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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0451

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Zweites Blatt

54

drscheint täglich, SormtagS «rusgenommen. PreiS mit FamilienSlättern monatlich 50 Pfg. in's HauS gebracht, bei der Txpedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. D»rL

die Post bezogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausfchliehlich Zustellgebühr.

^nzeigenprei«: 20 Pfg. für -ie Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzcigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
bestimmten Tagen tvird kein« Venantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnseratc auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Femsprecher 82.

Denezuela - Angekegenßett vor dem eng-
lrschen Höerhans.

die Tni e n g I i s ch e n O b e r h a u s e kam am 2. ds.
- V enezuela - Angelegenheit zur Sprache.

- zeigte sich wieder, wie groß die M i ß st i m m u n g
7? die anch bei Politikern in England gegen
l / utschland herrscht. Es wird iiber die Berhand-
'Ugberichtet:

< wedmorith weist aus das jiingst veröffentlichte
z,. u u bn ch liber Veneznela hin nnd verlangt Ver-
E sdntlichnng der weiteren vorhandenen Toknmente. Er
^^nsiert das Znsa m m e n w i r k e n m i t D e u t s ch °
^ ud in scharfen Worten.

. Lord Lansdowne entgegnet, Twedmonth habe
^'ngt, England hätte sich D e n t s ch l a n d gegeniiber
n^bllichtet, ohne die finsteren Pläne in Rechnnng zu
^dhen, xx Dentschland' anf dem siidamerikanischen
°ntinente imterzuschieben scheine. Twedmouth habe anf
g" Blatt hingeiviesen, das gesagt habe, daß im Hinter-
i^ude der Gedanken der deutschen Regierung der Wnnsch
Muinmere, in Neneznela eine Ä o h l e n st a t i o n zn
^.wngen. Er (der Minister) habe niemals etwas dcrar-
ges gehört. England habe sich Dentschland gegeniibec
^ ?^verpslichtet, mit der dentschen Regiernng zn gehen
g oeni Bestehen anf sofortiger Negelnng der erstklassi-
u" Crsatzsorderungen. Sei das ein überhastetes, nn-
lon^ Uebereinkommen gervesen, das England mit un-
^Richen Fesseln an Tentschland hätte binden tonnen?
tn, ^^ße niemandeni nach in dem Wnnsche, daß nichts ge-
y" lverden sollte, was die amerikanische Empfindlichkeit
^ letzen könne. Aber nian könne England nicht vor-
tz daß es Gefahr gelaufen sei, sich die amerikanische
o^'UPalhie zn entfremden. Wenn England anch der
^Aiikanischen Regiernng bis znm 11. November keiner-
aj uintliche Mitteilnng gemacht habe, so habe diese Re-
vnng doch im Dezember 1901 gewnßt, daß die
e, utschr Negiernng die MögIichkeit
- ne r Blockade Veneznelas in Anssicht
tz ! l e nnd in eineni Memorandnm an den deutschen
„g/lchafter erwidert, daß die Bk o n r o e d oktrin nichts
" Handelsbeziehnngen irgend einer amerikanischen
tz?chl zn tnn habe, und in keiner Weise irgend einem
sch?ate eine Garantie sein solle, gegen Bestrafung fiir
di/^Ites Verhalten, voransgesetzt, daß die Strafe nicht
^ Form der Besetzung von Land seitens einer nicht-
h> ^vikanischen Macht annehme. Jm Laufe der Verhand-
d»n nicht ein Wort gesagt öder geschrieben worden
t ^u veiten der Regiernng der V e r e i n i g t e n S t a a-
chiw' E n g l a n d gegeniiber frenndlich,

Vkchtsvoll nnd aufnierksam gewesen se'i.
c,^,^ord Rosebery legt dar, England sei froh, sich

l>er V e ne z n e l a - A n g e l e g e nh e i t nnt nicht
^chr Schaden fiir seinen Rnf heransgewickelt zn häben,

? l>er Fall gewesen sei. Die Regierung habe er-
itz, l, Cngland hätte dieselbe Entschädignng zn erhalten,
P- ^utschland, am Ende habe aber Deutsckiland 68 000
hw-- vrbaltcn, England 6300 Pfnnd. Diese Snminen
dg^uientierten daS Verhältnis des Vorteils, den man
T„„„l>er Verständigung zwischen Grotzbritannien nnd
c>b"9chland gehabt habe. Er tadle Dentschland nicht,

> " ftwas mehr Gleichheit des Erfolges würde für die
wgen beider Länder ergiebiger an gegenseitiger

Uchtung getvesen sein. Großbritannien hätte an die Ver-
einigten Staaten nicht durch Vermittlung
Deutschland s herantreten diirfen. Lord Lansdowne
mußte das Gefühl zum Bewußtsein gekommen sein, wel-
ches in England wach wurde, nicht nur durch Artikel und
Karrikatnren in der deutschen Presse, sondern auch dnrch
Reden der verantlvortlichen Staatsmänner. Die A n t i-
pathie, Erbitterung und Eifer'sucht Europas er-
zeugten eine e r n st I i ch e G e f a h r, für die Regierung.
Er, Redner, hofse, daß, nachdem man aus diesem schlecht
-beratenen llnternehnien heransgekommen sei, man lange
Zeit verstreichen lassen folle, ehe man sich in eine ähn-
liche Angelegenheit mische.

Lord Devo n s hire erwidert, mit Rücksicht auf den
llnterschied zwischen den Beträgen der englischen und der
deutschen Schadenersatzansprüche, daß die britische Regie-
rnng die Befriediii-ing der erstklasfigen Forderungen ver-
langt und den gänzen geforderten Betrag änch erhalten
habe. Nach kürzer weiterer Erörterung zieht Twed-
mout h seinen Antrag auf Vorlegnng weiterer Do-
kumente znrück.

Jm Verlaufe seiner Ausführungen'über die Bemer-
kungen Twedmouths sagte Lord Lansdowne, er
würde jedes Vorgehen von seiten der Regierung abge-
lehnt haben, welckies die Wirkung gehabt haben könnte,
die bedauerliche Entfremdung, welche durch
die Ereignisse während des südafrikanischen Krieges ent-
standen sei, no-ch zu erhöhen.

Deutsches Reich.

— Der Kaiser hat, wie wir hören, am Montag
vormittag den Wirkl. Geh. Rat v. Berg m a n n in
Anwesenheit des Kultnsministers Dr. Studt und des
GeneralstabsarzteS der Armee, v. L e n t h o l d , in he-
sonderer Aüdienz empfängen. Der Grund der Audienz
war, den Kaiser zu bitten, einem Plane seine Genehmi-
gung zu gewähren, welcher die Gründung eines „51 a i -
serin Friedrich - Hauses für das ärzt -
Iiche F o r t b i l d u n g s w> e 's e n" bezweckt. Es ist
allseitig bekannt, ein wie lebhaftes Jnteresse die verklärte
Kaiserin fiir alle Bestrebungen auf dem Gebiete der Na-
turwissenschaften und der Rledizin hatte. Hiermit im
nahen Zusammenhange steht jene bedeutungsvolls
Schöpfung, Welche als die letzte Tat her Men Dulderin
angesehen werden muß: die Begcünd'img des ärztlichen
FortbildungSwesens. Denn es war die 5läiserin F r i e d-
rich, welche zuerst die Tragweite des Gedankens er-
kannte, durch die regelmäßige Veranstaltung von Kur-
sen die Aerzte fortlaufend auf der Höhe ihres Wissens
zu erhalten. An der Vevwirklichung dieses Gedankens
hat Lie Dahingefchiedene bis zn ihrem Lebensende in hin-
gebender Treue Anteil genommen, in voller Würdigung
der Tatsache, däß von der Leistiingsfähigkeit der Aerzte
die Volksgesundheit unmittelbar abhängig ist. Jn der
Folge bildeten fich dann an'f Anregung des Kgl. Kultus-
ministeriurns das „Zentralkomitee sür das ärztliche
Fortbildungswesen" und in 23 großen Städten lokale
Vereinignngen, welche die regelmäßige Veranstaltun'g
ärztlicher Kurfe zur Aufgabe haben. Und nun soll, um
der ganzen Bewegung auch räumlich einen Bkittel- und
Stützpunkt zn geben, ein Haus gegründet fverden, wel-
ches eine ümfangreiche Sammlung ärztlicher Lehrmittel,

sotvie alle zur Verwendung an die lokalen Vereinigungen
diensnden Einrichtnngen enthalten und in pietätvoller
Dankbarkeit dem Andenken der Kaiserin Frie'd-
r i ch gewidmet sein soll. Dieser Plan hat die Aller-
höchste Genehmigung S r. Rl a j e st ä t desMaiser S
gesunden.

— In der Slngelegenheit der P ensionZver -
s i ch e r u n g der P r i v a t b e a m t e n wurde üem .Ko-
mitee, welches sich in A achen zur Verfolgung der An-
gelegenheit gebildet hat, sowie dem Verband reisender
Kaufleute Deutschlands in Leipzig, welcher seinerzeit diese
Versicherung zuerst in Deutschland anregte, eine A u -
dienz im Reichsamt des Jnnern auf Verfügung des
Staatssekretärs Grafen P osadowsk y betvilligt! Den
Vertretern wurde eröffnet, daß die Regierung der
isache symPathi s ch gegenüberstehe, znnächst aber fol-
gendes von den Verbänden wünfche:

1. Eine Aeußerung darüber, wer als Privatbeamter anzu-
sehen sei; 2. dariiber, wic man sich die Aus'einandersetzungen
mit der schon bcstehenden Jnvalidenversicherung denke, der schon
zahlreiche Beamte angehören uitd 3. das stastitische Material,
bei dessen Beschaffung ihnen das Reichsaml llnterstühung «n-
gedeihen lassen.werde.

Mit der Angelegenheit ist iin Weiteren Regiernngsrat
Dr. Beckmann betrant worden. Anch der Reichstags-
äbgeordnete Sittart-Aachen wohnte der Unterredung bei.

Baden.

-ü- N o III L a ND> e , 2. März. Z n P a r a g r a p h
4 9 Sernenen s ch ulor d n n n g, wonach bekannt-
lich „eine Beeinträchtigung des llnterrichts durch den Be-
such des Gottesdienstes oder den Beizug der Schnler zu
sonstigen kirchlichen Feiern und Veranstaltiingen während
des Unterrichts nnstatthast" ist, bringt das „Heidelber-
ger Tageblatt" eme Karlsruher Korrespoiidenz vom 19.
Februar über eine Petition an das Unterrichtsniini-
sterium von seiten ländlicher Gemeinden „wegen 'A b -
ändern n g des Paragrap'h 49". Eiiie solche Petition
ist unseres Wissens überhanpt nicht -erfolgt. Der 51orre-
spondent des „Heidelb. Tgbl." meint offenbar eine der
Eingaben um Genehmigung einer milden, den jeweiligen
örtlichen .Verhältnissen entspreckjienden A uslegung
des Wortes „unstatthaft" in Paragraph 49, das heißt
nm eine anthentische Fnterpretation. Der Inhalt der
genannten 51orrespondenz besagt ferner:

„Die Geistlichen bedenken aber nicht, daß Para-
graph 38 (Organistendienst betr.) seit 1. -Jan. ds. Js.
aufgehoben ist und Organistendienst un'd Leichenfingen
jetzt nur noch ein Neüengeschäst, ein Privatge-
schnst des Lehrers ist. Privatgeschäfte darf aber
kein Beamter während seiner Dienstzeit besorgen."

Anch hier ist znnächst richtig zn stellen, daß Para-
graph 38 nicht aufgehoben ist, sondern nur eine verän-
derte Fassung erhalten hat. Weiter hat das Mrnr-
sterium unterm 24. Jannar ds. Js., wie der Korrespon-
dent des „Heidelb. Tgbl." selbst zügibt, verfügt, dätz in
dringenden Fällen die Le'hrer während der Schnlzeit bei
Beerdigungen teilnehnien dürfen. Demnach ist von der
höchsten Behöäde die BeteiligNng des Lehrers an dern
„Nebengeschäft, P r i v a t g e s ch ä f t" einer kirchlichen
Feierlichkeil für dringende Ausnahmefälle gestattet.
Wenn dies aber für die Lel>re r erlaubt ist, so kann es
doch nicht gleichzeitig für die Schüler verboten sein,
deren Beizng zn kirchlichen Feierlichkeiten dnrch Para-

Um Geld.

Roman von F. Jlex.

(Schlutz.)

Abficht, dem Schlimmslen vorzubeugen, und die
"uszulöschen, scheiterte an dem heftigen Rütteln des
üegb,,!!'' dessen durch blinden Eifer vermehrten Kräften die
halbrückwäris getvandtcn Lage gezwungene
F »icht gewachsen war, so dah schon ihr erster Versuch,
stgt los zu betommen, beinahe die Katastrophe beschleu-
sirh h:. e. Mit eincr fast übermenschlichen Anstrcngung 'suchte
sten n ^>e mit eiserneu Bauden Festgehaltene aus ihrer hilf-
A sig, 3e zu bcfreien, um so das verdcrbendrohende Objekt
Ei>Nl>c„ ^ fiehmen und den Händen des Kindes entziehen zu
Nzbss E'" Reitzcn und Schneiden wie mit glühenden Zangen
sst^^"Furchfuhr ihren Körper mit solch rasendem Schmerz,
.-- '"it einem lautcn Wehruf zurücksank. Jhre Hände
rinz - im Krampfe von dem so lange verteidigten Gute
d„ "" nächsten AugeMick stürzte das Kind mit der Lampe
Plötzliche Nachlassen des Widerstandes, den so
bKissi,,wiitterlichcn Hände ausgeübt, unwiderstehlich forr-
!fch Ff rückwärts vom Ti'sch, Stuhl und Futzbank unter
Ein heftig drchnender Schlag. Ein schrilles
Aoiriem'V Krachcn, dcm ticfes Dunkel und ein kurzer
^cr Stille folgte — dann ein lautes Zetergeschrei des

^n^te mit Aufbictung aller Willenskraft ihre schwin-
rffK»nsgeister znrückgehalten. Gott sei Dank. Der
A»te ,nicht schlimm verletzt zu haben, dcnn schon

>stgesiK sich vom Boden aufrichtete, wcnn auch unter

a ''kn suä" A^Prreitzendem Schreien. Mit den zärtlichsten
?'! >hr pät >dren Liebling zu beruhigen nnd zu bewegen,
^>t Kl su kommcn, um sich selbst von seiner llnverletzt-

rzengen. Doch was ist das ein nnheimlich heller »nd

heller werdender Schein breitet sich in ihrem Rücken aus!
Barmherziger Vott, das Petroleum hatte Feuer gefangen!
llnd jetzt stürzt auch schon der Knabe, während die weiten, fal-
tigen Kleider wie eine Fackel hinter ihm herleuchten, auf ihr
Bett zul Trotz der wütendsten Schmerzen, so viel wie mög-
lich sich vorne überbcugend, snchte die nnglückliche Muttcr das
Feuer mit ihren zitternden, schwachen Händen zu ersticken.
Vergebliches Bemühen l Schon teilte stch die Flamme von den
Kleidern des in den verzweiflungsvollsten Tönen aufkreischenden
Kindes ihrem eigenen Lager mit; schon leckte das auf dem
Boden gierig dem erflossencn Petroleum folgende Element von
der andern Seite an dem Ruhebette empor; dazu ein ersticken-
der, immer dichter werdender Qualm.

Züngelnd lausen die Flammen an den halb herunterge-
fallenen Decken, an den Leinentüchern dcs Lagcrs hin; hier in
raschem Zuge ein lose hängendes Stück verzehrend, dort lang-
samer schwälend, wo der Stoff mehr Widerstand leistete; immer
aber noch so schwach, daß Gisela selbst, trotz ihrer gebannten
Lage, im Stande gewesen wäre, des Feuers Herr zu werden,
wenn nicht das 'Kind ihre ganze Sorge und Aufmerksamkeit in
Anspruch genommen hätte! Doch, was lag an ihr, wcnn nur
das Kind gerettet wnrde! Hätte sie nur die Kraft besessen,
das sich in den furchtbarsten Schmerzen windende kleine Wesen
zu sich ins Bett zu ziehen, mit ihrem eigenen Leibe hätte sie
die Flammen, öie ihr Kleinod vor ihren Augen verzehrten, er-
sticken wollen! Umsonst! Die sch'wachen Hände, gelähmt durch
den bewegungsunfähigen, wie festgeschmiedeten Unterkörper,
bersagten ihren Dienst.

Vergebens hatten sich Giselas Hilferrife, halb erstickt durch
den dichten Rauch und Qualm, der sich auf Brust und Lunge
legte, rnit dem Geschrei des Kindes gemischt. Nicmand hörte
sie! Kcin Relter nahte! Die Schmerzensschreie des Knabcn
waren allmählich in ein stöhnendes Röcheln übergegangen. Sein
wildes Umstchschlagcn, mit welchcm er in seiner kindischen Weise
gegen die Gefahr gekämpft, hatte einern krampshaften Zucken
Platz gemacht. Jmmer mächtiger schlugen die Flammen in die

Höhe, die nun an dcm Holzwerke der Lagerstätte, sowie der
übrigen Möbel eine mehr wre reichliche Nahrung fanden.

Die rechte Hand, welche Gisela wie schützend um das Kind
geschlagen, war bis auf die Knochen versengt; aber noch immer
hielt sie den kleinen Körper, an dem die Flammen aus Mangel
an Nahrung allmählich erstarben, an die Längsscite des Ruhe-
bettes gepretzt, während ein widerlicher Geruch wie von ber-
branntem Fleisch sich mit dem Rauch und Dunst des Petroleums
und der bereits in ihrem Rücken brennenden Federkissen mischte.
Jhre Stimme hatte -längst versagt, Kraftlos hatte ihr Arm
das Gewicht dcs unheimlich gewordcnen Kindcs, das immer
schwerer darauf gelastet hatte, zu Boden gleiten lassen. Jhre
Sinne verwirrten stchl — Da sah sie noch, wie durch einen
Nebel, eine Gestalt — ihren Gatten — durch Rauch und Flam-
meu brcchend an ihr Lager stürzen. Wohl strauchelte sein Futz
über eine weiche, nachgiebige Masse, die dicht vor der Lager-
stätte lag und die er fnr ein hcrabgefallencs Polster halten
mochte, aber stegreich drang cr durch, umsaßte mit starken Ar-
men die mit crsterbender Stimme „mein Kind, mein Kind"
hauchende leichte Gestalt und trug die vor Schmerzen Erschau-
ernde, sich wie SchUtz suchend an ihn Schmiegende — wenn
auch selbst an Gesicht und Händen arg versenkt -— aus der
allmählich das ganze Gemach erfüllenden rotlodernden Glut. —

Wohl war Gisela wieder zum Leben erwacht, aber nur,
nm knrz daranf die Augen für immer zu schließen. Akan hatte
sie dami zusaminen mit den Resten des Kindes, die man —.
nachdem der Brand mit verhältnismätzig lcichtcr Mlhe durch
die Feuerwehr gelöscht worden war — zusammengekrümmt
vor dem verkohlten Lager der Mntter gefunden hatte, znr
ewigen Rnhc bestattet.

Panl war den Särgen gefolgt, äntzerlich gefatzt, innerlich
ein gebrochener Mann. Was frommte es ihm, sich zu sagen,
datz das llnglück unabwendüar gcwesen, wo sich die ganze Ka-
tastrophe »ur um Minuten gehandelt? Nagte doch der Bor-
wurf an seincm Herzcn, datz, wenn er nicht gerade zur Be-
gleitung Hedwig's an die Bahn gegangen, er noch rechtzeitig
 
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