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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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Baden.

— Jn einem Ueberblick über die Tätigkeit der p o l i -
t i s ch e n P a r t e i e n in B a d en schreibt die „Straßb.
Post": Die nationalliberale Partei entfaltet
jetzt erfreulicherweise eine recht rege Tätigkeit, bie Zeug-
nis von einem beachtenswerten Aufschivunge ablegt. Es
treteu Alänner auf. die sich von Politischer Tätigkeit zu-
rückgezogen hatten. die jungliberalen Vereine zeigen eine
beson'dere Rührigl'eit, und auch liberale Vereine sind in
verschiedenen Orten gegründet worden. Zeugnis hier-
für legte auch der Beschluß des engeren Ausschusses der
Partei ab, in allen badischen Reichstagswahlkreisen eigene
Kandidaten aufzustellen. Das Zentrum tritt eigent-
lich verhältnismäßig uoch wenig in dcr Oefsentlichkeit
auß arbeitet aber um so intenstver im Stillsn. Am mei-
sten Lärm machen neben den Sozialdemokraten
die Demokraten. die in deu Landorlen der Amts-
bezirke Karlsruhe und Ettlingen dank einer unaufhör-
lichen Agitation manche Erfolge zu verzeichnen haben.
So haben sie erst dieser Tage bei den Gemeindeahlen
in Teulschneureuth unter 33 Gewählten 21 Gestnnungs-
genossen durchgebracht. Weniger Glück haben sie in ihrem
Kampf gegen die früher mit ihnen so engverbündeten
ps r e i s i n n i g e n. Sie bekämpfen diese in rücksichts-
loser Weise und scheuen leider auch nicht das persönliche
Gebiet. Die Freisinnigen bleiben ihnen nichts schuldig,
und so erfährt man hier staünenswerte Dinge. Der
Führer der Freisinnigen. Stadtrat Dr. Weill, hat ini
einer Vereinsversammlung dieser Tage erklärt, daß er
den „Bad. Landesboten" verklagt habe. Die Debatts
gestaltete sich zu einer besonderen Ovation ftir den Vor-
sitzenden, und es wurde beschlossen, der Entrüstung über
die Kampfesweise des „Bäd. Ldsb." durch Abbruch jeg-
licher geschäftlicher Beziehungen Ausdruck zu geben. Um
dies vollständig zü erreichen, soll mit den Parteigenossen
in den Nachbarstädten Fühlung genommen werden.
Gelangt dieser Beschluß zur Durchführung, so bedöutst
er eine nicht unerhebliche finanzielle Scyädigung des
„Bad. Landesboten". Zur Durchführung des Beschlusses
ist allerdings notwendig, eine eigene Tageszeitung zu
schaffen, und es soll deshalb auch das freistnnige „Bäd.
Volksblatt", das bis jetzt als Wochenblatt erscheint, zu
einer Tageszeitung erweitert werden. Die Redäktion soll
der bisherige Redakteur der „Mttelb. Nachr." in Achern,
Herr Straüb, übernehmen. Wenn man sich nach dem
Grund dieser aüf beiden Seiten vorhaudenen unsagbaren
Erbitterung fragt, kommt man auf ganz unscheinbare
Ilrsachen. Die Gründung eines freisinnigen Organs,
des „Bad. Volksbl.", der Anschluß der Freistnnigen an
die Nationalliberalen in Karlsruhe bei den letzten Land-
tagswahlen und das Kartell der Liberalen, Freistnnigen
und llltramontanen bei den Mannheimer Gemeinderats-
wahlen bilden die einzigen sachlichen llrsachen, aber keine
triftige Begründung für das Vorgehen der Demokraten.
Am ungünstigsten stellen sich bis jetzt die K o n s e r v a -
tiven: ste verlieren den Bodsn teils an die Liberalen, '
teils an den Bund der Landwirte und sinken zur Bedeu-
tungslosigkeit herab.

Preußen.

Berlin, 12. März. Jn der heutigen Sitzung der
Budget''- Kommission des Ab g e o rdneten-
hauses wurde der Etat der Ansiedlungs-
K o m m issio n nebst der zugehörigen Denkschrift be-
raten. Zunächst wurde die Frage aufgeworfen, ob eine
andere Organisation der Anstedlungs-Kommission
beabstchtigt werde. Seitens des L a n h w i r t s ch a f t s-
ministers wurde erwidert, die Frage einer solchen
Aenderung sei no ch n i ch t s P r u ch r e i f, er persönlich
stehe auf dem Standpunkte, daß die Kommission etwas
zu groß geworden sei, und daß ein Teil ihrer Arbeit
der Domänenverwaltung übertragen werden müsse. Die
Lisherigen kommissaris-chen Beratungen hätten äber noch
zu keinem Abschluß geführt- Die Kommistion war jedoch
überwiegend der Meinung, datz eine einheitliche
Leitung notwendig sei, und daß die Anstedlungs-
Kommission noch nicht zu groß geworden sei. Jnsbeson-
dere wurden Bedenken gegen den Gedanken erhoben, die
Ansiedlungs-Konunission in der Weise zu teilen, daß je-
dcr der Oberpräsidenten von Westpreußen nnd Posen
Vorsitzender werde. Weiter wurde mitgeteilt, daß trotz
des Sinkens der Erträge die Preise für angekauste
Güter ständig im Steigen begrifsen sind. Es wird
dies wessntlich darauf zurückgeführt, daß durch die
Landbank und namentlich durch die Polni s ch e n
P a r z e l I i e r u n g s b a n k e n ein st arker W e t t-
bewerb stattfindet. Dieser Wettbewerb hat auch wohl

„So rate ich Jhnen, denken Sie recht fleißig daran; eine
glückliche Ehe Iväre das bcste Mirtel, die Vergangenheit zu
vergessen. Was nun Jhre Forderung betrifft, so glaube ich
nicht, dasz Sie alles verlieren werden; ein gewisser Prozent-
satz wird noch in der Masse sein."

„Wie viel oder wie wenig das sein wivd, ist mir gleich-
giltig."

„Jhr Hauptwunsch geht wohl dahin, den Onkel im Zucht-
hause zu sehen?"

„Er hai's um meine Mutter verdient", sagte Martin, die
Brauen zusammenziehend, „ich habe kein Miileid mit ihm."

„Schön, ich weiß nun, welchen Weg ich zu verfolgen habe,
uud daß dics mit aller Energie gcschehen soll, darauf dürfen
Sie sich verlassen. Es wäre für unsere Zwecke besser gewe-
scn, wenn Sie mich früher besucht hätten, ich würde Jhnen
dann abgeraten haben, den Onkel auf die Anklage vorzuberei-
ten. Er wird nun Mittel suchen, den Schlag zu parieren, da-
durch wird uns der Angriff erschwert."

„Er kann ja nicht zahlen, er hat weder Geld noch Kredit —"

„Fch spreche nicht davon, sondern von der Wechselfälschuug,
die für uns in erster Linie steht. Das mutzte ihn unvorbereitet
treffen, es wüvde ihn verwirrt und vielleicht zu Aussagen ver-
leitet haben, die später als Schuldbeweis gegen ihn benutzt
wcrden konnten."

„Er wird bei der Anklage beharren, die er mir gegen-
übcr sofort gemacht hat, daß er selbst die Wechsel in dieser Form
in Zahlung erhalten und von ihrer Fälschung keine Ahnung
gehabt habe."

„Er sagt ja, sie sei ihm bekanut gewesenl"

„Er will erst später nach dem Falliment des anderen Hau-
scs Kenntnis davon erhalten haben."

„Faule Fischel" spottete dec Doktor, während er in seiner
ruhelosen Weise mit der Tabaksdose spielte, „wir wollen ihm
das schon klar machen. Kommen Sie, wir gehen unverzüglich
zum Staatsanwalt; das Amt des Untersuchungsrichters wird

bewirkst daß die Zahl der Ankäufe aus polui-
schen Händen immer mehr zurückgeh t. Jm
verganL.enen Jahre sind nur 22 Prozent der angekauften
Güter von Polen gekauft. Wenn aber seitens eines Po-
len behauptet wurde, au-ch diese Käufe seien nur durch
eine gewisse Unberrumpelung und List erfolgt, so wutde
bemgegenüber darauf hingewiesen, daß die Polen, die be-
absichtigten, an die Ansiedlungs-Kommission zu verkaufen,
felbst gern einen Vermittler heranzögen, damit nicht ihren
Landsleuten der Verkauf bekannt würde, auch stellten sie
fich nachher oft getäuscht, obgleich ihnen tatsächlich sehr
gut bekannt gewesen sei, daß der Vermittler für den
Staat kaüfe. Die B e s i e d l u n g s t ä t i g k e i t hcst
einen erfreulich starken Aufschwung genommen. Jm
vorigen Jahre sind über 900 Rentengutsverträge und
200 Pachtverträge geschlossen, und im Ganzen jetzt schon
6000 Familien angestedlt worden. Zu den Änsiedlern
stellt die Provinz Westfalen ein besonders starkes
Kontingent. Auch die Zahl der katholischen Ansiedler hat
ln letzter Zeit erhebli-ch zugenommen. Der Etat selbst
wurde gegeu die Stimmeu des Zentrums, der Poleu und
der Freisinnigen Volkspartei unverändert geneh -
m i g t. _

Ausland.

Frankreich.

Paris, 12. März- Aus Nancy meldet der
„Temps", daß sich die Ituflösüng des dortigen Nonnen-
klosters des „B o n P a st e u r" ohne Schwierigkeit voll-
Zogen habe. Me Präfektur, die 25 Pfleglinge der
„Assistance publique" dem „Bon Pasteur" ubergeben
hatte, fand für diese ein Unttzrkommen in der Anstalt
Sainj-Stanislas. Außerdem enthielt das Kloster zum
„Bon Pästeur" 38 Frauen oder Mädchen, die von Amts-
wegen als Bekehrte oder Bereuende aufgenommen wor-
den waren. Von einer Gesamtzahl von 166 freien Pen-
sionären habeu 40 erklärt, den Nonnen in die anderen
Häuser d>es „Bou Pasteur" folgen zu wollen. Diejeni-
gen, steren .Familien bekannt und bereit sind, sie aufzn-
nehmen, werden ihren Angehörigen zurückgegeben. Die
übrigen werden in einem besottderen Hause untergebracht,
und die Greistnnen, die sich nicht mehr erhalten können,
in die Armenhäuser des Depärtements verteilt. Die
radikalen Blätter bemerken, daß die Klosteraiifhebung
in Nancy nur ein bescheidener Anfang sei, der „Bon Pa-
steur" besitze no-ch gegen 20 andere Häuser, die nach den
gleichen Grundsätzen geleitet würden.

England.

L o n d o n , 13. März. Das M a n i f e st des Z a -
r e n wird von den meisten Blättern in langen Leitar-
tikeln wohlwollend befprochen und die liberale
„Daily News" nennt es sogar Rußlands Erlösung und
meint, es könne sein, daß Rußlands Freiheit dämmere
und die Zahl der großen fortschrittlichen Nationen um
eine weitere vermehrt werde. Die „Ttmes" meint-, die
Welt werde mit Neugierde abwarten, ob selbst die Ert'lä-
rungen des Zaren die Buveaükratie zwingen können,
die Gesetze in Zuiünft besser zu befolgen als in der Ver-
gangenheit; wenn es dem Zaren gelinge, die sittlichen
Grundlagen von Familie und Schule und öffentlichem
Leben zu stärken, so würde er die Macht sowohl wie das
Glück des Reiches erhohen, äber es sei zweifelhaft, ob
das aus anderem Wege als dem der langsamen allmä-h-
lichen Erziehung möglich sei; erperimentelle Maßregeln,
wel-che das Leben der Nation notwendigerweise stören,
könnten eher das Wachsen der Tendenzen, die sie ein-
schränken sollen, beschleunigen.

— JnIndien verweilen jetzt noch 80, in Bermuda
noch 200 K r i e g s g e f a n g en e, welche sich weigern,
den Eid zu leisten. Seitens der Buren wird jetzt Tom
Kelly nach Jndien und Major Pretorius nach Bermuda
geschickt, um die Leute uber die wahren Verhältnisse zn
unterri-chten und ihnen das Falsche ihres Tuns zu schil-
dern.

Nußland.

— Die P f e r d e a u s h e b u n g in Ru s s isch -
Pole n hat in jüngster Zeit außerordentlich mangel-
hafte Resultate ergeben. Die letzte Pferdebösichtigung
hatte 1900 stattgefunden. Seit dieser Zeit ist die Pserde-
zucht überraschend zurückgegangen, und zwar genau so
wie auch im Kosakendistrikt am Don. Jn einem polni-
schen Distrikt waren beispielsweise von 1400 vorgeführ-
ten Pferden nur 73 für militärische Zwecke brauchbar
und von diesen wurden 69 für die Artillerie bestimmt,

augenblicklich von einem Assessor verwaltet, der scharf ins
Zeug geht; Röder muß heute noch verhaftet werden."

Er wollte die Papiere vom Schreibtisch aufnehmen; Marnn
legte seine Hand darauf.

„Mein Wort muß ich halten", sagie er, „ich habe eine
Zahlungsfrist bis heute Abend bewilligt, also darf ich erst mor-
geu von meinen Waffen Gebrauch machen."

„Und wenst er zahlt, wollen Sie auf alles verzichten?"

„Wenn er zahlt? Er kann es nicht, von diefer Umnöglich-
keit werden Sie ja auch überzeugt sein."

„Nicht so ganz", erwiderte der Doktor ärgerlich, „ein
Lump hat immer noch einige Ressourcen, an die ein ehrlicher
Mensch nicht denkt; es könnte ihm auf dem einen oder andercn
Wege gelingen, das Geld aufzutreiben, dann —"

„Jch glaube es nicht", unterbrach Martin ihn, „die Frist ist
zu kurz, er würde keine Mtte an mich gerichtet haben, wenn
er noch einen Ausweg gesehen hätte. Und wenn es dennoch
geschähe, was Sie befürchten, nun, dann muh ich mein Wort
halten und ihm die Papiere übergeben, die Rücksicht auf meine
eigene Ehre gebietet mir das."

Er hatte die Papiere wieder in sein Portefcuille gclcgt
und sich erhoben, um Abschied zu nehmen.

„Das wäre dumm, sehr dumm", sagte der Doktor, „Jhnen
würde sich dann wohl keine Gelegenheit mehr bieten, Ver-
gelümg zu Lben."

„Warten wir das ab", erwiderte Martin ruhig, „ich weiß,
daß mein Onkel keinen Kredit me'hr hat und daß es ihm un-
möglich sein wird, innerhalb der kurzen Frist mcine Forderun-
gen zu decken. Jch wevde morgen früh wieder zu Mhnen kom-
men, um Jhnen die Papiere zu übergeben und weiter mit
Jhncn zu beraten."

Er reichte ihm die Hand und ging hinaus; es lag in seinen
Worten und in seinem ganzen Wesen eine Entschlossenheit,
die dem Doktor nichi gestattete, ihn zurückzühalten.

Der alte Mann nahm mehrere Prisen nacheinander unÄ
wanderte in seinem engen Kabinett auf und nieder.

und nur 4 konnten der Kavallerie zugewiesen werden.
Da Rußland einen sehr großen Teil seiner Armee in Rus-
sisch-Poleu konzentriert hält und daher dort ein bedeu-
tender Pferdeersatz für Mobilmachungszwecke erforderlich
ist, so siud die Militärbehörden durch die Tatsackze iu uicht
geringe Verlegenheit versetzt.

Kleine Zeitung.

— Wicn, 13. März. Hiesige Blätter melden aus
Mailand: Alle Vorberge sind tief verschneit. Jn
Florenz herrscht g r i m m i g e K ä l t e.

—^cr Umbau dcs Tarmstädter Bahnhofs. In der
tetzten -Litznng des mittelbad. Architetten- und Ingenieur-
vereins hielt Oberbaurat Baumeister einen Vortrag übcr
die Aenderungen im Darmstädter Bähnhof, die die Stadt
zur Wahrung ihrer Interessen vorschlägt. An Ltells
der von der Bahnbehörde beabsichtigteu lleberführuug
vou 6 Straßen soll der MalU-Neckarbahnhof um 4,4
Meter tieser gelegt (dabei auch von 2 auf 6 Gleift
erwcitert) wecüeii, sodaß die Stcatzen uahezu ebeu oöer
mit geriugem Buckel über die Zufährten hinweggeyen.
Der ehemaüge hessische Ludwigsbahnhof würde in feinec
Höhenlage bleiben, was Praktischer und billiger ist, als
ihn ebenfalls tieier zu legen; man hat uur eine Treppr
stall zwei. Die Aufuähmegebäud-e bleiben steheu. Die
Aschasseuburger und Odenwälder Linie werdeu etwas
verlegr, um mehr Rc um für die Erweiteruug der Ltadt
zu geustimeii Die Siadt hat eine Kommission ernannt,
der die Sachverständigeu Zivilingeuieur Gleim-Hamburg,
Pros. Koch-Darmstadt und Oberbaurat Baumeister aN'
gehörten, und diese hat sich auf obige Vorschläge geeinigt.
Der klare, durch Pläue veranschaulichte Vortrag fand
reichen Beifall.

— Ter Batcr als Erzieher- Von einem Erlebni-
auf der Eisenbah u erzählt im „Neuen Wicner Tag-
blatt" eiu Reiseuder, der soeben aus Galizieu zurückge-
kehrt ist: „Wir waren zu sechs im Abteil. Eiu noch jun-
ger Mann hatte eiuen Eckplatz inne. Er war erstchtlich
müde, uud als eiu Reisender den Wageu verließ und
etwas mehr Platz wurde, machte sich's der Müde beque-
mer, um zu schlafeu. Vorher noch zog er eine allein
Auscheine uach dichtgeftillte Brieftasche hervor, überflog
deren Jnhalt und d-aun: Gute Nacht! Sein Litznackbar-
ein äußerst gemütlichcr, älterer Herr, meiute, zu dev
Mitfahrenden gewendet: „Wie unvorsichtlg doch heuü
zutage die juugen Leute sind. Ta sehcn Lie nteiueN
Sohn, wie lar uud i.örmlich herausforderud er sein^
Brieftasche einsteckt. Wart' ich will dich lehren. Bitiö'
meine Herren, verraten Sie mich nicht; dem unvorsiaü
tigen Jungen wird die Lettion gut tun." Sprack
Leugte sich über den Schlasend'en und hatte niit einew
tuhnen Griffe schon dessen Brieftasche in der Hcmd. Der
Zug brauste weiter; der Alte hatte seine Reisemützs uist
sein etwas schäbtges Kossercheu uebeu sich liegeu, so dav
ihn, als er den Wageu verließ, uiemaud verniißte. Via>"
telslunde um Viertelstunde verrann. Fn einer größdrft
Station erwachte der „Lohn", rieb sich s-chlastrunkeu
Augeu, kuüpfte deu Rock auf, griss nach der SeitsnlaM
und gewahrte mit alleu Zeicheu größteu Lchreckeus d'ea
Verlust. Die Sfttreiseudeu lächelten. .

„llm Gottes Willen, meiue Herren," ries der >
Peinlich Ueberraschte, „das tst kein Spaß. Es wcn'dn
mehr als 2000 Gulden iii der Brlestasche!" . z

„Machen Sie sich uichts daraus," ^neinte eirdlich ei
gutmütiger Passagier, „es ist nur ein Lcherz. Tas
hat der Herr Vater zu sich genommen." -

„Der Herr Vater?" brüllte der llnglückselige. „WD
wollen Sie von meinem Vater? Der ist schon sert suw
zehu Jähren tot."

Uud iiuu verging auch den Mitreisendeu das Laws^
zumal sie gewahrten, daß d-er „Herr Vater" unter Zul'sift
lassung seiner Mütze uud seines Koffers bereits-ev
halbe Stunde vorher deu Zug verlassen hatte. . -
Beruhigung empsindsamer Gemüter sei noch berichu j
daß man deu Lpitzbuben noch am selbigeu Abeud
telegraphischer Reqnisitiou erwischte. Gegenmärtig
der „Herr Vater". .

— Ei» großcr Miinzenftind ans der Römerzert
England. Fn Eroydon wurden zwei mit Münzen
füllte irdeue Töpse beim Aufwerfen eines Grabeus üj ,
eineni Arbeiter gefuudeu. Er brachte seineu Fund !^,
gleich den Behörd-eu, und mau uuternahm Schritte, ^ ^
jeden Verlust der noch in dem Graben bleibenden dRujG^
zu verhindern. Die schon entsernte Erde Ivurde sorgck^^
gessebt. Jm ganzen hat man 3700 Bronzemünzensft^

„Wenn dicser Prozeß mir an der Nase vorbeiqinge, siE
ich mich schwarz", brummre er. „Da ist Aussicht aus/'^je
fettcn Bisscn und nebenbei könnic ich Rache nehmen
Beleidigungen, die ich noch nicht vergessen habe. Diesew rDe
tin Grimm scheint cin steinreicher Mann zu seiu; auf ,-r
rauseud Dollars wird es ihm wohl nichr aukommeu, wcck" ^
seinen Zweck erreicht, uud es müßte seltsarn zugehen, weuU
deu bankerotten Spckulante» uicht ins Zuchthaus brächte.
es mag ja richtig seiu, daß er bis heute Abend 5as Geld
auftreibeu wird, aber das Gegenteil kauu cbenfalls eirnr'
danu ist füc uns allcs berloreu."

Er nahm die Tabaksdose vom Schreibtisch und stieg lwV'
die Treppe hinauf.

Als er im zwciteu Stock ankam, schallce ihm /„i>
Arclier seines Sohnes heiseres Lachen entgegen, da ab>-U ^.,i
der Tür nicht der Zettel hing, der jedem llnbcrufencu ,^>i
Eintritt vcrbot, so ging der alte Blann nach kurzem Uckp
hinein.

^ Hermann stattd vor der Staffelei und arbeitete,

Sessel neben ihm saß ein elegant gekleideter, noch
junger Herr, dcr ihm mit stierem Blick zuschauie. . .„sck
-Ein blonder Bart umgab das rote Gesicht, und ^Drjst''
was dem Eintretenden auffiel, als' er in dieses Gesicht v
war der Brauutwcinduust, welcher das Atelier durchzvg-^.,.^
„Mr. Burton aus New-Uork", stellte Hermann den
den vor, „mein Varer, Doktor Geier." ..

Der Amerikaner erhob sich schwersällig und grüßtc >uu


tulel'

leisen Berneigung.

„Sehr angenehm", sagte er heiser. „Habcn eineu
vollen Sohn, aber eigensinnig ist er." . .»iift'

„Eigensinnig?" erwiderre der Dokror mit einem
Blick ans Hermann, der geringschätzend mit den Achst>p

(Fvrtsetzung folgt.)
 
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