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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Eine Festsitzung der Berliner Akademie der Künste
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Unsere Bilder, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0280

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132

ißsfsifeung der Jperliner ^P^ademie der £>|£ünsfe.

ach altem Herkommen wird der Geburtstag des regierenden Königs in
Vfc\V' jedem Jahr seitens der Berliner Akademie der Künste durch eine öffent-
^—' liehe Festsitzung gefeiert. Der Verlauf einer jeden und das Bild, das jede

gewährt, bleiben immer ziemlich die Gleichen. Es gebricht dem letzteren, der
Erscheinung der ganzen Versammlung bei diesem Anlass, nicht an einem gewissen
malerischen Pomp und Reiz. Die dafür gewählte Lokalität, trotz der Mittagssonne
durch die Kronleuchter strahlend erhellt, ist der grosse Konzertsaal der Sing-
akademie am Kastanienwäldchen. Da zu diesen Sitzungen jedem freier Zutritt
gestattet ist, so füllt sich schon lange vor der Stunde des Beginns der Saal sehr
rasch. Jede seiner Sesselreihen ist bald von Scharen von Damen und Herren besetzt.
Die vordersten bleiben immer für die vornehmsten Grössen, Minister, Ministerial-
räte, Generale, andere hohe Offiziere und Würdenträger, ihre Damen und die
Frauen der Senatsmitglieder Vorbehalten. In der Mitte der Länge des Podiums
diesem gegenüber in dessen Vordergrund ist eine Rednerbühne, ein Katheder,
errichtet. Weiter zurück, auf einer höheren Stufe, das von Lorbeer- und Palmen-
gebüschen umgebene Postament, welches die Büste des Kaisers trägt. Mit
dem Rücken gegen die Hinterseite des Piedestals nimmt der Dirigent des auf
den oberen Stufen bis zur Wand hin aufgestellten Orchesters und der Sänger-
chöre, Schüler und Schülerinnen der Königl. akademischen Hochschule für Musik,
gewöhnlich deren Direktor, Prof. Joachim, seinen Platz vor dem Notenpult ein,

[Nachdruck verboten.]

wo er den Augen des Publikums fast verborgen bleibt. Auf den vorderen
Sesselreihen des Podiums, zu beiden Seiten des Rednerpultes und des Büsten-
postaments lassen sich der Präsident und die Herren Senatoren der Akademie
nieder. Ihr bei dem Zweihundert-Jahr-Jubiläum der Akademie eingeführter
Amtsornat, der prächtige Talar aus Purpursammet mit den weiten offenen
hängenden mit hellrotem Atlas gefütterten zurückgeschlagenen Aermeln und die
entsprechende Sammetmütze geben ihnen fast das charakteristische und male-
rische Aussehen von altvenezianischen Senatoren und Prokuratoren des heiligen
Markus. Hinter ihnen, besonders auf den Sitzen des westlichen Podiumteils,
lassen sich die noch talarlosen, befrackten, nicht senatorischen Mitglieder der
Akademie nieder. Der Chorgesang einer Festhymne mit Begleitung des
Orchesters leitet die Feier ein. Der dazu erwählte Redner (auf unserm
Bilde ist Professor Tschudi als solcher dargestellt) betritt das Katheder und
hält den Festvortrag, der ein kunstgeschichtliches oder ästhetisches Thema,
möglichst reich an Beziehungen auf die Verdienste der preussischen Könige
um die Kunstpflege behandelt und mit einem, dem Monarchen ausgebrachten,
von der Versammlung dreimal wiederholten Hoch schliesst. Eine von
Chören und Orchester ausgeführte grössere Festmusik von einem alten Meister
oder einem lebenden Senatsmitgliede bildet das rauschende Finale der feier-
lichen Sitzung. L. P.

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#as eigentümliche Dämmerungslicht, welches die Umrisse aller Gegenstände in
weiche unbestimmte Abgrenzungen auflöst, giebt die „Abenddämmerung“
von Heinrich Hermanns in vorzüglicherWeise wieder. Wie verschwommene
Lichtmassen dringt der Schein der Laternen durch die Dämmerung und auch
die Personen sind fast nur in den Umrissen zu erkennen. Wie ein Gebilde von
Hauch schaut der hohe Turm herab auf die Leute am Quai, die ihre Waren
aus den Kähnen laden.

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eöalter Firles stimmungsvolles Bild „Aus der Tugendzeit“ wird
man nur mit regster Anteilnahme betrachten. Grossmütterchens Hände sind
schwach geworden, so schwach, dass sie nicht einmal mehr die Tasten des Klaviers
niederzudrücken vermögen; aber das Herz schlägt noch warm und die Freude
an den Liedern aus der Jugendzeit ist nicht verblasst. Da hat sich denn die
blonde Enkelin hingesetzt und spielt das alte traute Lied, das so oft von
den Lippen der Grossmutter erklang, in jenen Tagen, da sie noch jung war.

# -‘i:

Chartiers grosses figurenreiches Bild „Ankunft der von Napoleon
für Paris bestimmten Kunstschätze auf dem Champ de Mars“ veran-
schaulicht einen hochinteressanten Moment aus der Geschichte der französischen
Revolution. Als Napoleon I., damals noch General Bonaparte, im Dienste der
französischen Republik seinen glänzenden Feldzug gegen Italien unternommen
hatte, hielt er es für nötig, für seine Person höchste Einfachheit und Strenge
der Sitten, sowie Unbestechlichkeit zur Schau zu tragen, während er Offiziere
und Soldaten durch Siegesruhm und Beule immer fester an sich kettete. Ebenso
machte er sich den Gewalthabern in Paris, dem Direktorium, unentbehrlich,
indem er die aus hohen Kontributionen erlangten Summen, und vor allem
wertvolle Kunstschätze nach Paris schickte. Man durchschaute in Paris die Ab-
sicht Bonapartes nicht, sondern nahm die ankommenden Bilder und Statuen mit
Freuden unter Veranstaltung grosser Feste als Erfolg der Revolution auf. Unser
Bild zeigt, mit welchem Enthusiasmus den jedem Kunstliebhaber bekannten Meister-
werken der Malerei und Bildhauerei — der Statue des Apollo, der Laokoon-
gruppe, Raffaels Heiliger Caecilia und Tizians Madonna des Hauses
Pesaro — in Paris entgegen gejubelt wurde.

* * *

gab eine Zeit — gar so fern liegt sie nicht hinter uns —, da galt die
Pariser „Grosse“ Oper (im Gegensatz zur „Opera comique“) nicht nur für das
schönste Bühnenhaus der Welt, sondern auch den künstlerischen Darbietungen
wusste man nichts Ebenbürtiges gegenüber zu stellen. Beide Lobpreisungen
wären heute nicht mehr am Platze: die wunderbare Schöpfung Garniers, der
letzte grosse Prachtbau des zweiten Kaiserreiches ist unter der dritten Republik
schändlicher Verwahrlosung anheimgefallen, der leuchtende Marmor ist stumpf
und grau, die schimmernde Vergoldung nahezu schwarz geworden, und die Auf-
führungen, die man in dem, durch seine Dimensionen freilich immer noch
imponierenden Hause dem weltstädtisch bunten Publikum zu bieten wagt,
erinnern kaum noch in der Ausstattung, aber nur selten in der Durchführung
der Hauptparthieen an die Glanzzeit vor einem Menschenalter. Die elegante
Welt besucht in ihrer Mehrzahl die Grosse Oper allerdings nicht der musikalischen
Genüsse wegen, sondern lediglich um neue Toiletten zur Schau zu stellen, um

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zu sehen und gesehen zu werden, und selten nur verstummt das nicht immer
harmlose Geflüster in den Logen, wenn ein Liebling der oberen Zehntausend
eine besonders dankbare Piece zum Vortrag bringt. Einen dieser verwöhnten
Günstlinge der Pariser bringen wir heute im Bilde, Mademoiselle Hatto, den
Stern der Oper, deren „Salambo“ in diesem Sommer fast jeder Ausstellungs-
pilger zu bewundern Gelegenheit fand.

* *

er die ungeheuren Entwicklungs-Fortschritte überschaut, die das ver-
gangene Jahrhundert auf allen Gebieten gebracht hat, wird sehr bald spüren,
dass hauptsächlich die grossen Errungenschaften zum bedeutsamen Teile dadurch
erreicht wurden, dass die moderne Technik in irgend einer Weise in die Ent-
wicklung fördernd eingriff. — Auch auf dem Gebiete des Heeres und der Marine
ist dies so. Kein Geringerer als der verstorbene Oberst York von Warten-
burg hat diesen Gedanken in dem beim Deutschen Vcrlagshause Bong & Co., Berlin,
erschienenen Prachtwerke von Hans Kraemer, „Das XIX. Jahrhundert in
Wort und Bild“ in vorzüglicherWeise dargelegt. „Nicht nur auf dem Gebiete
der Gewehr- und Geschützkonstruktion hat die neuere Technik grosse Fortschritte
gemacht, sondern auch solche Erfindungen und technische Vervollkommnungen
haben in den Armeen Anwendung und Ausbildung gefunden, die ursprünglich
nur für friedliche Zwecke geplant waren. So sehen wir zum Schlüsse des
19. Jahrhunderts alle grossen Mächte in lebendiger Fortentwicklung ihres Heer-
wesens begriffen unter Ausnutzung jeder neuen technischen Erfindung, alle
Ileeresverfassungcn aber auf der gleichmässigen Grundlage der allgemeinen Wehr-
pflicht beruhend, der Pflicht jedes Bürgers, sein Vaterland zu verteidigen, nur
England ausgenommen. Wiederum muss gesagt werden, dass das Heerwesen
mit dem gesamten politischen und kulturellen Zustande eines Volkes untrennbar
verbunden ist. Die ganze bisherige politische Entwicklung Englands konnte nicht
sein, wie sie gewesen ist, wenn das Land die allgemeine Wehrpflicht gehabt hätte,
und so würde auch deren Annahme jetzt eine einschneidende Aenderung seines
Staatswesens, eine völlige Umgestaltung seiner innerpolitischenZustände bedeuten.“
Die letzten beiden Seekriege haben bei allen thatkräftigen und leistungs-
fähigen Seestaaten das Bedürfnis nach Mehrung der eigenen Seegeltung stark
gehoben, denn man hat überall erkennen müssen, dass eine starke kriegsbereite
Flotte von Panzerlinienschiffen nebst dem unentbehrlichen Zubehör von Kreuzern
das einzige wirksame Schutzmittel für die Bewegungsfreiheit der eigenen See-
politik und des eigenen friedlichen Seehandelsverkehrs ist. Deshalb ist die Bau-
tätigkeit auf allen Kriegsschiffswerften der Grossmächte von Jahr zu Jahr
gewachsen. Weil alle thatkräftigen Völker, alle wirklichen Grossmächte nach
Seegeltung streben, wird voraussichtlich im neuen Jahrhundert, und kaum ohne
harte Kämpfe, der grosse Gegensatz ausgeglichen werden müssen, der fast
während des ganzen 19. Jahrhunderts zwischen der seepolitischen Allmacht
Englands und der seepolitischen Ohnmacht .der übrigen Seestaaten bestand.
Das diesem Hefte beigegebene Bild von Willy Stöwer: „Seegefecht bei
Jasmund am 17. März 1864“ stellt den wichtigsten Moment aus dem Kampfe
zwischen einem preussischen und einem dänischen Geschwader dar, das an diesem
Tage stattfand. Das Bild ist deswegen hochinteressant, weil es unter Wahrung
der historischen Treue gemalt ist und der ungeheuere Fortschritt, den die Kriegs-
technik zur See seit 1864 verzeichnet, dem Beschauer dadurch veranschaulicht wird.
 
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