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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Franz Schwechten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0080

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FRANZ SCHWFCHTEN

j^RANZ SCHWECHTEN.

Der Berliner Architekt Geheimer Baurat
Professor Franz Schwehten vollendete sein
siebzigstes Lebensjahr. Der Künstler, ein geborener
Kölner, hat in ganz Deutschland eine sehr erfolg-
reiche Wirksamkeit entfaltet, sowohl im Kirchen-
wie im Profanbau. Schwechten ging von den
starken künstlerischen Traditionen aus, die in
seiner Vaterstadt vorherrschend waren; besonders
die Formensprache der romanischen und Re-
naissancebauten seiner Vaterstadt hatte es ihm
angetan und er hat diese Neigung auch in seinen
Studienjahren bei Raschdorff und an der Berliner
Bauakademie befestigt.

Wir bringen eines seiner hervorragendsten
Werke der Öffentlichkeit wieder in Erinnerung,
den großzügigen Anhalter Bahnhof, einer der
besten modernen Profanbauten, dessen Zweck-
bestimmung eine vorzügliche architektonische
Sprache zum Ausdruck bringt. Der prachtvolle
Bogen, der die Fassade überspannt, wird noch
lange seinen Meister loben. Bei der Schaffung
der gewaltigen Innenhalle stand Schwechten der
Dichter-Ingenieur Heinrich Seidel zur Seite.

Die Kriegsakademie Schwechtens mit ihrer im-
ponierenden Backsteinfassade darf gleichfalls zu
seinen gelungensten Arbeiten gezählt werden. Sein

Streben nach Dimension kam dann besonders im
Bau der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
zum Ausdruck — die an Kirchenbauten so ver-
nachlässigte Reichshauptstadt erhielt damit zum
ersten Male ein zwar durchaus in der Über-
lieferung wurzelndes, aber doch zu großer Wirkung
drängendes Kunstwerk. Schwechten baute noch
viele Kirchen, Kreishäuser, Industriegebäude,
Gymnasien, Brücken, Villen in Berlin.

Seine Haupttätigkeit fällt aber in jene Zeit,
die des Glaubens war, es sei möglich, durch die
besondere Pflege des romanischen Stils eine spe-
zifisch deutsche Baukunst erstehen zu lassen. Mit
diesen Anschauungen deckten sich auch dieWünsche
des kaiserlichen Auftraggebers, durch dessen Gunst
dem Baukünstler zahlreiche Aufgaben zufielen.

Natürlich konnte es nicht ausbleiben, daß in-
mitten einer Zeit, die sich mit neuen Architektur-
prinzipien durchzusetzen bemühte, diesem Streben
auch Gegner entstanden, und so sehen wir dann
den rüstig schaffenden Baukünstler das Schicksal
aller bedeutenden Gestalter teilen, daß sie der
künstlerische Tageskampf umlärmt — sicher für
einen Künstler kein übles Geschick.

Auch als Lehrer in seinem mit der Berliner
Kunstakademie verbundenen Meisteratelier für
Architektur hat Schwechten eine erfolgreiche Tätig-
keit hinter sich.

ANHÄLTER BAHNHOF ZU BERLIN
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F. SCHWECHTEN
 
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