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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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Dienstag, 2. Juni 1W3.

C'kftes V§Mt.

45. Jahrgang.

M' .26.

Erschrint täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monailich S0 Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch dir PsK

bezogen vierteljahrliÄ t.3ö Mk. ausschließlich Znstellgebühr.

«nzeigenpreis: 20 Pfg. sür die Ifpaltige Petitzeile oder deren Ranm. Reklamezeile 40 Pfg. Fur kiesigs Geschästs- und Privatanzeigen ermähigt. - Für die Aufnahme von Anzeis»«
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Au'chlag der In'erars ani den Pia kitiaseln der veidslkerqer Z-itnnq und den stadtischen Anschlagstsllen. Fernsprecher 82.

M

Deulsches Reich.

— Der Kaiser erließ auf dem Truppenübungsplatz
Döoeritz solgende Ordre:

.. Auf dcn mir gehaltenen Vortrag Lestimme ich: 1) Die Of-
Oziere tragen künftig allgemein (mit Ansnahme der unter 2
öenannten) die Ueberröcke von dem Grundtuch des für sie vor-
öeschriebenen Wafsenrocks (der Ulanka). 2) Die Offiziere
oer Maschinengewehr-Abteilungen tragen — wie die Jäger —
neberröcke von dunkelgrünem, die der Jäger zu Pferd — wie
"isher — von dunkelblauem Tuch. 3) Die Sanitätsofsiziere
und die Beamten der Militärverwaltung tragen Ueberröcke
bon dunkelblauem Tuch. 4) Blauschwarze Ueberröcke dürfen
Ps auf Weiteres aufgetragen werden. Neubeschaffungen sind
uicht gestattet. Das Kriegsministerium hat hiernach das Wei-
iere zu veranlassen.

Preusscn.

Neuß (Reg.-Bez. Tüsseldorf), 29. Mai. Gestern
land hier die Fcier des 3 0 jä h r i g e n B e st e h e n s
^es hiefigen e r z b i s ch ö f l ich e n K onfikts statt, an
usr Vertreter der kirchlichen nnd staatlichen Behörden teil-
nahmsn. Jn einer Ansprache dankte Erzbischos Fischer
den Staatsbchörden sür das bewiesene
Eö o h l w o I l e n und sordertc die Zöglinge auf, sich na-
Uientlich in den klassischen Sprachen eine gründliche Bil-
dung anzueignen, dabei aber die anderen Zweige der
Ästssenschaft nicht zu vernachlässigen. Preußische Gym -
Uasien seien M n st e r a n st a lt en vor aller Welt.
Er hoffe, daß das gnte Emvernehmen zwischen Kirche und
Äaat nngestört bestehen bleibe.

Aus der Ksr!s««her Zeimug.

— Ter Großherzogliche Stantsminister der auswär-
tiücn Angelegenheitcn hat am 29. v. M. d:u Besnch des
Herrn Arthur Herbert erhalten und aus dessen Hän-
den das Schreiben des Königl. Großbritannischen Staats-
stkretärs der auswärtigen Angelegenheiten, Marquis of
Handsdowne, entgegengenommen, durch welches Herr Her-
dert als Königlich Großbritannischer Geschäftsträger be-
glanbigt wird.

Ausland.

Ocstcrrcich-Ilngarn.

Ä i e.n , 30. Mai. Kaiser Wilh e l m ließ dnrch den
bNilitärattache Masor v. Biilow die neue G e n e r a l s-
ö l u s o nls Geschenk fnr den Kaiser Franz Josef über-
reichen.

Rußland.

— Znr Z w e i h n n d e r t j a h r f e i e r der Stadt
P e t e r s b u r g hat Präsident Loubet folgendes Tele-
gramm an Kaiser Nikolaus gerichtet:

Jn dem Augenblick, wo die Hauptstadt des befreundeten und
berbündeten Reiches die Zweijahrhundertfeier ihrer Gründung
begeht, erinnere ich mich mit Dankbarkeit des warmen Empfan-
öes, den mir die Bevölkerung bon Petersburg vor einem Jahre
^ereitet hat, während ich der Gast Eurer Majestät war. Auch
^cichte ich von ganzem Herzen an Eure Majestät mit den auf-
^ichtigen Wünschen fü^c das Gedeihen Jhrer herrlichen Haupt-
itadt den erneuten Ausdruck meiner unwandelbaren und sehr
tebhaften Freundschaft. Loubet.

Kaiser Ni k o l a u s antwortete:

Jhr Telegramm hat mich lebhaft gerührt. Petersburg be-
wahrt von Jhrem Verweilen unter uns eine tief sympathische
Erinnerung, und der Besuch des Oberhauptes des befrcunde-
wn und verbündeten Staates wird für alle Zeit in seinen ge-
ichichtlichen Annalen einen besonders gekennzeichneten Ehren-
btah bewahren. Fndem ich Jhnen von Herzen für Jhre guten
Aünsche danke, brtte ich Sie, Herr Präsident, stets an meine
^efühle lebhafter und sympathischcr Freundschaft zu glanbcn.
Nikolaus.

Zur Wahlbewestttnq.

/. — Ans g e i st l i ch e W a h l u m triebe niinmt das

^ a d i s ch e L a n d e S g e s e tz vom 9. Oktober 1860 über
^ie rechtliche Stellung der Kirchen im Staate Vezug. Dort
hcißt es in ? 16b:

. „Geistliche, welche Straf- oder Zuchtmittel
^erhängen odcr verkünden, geistlichcVersprechungen oder Droh-
sfngen anwenden: a ... b. um die Ausübung oder Nichtaus-
Mung öffentlicher Wahl- und Stimmrechte in
.estimmter Richtung herbeizuführen, werden mit G e l d st r a-
ken von 60—600 Mark, in schweren oder in wiederholten
Aällen mit Geldstrafen bis zu 1500 Mark oder mit Gefängnis
M zu einem Jahr bestraft. Gleiche Strafen treffen Geist-
jjche, welche kirchliche Straf- oder Zuchtmittel verhängen oder
?crkünden .... wegen der in eincr bestimmten Richtung er-
Mflten Ausübung oder Nichtausübung öffentlicher Wahl- oder
^tinimrechte.

Tazn tcitt noch Z 16e, welcher bcstimmt:

,. „Geistliche , welche aus Anlaß öffentlicher Wahlen ihre
'strchiichc Autorität anwenden, um auf die Wahlbe-
^chtigten in einer bestimmten Parteirichtung ein-
suwirken, werden an Geld bon 60 — OOOMark bestraft."

Tie Wähler werden gnt tun, stch, wenn nötig, auf diese
2dsetzlichen Beslimmungen, welche noch in Kraft stehen,

berufen.

— Wohin dasHerz der S o z i a I d e m o k r t e n
cigentlich neigt, geht aus einem sozialdemokratischen
Flngblatt, das keines weitern KommentarS bedarf, hervor.
Da heißt es nach der „Natl. Corr.": „Wenn wir Sozial-
demokraten bloß nach unsern EmPfindungen
handeln wollten, würden wir alle A n a r ch i si e n, und
d i e h e u t i g e G e s e I l s ch a f t w ü r d c G r a n s i g es
in den setzigen Nötzeiten erIeben! Statt
stessen lassen wir ausschließlich den kühlen Verstand spre-
chen, der allein Leitstern in öffentlichen Angelegenheitm
sein dars."

Karlsr u h e, 30. Mai. Jn einer gntbesnchten
nat.-Iib. Wählerversammlung im benachbarten K n i e-
lingen erklärte der konservative Pfarrer Dr. R e i n-
mut h, daß die K o n s e r v a t i v e n bei der Stichwahl
energisch für Bassermann eintreten werden.

10-jähriges StistuttgsfesL des Vereins süd-
deutscher Laryngoiogett. j

Heidelberg, 2. Juni.

Der Verein süddeutscher Larhngologen, dessen Gründung
hier in Heidelberg erfolgt ist und der seitdem alle Pfingsten
hier seine Sitzungen abgehalten hat, erweiterte diesmal seine
Tagung zu einem Feste, denn es war seine zehnte Zusammen-
kunft.

Am Sonntag Abend begrüßten stch die Vereinsmitglieder,
von dencn manche ihre Damcn mitgebracht hatten, im Hotei
Schrieder. Am Montag Vormittag fand dnnn cine Fest-
sitzung in der Aula der Universität statt. Der diesjährige
Vorstand Prof. Jurasz eröffncte die Sitzung um 10(4 Uhr
mit einer Begrüßungsansprache. Er bezeichnete den Tag als
einen Festtag, einen Abrechnungstag und einen Freudentag
und fuhr dann fort:

Es war ebenfalls am Pfingstmontag, als am 14. Mai 1864
49 Laryngologen aus Süddeutschland und aus der Schweiz
eincr Einladung folgcnd hier in Heidelbeig cinirafcn und übcr
die Frage berieten, ob es nicht zeitgemäß wäre, im Jnteresse
einer näheren wissenschaftlichen und persönlichen Annäherung
sich zu einer laryngologischen Gesellschaft zu vereinigen und
regelmäßig alle Jahre einen Kongreß abzuhalten. Diese Frage
wurde in bejahendem Sinne gelöst, denn Alle waren der An-
sicht, daß es sogar notwendig sei, bei dem rasch fich entwickeln-
den Ausbau unserer Spezialität und der zunehmenden An-
zahl ihrer Vertreter sich gemeinsam, mit bereinten Kräften an
den wissenschaftlichen Bestrebungen zu beteiligen und dabei den
freundschaftlich - kollegiailschen Geist untereinander zu werben
und zu pflegen. Unter allseitiger Zustimmung vollzog sich
also die Gründung des Vereins, dem sofort alle Anwesenden
als Mitglieder beitraten. Die erste Sitzung, ausgefüllt von
einer Rethe von belehrenden und anregenden Vörträgen, denen
noch einige Stunden freundschaftlichen Beisammenseins folg-
ten, brachte den ernsten Ton der Wissenschaft mit dem fröh-
lichen Ton der Geselligkeit in harmonischen Einklang und fiel
zur allgemeinen Zufriedenheit aus. Der einmal aNgeschlagene
Klang tönte weiter fort, denn alle nachfolgenden Kongresse
trugen im Wesentlichcn denselben Charakter, nur lieferten sie
immer neue Beiträge der Forschung und neue Anregungen zu
Studien auf dem Gebiete des laryngologischen Wissens und
Könnens. Und diesem Umstande ist es wohl zuzuschreiben, daß
unsere Vereinstätigkeit von immer weiteren Kreisen aner-
kannt wurde und daß sich die Zahl unserer Genossen jedes Jahr
vergrötzerte. Ohne die Mitgliedschaft von geographischen oder
politischen Grenzen abhängig zu machen, nahmen wir in un-
seren Verband alle Kollegen auf, die sich für unsere Spezialität
interessierten und die bereit waren, unser Prinzip hochzu-
halten und zu förderN. Heute, an unserem 10. Stiftungs-
feste, können wir mit berechtigtem Stolze konftatieren, datz
unser Verein nunmehr aus 220 Mitgliedern bcsteht und dass
demnach die ursprüngliche kleine Zahl in der ersten Periode
unseres Vereinslebens nahezu das Fünffache erreicht hat.

Leider sind uns auch schmerzliche Verluste nicht erspart ge»
blieben. 13 Mitglieder unseres Bereins sind seit dem Jahre
1864 mit dem Tode abgegangeN. Wir beklagen unter ihnen
liebe Freunde und geschätzte Kollegen, deren Namen in der
mcdizinischen Literatur rühmlichst bekannt sind und die sicy
um den Verein grohe Verdienste erworben hatten. Ehre die-
sen Toten! Jhr Andenken wird uns unvergessen bleiben; uns
wenn wir ihr Hinscheiden gerade in diesem Momente ganz be-
sonders ties bedauern, so geschieht es deshalb, weik es ihnen
versagt war, den heutigen Tag zu erleben und sich mit uns an
den reichen Früchten unserer Arbeit, an der auch sie mit regem
Eifer beteiligt waren, zu erfreuen.

Und wahrlich, nicht klein erscheint die Ernte, wenn wir
Alles zusammenfassen, was der Verein seit dem Anfang seines
Bestehens geleistet hat. Jn rein wissenschaftlicher Hinsicht sinv
zunächst die anatomischen Kenntniffe der oberen AtmungS-
organe vielfach erweitert und vertieft worden und mancher
dunkle Punkt wurde aufgeklärt oder näher beluchtet. Hervor-
zuheben sind hier besonders die Forschungen über den Bau unv
Lie entwicklungsgeschichtlichen Verhältnisse der Nase und ihrer
Nebenhöhlen, die Darlegungen einiger anatomischen Varian-
ten des Rachens und des Baues der Gaumenmandeln und der
Stimmbänder. Ferner erfuhr die Psychologie durch eine Reihe
von borgetragenen klinischen Beobachtungen und experimentel-
len Untersuchnngen über die Stimmbildung beim Sprechen und
Singen eine erfreuliche Bereicherung. Endlich sind noch als
Beiträge zur pathologischen Anatomie die Studien zu erwäh-
nen über eine Menge von krankhaften Zuständen namentkiüi
über einige seltenere und intereffante Geschwulstbildungen.
Am reichhaltigsten sind aber die Ergebniffe der Arbeit auf dem
Gebiete der praktischen Laryngologie. Abgesehen von zahlrel-
chen zweckmätzig konstruierten Jnstrumenten und Vorrichtun-
gcn, dic d:e Untersuchung und Behandlung der Kranken vcr-
einfachen und erleichtern, sind uns ganz neu erfundene unv
mit Recht Aufsehen erregende Methoden von den Erfindern

selbst erklärt und vorgezeigt worden. Jch nenne hier die direkte
Untersuchung des Kehlkopfes und die Bronchoskopie, d. h. die
Besichtigung der tiefliegenden Atmungswege durch Einführung
von metallenen Röhren. Auf die Fülle von wertvollem Ma-
terial ausführlich einzugehen, welches der Verein zu der Lehre
von den Krankheiten der oberen Respirationsorgane zusam-
mengetragen hat, und welches fast alle Kapitel der Pathologie
dieser Organe berührt, gestattet uns nicht die Zeit. Es verdienr
nur betont zu werden, daß die Resultate in dieser Beziehung
Zeugnis ablegen von dem Ernste, mit welchem der Verein be-
strebt war, die vornehmste Aufgabe der Medizin auch in den
Grcnzen des Spezialfaches zu erfüllen, nämlich die Erkrankun-
gen in ihrem Wesen immer besser zu erkennen und damit im--
mer sicherer zu heilen. Viele Leiden, über welche die Ansichten
freilich immer noch geteilt sind, wurden bci unseren Kongreffen
zum Gegenstande von Verhandlungen gewählt und dabei oft
neue Gesichtspunkte eröffnet und neue Anschauungen zur Gek-
tung gebracht. Mit bcgreiflicher Vorliebe beschäftigten uns
besonders aktuelle Fragen der Bchandlung von Erkrankungen
der oberen Atmungswege. Auch hier liegen hervorragende Er-
rungenschaften bezüglich dcr Anwendung von einzelnen Medi-
kamenten, therapeutischen Maßregeln oder operativen Ein-
griffen vor. Bemerkenswert sind hier neue Operationsverfah-
ren, die in unsercn Sitzungen besprochen und beschrieben wur-
den und die in schweren Fällen berufen sind, der Lebcnsgefahr
cntgegenzutreten und sie zu beseitigen. Und wclch' glänzcnve
praktische Erfolge' bereits damit erzielt wurden, haben wlr
Gelegenheit gehabt, an Geheiltcn festzustellen.

Es wäre aber ein Jrrtum zu glauben, daß der Verein sich
ausschlietzlich mit der Spezialwiffenschaft als eincm avgeriffenen
Ganzen beschäftigt und nur ihr seine Arbeitskraft gewidmet
hat. Jn dem Bewutztsein, daß die Larhngologie ebenso wie jeds
andere medizinische Spezialität nur cincn Zweig dcs großen
Stammes der Gesamtmedizin darstellt, daß sie nur günstig
gedeihen und blühen kann, wenn sie mit dem Stamme stets in
Verbindung bleibt und von ihm die nötigcn Säfte empfängt,
hat der Verein niemals den Zusamnicnhang aller medizinischen
Doktrinen außcr Acht gelasscn. Nicht nur dic Erkrankungen
der Grcnzgebiete der Laryngologic, sondern auch die Erkran-
kungen der entfernten Organe oder des ganzen Organismus
fanden bei uns gewissenhafte Berücksichtigung, sofern sie mit
Shmptomen in den oberön Atmungswegen verlaufen oder in
diesen am deutlichsten zum Vorschein kommen. Unsere Be-i
richte liefcrn dafür genügcndc Bcweisc.

Dieses in kurzen llinrisscn entworfene Bild unserer Tütig--
keit in dem ersten Zeitabschnitt des Vereinslebens möge aus-
reichen, um unsere Freude über das Erreichte zu rechtsertigen.
Mir aber gereicht es zu einer großen Ehre, daß ich als der-
zeitiger 1. Vorsitzender diesen Gefühlen zuerst Ausdruck ver»
leihen darf, indem ich das heutige Fest hiermit eröffne und die-
zahlreichen Mitglieder, welche sich hier aus Nah und Fern vcr-
sammelt haben, sowie die verehrten Gäste. welche den Glanz-
unseres Festes durch ihre Anwesenheit erhöhen, 'herzlich will-
kommen heißc!

Der derzeitige Prorektor, Geh. Rat Czerny, der bei
dieser Gelegenheit zum erstenmale in der neuen Amtstracht
erschien, begrüßte die laryngologische Gesellschaft namens der
Universität mit folgcnder Ansprache:

Es ist mir cine ganz besondere Frcude, die süddcutschen
Laryngologen an ihrem zehnjährigen Jubelfeste hier in dem
behaglichen Festraum unserer Hochschule willkommen heitzen zu
dürfen. Jst doch der Gegenstand ihrer ärztlichen Fürsorge das
wichtigstc Organ dcr Svrachc, des wichtigstcn Ausdrucksmittels
des menschlichen Geistes. Ohne Kehlkopf und .Sprache würde-
es niemals eine platonische Akademie noch auch eine Universität
gegeben haben. Zehn Jahre sind ja für eine Korporation keins
allzulange Lebenszcit und dennoch habön die Larhngologen,
allen Grund, sich darüber zu freuen, datz ste in unserm schönen
Heidelberg zum 10. Male ihre Iahresversammlung seiern
können. Jst doch ihre Wissenschast und Kunst emer Der
jüngsten Zweige unseres alten medizinischen Stammbaumes
und dennoch, wie es sich für spätgeborene Lieblinge ziemt, in
der kaum 50jährigen Spanne ihrer Lebensdauer zu einem
wichtigen Bestandteile medizinischen Denkens und Handelns
geworden. Jch habe noch selbst von Angesicht zu Angesicht die
Erfinder des Kehlkopfspiegels Czermak, Türck, Semmeleder,
kennen gelernt und rechne mich mit Stolz bis zu einem gewiffen
Grade zu Jhrer Gilde. Nicht nur, daß die Chirurgie die
Vatcrschaft Jhrcr Spezialität mit der inncrcn Medizin teM
und namentlich durch die Bemühungen des älteren Bruns und
durch die Einsührung der Galvanocaustik durch Midveldorf
sehr viel zur Entwicklung der chirurgischen Scite Jhrer Kun)t
beigetragen hat, sondern auch mir spezicll hat die Beschäfti-
gung mit dem Kehlkopfspiegel unter Anleitung von Störk
manche Anregung gegeben. Derselbe schickie mir gern die Prä-
parate, welche er durch endolaryngeale Operationen gewonnen
hattc, zur anatomischen Untersuchung, welche wohl mancher
sciner mikroskopischen Beschreibungen zur Grundlage gedient
haben mögen. Die Beobachtung von Kranken mit unheilbarem
Kchlkopfkrebs und die Beobachtung ihrcs traurigcn Schicksales
veranlaßten mich durck das Tierexperiment der Frage Der
Kehlkopfexstirpgtion und ihres Wiederersatzes durch eine künst-
liche Prothesc nähcr zu treten. Es wird mir eine ganz beson-
dere Freude scin, morgen aus dem Munde eines der berufen-
stcn Vertretcr der Kehlkopschirurgie cincn Bcrichst zu hören
über die Entwicklung, welche die operativen Eingriffe an derr
oberen Luftwegen genommen haben. Den Verhandlungen
Jhrer Gesellschaft war es vorbehalten, den endolarhngealen
Operationsmethoden durch die Verbefferung und Verwertung
der Bronchoskopie neue Gebiete zu erobern. Der intime Ver-
kehr und die ungenierte Aussprache, wclche ärztliche Vcrsamm-
lungen aus einem kleineren Kreise auszeichnen, verleihen den» .
sclben eine Unmittelbarkeit dcr Wirtung und cine Jntcnsitür
des Erfolges, welche große nationale und internationale
Aerzteversammlungen nur selten erreichen. Jch hoffe unö
wünsche deshalü, daß Jhre Versammlung noch rccht ost ihre
10jährigen Stiftungsfeste feiern kann und daß Sie hier in,
uxlscrm schönen Heidelberg noch in ferne Zeiten yin befruchtenv
auf die medizinische Kunst und Wissenschaft einwirken mögen.

Hierauf richtete Oberbürgermeister Dr. Wilckens ,ncr»
 
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