Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0165
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Feuerbach, Anselm Friedrich: Der Kampf eines Künstlers
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DER KAMPF EINES KÜNSTLERS
sage sie nur, um Deine vielleicht zu hohe Idee
herunterzustimmen. Von dem, was Dr. Stiebei
Dir sagen wird, nimm in Ruhe das Beste heraus,
er ist gescheit und weiß sich nach den Leuten
zu richten, die er vor sich hat; er sprach einmal
davon, daß er den Dante*) in Frankfurt ver-
kaufen will, allein dreitausend Gulden ist das
Minimum, was ich dafür haben muß, ich habe
das auch schon gesagt, es muß so sein. — Wo-
hin ich ihn schicke, weiß ich nicht, zur Mün-
chener historischen Ausstellung auf keinen Fall,
aber zur nächsten Aussteilung nach Paris muß
er. — Wegen meinem Kommen kann ich gar
nichts sagen, Du weißt, für wen mein Herz
schlägt draußen. — Hier nach Vollendung des
Ständchen habe ich noch eine Zeitlang zu leben,
kann auch einige kleinere Sachen noch machen,
dann geht eben das alte Leben wieder an, bis
zur nächsten Saison, die dann im Winter be-
ginnt. — Das Herausschicken ist für mich mit
zu großen Kosten verbunden und dauert zu
lange. — Doch, liebe Mutter, bin ich resigniert,
ich weiß, daß das Leben kein Kinderspiel ist,
*) Feuerbachs Gemälde ,,Dantes Tod“. (D. Red.)
und ehe ich aufs Blaue hinausreise, eher möchte
die Tiber rückwärts fließen. Ich habe mich hier
still zurückgezogen, einsam unter vielen Menschen,
sowie ich ja auch so allein bin in meiner so gut
gemeinten Kunst.
Daß ich leichtsinnig früher war, daß ich inner-
lich gelitten habe, das steht in meinem Gesicht
geschrieben, und Gott sei mein Zeuge, daß ich
seit Jahren an mir gearbeitet habe, die innere
Unruhe zur Klarheit zu bringen, darum, nur da-
rum bin ich so niedergeschlagen, weil ich Euch
etwas sein möchte, und mir das Schicksal es nicht
verstatten will. Liebe Mutter, ich will recht auf
der Hut sein, den Glanben an meine Kunst
nicht zu verlieren, obgleich mir das so gering
vorkommt, was ich geleistet habe, gegen die
Opfer, die es gekostet.
Ich bin entschlossen, ich harre aus und werde
still so weiter leben, mögen es noch Jahre sein.
Gedanken, wie die: „Ist es erlaubt, einer Idee
zuliebe so viele Opfer zu verlangen, solche An-
sprüche zu machen, einer Idee zuliebe, die viel-
leicht Illusion ist?“, solche Gedanken muß ich
mir femhalten, aber sie sind so natürlich, wenn
auf große Verheißungen die Erfüllungen aus-
ANRICHTESCHRANK
ENTWURF: HEINRICH VOOELER-WORPSWEDE
sage sie nur, um Deine vielleicht zu hohe Idee
herunterzustimmen. Von dem, was Dr. Stiebei
Dir sagen wird, nimm in Ruhe das Beste heraus,
er ist gescheit und weiß sich nach den Leuten
zu richten, die er vor sich hat; er sprach einmal
davon, daß er den Dante*) in Frankfurt ver-
kaufen will, allein dreitausend Gulden ist das
Minimum, was ich dafür haben muß, ich habe
das auch schon gesagt, es muß so sein. — Wo-
hin ich ihn schicke, weiß ich nicht, zur Mün-
chener historischen Ausstellung auf keinen Fall,
aber zur nächsten Aussteilung nach Paris muß
er. — Wegen meinem Kommen kann ich gar
nichts sagen, Du weißt, für wen mein Herz
schlägt draußen. — Hier nach Vollendung des
Ständchen habe ich noch eine Zeitlang zu leben,
kann auch einige kleinere Sachen noch machen,
dann geht eben das alte Leben wieder an, bis
zur nächsten Saison, die dann im Winter be-
ginnt. — Das Herausschicken ist für mich mit
zu großen Kosten verbunden und dauert zu
lange. — Doch, liebe Mutter, bin ich resigniert,
ich weiß, daß das Leben kein Kinderspiel ist,
*) Feuerbachs Gemälde ,,Dantes Tod“. (D. Red.)
und ehe ich aufs Blaue hinausreise, eher möchte
die Tiber rückwärts fließen. Ich habe mich hier
still zurückgezogen, einsam unter vielen Menschen,
sowie ich ja auch so allein bin in meiner so gut
gemeinten Kunst.
Daß ich leichtsinnig früher war, daß ich inner-
lich gelitten habe, das steht in meinem Gesicht
geschrieben, und Gott sei mein Zeuge, daß ich
seit Jahren an mir gearbeitet habe, die innere
Unruhe zur Klarheit zu bringen, darum, nur da-
rum bin ich so niedergeschlagen, weil ich Euch
etwas sein möchte, und mir das Schicksal es nicht
verstatten will. Liebe Mutter, ich will recht auf
der Hut sein, den Glanben an meine Kunst
nicht zu verlieren, obgleich mir das so gering
vorkommt, was ich geleistet habe, gegen die
Opfer, die es gekostet.
Ich bin entschlossen, ich harre aus und werde
still so weiter leben, mögen es noch Jahre sein.
Gedanken, wie die: „Ist es erlaubt, einer Idee
zuliebe so viele Opfer zu verlangen, solche An-
sprüche zu machen, einer Idee zuliebe, die viel-
leicht Illusion ist?“, solche Gedanken muß ich
mir femhalten, aber sie sind so natürlich, wenn
auf große Verheißungen die Erfüllungen aus-
ANRICHTESCHRANK
ENTWURF: HEINRICH VOOELER-WORPSWEDE