Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

DOI Artikel:
Wallsee, Heinrich Egon: Die Galerie Ed. F. Weber in Hamburg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0443

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE GALERIE ED. E. WEBER IN HAMBURG

DEKORATIVE SKULPTUR

RICHARD OUHR-DRESDEN

Paulus Potter, J. v. Ruisdael, Hobbema.
Diese 354 Werke umfassende Sammlung ist in
einem dem Hauptgebäude angegliederten Annex-
bau untergebracht. In diesem von der Familie
des Sammlers bewohnten Hauptgebäude sind zur
Schmückung der Wohnräume Werke von etwa
hundert Künstlern teils in Rahmen, teils in Wand
und Decke eingelassen. Hier begegnen wir

u. a. Hogarth, Reynolds, Gainsborough,
Reaburn, Hopfner, Lawrence, Constable,
Corot, Rousseau, Delacroix, Daubigny,
Rosa Bonheur, C. F. Lessing, A. Achenbach,
Böcklin.

Es ist überflüssig, in der Aufzählung der Namen
fortzufahren. Die angeführten reichen aus, um auch
jene, die von der Existenz der Galerie bisher
nichts gewußt, über deren kunstgeschichtliche Be-
deutung und zugleich auch über das Berechtigte
der Erregung zu unterrichten, welche die Nach-
richt von der bevorstehenden Versteigerung
(die im LEPKE’schen Kunst - Auktionshause in
Berlin gegen Ende des Februar stattfinden soll)
in den kunstsinnigen Kreisen Hamburgs hervor-
gerufen hat.

In öffentlichen Sitzungen der Hamburger
Bürgerschaft und in zahlreichen Zuschriften, die
in Hamburger Blättern veröffentlicht wurden, wie
von diesen selbst wurde in mitunter bis zur
Leidenschaftlichkeit gesteigerten Erörterungen die
Intervention des Staates zum Ankauf der Galerie
angerufen. „Universitäten gibt es viele und
Hamburg kann alle Tage eine haben, wenn
es eine will, eine zweite Galerie Weber aber
ist nicht, wieder zu bekommen“, so schloß
eine in den letzten Tagen in den „Hamburger
Nachrichten“ veröffentlichte Zuschrift von an-
gesehener Seite, und ein anderer Kunstfreund,
ein namhafter Augenarzt, bezeichnete in einem
Aufsatz, der in einer Hamburger Wochen-
schrift veröffentlicht wurde, den Verlust der
Galerie Weber geradezu als „ein Unglück für
die Vaterstadt“.

Der Hamburger Staat hat übrigens dem Ab-
gang der Galerie Weber keineswegs teilnamslos
zugesehen. Auf Antrag seiner mit der heimischen
Kunstpflege betrauten Behörden gelangte an die
Weber’schen Erben sogar sehr bald nach dem
Tode des Besitzers die Aufforderung, einen Teil
der Sammlung an den Staat zu verkaufen. Nur
daß durch die Annahme dieses Vorschlages das
System der Reihensammlungen abgewiitschaftet
hätte. Denn was die staatlichen Kunstpflege,
wollten, war gleichbedeutend mit der Entnahme
der Glanzstücke der einzelnen Schulen (Schmock
in Freytags „Journalisten“ würde sagen: „die
Brillanten“), also ein Vorschlag, auf den ein-
zugehen die Erben ebenso aus Pietät für den
Verstorbenen, wie aus Beweggründen materieller
Natur außer stände waren. Ob die Beweggründe,
durchweiche die staatlichen Kunstpfleger abgehalten
waren, über die Grenzen ihres ursprünglichen
Gebotes hinauszugehen, ebenso zwingend waren,
möge dahingestellt bleiben. Leute, die das
wissen können, bezweifeln es.

Hamburg. H. E. Wallsee.

366
 
Annotationen