Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0166
DOI article:
Feuerbach, Anselm: Der Kampf eines Künstlers
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0166
DER KAMPF EINES KÜNSTLERS
SCHREIBZIMMER EINES EHEPAARES
ENTWURF: HEINRICH VOQELER-WORPSWEDE
bleiben. — Ich werde auf drei Tage
endlich einmal ein bißchen Natur
sehen, das macht frisch, dann male
ich das Ständchen fertig und halte
alle Bilderideen fest unter der starren
Eisdecke der Notwendigkeit, vielleicht
bricht auch für mich noch ein Früh-
ling ein, der sie brechen macht. —
Man hält mich wirklich hier für talent-
voll, aber für arrogant, weil ich sehr
wenig spreche. — Liebe Mutter, ich
bin noch ein Schwächling gegen andere,
die Jahre, viele Jahre hier nach An-
erkennung geschmachtet haben, aber
ich kann für meine Natur nichts. —
Dein Brief hat mich sehr gerührt, ich
habe doch auch noch inwendig einen
Tempel, in welchen ich niemand
hineinsehen lasse. — Ich bin nicht
glücklich, und doch habe ich solche
Augenblicke, wo — ich es meine zu
sein. Nimm diesen apokalyptischen
Brief freundlich auf, stimme die Saiten
meiner Zukunft herunter, denn, ach,
das Beste muß ja erst noch geschehen.
Eigentlich, mag es gehen, wie es will,
ziehe ich vor, zu entsagen allem und
EICHENE SILBERTRUHE
ENTW.: HEINRICH VOGELER-WORPSWEDE
137
SCHREIBZIMMER EINES EHEPAARES
ENTWURF: HEINRICH VOQELER-WORPSWEDE
bleiben. — Ich werde auf drei Tage
endlich einmal ein bißchen Natur
sehen, das macht frisch, dann male
ich das Ständchen fertig und halte
alle Bilderideen fest unter der starren
Eisdecke der Notwendigkeit, vielleicht
bricht auch für mich noch ein Früh-
ling ein, der sie brechen macht. —
Man hält mich wirklich hier für talent-
voll, aber für arrogant, weil ich sehr
wenig spreche. — Liebe Mutter, ich
bin noch ein Schwächling gegen andere,
die Jahre, viele Jahre hier nach An-
erkennung geschmachtet haben, aber
ich kann für meine Natur nichts. —
Dein Brief hat mich sehr gerührt, ich
habe doch auch noch inwendig einen
Tempel, in welchen ich niemand
hineinsehen lasse. — Ich bin nicht
glücklich, und doch habe ich solche
Augenblicke, wo — ich es meine zu
sein. Nimm diesen apokalyptischen
Brief freundlich auf, stimme die Saiten
meiner Zukunft herunter, denn, ach,
das Beste muß ja erst noch geschehen.
Eigentlich, mag es gehen, wie es will,
ziehe ich vor, zu entsagen allem und
EICHENE SILBERTRUHE
ENTW.: HEINRICH VOGELER-WORPSWEDE
137