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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Feuerbach, Anselm: Der Kampf eines Künstlers
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0167

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DER KAMPF EINES KÜNSTLERS

jedem, hierzubleiben in der Ferne, zu arbeiten, was
ich kann und dann zu erwarten in Geduld. — Es
ist gut für mich, daß ich zu malen habe, und
mir ist immer doch, als hielte mich eine bessere
Hand als meine eigene. Ich kann nichts weiter
sagen, ob ich komme, ob nicht, ich weiß es
nicht. — Wer hier ausharrt, sich sein Atelier
elegant macht, Bekanntschaften macht usw., dem
kann es zuletzt nicht fehlen, und der Zufall kann
einem ebensogut in einem Jahre viel Geld zu-
werfen, wie er einen jahrelang im Dunkeln her-
umtappen läßt. *) — Ich habe Aufsehen erregt —
und außer der Kaprize eines sizilianischen Kon-
suls ist nichts herausgekommen. Wie oft frage
ich mich jetzt, was muß man tun, wie muß man
malen? Das Beste muß ich für mich behalten,
weil es Vermessenheit gegen die Verhältnisse
wäre, es zu machen, doch bin ich ja der erste
nicht. — Und doch, liebe Mutter, bin ich nicht
kaltblütig ohne Geld weitergereist, ist das Feig-
heit, und ist es nicht natürlich, daß solch ein
Schritt Folgen haben muß, außer inneren Kämpfen ?
Aber ich komme darüber hinaus. Erst hatten
sie ausgebreitet, das Bild (Danies Tod) wäre
verkauft, um Anfragen mir entgehen zu lassen.
Endlich zog ich das Bild zurück, was in der

*) Hat sich seitdem in der Entwickelung künstlerischer Indivi-
dualitäten irgend etwas geändert? (D. Red.)

Ordnung war, da es genug gewirkt — doch keine
Anfrage. Sonst genügen acht Tage ausstellen
oder besser gar nicht, denn die Leute kommen
lieber aufs Atelier. Der Aufseher der Ausstellung
sagte mir, „tutti domandano vedere il Dante,
avete rovinato l’esposizione“, *) doch ist niemand
gekommen. Liebe Mutter, ich klage nicht, ich
sage das nur zu meiner Entschuldigung Dir gegen-
über, um Dir zu sagen, daß ich getan, was meine
Schuldigkeit war. Das Bild war beinahe zwei
Monate ausgestellt, schon zu lange usw. usw.
Nimm den Brief freundlich auf, gehe fleißig in
den Garten hinunter, vielleicht ändert sich noch
manches, und wir wandeln auch wieder einmal
zusammen darin. — Wenn ich wieder dann nach
Italien gehe, dann nehme ich Vaters sämtliche
Werke mit, nach denen ich eine wahre Sehn-
sucht habe. Sieh die Photographien nicht lange
an, sie geben nichts wieder, nicht ein Kopf; bald
erhältst Du bessere, auch das Ständchen. — Der
Kopf war für Picfords Engländer, doch hängt
er eben bei mir einstweilen; wie sein Schicksal
sich gestalte, ich weiß es nicht, wenn ich ihn
verkaufen kann, tue ich es.

Der lieben Emilie die herzlichsten Grüße.

Dein treuer Anselm.

*) „Alle verlangen den Dante zu sehen — Ihr habt die Aus-
stellung ruiniert!“

HANDZEICHNUNG ANSELM FEUERBACH

(Aus dem soeben erschienenen Werke „Deutsche Kunst in Wort und Farbe“, Verlag E. A. Seemann, Leipzig.)

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