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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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Deutsches Reich.

— Der Norddeutsche Lloyd in Bremen unterhält nach
Einstellung des SchnelldampferA ZMMr Wilhelm II."
gegenwärtig einen nach Art der, Eil^Vge geregelten
korrespondierenden Dienst zwischestA Mßren und N e w-
york so zwar, daß die Schnelldampsex. „Kaiser Wil-
helm II." und „Kronprinz" am selben Datum und mit
Zugrundelegung des Zeitunterschiedes zur selben Stunde
der eine von Bremen der andere von Newyork abgehen.
Bei der absolut gleichmäßig zu regelnden GesckMindigkeit
^der Dampfer treffen dieselben fast genau zur gleichen
Stunde in Amerrka bezw. in Europa ein, sodaß sogar der
Ablauf der Extrazüge von London und Paris danach ge-
regelt werden kann. Der Sommerverkehr nach Newyork
ist so eingerichtest daß vom Juni ab durchschnittlich alle
3 Tage ein Dampfer von Bremen bezw. Newyork abgsht
nnd zwar abwechselnd ein DopPelschrauben-SchnelldamPfer
und ein Doppelschraubendampfer der Barbarossa--Klasse.
Jm ganzen unterhält der Norddeutsche Lloyd im Verkehr
mit Nordamerika gegenwärtig 6 'Passagierliniem nämlich
fünf von Bremen und eine von Genüa.

Ausland.

England.

London, 23. Juni. Aus Malta wird der „Daily
Mail" gemeldet, daß der Gouverneur gestern in Gegen-
wart der Mlitär- und Zivilbehörden die Aufhebung
der Verfassung von 1887 proklamiert hat. Die
in Kraft gesetzts ältere Verfassung verringert die Zahl
der vom Volke gewählten Mitglieder des Rates von Malta
von 13 auf 8, sodaß die Regierung mit ihren 10 ernannten
Mitgliedern immer in der Aiehrheit ist. Dies geschah
infolge der Weigerung des Rates, Mttel für öffentliche
Arbeiten zu bewilligen, nachdem über die Einsührung der
italieniichen Unterrichtssprache ein Konslikt mit der
Regierung entstanden war.

Amerika.

P h i l a d e l p h i a, 23. Juni. Der „fLu n g e M ä fs-
nerchor" richtst folgende Depesche
'K aiser: „Vom Sängerkrieg Baltimore siegrEh-, mit
dem Kaiserpreis zurückgekehrt, enllnelel Ew. Waiestär
feinen Gruß der Junge Männerchor." Dararrf, txaf fol-
gende Antwort ein: „Junger Männerchor,f.fIräfident
Urno Leonhardt. Dem Sieger im Kampfe de'r Gesänge
meinen Glückwunsch. Möge auch der Besitz meines Preises
'die Anhänglichkeit an die alte Heimat lebendiq erhalten.
Wilhelm I. U,"

Aus Stadt und Land.

X Odenwaldklub. Zu der Hauptversammlung
des Ei e s a m t v e r e i n s, die am letzten Sonntag stattfand,
hatte sich das StädtKen Schonau festlich mit Guirlanden und
'Aahnen geschmückt, um seine Gäste würdig zu empfangen, und
trotz des ungünstigen Wetters folgten der Einladung etwa 260
Kliwmitglieder, die im Laufe des Morgens von allen Seiten
her, meist nach einer kleinen Fußwanderung, dort eintrafen.
Der Zentralausschuß war zu einer Vorbesprechung schon seit
Samstag ziemlich vollzählig anwesend. llm halb 11 Uhr be-
gaben sich die Anwesenden zunächst unter Führung der Sektion
Schönau zu der auf dem Hungerberge (südöstlich von
Schönau) neu errichteten Schutzhütte, die mit Ansprachen,
Musik und Gesang eingeweiht wurde. Alle freuten sich der her-
vorragend schönen Aussicht, die mau von hier aus auf das
liebliche Städtchen im engen, waldumrahmten Steinachtal hat.
Man urteilt wohl, daß dieser neu geschaffene Aussichtspunkt
zu den originellsten dieser Art im Odcnwald gehört. Er ist in
einer halben Stunde von Schönau aus zu erreichen. Die
eigentliche Hauptversammlung wurde um 12 Uhr in
der „Traube" von dem Präsidenten des Gesamtvereins, Herrn
Ministerialrat Braun aus Darmstadt eröffnet. Nach Fest-
stellnng der Präsenzliste ergriff Herr Geh. Regierungsrat Dr.
Becker das Wort zu einer warmen Ansprache an die Ver-
sammlung, deren Verhandlungen ihn sowohl als Vertreter der
Regierungsbehörde, als auch persönlich lebhaft interessierten.
Der Bürgermeister von Schönau hieß den Klub im Namen der
Stadt willkommen. Der Vorsihende besprach sodann das Pro-
tokoll der letzten Versammlung, das zu keinerlei Einwänden
Anlaß bot, dann im Einzelnen den Jahresbericht, der
im Druck vorlag und über dessen Jnhalt wir schon berichteten.
Auch hier fanden seine Erläuterungen Beifall, besonderes Jn-
teresse erregten die Maßregeln, die zur Erhaltung der Kunst-

zer, „aber ihr Besuch wird mir nichts weniger als willkommen
sein; es wäre mir viel lieber, wenn du deine Tür Würdigeren
geösfnct hättest, z. B. unseren Gutsnachbarn."

„Unsere Gutsnachbarn würden mich mit ihrem öden Ge-
schwätz zu Tode langweilen! Mit Frau von Harding ist es
etwas ganz anderes, sie versteht es, zn unterhalten und sich an-
genehm zu machen; schreibe ihr nnr gleich morgen."

Und Mollh schrieb ihr den so widerwärtigen Brief, drückte
sich aber mit fast ablehnender Kälte aus. Sie konnte es nicht
vergessen, daß sie Georg schnöde verleumdet hatte. Jetzt, wo sie
mit der Geschichte seines Lebens vertraut war, hätte sie wissen
mügen, wann und wo er dieser Frau begegnet war. Die Ge-
schichte seiner Jngend war die eines in stiller Abgeschlossenhelt
Derbrachten Lebens. Jn seiner ganzen Erzählung erwähnte er
weder eines Freundes, noch einer Freundin, Wie konnte Frau
von Harding mit dem emsig arbeitenden Schriftsteller zusam-
mengetroffen sein, der sein Studierzimmer fast niemals ver-
ließ? Bei näherem Nachdenken kam Molly zn dem Schlutz, daß
die Bekanntschaft der Witwe mit Georg durch Leonore vermit-
telt worden sein und sie zu den Personen gehört haben müsse,
die in dem kleinen Hause in Chamberwell mit den Zwillings-
schwestern verkehrten. Als die Freundin Leonores hatte Fran
von Harding vielleicht Georg von seiner Schwägerin verleum-
den gehört. Wie aber erklärte sich dann die unverkennbare
Aufregung der Witwe, als sie Georg wiedererkannt hatte. Diese
Frage zu beantworten, war Molly nicht möglich.

Frau von Harding antwortete Molly fast umgehend; sie
habe zwar schon andere Pläne für den Herbst entworfen, doch
da der Baron so freundlich sei, sie an ihr halbgegebenes Ver-
sprechen zu erinnern, sie sich auch im Schloß in der eben so
geistvollen wie belehrenden Gesellschaft des Freiherrn überaus
glücklich gefühlt habe, so verzichte sie auf alles cmdere, um
ihrer Neigung gehorchend, nach Rosedale zurückzukehren.

Seufzend überreichte Molly ihrem Vater den Brief der
Witwe. „Siehst du nicht, daß dieser Brief aus heuchlerischen
nnd lügenhaften Redensarten zusammengesetzt ist, Papa?"
sagte sie verdrießlich.

denkmäler getroffen sind, ferner die Erörternngen über dle
Volkskunde des Odenwaldes. llnd in dieser Hinsicht ist
die diesjährige Hauptverfammlung bedeutungsvoll für die wei-
tere Entwicklung des Klubs, daß er nun endlich, nachdem die
Sache schon früher wiederholt vergeblich angeregt war, be-
schlossen hat, auch die V o l k Sck u n d e des Odenwaldes ernst-
lich in das Bereich seiner Tätigkeit zu ziehen. Damit sind
seine Bestrebungen wesentlich höher gerückt worden. Das Jn-
teresse gilt nicht mehr allein der Landschaft, sondern auch den
Leuten, die darin wohnen. Wie der Klub diese Aufgabe
im Besonderen zu lösen hat, ist einer späteren Besprechung im
Zentralausschuß vorbehalten. Vorerst müßte er sich wohl auf
shstematisches Samnieln des Materials beschränken. Jn
ferner Aussicht steht dann eine von einem fachkundigen Manne
auszuarbeitende Volkskunde des Gebirges, ohne Rücksicht anf
die politischen Grenzen. Die ernente Anregung zu diesem Plan
gab Herr Universitätsprofessor Dr. Kahle aus Heidelberg
Mit Freuden wnrde die Mitteilung begrüßt, daß, nachdem vor
kurzem Eliz. Marriage die Volkslieder in unserer Gegend ge-
sammelt hat, nunmehr auch im nördlichen Odenwalde ähnliche
Erfolge errungen sind, indem Herr Lehrer Krapp in Darm-
stadt 272 Lieder dort gesammelt hat, zum Teil mit Melodien.
Von dem „Gemeinnntzigen Verein zur Vermittlung billiger
Land- und Kuraufenthalte" in Darmstadt wurde angeregt,
man solle von allen geeigneten Orten des Odenwaldes ihm
Adressen zusenden, die er bei den zahlreichen an ihn gelangen-
den Anfragen bermitteln könne. Hoffentlich wird dam.it nun
bald einem lange gefühlten Bedürfnisse abgeholfen, und dann
auch ein gedrucktes Verzeichnis aller Sommerfrischen
des Gebirges erscheinen. Nach Schluß der leb-
haften Verhandlungen vereinigte ein gemeinsames ge-
mütliches Esfen die Teilnehmer im „Löwen", bei dem Ministe-
rialrat Braun zn Chren der Landesherren von Hessen, Bayern
und Baden ein kräftiges Frischauf ertönen ließ, ein anderer
den Zentralausschuß und den Präsidenten leben ließ, Herr
Oberbürgermeister Köhler im Namen der mit über 100 Mit-
gliedern neu gegründeten Sektion Worms sprach, Prof. Loren-
tzen der Stadt und Sektion Schönau, insbesondere dem Herrn
Fabrikdirektor Hempfing, der sich um das Fest hauptsächlich ver-
dient gemacht hat, für die freundliche Anfnahme dankte. Die
Bewirtung im „Löwen" war gnt, wenn es trotzdem einige un-
zufriedene Gesichter gab, so hatten sie selbst zum größten Teil
schuld daran, denn wenn sich 70 anmelden und dann 200 er-
scheinen, dann kann wohl auch in größeren Orten als Schönau
die Küche versagen. Jndessen, wer sich geduldete, kam doch
noch zu seinem Rechte. Am Schlusse des Essens hatte die Ver-
sammlung noch einen eigenartige Ueberraschung, als eine lie-
benswürdige Schönauer Dame im Odenwälder Kostüm, so wle
Ls einst im Gammelsbacher Tal und Rothenburg getragen
iwurde, erschien und Postkarten zn Gunsten der neuerbanten
Schutzhütte feil bot. Die Farbenzusammenstellung des Ko-
fftüms, meergrünes Seidentuch, graues Mieder, dunkelroter
Rock, wirkte vornehm. Wie schade ist es, daß die Trachten im
Odenwald so ganz bergangen sind!

Rappenau, 28. Juni. (Z w e i Ansflügler.) Fn
nicht geringen Schrecken wurden die Bewohner nnseres lieb-
lichen Ortes in einer der vergangenen Nächte versetzt, indem
nämlich alarmiert wurde, jedoch nicht wegen eines Brandes,
sondern weil die zwei ältesten der Gemeindefarren ansgebrochen
waren. So galt es denn nachts 2 Uhr dieselben wieder einzu-.
fangen, woran für den schlimmsten Fall auch einige Scharf-
schützen teilnahmen. Endlich gegen Morgen fcmd man den einen
Babstadt zuwandelnd, den andern dagegen in der Richtung
gegen Segelsbach mitten in einem Kornacker den Sonnen-
aufgang bewundernd. Zum Glück ging das Einfangen glatt
von statten und die Tiere begaben sich willig mit ihren Be-
gleitern und stolz wie ein Spanier über ihren gelungenen,
aber etwas verspäteten Maiausflng in ihr gewohntes Heim zn-
rück. Man münkelt, die beiden 'Geschästsgenossen hätten sich
über die Reichstagswahlen nnterhalten, Dabei passiert es ja
nur leicht, daß Meinungsverschiedenheiten entstehen, und so
zog der eine gen Babstadt, dsr andere gen Siegelsbach fürbaß.
Oder wollten sie sich „eine Parole" holen?

v Ueberlingen, 23. Juni. (Jn Herdwangen
bra nn t e)i dieser Tage die obere Mühle mit daranstoßen-
dem Wohnhaus total, inieder. Das Feuer, dessen Ursache noch
unbekannt ift, grifstsö^schnell üm sich, daß nicht einmal alle
HausbejvohneL das nächte Leben retten konnten. Die 76jLhr.
St-ieDmukter des Herrn Stärk in Ueberlingen und die
1ÄM)rHe Magd sgpden ihren Tod in den Flammen. Wahr-
scMnlich hatte die Mägd die Frau retten wollen und ist mit die-
st r' bom zusqmmenbrechenden Dachstuhl begraben worden. Auch
der Müller drwachte erst, als sein Bett bereits in Flammen
stand. Die Leicknüi konnten noch nicht gefunden werden.

Patentbcricht für Baden vom 23. Juni 1903. Mitgeteilt
bom Fnternat. Patentbureau C. Kleyer, Karlsruhe i. B.,
Kriegstraße 77. Auskünfte ohne Recherchen werden den Abon-
nenten dieser Zeitnng kostenfrei erteilt. (Die Ziffern vor der
Nummer bezeichnen die Klasse. Patentanmeldungen:
8. Ic. D. 13 168 Verfahren zur Erzeugung von Aetzeffekten
in der Zeugdruckerei. Dr. Carl Dreher, Breiburg i. B. 24. De-
zember 1902. Pateuterteilungen: 11. c. 144036
Falzmaschine Wilh. Gladitz, Oos, Baden. 1. Februar 1902.
63. c. 143 914 Reibungsgetriebe für Motorwagen. Emil Berg-
mann, Gaggenau, Baden. 6. Dezembcr 1902. G e b r a u ch s-
muster-Eintragungen: 21. a. 201 076. An einem
Wandbrett anf- und abklappbar befestrgte Telephonarmstntze.

„Ganz recht", gab er zu, „und auch eines glänzenden Stils
darf sich Frau bon Harding nicht rühmen; sie ist weder ori-
ginell, noch hat sie besonders viel gelernt; aber sie hat Witz
und plaudert sehr angenehm."

8. K a p i t e l.

Man darf nicht glanben, daß Adolf Dobb und seine Be-
kannten ihren geselligen Verkehr nur auf die Sonntagsabend-
Zusammcnkünfte in der Wohnung des Brauereibuchhalters be-
schränkten; es wurden auch Festlichkeiten veranstaltet. Bei sol-
chen Gelegenheiten unterließ Frau Dobb es nie, ihre Kousine
Dora einzuladen. Wenn man Freunde zu bewirten hat, ist
die Tochter eines Meiereipächters, die einen Korb voll Cier,
Geflügel, Obst, Speck und Honig mitbringt, eine durchaus nicht
zn verachtende Person.

Das Wetter war in den letzten Augustwochen sehr schön.
Dobb schickte sich an, einen Ausflug ins Freie zu veranstalten.
„Jch schlage vor, daß wir den 1. September für diess Fest be-
stimmen," rief er am Sonntag Abend. „Freund Walter,
nimm deinen Bleistift zur Hand und schreibe nieder, was ich
dir sagen werde. Vor allen Dingen, mein Verehrtester, wo
wollen wir hingehen?"

Natürlich brachte jeder einen anderen Ort in Vorschlag und
verwarf mit Hohn, was der Vorredner empfahl.

Dobb, der Despot des kleincn Kreises, gestattete seinen Gä-
sten, einander zu widersprechen, bis es beinahe zu einem
Zank kam, dann aber erhob er sich in der ganzen Majestät des
überlegenen Geistes und goß das Oel der Versöhnung in dre
aufgeregten Wogen des Streites. „Schneidet einander nur
nicht gleich die Kehlen ab!" donnerte er; „wir wollen keinen
der vorgeschlagenen Orte wählen, um weder den einen, noch den
anderen unserer Freunde zu kränken, sondern nach Lemgo
wandern, dem geeignetsten 'Ort für unseren Ausflug. Lemgo
liegt auf einer Anhöhe, bon der man eine entzückende Aus-
sicht hat."

„Jch möchtc dcn Ansflug mitmachen," flüsterte Dora ihrcr
Kousine ins Ohr.

„Natürlich kommst du mit, Dora," erklärte Dobb, der ihre

Heinrich Ehret II, Weinheim. 10. März 1903. 33. b. 201 599
Bisitenkartentasche aus Metall. Fa. D. Kregringer, Pior?«
heim. 4. Mai 1908. 33. a. 201 380 An Scksirmen mit votv
Stock trennbarem Gestelle die Befestigung des Gestelles arn
Stock durch Bafonettberschlnß. Ludwig Armbruster, Lörrach-
18. Mai 1903.

Meine Fertnnü.

— Hochschulnachrichten. Würzburg. Prof. Schön^
born hat infolge eines Schlaganfalls seine Lehrtätigkeit ein'
stellen müssen. Zu seiner Vertretung ist Privatdozent Dr. L-
Burkhardt mit der Abhaltung der chirurgischen Klinik beaus-
tragt. — Mit der provisorischen Leitung der Klinik des ver-
storbenen Professors Dr. Lussenbauer in.Wlpn wurde der
derzeitige erste Assistent Dr. Dominik Pnpöbac betrant. — Di^
rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität B u-
dapest hat sich einstimmig gegen die Anfnahme von weibll*
chen Hörern an dieser Fakultät ausgesprochen.

— Türkhcim, 22. Juni. Jn einenr Lnsiille von Geistes'
störnng versnchte hsute Nacht die Witwe des Winzer-
Lorenz Walther ihre beiden 13 und 17 Jahre alten
Söhne zu e r m o r de n, indem sie ihnen im Schlaf mit
einem Nasiermesser den Hals aözuschneiden suchte. Di^
Verletzungen sind jedoch nicht lebensgefährlich. Die FrcM
ertränkte sich hieranf in der Pfuhlgrnbe^..

— Bcrlin^ 23. Juni. Jm Prozesse gegen den ReckM
anwalt LiebIing und den rumänischen Agenten Covo
wegen Erpressungsversuchs und Betrugs öerurteitte
der Gerichtshof jeden der Angeklagten zn 1 Jahr 3 Mo-
naten Gefängnis und 2 Jahren Ehrverlust.

— Ein Schwimm-Bravonrstück unternahmen am led-
ten Dienstag zwei -Damen des Königsberger Tamem
schwimmklnbs im Oberteickie zu Königsberg i. Pr.
handelte sich um keine leichtsinnige Wette, fondern uM
eine ernste Probe, in welchem Maße die bestehende weib'
liche Klerdniig im Wasser die eigene Rettung zu erschwereu
geeignet ist. Die beiden Damen erschienen in Somrner-
toitette, mit voller Nnterkleidnng, Schuhen, StrümpfeM
nsw. einschlteßlich des Korsetts und eines Hutes bekleidet
.an der Badeanstalt. Am Sprungbrett legten die DameN
lediglich die — Handschuhe ab; dann aber stürzten sie sÄ
in die Fluten. Die Anfgabe ging daljivi-jn voller Kleü
dung den Oberteich an seiner Preitssten Melle von Bade-
anstalt zu Badeanstalt diirchzuschwimmen und sich anf deM
Rücken schwimmend der Kleider zn entledigen. ZuM
Schutze gegen Unglücksfälle wurden die Damen durch ein
Boot begleitet. Jn ganz vvrzüglicher Weise wurde die
Aufgabe gelöst. Die Damen schwammen in langsameM
Tempo qner hinüber zur anderen Badeanstalt, kehrtell
hier um und entledigten sich auf dem Rückwege schwiM'
mend der Kleider, die sie in das begleitende Boot legteu-
Es waren zwei vorzügliche Schwimmerinnen, welche daS
Kunststück vollführten; beid-e aber erktärten, daß die Lw
sung der Aufgabe doch viel fchwieriger war, als sie es
sich Vorgestellt hatten. Die Kleidung erweise sich in del
ersten Zeit weniger, später aber, wenn älles durchtränkt
sei, ganz außerordentlich lästig, und daL-Äorsett hindei^
die beim Schwimmen so notwendige W^.Atmung.

— Am 30. d. M. sindet in HambsiWdie dresjährig^
Hauptversammlung des Bercins dcutscher Aeitungsvcr'
legcr statt. Unter den Verh'andtnngsgegenMnden sind ooU
besonderem Jnteresse d-ie Pensionsversorgnng der Redak'
teure, sowie die Frage, ob eine Zeitung verpflichtet W -
Anzeigen abzulehnen, wenn die Konkurrenz des Annrach
gebers dies verlangt. Eine Reihe geselliger Festlich'
keiten, unter denen eine Dampferfahrt nach Cuxhaven insi)
nachfolgender Einladung dec HamburyMmeEä-Lin^ -
znm Frühstück anf einem Schnelldampfer o'beNan stohsi.:.
wird zur Belebuiig der kollegialen Beziehungen bcilr'Wch

— „Vvn dciicn, die nicht allc wcrdcn", wird an^
Schwaben eine originelle Geschichte erzählt. Jn eineM
Provinzialblatt hatten sich einige Witzbolde eine Annoncä
geleistet, welche gegen Einsendnng von 20 Mk. ein Puloer'
verhieß, das, den Schafen eingegeben, deren Wolle ver'
feinern sollte. Ein Landwirt leistete den Betrag nnd' er'
hielt denselben aber wieder zurück mit dem BemerkeN-
„Geehrter Herr! Jn einer Gesellschaft ist gewettet wordeM -
man könne den größten Unsinn in die Zeitung setzen,^^
fänden sich immer Esel, welche darauf reinsallen. Sie sim
bereits der zwanzigste, der sich gemeldet hat. Anbei ItM

Worte erlauscht hatte, „aber nur unter der Bedingung, daß ^

uns außer Enten und Hühnern einen riesigcn Schinken mn'
bringst!" .

„Mein Vater gibt mir, was ich verlange," beteuerte Dw„
mit einem Blick auf Leutnant Catheron, der neben ihr sitz^,
seine Zigarre rauchte und schr wcnig Jnteresse für den Am)
flug verriet. „Nicht wahr, du kommst doch mit, Gerharo -
flüsterte sie; „wenn du nicht dabei bist, gehe ich auch nicht." „
Dobb und scine Freunde setzten ihre Beratungen fort uy
es wurde verabredet, wen und was jeder der Beteiligten mi
zubringen hatte. ,

„Und was werden Sie miibringen,-Herr Leutnant?" wMs
dete sich Dobb plötzlich an Gerhard, der mit finster gerunzenb
Stirn und vorgebcugtem Kopf dasitzend, Rauchwolken aus smN
Zigarre bor sich herblies. „Sie sind der Vornehmste unt
uns und deshalb verpflichtet, am meisten beizusteuern. 21:
beabsichtigen Sie, zum Gemeinwohl beizusteuern?"

„Jch weiß noch gar nicht, ob ich in der Lage sein werv^
Euren Ausflug mitzumachen," entgegnete Gerhard, „erstsM
weil ich solche Ausflüge verabscheuc, und zweitens weil ich on'
lcicht geradc an diesem Tage Dienst habenlwerdc.

„Und drittcns rnöchten Sic nicht gerw' Geld dafür oU-
geben!" spottete Dobb.

„Unsinn!" rief Catheron; „wenn Jhr es Nur auf mei»
Bcitrag abgcsehen habt, sollt Jhr ihn babcn. od ick, nun von o ^
Partie bin oder nicht, ich denke, ein Sovereign wird Euch §
nügend erscheinen. Was, Dobb?"

„Gewiß," erwiderte der Buchhaltcr, „wenn wir ihn n
wirklich bekommen!" u

Gerhards Gesicht verfinsterte sich noch mehr; er hatte " ^
Bestimmtheit gehofft, daß Dobb sein Anerbieten ablehll^
werde, und sah sich nun dem allgemeinen Spott preisgegcv
Schon umtönte ihn wieherndes Gelächter, als Doras Hand vM
stohlen die seine berührte und er eine Münze zwischen s.M.xc
Fingern fühlte, eine Münze, die er an ihrem Gewicht Rl
als einen Sovereign erkannte.

(Fortsetzung folgt.)
 
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