sind durch Carl Marfels, Zimmerstr. 8,
Arlin SW., kostenlos zu beziehen. Man darf wohl gespannt
welchen Erfolg dieses außergewöhnliche Preisausschrei-
das auf dem Gebiete der Volkswirtschaft unseres Wissens
,Me Vorbild ist und schon um seiner Eigenart willen Beach-
"ug verdient, haben wird.

Deutsches Reich.

14. Mai. Die gegen den Oberleutnant
vom Kriegsgericht des Marinebildungswesens
Strafe von einem Monat Festungshaft wegen

--ssiger B r a n d st i f t u n g an Bord des

-'E o f f x g" Oberkriegsgericht der Ostsee-

L^ion heute auf die Berufung des Gerichtsherrn in eine
^ e f ä n g n i s st r a f e von gleicher Dauer umgewandelt.
.os Berufungsgericht nahm nicht Ilngehorsam gegen
^llen Dienstbefehl an, sondern ein Vergehen fahrlässiger
^randstiftung gemäsz dem Reichsstrafgesetzbuch.

» O Hamburg, 14. Mai. Die zwischen der Hamburg-
llierika-Linie und der kürzlich errichteten Dampfschiff-
^derei Union A.-G. erzielte Uebereinkunft ist, wie die
f-^eue Hamburger Börsenhalle" meldet, auf 15 Jahre be-
^ssen. Dieselbe bestimmt Lie Wirkungsgebiete für beide
^esellschaften und schließt dadurch eine Konkurrenz zwischen
beiden Rhedereien aus.

w Kicl,

7 l ° iß
.^hängte
la f, ^ s ^

Ausland.

Oestcrreich-Ungarn.

, Jnnsbruck, 14. Mai. (Frankf. Ztg.) Ein heute hier-
^ gelangter Erlaß des Unterrichtsministers sagt zu, daß

die italienischen Lehrkanzeln der hiesigen ^
juristischen Fakultät als Rechtsakademie an
einen Ort außerhalb Tirols binnen längstens drei Se-
mestern verlegt werden. Die forttvährende Vermeh-
rung der italienischen Lehrkanzeln an der hiesigen Univer-
sität erregt bei den deutschen Studenten und der Bürger-
schaft wegen der Gefahr der Utraquisierung unserer Leut-
schen Universität die größte Besorgnis und Erregung.

Afrika.

8 Algier, 14. Mai. Ein Telegramm aus Beniunif meldet:
Eine 31 Mann starke Bande aus Figig raubte am 13. Mai in
der Nähe von Vuvehrier 47 Kamele, die zu einem am 13. Mai
früh nach dem Süden aufgebrochenen militärischen Transport
gehörten. Jn Beniunif geht das Gerücht, daß in Beschio
südlich vom Taghit zahlreiche Banden sich zusammengeschlossen
haben, welche dem nächsten Militärtransport den Weg ver-
legen wollen.

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Aus Bonn wird der „Köln.
Volksztg." berichtet: Das Denkmal für den berühmten Che-
miker Pros. Dr. Kekule, das vor dem chemischen Jnstitut der
hiesigen Universität errichtet wird, wird am 9. Juni enthüllt.
Es ist von dem Bildhauer Heinz Everding entworfen worden.
— Der a. o. Professor in der juristischen Fakultät der Hoch-
schule in Breslau Dr. jur. K. Beyerle ist zum o. Pro-
fessor ernannt worden. — An der Berliner Technischen
Hochschule ist, wie die „Tägliche Rundschau" mitteilt, die Lehr-
stelle für „Projektierung elektrischer Anlagen" dem Prof. Dr.
Klingenberg dauernd übertragen worden. Aus Leipzig
wird geschrieben, datz an der dortigen Universität nahezu 70
Damen die Erlaubnis zum Besuche der Vorlesungen erhalten
haben.

— Der Prinz Andreas bon Griechculand, vierter Sohn
des Königs Georg, der stch, wie gemeldet, mit der Prin-
zessin Alice von Battenberg, einer Nichte des Großherzogs
von Hessen, verlobt hat, will, nach einer Athener Nachricht
der „Köln. Ztg.", demnächst in das deutsche Heer eintreten
und zwar beim hessischen Garde-Dragoner-Regiment
in Darmstadt. Seine Braut die Prinzessin ist die Ur-
enkelin der Königin Viktoria, deren ganz besonderer Lieb-
ling sie war, und die Enkelin des früheren Großherzogs
und der Großherzogin von Hessen (Prinzessin Alice von
England). Jhre 3 Tanten jsind die Prinzessin Heinrich
von Preußen, die Großfürstin Sergius und die Kaiserin
von Rußland. Die Prinzessin hat sich durch ihre Iacht-
fahrten den Beinamen ,Mniä ok tds 8en" (das Mädchen
vom Meere) erworben.

Handel und Verkehr.

Mannheim. 14. Mai. (Produktenb örse.) Per 100 Kilo.
Weizen hierländ. 17.25 bis —rheinischer 17.25 bis —
Azima 17.S5 bis 18.—, Theodosia 18.25 bis 18.50, Saxonska —.—
bis —Ulka 17.25 bis 17.76, Taganrog 17.25 bis 18—, rn-
mänisch. 17.60 bis 18.—, amer. Wint. II 17.75 bis —.—, amer.
Spring —bis —, Walla-Walla 17.90 bis —, Kansas
11 neu 17.50 bis —, Californier —bis —, La Plata
17.18 bis 18.—, Bahia blanka —.— bis —, Semence Russe
—bis —, Kernen 17.25 bis —, Roggen Pfälzer
neucr 15.— bis —, nordd. 14.90 bis —, russischer 14.80
b!s —, Gerste hies. Gegend 16.75 bis —. Pfälz. 16.75 bis
17.—, Ungarische —bis —, Futtergerste 12.75 bis 13.—,
i Hafer Bad. 14.— bis 14.—, württ. Alp. —.— bis —, Nord-
! deutsch —.— bis —.—, Hafer russ. neuer 14.— bis 15.—, Mais

Amerik. mixed. 12.— bis —.—, La Plata 13.50—13.75, Donan
13.50 bis —.—, Kohlreps Deutscher 24.— bis —, ungar.
—bis —. Wicken 18.— bis—, Kleesameu deutsch.I.
120 — bis 125.—. Deutscher II 100.— bis 110.— Lucerne 110.—
bis 115.—, Provence 110.— bis 120.—, Esparsette 30.— ^ is 32.—,
Amerik. —.— bis —, Leinöl mit Faß 58.25 bis —.—, in
Waggon 56.25 bis , Rüböl mit F°ß 58.— bis . bel
Waggon 55.— bis —.—. Petroleum Amerik. 19.40 bis —.—,
in Fässern 24.25 bis —.—, bei Waggon 23.00 bis —.—. russ.
Nobel 18.90 bis —, in Füssern 21.25 bis —.—, bei Waggon
20.40 bis —, gew. rnsi. 17.40 bis —, in Fässern 23.25 biS
—.—, bei Waggon 23.80 bis —, ruff. Dieteor 18.30 bis —.—,
iu Fässern 22.70 bis —, bei Waggon 21.70 bis —, 70er
Rohsprit 50.50 bis —.—, 90er Rohsprit 34.50 bis —.—, Roh-
sprit versteucrt 117.—.

Weizenm. 00 0 1 2 3 4 Roggenm. 00 01

27.75 25.75 23.75 22.75 21.7519.75 23.— M.—

Tendenz: Allcs unverändert.

Literarisches.

—* Das Antiguariat der Fima Friedrich Mehers Buch-
hcmdlung in Leipzig versendet soeben seinen 48. Antiquariats-
Katalog, welcher orientalische, slawische, romanische und ger-
manische Sprachwiffenschaft aus dem Nachlasse des verstorbenen
Herrn Profeffors Grasberger in Würzburg enthält. Jnteres-
senten sei dieser sorgfältig zusammengestellte Katalog, welcher
sehr viele seltene und vergriffene Bücher zu mäßigen Preisen.
aufweist, bestens empfohlen. Er wird auf Verlangen unbe-
rechnet und franko übersandt.

Verantwortlich für den redaktionellen Teil F. Montua, für
den Jnseratenteil Th. Berkcnbusch, beide in Heidelberg.

Islvk. S7S.

Z. §. Lcksejer

lolok. S7S.

HM M

Sskksrr-, L,iolits^- rrnek V»»s11» VsvrllL
8tsing»s»s S. 8ps»i»lität: Stslngssss 5.

». e. Srüst«. §/7b6v-§s/?s

Lu xr»z. Ln ckLtatl.

vMaU'veilarfsaMel

Geschäftsbüchev,

Zeichen-, Paus- u. Lichtpaus-Utensilien.
^ul. wettstem Nachfolger,
Buchdruckerei, Papierhaudlunq, Buchbinderei.

Ilvpolketzcn ltiiiiilitl,

LtzslLnuksvLUIinFe, iüuek-UxpoliteLvn, 8oliul«1nricui>4ei,,
jsäsr Lotrag gsgen sokortigs Lurrmiiiung ru rsaiisisrsn, äuren

Klni'i'iiiriiiri,

/IniuAtz 9. Hs1Ss11»si7N. Itzlet'on 544.

lob.: ?su! 6«dk«rä.

U»lver;ltStt.8«chbi«ärrri ffrläelbetg

tk»1So1c SS, (sielctr. Lrsktdotriob) 4t- ^ISvitL 83
kortiAt »II« LueLdilllltzrLrdvitvll in Lvvricunntsr
Oütv unä Zanbvrksit.

Kleine Zeitung.

. Mainz, 13. Mai. Jn d-em W e i n s ä l s ch u n g s-
3 e ß gegen Dr. S ch I a m p in Nierstein wurde heute
"ttag der Angeklagte zu 1500 Mk. Geldstrafe, im Un-
^bringungsfalle zu 300 Tagen Gefängnis verurteilt.

^ Rudolstadt, 8. Mai. Der Deserteur im
^Fhlenkeller. Ter Musketier Soldau, der seit ueun
^gen von seiner Kompanie abwesend war, wurde gestern
Kohlenkeller der hiesigen Kaserne anfgefunden. Als
.5 Feldwebel des hiesigen Bataillons infolge emes Ge-
FFsches im Kohlenkeller diesen durchsuchte, erwischte er zn
^Uern Erstaunen den Musketier Soldau. Er brachte den
^ Zur Unkenntlichkeit Aussehenden ans Tageslicht, unter
^ gemeiner Heiterkeit Ler herbeigeeilten Soldaten. T-er
A^mißte will sich die ganze Zeit hinter den in diesem
mex befindlichen Fässern verborgen haben und hatte sich
Jacken und drei Hosen bekleidet. Der Ausreißer
jedensalls seinen Lebensunterhalt in der anliegenden
"E>e während der Nacht entnommen.

^ Vom Goethcdcnkmal in Rom. Der Grund, weshalb
w's öeabsichtigte Grnndsteinlegung zu dem vom Kaiser ge-
^aeten Goethedenkmal in Rom während der Anwesen-
Scb ^per Wilhelms unterblieb, scheint nicht — wie ange-
murde — der ungenügende Boden zu sein, denn
Eberlein sagt in einer Erklärung: Wenn ich den
sy ^ud) nur wüßte! Man lätzt mich hierher nach Rom
^Men. Der Botschafter, Graf Monts, der Bürgermeister

Fürst Colorma empfangen mich mit äußerster Liebens-
würdigkeit, mit unverhohlenem Wohlwollen. Noch zur
Zeit, als Graf Wedel hier Botschafter war, hatte man mir
erlaubt, den Platz für das Denkmal selbst zu wählen. J-ch
entschied mich für den Pincio — mit Zustimmung der
deutschen und italienischen Behörden. Fürst Colonna
stellte mir den Stadtarchitekten vor, gemeinsam untersuch-
ten wir den Baugrund, dnrch fünf Bohrungen und Wasser-
proben stellten wir fest, daß er wundervoll sei, der beste
Tuff der Welt. Für Colonna erbat Kaiser Wilhelm die
Erlaubnis, die Fundamente auf Kosten der Stadt zu legen,
er sandte sogleich — die Arbeiten begannen ,

die Vornahme der Zeremonie der Grundsteinlegung wäh-
rend der Anwesenheit des Kaisers galt als beschlossen. Mt
einem Male werden die Arbeiten eingestellt . . . man sagt
mir, die Teilnahme des Kaisers sei zweifelhaft . . . . in
einer römischen Zeitung erscheint die ganz falsche Notiz,
der Baugrund habe sich als ungünstig erwiesen . . . andere
unkontrollierbare Gerüchte schwirren, das Denkmal soll
irgendwo an eine verborgene Stelle der weiten Gärten der
Villa Borghese kommen.. . weder auf der Botschaft noch
in Municipio weiß man etwas davon . . . nur einmal
deutet mir Graf Monts an, es wäre vielleicht besser, die
Grundsteinlegung im Sommer vorzünehmen, wenn'es in
Rom ganz — still sei . . . und so schlummert die Sache
eben vorlänfig — und mir bleibt nur die Pflicht, nach Ber-
lin heimzukehren und mich in die Arbeit zu stürzen, die zu
einem kontraktlich bestimmten Termin -— Mai 1903 —

vollendet sein mutz. Sollte man vielleicht von dem römi-
schen Denkmal sagen können: „Legt's zu den übrigen?"

— 80 Jahre alte Dienstmagd ist eine alte treue Person
in M ä h r i s ch - S ch i l d b e r g, die 96jährige ledige
Dienstmagd Anna Schembera; sie fteht, wie das „Neue
Wiener Tageblatt" schreibt, seit 80 Jahren treu und redlich
ununterbrochen im Dienst bei einer Familie König. Me
Jübilarin erfrent sich der vollsten geistigen Frische und
einer guten Gesundheit. Sie war nie krank und weiß stch
auf einzelne Ereignisse aus lange vergangener Zeit zu er-
innern. Dis Mutter ihres heutigen Dienstgebers ist 73
Jahre alt und deren Sohn, der 66 Jahre alt ist, hat sie
als kleines Kind auf den Armen herumgetragen. Als am
23. Mai 1889 in Schildberg ein starkes Flugfeuer 36 Häu-
ser und 18 Scheunen einäscherte, brannte auch das Gehöft
ihres Dienstgebers ab und sie verlor dabei ihre wenigen
Ersparnisse. Sie dachte damals nicht an die Bergung ihrer
sauer erworbenen Ersparnisse und rettete den acht Monate
alten Knaben Franz, einen Sohn"^es Menstgebers, mit
Äufopferung ihres eigenen Lebens aus dem Flammen-
meere, das die Retterin so verfolgte, d-aß ihr Kopftuch zu
brennen anfing. Einige Sekunden später und das Kind
wäre ein Opfer der Flammen geworden. Diese einzig da°
stehende Greisin versieht noch heute nach Möglichkeit den-
Menst, liest und näht ohne Augenglas.
 
Annotationen